Der Spirituelle Weg

entsprechend dem Johannes- Evangelium

Worte von Param Sant Kirpal Singh Ji Maharaj
Gehalten in Harmony Grove, Escondido, Californien,
am 13. Dezember 1963

Liebe Freunde: Wir dürfen uns glücklich schätzen, daß, wir den menschlichen Körper erhalten haben. Er ist die höchste Stufe in der ganzen Schöpfung, denn nur im menschlichen Körper ist es uns möglich, Gott zu erkennen. Er wird als der wahre Tempel Gottes betrachtet. Gott wohnt in jedem Herzen, und auch wir wohnen in demselben Tempel. Wir selbst und Gott wohnen in diesem menschlichen Körper, der der wahre Tempel Gottes ist. Das Traurige jedoch ist, daß wir nicht zu Gott sprechen können. Um Gott zu sehen, Ihn zu finden oder mit Ihm zu sprechen, müssen wir in dieses Laboratorium des menschlichen Körpers eintreten. 

Es ist ein wunderbares Haus, in dem wir leben. Der Makrokosmos ist im Mikrokosmos. Große Möglichkeiten erwarten uns in diesem menschlichen Körper, 
denn:

Wenn wir uns selbst erkennen, so erkennen wir auch Gott.

Wenn wir fähig sind, die verschiedenen Ebenen des Makrokosmos zu durch- schreiten, können wir die wahre Heimat unseres Vaters erreichen. Dies sind also die Möglichkeiten, die uns erwarten. Leider aber haben wir dem eigenen Selbst nie unsere Aufmerksamkeit geschenkt. Der Mensch hat drei Aspekte: er besitzt den physischen Körper; er hat den Intellekt und er ist der Geist im Menschen oder ein bewußtes Wesen - ein Tropfen aus dem Ozean der Allbewußtheit. Wir haben unserem Körper Nahrung gegeben, wir sind intellektuell stark geworden und haben wunderbare Erfindungen gemacht. 
Doch welche Nahrung haben wir unserem wahren Selbst zukommen lassen? Solange wir unserem Selbst, das eine bewußte Wesenheit ist, keine Nahrung geben, werden wir spirituell nicht gesunden. Von der spirituellen Gesundheit aber ist die Gesundheit von Körper und Gemüt abhängig. Daher müssen wir uns überlegen, was dieses Brot des Lebens ist, durch das wir spirituell stark werden 
können.

Wie schon gesagt, haben wir uns mit der Nahrung des Lesens und Schreibens versorgt, mit dem Ziehen von Schlußfolgerungen auf intellektueller Ebene und vielseitigem Denken. Dies hat uns intellektuelles Wohlergehen gebracht, und wir sind sehr gut in der Lage, uns etwas auszudenken. Wir geben unserem physischen Körper kräftige Nahrung und sind physisch stark. Wenn wir aber in Erfahrung bringen, was das wahre Brot und Wasser des Lebens ist, das der Seele Nahrung gibt, können wir auch spirituell stark werden. Die Heiligen Schriften, die wir heutzutage haben, beziehen sich auf diese Dinge. Wir jedoch haben darüber nur nachgedacht und sind niemals tiefer in sie eingedrungen, um ihre wahre Bedeutung zu verstehen. Ich möchte euch einige Beispiele aus den verschiedenen Schriften geben. 

Christus ging zu einem Brunnen, um Wasser zu trinken. Dort traf er eine Samariterin, die einen Krug voll Wasser auf dem Kopf trug, und er bat sie, ihm etwas Wasser zu geben. Aufgrund von Minderwertigkeitsgefühlen sagte sie: "Ach, wir sind Samariter. Ihr Leute wollt doch nichts mit uns zu tun haben. Warum bittet Ihr uns um Wasser?" Christus antwortete: "Wüßtest du, wer es ist, der dich um Wasser bat, so hättest du es ihm gegeben. Wenn man das Wasser trinkt, das du trägst, so wird es den Durst für eine Zeit lang stillen. Doch man wird immer und immer wieder durstig werden. Wärest du zu mir gekommen, ich hätte dir das Wasser des Lebens gegeben."

Es gibt dieses Wasser des Lebens, das nur von Menschen wie Christus gereicht werden kann. Die Schriften der Religionen, denen wir uns angeschlossen haben, nehmen Bezug auf diese Dinge. Wir haben bisher nur die grundlegenden oder vorbereitenden Schritte in Betracht gezogen, gewisse äußere Formen wie das Tragen bestimmter Abzeichen für eine bestimmte Religionsgemeinschaft, das Aufsagen von Gebeten oder das Abhalten gewisser Riten und Rituale. Und da- mit endet es bereits. Wir sollten aber die Heiligen Schriften sorgfältig lesen und versuchen zu verstehen, was sie aussagen. Was sind diese Schriften? Sie sind großartige Berichte jener Erfahrungen, die die Meister durch Selbsterkenntnis in ihrem Leben mit Gott erlangt hatten. Sie sprachen von dem, was sie selbst gesehen hatten. Sie hatten es selbst erfahren und dann darüber gesprochen. Wenn wir nun den wahren Sinn der Lehren, die die Meister uns gaben, oder die Hinweise, die sie in den Schriften gaben, verstehen wollen, dann müssen wir zu den Füßen von einem sitzen, der jene Erfahrung gemacht hat und danach lebt. 

Ihr werdet sehen, daß wir diese Dinge einfach auf der Ebene des Intellekts interpretieren, und das ist der Grund, wes- halb wir ihnen nicht voll gerecht werden können. Auch in anderen Schriften werdet ihr Hinweise auf dasselbe Wasser des Lebens finden. In der mohammedanischen Literatur wird es das Wasser genannt, das "himmlisches" Leben gibt. Natürlich wird das in einer etwas anderen Sprache ausgedrückt. In den Veden findet ihr es als "Soma", das Wasser, das allem Leben spendet. Und was ist dieses Wasser des Lebens? Guru Amar Das sagt uns, daß "ihr nur dann das Wasser des Lebens, welches euch ewiges Leben schenken wird, erhalten könnt, wenn eure Seele mit der alles durchdringenden Gotteskraft in Verbindung kommt, die die Ursache der Schöpfung ist und sie kontrolliert. Wenn ihr von diesem Wasser trinkt, dann werdet ihr an Gottes Tür aufgenommen werden und eins mit Ihm sein." 

Die Meister sagen weiter, daß das Wasser des Lebens das Heilmittel für alle Übel ist. Aber es kann nur zu Füßen des Meisters erlangt werden. So wie Christus sagte:

"Wäre sie zu mir gekommen, so hätte ich ihr das Wasser des Lebens gegeben, das ihren Durst für immer gestillt hätte." 

Dies ist also das Wasser, das von den Meistem gegeben wird. Immer wieder sprachen sie davon. Guru Nanak sagte, daß "das Wasser des Lebens oder das Elixier des Lebens uns immerwährendes Leben schenkt." Dies sind dieselben Worte in unterschiedlicher Sprache aus- gedrückt. In der Bibel werdet ihr wieder- um die Worte von Christus finden: "Ich bin das Brot des Lebens. Dieses Brot des Lebens ist vom Himmel herabgekommen. Wer immer daran teilhat, wird das ewige Leben haben." Und ihr werdet dasselbe in anderen Schriften finden. Ich zitiere diese Dinge um aufzuzeigen, daß ihr immerwährendes Leben nur erlangen könnt, wenn ihr in Kontakt mit Gott kommt. Wer muß mit Gott in Verbindung kommen? Es ist unser eigenes Selbst, unser wahres Selbst. 

Wir sind bewußte Wesen; wir sind verkörperte Seelen. 

Unsere Seelen jedoch stehen unter der Kontrolle des Gemüts, und das Gemüt wiederum ist unter Kontrolle der nach außen gehenden Sinne. Wir sind mit den äußeren Dingen so sehr identifiziert, daß wir uns selbst vergessen haben. Unsere Aufmerksamkeit, die der Ausdruck unserer Seele ist, wird von den Dingen im Äußeren voll in Anspruch genommen und geht darin auf. Nur wenn wir unsere Seelen vom Gemüt und den nach außen gehenden Sinnen befreien - das heißt, wenn unsere Aufmerksamkeit von ihnen zurückgezogen wird, und wir uns über die Sinne erheben - können wir in Kontakt mit jenem Wasser oder Brot des Lebens kommen. Dies ist die Nahrung für unsere Seele, die uns spirituell stark 
macht. 

Ihr werdet ähnliche Hinweise in den Schriften anderer Meister finden: "Wenn ihr die Tore des Tempels (eures Körpers) schließt, so werdet ihr das himmlische Licht sehen." Der Körper hat neun Tore oder Öffnungen. Wenn ihr eure Aufmerksamkeit von den neun Toren - den beiden Augen, den zwei Nasenlöchern, zwei Ohren, dem Mund, den Ausscheide- und Genitalorganen - zurückzieht und euch nach innen wendet, so werdet ihr ein zehntes Tor finden: Dieses Tor führt aus dem Körper ins Reich Gottes. Es wird das "Zehnte. Tor" genannt, das sich am Sitz der Seele, hinter und zwischen den beiden Augenbrauen, befindet. Wenn sich eure Seele zurückzieht, beginnt zuerst die Dunkelheit; wenn aber das Tor geöffnet wird, habt ihr Zutritt in das Reich Gottes, und ihr erhaltet den Kontakt mit dem göttlichen Licht- und Tonprinzip. Das ist das Brot des Lebens. 

Was liegt im Inneren? Die Meister sagen, daß dort Licht ist und die süße Musik der Sphären unaufhörlich erklingt. Das ist das wahre Wasser des Lebens und das wahre Brot des Lebens, und wer da- von ißt, den wird auf ewig nicht mehr hungern und dürsten. 

Dies ist das Brot und Wasser des Lebens, das in uns ist. 

Wir können jedoch nicht damit in Verbindung kommen, solange wir uns nicht von außen zurückziehen und uns über das Körperbewußtsein erheben. Wie man sich von außen zurückzieht und sich über das Körperbewußtsein erhebt, ist eine praktische Sache. 

Alle Meister sagen uns, daß wir die Hilfe von einem brauchen, der kompetent ist, unsere Aufmerksamkeit von außen zurückzuziehen und am Sitz der Seele im Körper zu sammeln. Sie sagen: "Er- hebt euch über die Sinne!" oder: "Lerne zu sterben, damit du zu leben beginnen kannst!" Dies sind die Worte, die wir in den Schriften finden. Schade ist nur, daß wir lediglich darüber nachgedacht haben, jedoch nie zu ihrer wahren Bedeutung vorgedrungen sind. Die wahre Bedeutung kann uns aber nur von jenen übermittelt werden, die einen Zugang zum Jenseits haben, die dieselbe Erfahrung gemacht haben oder die auf dem Weg sind. Intellektuelle Menschen definieren das Brot des Lebens einfach als "Intellekt" und das Licht Gottes als "verstandesmäßiges Licht". Obwohl das Brot des Lebens et- was Wirkliches ist und bereits in uns liegt, brauchen wir jemanden, der kompetent ist, uns dabei zu helfen, die Aufmerksamkeit von außen zurückzuziehen, und des- halb heißt es: 

"Das Reich Gottes kann nicht durch die nach außen gehenden Sinne erkannt werden." 

Solange eure Aufmerksamkeit durch die äußeren Sinne in der Welt zerstreut ist, habt ihr keinen Zugang zu Ihm. Ihr müßt eure Aufmerksamkeit von außen zurückziehen, müßt dieses Laboratorium des menschlichen Körpers betreten und euch auf die Ebene der Augen erheben, hinter denen sich der Sitz der Seele befindet. Dann werdet ihr das Brot des Lebens finden und das Wasser des Lebens erhalten. Dies ist das Geschenk eines Meisters. 

Guru Nanak sagte: "Oh Mensch, das Wasser des Lebens, um dessen willen ihr in die Welt gekommen seid und einen menschlichen Körper bekommen habt, ist die Quelle allen Glücks, aller Freude und aller Glückseligkeit. Nur durch die Hilfe eines Meisters könnt ihr es erhalten. Zu diesem Zweck habt ihr euch verschiedenen Religionsgemeinschaften an- geschlossen." 

In meinem Abendgespräch habe ich euch die Bedeutung der Spiritualität dar- gelegt. Spiritualität bedeutet, sich selbst zu erkennen, sich zu befreien aus den Fangarmen des Gemüts und der nach außen gehenden Sinne, indem man sich vom Körper zum Sitz der Seele hinter den Augen zurückzieht und einen Einblick ins Jenseits erhält; das bedeutet, in Verbindung zu kommen mit der sich zum Ausdruck bringenden Gotteskraft, die das Licht- und Tonprinzip ist. Daher sagte Guru Nanak: "Bleibt in der Gemeinschaft, in der ihr seid." 

Doch solange ihr euch nicht über das Körperbewußtsein erhebt, könnt ihr dieses Geschenk nicht erhalten, obwohl es bereits in euch liegt. Es erfordert die Hilfe eines wahren Meisters, euch über die Ebene des Körpers zur Ebene der Augen zu erheben. Er sagte: "Bleibt in der Religion, der ihr euch angeschlossen habt, denn die äußeren, sozialen Religionsgemeinschaften haben lediglich et- was mit unserem physischen Körper zu tun." 

Wir tragen die Abzeichen der verschiedenen Schulen, denen wir uns angeschlossen haben. Wir lesen ihre Schriften, wir sprechen auch ihre Gebete und vollziehen bestimmte Riten und Rituale. Diese beziehen sich alle auf den menschlichen Körper - auf den physischen Körper. Ihr mögt regelmäßig eure täglichen Gebete sprechen und Tag für Tag ohne Unterbrechung Zeremonien und Rituale durchführen; ihr mögt aus- schließlich Heilige Schriften lesen; aber um fähig zu sein, das zu verstehen, was darin geschrieben steht, müßt ihr von einem lernen, der den Weg kennt. Nur durch das Lesen und Vollziehen all dieser Dinge werdet ihr nichts aufzuweisen haben, wenn ihr euch nicht über das Körperbewußtsein erhebt und dieses Geschenk - das Brot und Wasser des Lebens - erhaltet. 

Bleibt in eurer Religion: Einer Religion anzugehören ist ein Segen. Andern- falls wird Verfall eintreten oder ihr werdet eine neue Religion gründen müssen, und diese sind ohnedies schon so zahl- reich geworden. Wir sollten bei jenen Religionen bleiben, die bereits den Test der Zeit bestanden haben. Erhebt euch aber über das Körperbewußtsein gemäß den Lehren, die von den Meistem der verschiedenen Religionen, die von Zeit zu Zeit kamen, gegeben wurden. Sie sagten, daß das Brot und Wasser des Lebens bereits da ist und ihr es erlangen könnt, wenn ihr euch über das Körperbewußtsein erhebt. Sie sagen: "Die Religionen enden mit eurem physischen Körper, doch während ihr in euren Religionen verbleibt, erhebt euch über das Körperbewußtsein." 

Ihr seid bewußte Wesen. Ihr seid Tropfen aus dem Meer der AlIbewußtheit. Ihr seid vom selben Wesen wie Gott, ihr gehört zur Religion Gottes. Bleibt, wo ihr seid, aber erhebt euch über den Körper, wo ihr bereits eins seid. Wir sind alle Kinder Gottes, Brüder und Schwestern in Gott. 

Alle Meister sagen uns, daß dies das Geschenk eines Meisters ist. Ich schlug die Bibel auf und gerade auf dieser Seite bei Johannes, 15. Kapitel, sagt sie uns, welche Verbindung wir mit dem Meister haben sollten: "Wenn ihr mich liebt, so haltet meine Gebote." Jeder weiß das. "Haltet meine Gebote" bedeutet, nach den Worten des Meisters zu leben. Alle Schriften enthalten Hinweise darauf; wir lesen sie einfach und gehen darüber hin- weg. Hier sagt Christus: "Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Weingärtner. Eine jegliche Rebe an mir, die nicht Frucht bringt, wird er wegnehmen,' und eine jegliche, die da Frucht bringt, wird Er reinigen, daß sie mehr Frucht bringe." Das bedeutet, solange die Reben mit dem Weinstock verbunden sind, tragen sie Frucht. Sobald sie vom Weinstock getrennt werden, können sie keine Frucht mehr tragen. Christus sagte: "Ich bin der wahre Weinstock." Wie könnt ihr mit dem Weinstock verbunden werden? Durch Aufpfropfen. Selbst wenn ihr einen Zweig abschneidet und auf einen anderen Baum aufpfropft, wer- den die beiden eins werden. Ähnlich sagt Er: "Bleibt in mir." Wie könnt ihr in Ihm bleiben? Wenn ihr von Herzen an jemanden denkt, so wird das eine Reaktion in demjenigen hervorrufen. Auf diese Weise könnt ihr im Meister bleiben. 

Christus fährt weiter fort: "Ihr seid schon rein, durch das Wort, das ich zu euch gesprochen habe." ("Ich habe das Wort zu euch gesprochen, das die reinigende Kraft ist, die alle Sünden verbrennen kann, alle Ungerechtigkeiten und alle Krankheit und die das Brot des Lebens und das Wasser des Lebens ist.") "Bleibt in mir und ich in euch." Was haben diese Worte zu bedeuten? Wenn du an jemanden denkst, so bringt dies eine Reaktion in ihm hervor, die wiederum auf dich zurückwirkt. Dadurch entsteht Empfänglichkeit. Solch ein, Schüler wird eins mit dem Meister: Du bist in Ihm und Er ist in dir. Als erstes müssen wir Ihm gehorchen und nach Seinen Geboten leben. Als zweites, bleibt in Ihm, so wie eine Rebe am Weinstock. "Gleichwie die Rebe kann keine Frucht bringen von sich selber, sie bleibe denn am 'Weinstock, so auch ihr nicht, ihr bleibet denn in mir ." Könnt ihr mir nun folgen? 

Wer kann dieses Brot und Wasser des Lebens erhalten? Jene, die nicht nur nach dem leben, was Er sagt, sondern auch in Ihm bleiben. Und wie könnt ihr die süße Erinnerung an den Meister im Herzen haben? 

Erinnert ihr euch Seiner, wird es eine Reaktion in Ihm hervorrufen und Er erinnert sich eurer, was wie- der auf euch zurückwirkt. 

Christus sagte: "Ich bin das Brot des Lebens." Alle Meister, die kamen, sagten dasselbe: "Wir sind das Brot des Lebens." Und was war jenes Brot des Lebens, das als "das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns<{ bezeichnet wurde? Was ist das WORT? Im Johannes Evangelium findet ihr: "Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott." Und die ganze Schöpfung kam ins Sein nach dem Wort. Nun, was ist das Wort? Gott ist das Wortlose, das Namenlose, das Absolute. Als Er ins Sein kam, war diese sich zum Ausdruck bringende Gotteskraft das Wort. Diese zum Ausdruck kommende Gotteskraft manifestierte sich in einem menschlichen Pol und wurde Meister genannt. 

Der wahre Meister ist daher Gott selbst, der in jedem Herzen wohnt. 

Wenn Er sich in einem menschlichen Pol manifestiert, dann ist der manifestierte Gott in ihm der wahre Meister. Selbst- verständlich haben wir Achtung für den menschlichen Pol, in dem sich die Gottes- kraft manifestiert. Seht ihr, was er sagt? "Ich bin der Weinstock." Er weiß, daß Gott in ihm ist. Er und der Vater sind eins. Er ist ein bewußter Mitarbeiter am göttlichen Plan. Er weiß immer, daß Gott es ist, der durch ihn spricht und handelt. So können wir jenes Wasser des Lebens bekommen, das unseren Durst für immer stillt, wenn wir davon trinken, und jenes Brot des Lebens, das unseren Hunger für immer stillt, wenn wir davon essen. 

Christus fährt fort, indem er wieder- holt: "Ich bin der Weinstock." Wenn man ein gewisses Thema betonen möchte, dann verwendet man manchesmal Wiederholungen. "Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben,. wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht: denn ohne mich könnt ihr nichts tun." 

Dieses Wasser oder Brot des Lebens ist ein Geschenk des Gottes im Menschen, der es dir aus freien Stücken gibt. Alle Gaben Gottes sind frei. Dies ist ein Geschenk von Meister, ein Geschenk des Gottes in Ihm an den Schüler, und es hat die Kraft, das Leben in ihm zu erwecken. Guru Nanak erklärt, was ein "toter" Mensch ist, und einer, der "wirklich lebt." 

Er sagt: "Nur der lebt, 0 Nanak, in dem Gott die belebende Kraft seiner Seele geworden ist." Die Seele, die das Sprachrohr Gottes geworden ist, ist wie ein Schalter, der mit dem Kraftwerk verbunden ist. Die Elektrizität oder das Kraftwerk arbeitet durch ihn. Er ist dar- auf eingestimmt, ist in Verbindung da- mit. Solange wir nicht diesen Kontakt durch Empfänglichkeit haben, können wir nicht viel Frucht tragen. 

Du kannst ein religiöser Mensch bleiben. Du kannst alle Schriften auswendig lernen. Du kannst dein Gehirn vollgestopft haben mit der ganzen weltlichen Literatur, gerade so, als ob sich viele Bibliotheken darin befinden würden. Diese Sache aber könnt ihr nur erhalten, in- dem ihr erstens nach dem lebt, was die Meister sagen, und zweitens, indem ihr Empfänglichkeit entwickelt. 

Seine Worte sollten in dir bleiben und du solltest in Ihm bleiben. Nur dann wirst du dieses Geschenk - das Brot und Wasser des Lebens - erhalten. 

"Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt." Das heißt, er ist tot. Dies sind dieselben Worte, die Guru Nanak zu seiner Zeit äußerte: "Wenn der Zweig vom Baum abgeschnitten wird, so verdorrt er und wird als Brennholz verwendet. Die Menschen sammeln es und werfen es ins Feuer, wo es verbrennt." Dies ist gemeint, wenn in den biblischen Schriften steht: "Die Seele stirbt." In Wirklichkeit stirbt sie nicht, sondern sie ist verdorrt; das heißt, getrennt vom Herrn, von Gott in ihm. Christus sagt: " Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr erbitten (können), was ihr wollt, und es wird euch widerfahren." Bittet um etwas, und ihr werdet es bekommen. Mit allem ist es so, bittet, und es wird euch gegeben werden. Wenn ihr anklopft, so wird euch geöffnet werden. Kein Wunsch wird mehr übrig bleiben. 

Die Upanishaden fragen uns: " Was ist es, durch dessen Erkennen nichts mehr zu wissen übrig bleibt?" (So sagt Er: " Vor allen Dingen werdet ihr niemals auch nur irgendeinen Wunsch haben. Wenn sich 'überhaupt irgendein Verlangen in euch erhebt, so wird es sogleich erfüllt werden.") "Darin wird mein Vater verherrlicht, daß ihr viel Frucht bringet und werdet meine Jünger." Solche Jünger können das Wasser und das Brot des Lebens erlangen. 

Nun fährt Christus fort und sagt uns, wie wir Empfänglichkeit entwickeln können. Er sagt: "Gleichwie mich mein Vater liebt, so liebe ich euch auch. Bleibet in meiner Liebe!" Nur durch Liebe erinnert ihr euch an jemanden. Was ist Liebe? Derjenige, für den ihr Liebe empfindet, ist ständig in eurem Herzen. Immer! Ihr mögt es zwar nicht mit Worten ausdrücken, aber ihr fühlt euch im Inneren zu ihm hingezogen. 

Diese ständige Erinnerung ist in jedem Herzen, in dem sich dieser Zustand entwickelt hat. 

Wie kann in diesem Herzen noch jemand anderer sein, als der, den man liebt? Wenn wir also Gott lieben, so lieben wir die anderen um Seinetwillen, da Er in ihnen ist; unsere Liebe ist nicht solcherart, daß wir Ihn vergessen, wenn wir jemand anderen lieben. Christus sagt: "Wenn ihr meine Gebote haltet, so bleibt ihr in meiner Liebe." Wie können wir in Seiner Liebe bleiben? Indem wir uns an die Gebote halten, die uns gegeben wurden. Was sagt Meister? Er sagt: "Denkt nicht schlecht von anderen, weder in Gedanken, Worten noch Taten. Seid wahrhaftig; lügt nicht und verbergt nichts, beraubt andere nicht ihrer Rechte. Macht keine spöttischen Bemerkungen. Habt nicht etwas anderes auf der Zunge, als ihr im Kopf habt: Ihr sagt jemandem etwas, und hinter seinem Rücken sagt ihr etwas anderes. 

Seid wahr zu euch selbst. Ihr könnt andere täuschen, aber nicht Gott in euch. 

Was ich euch immer wieder einpräge ist: wahr zu euch selbst zu sein. Das ist es, was für die Liebe erforderlich ist. Wie lauten die anderen Gebote des Meisters? Seid keusch in Worten, Gedanken und Taten. Lebt nach dem, was die Schriften sagen: "Ehe bedeutet, einen Gefährten fürs Leben zu haben, der dir beisteht in Freud und Leid. Beide sollten einander helfen, Gott zu erkennen." Dies ist das höchste Ziel im Leben eines Menschen. Kinder zu bekommen mag eine Pflicht sein, es macht jedoch nicht hundert Prozent unserer Pflichten aus. Darüber sagt die Bibel: "Liebet eure Frauen, so wie Christus seine Gemeinde liebte." 

Er möchte also, daß wir alle seine Gebote befolgen und danach leben. "Liebe Gott von ganzem Herzen, mit all deiner Kraft und deinem ganzen Gemüt; und liebe deinen Nächsten." Unsere Meister sagten: 

"Liebe deinen Gott und liebe die gesamte Schöpfung. Es gibt keinen Ort, wo Gott nicht ist." 

Die Liebe ist es daher, durch die ihr beständig die süße Erinnerung haben könnt. Ihr werdet von Ihm träumen. Und wenn ihr tief schlaft, so wird es in euch widerhallen. Ohne es zu wissen, werden dieselben Dinge aus eurem Munde kommen. Christus sagt: "Wenn ihr meine Gebote haltet, so bleibt ihr in meiner Liebe." Das wird euch von Tag zu Tag mehr Liebe geben. "Gleichwie ich meines Vaters Gebote halte und bleibe in seiner Liebe." (Er spricht: "Folget mir nach, ich habe nach den Geboten meines Vaters gelebt und in gleicher Weise haltet ihr die Gebote des Gottes in mir, des Vaters, der in mir ist.")

Weiters heißt es: "Solches rede ich zu euch, damit meine Freude in euch bleibe und eure Freude vollkommen werde." Auf diese Weise könnt ihr den Gefallen des Meisters finden. Nehmt das Beispiel eines Mannes, der drei oder vier Söhne hat. Ein Sohn lebt entsprechend den Geboten des Vaters. Er ist niemals ungehorsam, er folgt einfach den Geboten seines Vaters. Manch andere Söhne gehorchen nur, wenn es ihnen befohlen wird, und das nur wohl oder übel. Und einige Söhne gehorchen gar nicht. Welcher Sohn würde wohl der beste von allen sein? Derjenige, der die Absichten des Vaters versteht und danach lebt, ohne daß der Vater es ihm sagen muß. Schließlich kennt jeder Sohn die Wünsche seines Vaters. Jeder Schüler weiß, was sein Meister möchte. Sollten wir die gleiche Lektion die ganze Zeit, Tag für Tag, wiederholen? 

Ein weiser Mann ist der, der des Meisters Wort hört, es in seinem Herzen behält und danach lebt. 

Wenn ihr das tut, dann werdet ihr den Gefallen des Meisters gewinnen. Und was würde der Meister tun? Wenn der Vater nun den Körper verläßt, was tut er? Er wird den Schlüssel zu allem dem Sohn geben, der gehorsam ist und nach seinen Geboten lebt. Das ist es auch, was Guru Nanak sagt: " Wir sind in diese Welt gekommen, damit wir das Wasser des Lebens oder das Brot des Lebens er- halten. Es ist in den Händen des Meisters. Geht zu ihm. 

Bleibt in der Gemeinschaft wo ihr seid, aber führt ein Leben gemäß den Schriften. 

Das wird den Boden dafür bereiten, wenn ihr euer ganzes Selbst dem Meister übergebt." Deshalb sagte Christus und alle anderen Meister: "Laßt alles zurück und folget mir nach." Was meinte er da- mit? Ihm nachzufolgen heißt nicht, daß ihr euer Heim verlassen sollt, daß ein je- der physisch ihm nachfolgen sollte. Entschuldigt bitte, aber wie sollte man dann alle mit dem Lebensnotwendigen versorgen? 

Ihm nachzufolgen bedeutet, euren Willen seinen Wünschen unterzuordnen.

Nicht als ein Sklave -wohl gemerkt, sondern als Freund. Ihr werdet dies weiter an der Stelle finden, wo ich die Bibel aufgeschlagen habe: "Das ist mein Gebot, daß ihr euch untereinander liebet, gleichwie ich euch liebe." Und was spricht eil' weiter? "Niemand hat größere Liebe denn die, daß er sein Leben läßt für seine Freunde." Liebe kennt Dienen und Opfern. "Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch gebiete. Ich sage hinfort nicht, daß ihr Knechte seid, denn ein Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Euch aber habe ich gesagt, daß ihr Freunde seid, denn alles, was ich habe von meinem Vater gehört, habe ich euch kundgetan." 

Wann immer Meister kommen, so wollen sie euch nicht zu Sklaven machen. Sie sprechen euch als Freunde an, sodaß ihr versteht, was sie sagen. Ein Knecht kann einen Freund nicht verstehen; ein Freund kann einen Freund besser verstehen. Daher machen euch die Meister nicht zu Knechten, sondern sie geben euch gleiche Rechte. Sie sagen: " Ich bin ein Mensch wie ihr. Dies sind meine Worte, bleibt in ihnen. Bleibet in ihnen und ihr bleibt in mir." Empfänglichkeit wird entwickelt, wenn ihr nach dem lebt, was die Meister sagen; da- durch bleibt ihr im Meister. Er nimmt euch als Gleichberechtigte, als Seine Freunde. 

Ihr wißt, was mit dem Wasser des Lebens oder dem Brot des Lebens gemeint ist. Und wie könnt ihr daran teilhaben? Nur indem ihr Empfänglichkeit entwickelt: "Wie du denkst, so wirst du." Wenn Er das fleischgewordene Wort ist, dann wird das Wort in dir einkehren. Das Wort in Ihm wirst du essen, nicht das Fleisch des Körpers. 

Diese Dinge werden euch in Form von Gleichnissen gegeben, um euch beim Verstehen zu helfen. Ein reines Leben ist erforderlich. Wenn ihr nicht nach seinen Worten lebt, wenn ihr nicht festhaltet an seinen Äußerungen, dann könnt ihr die erste Stufe nicht erreichen. Und ihr könnt die zweite Stufe nur erlangen, wenn ihr lernt, in Ihm zu bleiben.

Der Meister zeigt auf, daß der ganze Vorhang, der zwischen Gott und uns besteht, das Gemüt ist. Die Seele ist von derselben Natur wie die Gottes; sie steht jedoch unter der Kontrolle des Gemüts, und das Gemüt wiederum wird durch die nach außen gerichteten Sinne zu den Dingen im Äußeren hingezogen, und wir verfallen den äußeren Vergnügungen. Ihr könnt daher dieses Brot des Lebens nicht eher haben, als euer Gemüt zur Ruhe kommt. Ihr werdet es in den Schriften geschrieben finden: ))Werdet ruhig, physisch, im Gemüt und im Ver- stand." Wenn ihr das tut und erkennt, ))daß ihr Gott seid", dann werdet ihr herausfinden, daß das Gemüt der Vorhang zwischen uns und Gott ist. Ein Heiliger sagt: ))Wenn du die Absicht hast, Gott zu erkennen, wenn du den festen Willen hast, Gott zu erfahren, dann setze nur einen Fuß auf dein Gemüt, das wird es zur Ruhe bringen. Mit dem nächsten Schritt, den du tust, wirst du das Haus deines Vaters betreten." Das Gemüt ist - also der Vorhang oder das Hindernis, das zwischen Mensch und Gott liegt. 

Wie können wir das Gemüt von außen zurückziehen? Die nach außen gehenden Augen, Ohren, Nase, Zunge und Haut sind die fünf Sinnesorgane, durch welche die fünf Sinne arbeiten: das Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten. Durch sie erhalten wir ständig Ein- drücke von außen. Das unterbewußte Sammelbecken unseres Gemüts fließt über von diesen Eindrücken. Selbst in den Träumen sehen wir sie. Ohne es zu wissen, geben wir genau die Dinge wie- der, von denen unser Inneres überquillt. Wie sollen wir also das Gemüt von den nach außen gerichteten Sinnen zurück- ziehen? Wir wissen, daß wir es nur erreichen, indem wir es zur Ruhe bringen! 

Um das Gemüt zum Schweigen zu bringen, gibt es unzählige Wege. Bisher haben wir Gott in äußeren Dingen gesucht. Aber "das Reich Gottes kann nicht durch die nach außen gehenden Sinne erlangt werden,. es ist in dir." So- lange euer Streben mit den nach außen gehenden Sinnen verbunden ist, könnt ihr Ihn nicht finden. Nur wenn ihr die Seele befreit, indem ihr sie vom Gemüt loslöst, und das Gemüt von den nach außen gehenden Sinnen zurückzieht, könnt ihr erkennen, wer ihr seid und was ihr seid. Dann kommt ihr mit dem Elixier des Lebens oder dem Wasser des Lebens, das bereits in uns ist, in Kontakt. Der hemmende Faktor ist lediglich das Gemüt. Wenn das Gemüt durch die nach außen gehenden Sinne ins Äußere gelenkt wird, werden wir weltlich; wird es nach oben zur Seele geführt, werden wir spirituell. Das ist es, was wir auf dem Weg zu Gott lernen müssen. 

Gott ist die Seele unserer Seelen. Er ist jene Kraft, die uns im Körper kontrolliert. 

Das ist der natürliche Weg, entsprechend der Eigenschaft des Gemüts. Wenn ihr in Versunkenheit sitzt und eure Aufmerksamkeit, die der Ausdruck der Seele im Körper ist, ganz vertieft und von einer Sache in Anspruch genommen ist, dann arbeiten eure nach außen gehenden Sinne nicht. Diese Sinne nehmen also ihre Kraft von der Aufmerksamkeit, wenn sie mit den Sinnen verbunden ist. Ähnlich bekommt das Gemüt auch seine Stärke von der Seele. Wenn ihr völlig versunken seid, werdet ihr merken, daß euer Gemüt nicht tätig ist: ihr kommt ins Träumen. 

Es ist also das Gemüt, das uns auf dem Weg zurück zu Gott im Wege steht. Der Meister sagt: "0 Gemüt, sei still! Du möchtest einen Tropfen vom Wasser des Lebens haben, vom Licht- und Tonprinzip Gottes. Du kannst damit in Verbindung kommen, wenn du Körper und Verstand zur Ruhe bringst." Es ist bereits in uns. Das Gemüt ist wie eine schmarotzende Pflanze, die einen gewissen Teil eines Baumes bedeckt hat, und jener Teil, über den sie sich ausgebreitet hat, ist dürr geworden. Jene schmarotzende Pflanze verdankt ihr ganzes Leben den Zweigen, auf denen sie sich ausbreitet. Auf ähnliche Weise nimmt das Gemüt sein Kraft von der Seele und hat die Seele überdeckt. Daher sind wir nicht in der Lage, Gott zu sehen. 

Was ,sollten wir tun? Die Meister sagen uns, wir sollten unser Gemüt kontrollieren. Und was wird uns dabei helfen? Die Meister sagen: "Welche Unzulänglichkeiten ihr auch haben mögt, Gewalt, Haß, Lügen und andere Leidenschaften, gebt diese Schwächen auf." Statt dessen tut das Gute: an Stelle von Haß habt die Tugend der Liebe. Statt Ärger besitzt die Tugend des Verzeihens. Und wenn ihr unreine oder lüsterne Gedanken habt, habt die Tugend der Keuschheit. Nehmt das Gute an und laßt ab vom Schädlichen. Als Zoroaster gefragt wurde: "Was sollen wir tun?" antwortete er: "Tretet ein in die Armee Gottes." Und auf die Frage: "Welche Qualifikation ist dafür erforderlich?" sagte er: "Rechtschaffenheit." Und sie fragten: "Was ist Rechtschaffenheit?" Und er definierte es so: "Gute Gedanken, gute Worte und gute Taten." 

Ein ethisches Leben ist das Sprungbrett zur Spiritualität. 

"Gesegnet sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen." Lebt tugendhaft und legt alle Laster ab. Das wird euch helfen, euer Gemüt für einige Zeit unter Kontrolle zu halten. Wann immer ihr unrecht getan habt, bereut es. Wascht es weg mit den Tränen der Reue. Das ist der Weg, wie er von allen Meistem vorgeschrieben wurde, die in der Vergangenheit kamen, und wir sollten danach leben. 

Im allgemeinen werdet ihr feststellen, daß wir voll von Leidenschaften sind: Gier, Lügen, Täuschung, Anmaßung der Rechte anderer, unreine Gedanken und schlechtes Denken über andere. All diese Dinge füllen den menschlichen Körper ständig mit Schmutz und Unrat an. Wie könnt ihr erwarten, daß ein König einen Ort - eine Hütte, die voller Schmutz und Unrat ist, betreten wird? Deshalb sagen uns alle Meister, daß wir ein reines Herz haben müssen. Ihr reinigt euren Körper und wascht ihn äußerlich. Das ist recht so: "Reinlichkeit kommt gleich nach Frömmigkeit." Wenn aber dieser ganze Schmutz und Gestank in eurem Inneren liegt, so solltet ihr auch den Körper innerlich reinigen. Das ist es, was alle Meister sagen. Kabir sagte: "Selbst wenn ein Fisch in den heiligsten Fluß - den Ganges - kommt, verliert er nicht seinen schlechten Geruch." 

Wesentlich ist nicht allein die Reinheit des Körpers, sondern die innere Reinheit des Herzens. 

Wie man diese innere Reinheit erlangen kann, habe ich euch nun dargelegt. Wir benützen Schönheitsartikel für unseren Körper, die alljährlich Millionen von Dollars kosten. Aber es ist nicht die äußere Reinheit, die die Aufmerksamkeit Gottes anziehen wird. Es ist die innere Reinheit. 

Gott ist auf der Suche nach einem heiligen Ort - einem Herzen - voller Liebe, voll von Gedanken an Ihn! 

Unsere Herzen jedoch sind voll von weltlichen Gedanken. Wir denken schlecht von anderen und handeln schlecht, indem wir uns die Rechte anderer anmaßen, indem wir sie bis aufs Blut schröpfen, lüsterne Gedanken und Haßgefühle haben. Wir müssen unsere Herzen rein halten. Was ihr tun müßt, habe ich gerade aus der Bibel zitiert. 

Ihr sollt ein "Gurmukh" werden. 

Das Wort "Gurmukh" bedeutet: behalte immer deinen Meister vor Augen. Wenn Er dich initiiert, dann gibt Er dir eine kleine Erfahrung vom Wasser und Brot des Lebens. Von diesem Augenblick an wohnt Er in dir und verläßt dich nie. Dies ist die Christuskraft in Ihm, die Gotteskraft oder Gurukraft, die niemals stirbt. Er verläßt euch nie. Christus sprach: "Ich werde euch nicht verlassen bis zum Ende der Welt." Und alle Meister sagten: "Es ist Gott in diesem Menschensohn, der der wahre Meister ist" Wenn Er sich um jemanden annimmt, 

dann verläßt Er ihn nicht, bis er ihn zu den Füßen des Vaters gebracht hat.

Kommt in Verbindung mit Gott und bleibt immer auf Ihn ausgerichtet, so wie eine Kompaßnadel stets nach Norden zeigt. Denkt immerzu an die Gnade des Meisters. "Wie du denkst, so wirst du." Der Meister ist Gott, der sich im menschlichen Pol manifestiert. Wir haben Achtung für den menschlichen Pol, in dem diese Kraft wirkt. Trotzdem werdet ihr finden, daß alle Meister zwischen zwei Dingen unterscheiden: nämlich zwischen dem Menschensohn, und dem Christus im Menschen. 

Lebt entsprechend Seinen Worten, und ihr werdet die Wahrheit finden; die Wahrheit, die in Licht gehüllt ist; die Wahrheit, die die Symphonie der Musik aller Harmonien ist, die der äußere Aspekt der zum Ausdruck kommenden Gotteskraft ist und als das WORT bezeichnet wird. 

"Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt." Dies ist der Weg, und es ist gleichgültig, ob ihr der einen oder anderen Religion angehört. Bleibt dort! Der Mensch ist ein soziales Wesen und er muß in irgendeiner sozialen Gemeinschaft bleiben. Ihr vollführt gute Handlungen dort, und ihr werdet die Auswirkungen des Guten bekommen. Aber Gott zu erkennen bedeutet, teilzuhaben am Wasser des Lebens und am Brot des Lebens, welches euren Durst und Hunger für alle Zeiten stillen wird. Das heißt, mit der Gotteskraft in Kontakt zu kommen, die das Licht- und Tonprinzip ist. Das erhaltet ihr als Geschenk des Meisters. 

Dies ist das heutige Thema. Ich meine, das wird ausreichen, wenn ihr danach lebt. Die Meister kommen niemals, um eine Religion aufzuheben oder eine neue zu gründen. Sie sagen: "Die Wahrheit besteht bereits. Ihr müßt beginnen da- nach zu leben. Wenn ihr dementsprechend lebt, so wird alles in Ordnung sein." Ich danke euch. 

Gott findet man weder in Büchern, da darin nur Erklärungen über Ihn stehen, noch in steinernen Tempeln, die von Menschenhand erbaut wurden. In diesen kommen wir nur zusammen, um zu Gott zu beten oder Ihm zu danken für all das, was Er uns gegeben hat. Er wohnt in euch. Der Körper ist der wahre Tempel Gottes. Wenn ihr das verstanden habt, wo geht ihr dann hin, um Ihn zu finden? Zuerst in euch selbst. Zieht euch von außen zurück, zieht euch vom Gemüt und den nach außen gehenden Kräften zurück und steigt hinauf zum Sitz der Seele hinter den Augen. Wenn ihr erst fähig sein werdet, euch über das Körperbewußtsein zu erheben, dann tretet ihr in ein Bewußtsein höherer Ordnung ein, das jenseits der Reichweite aller Philosophien und Psychologien liegt. Denn dann seid ihr auf dem Weg zum Grundlosen Urgrund, der Mutter aller Ursachen. Wenn ihr Ihn kennt, wird auch alles andere von selbst erkannt - wie in einem offenen Buch. Das Alpha und Omega der Religion der Seele beginnt dort, wo alle religiösen Philosophien und Meinungsverschiedenheiten enden. Hier fällt alles Denken, Planen, Vorstellen und Phantasieren wie Herbstlaub ab. 

 

DIE ESSENZ DER RELIGION
von Sant Kirpal Singh Ji

Alle Religionen stimmen darin überein, daß Leben, Licht und Liebe die drei Aspekte des Höchsten Ursprungs von allem sind, was existiert. Die wesentlichen Attribute der Gottheit, die EINE ist, auch wenn sie von den Propheten und den Menschen der Welt verschieden benannt wird, sind auch in die wahre Urform jedes empfindenden Wesens eingewirkt. In diesem weiten Ozean der Liebe, des Lichtes und des Lebens haben wir unser wahres Sein und bewegen uns darin. Aber so seltsam es auch scheint, wir kennen diese Wahrheit nicht - wie der sprichwörtliche Fisch im Wasser - und noch weniger praktizieren wir sie in unserem täglichen Leben. Dies ist der Grund für die grenzenlose Angst, die Hilflosigkeit und das Elend, das wir um uns herum in der Welt sehen, trotz all unserer lobenswerten Anstrengungen und ernst- haften Bemühungen, davon loszukommen.

Die Liebe ist der einzige Prüfstein, um festzustellen, wie weit wir das zweifache Prinzip des Lebens und des Lichtes in uns verstanden haben, und wie weit wir auf dem Pfad der Selbst- Erkenntnis und Gott- Erkenntnis bereits vorangekommen sind. 

Gott ist Liebe und die Seele des Menschen ist ein Funken dieser Liebe. Liebe wiederum ist die Verbindung zwischen Gott und dem Menschen einerseits und dem Menschen und Gottes Schöpfung andererseits. Deshalb heißt es: "Wer nicht liebt, kennt Gott nicht, denn Gott ist Liebe." Ähnlich sagt Guru Gobind Singh: "Wahrlich, ich sage euch: Nur der wird Gott finden, dessen Herz vor Liebe überfließt." Einfach gesagt: Die Liebe ist die Erfüllung des Gesetzes des Lichtes und des Lebens. 

Alle Propheten, alle Religionen und Schriften hängen an zwei Geboten 

"Du sollst lieben Gott, deinen Herrn mit all deinem Herzen, mit all deiner Seele und mit all deinem Gemüt." 

Das ist das erste und vornehmste Gebot. Und das zweite ist ihm gleich: 

"Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst." 

Als Christus gefragt wurde, wie wir uns unseren Feinden gegenüber verhalten sollten, sagte er: "Liebet eure Feinde, segnet, die euch fluchen, tut wohl denen, die euch hassen, bittet für die, so euch beleidigen und verfolgen, auf daß ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel. Darum sollt ihr vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist." 

Laßt uns mit dem Maßstab der Liebe, dem wahren Wesen von Gottes Sein, unsere Herzen prüfen. Ist unser Leben ein Aufblühen der Liebe Gottes? Sind wir bereit, einander in Liebe zu dienen? Halten wir unsere Herzen offen für die gesunden Einflüsse von außen? Sind wir denen gegenüber geduldig und tolerant, die anders sind als wir? Weiten sich unsere Herzen mit der Schöpfung Gottes aus, bereit, die Gesamtheit Seines Seins zu umfassen? Bluten wir innerlich beim Anblick der Niedergeschlagenen und Bedrückten? Beten wir für die kranke und leidende Menschheit? Wenn wir nichts von all dem tun, sind wir noch weit entfernt von Gott und von der Religion, gleichgültig, wie laut wir in unseren Reden sind, wie fromm in unseren Plattheiten und wie hochtrabend in unseren Aussprüchen. Trotz all unseres großen Verlangens nach Frieden haben wir völlig versagt, der Sache des Friedens Gottes auf Erden zu 
dienen. 

Ziel und Mittel sind miteinander verknüpft und können nicht voneinander getrennt werden. Wir können keinen Frieden erlangen, solange wir versuchen, ihn mit kriegsähnlichen Mitteln und Waffen der Zerstörung und Vernichtung zu erreichen. In unserem Herzen nagen die Keime des Hasses, die Barrieren von Rasse und Farbe, in unserem Blutstrom branden Gedanken politischer Machtherrschaft und wirtschaftlicher Ausbeutung. So arbeiten wir am Zusammenbruch des sozialen Gefüges, das wir so mühsam aufgebaut haben und erreichen nur den Frieden schweigender Gräber und nicht den lebendigen Frieden, der aus gegenseitiger Achtung und Liebe, Vertrauen und Harmonie geboren wird. Wir beten inbrünstig um den Frieden, der die Menschheit bessern und diese Erde in ein Paradies verwandeln könnte, den wir von Kanzeln und Rednerbühnen predigen, und der trotzdem, je mehr wir fortschreiten, in unerreichbare Ferne rückt. 

Wo liegt dann das Heilmittel? Ist die Krankheit denn unheilbar? Nein, so ist es nicht. Das Leben und Licht Gottes sind immer noch da, um uns in der Wildnis zu helfen und zu führen. Wir sehen diese Wildnis um uns herum, weil wir im Innersten unseres Herzens verwildert sind und die Dinge nicht in ihrer rechten Perspektive sehen. Diese große äußere Welt ist nichts anderes als eine Widerspiegelung unserer eigenen kleinen Welt im Inneren. 

Die Saaten der Uneinigkeit und Disharmonie im Boden unseres Gemüts tragen Frucht in uns und um uns - und dies in Fülle. Wir sind das, was wir denken, und sehen die Welt durch die rauchgeschwärzte Brille, die wir uns selbst gewählt haben. Dies beweist nur eines: Daß wir bis jetzt das Leben und das Licht Gottes noch nicht erkennen und noch viel weniger Gott im Menschen verwirklicht haben. 

Im Spiel des Lebens haben wir uns weit vom Zentrum entfernt. Wir spielen es nur ganz am Rande und tauchen niemals in die tiefsten Wasser des Lebens im Inneren ein. Deshalb sind wir ständig im Strudel des wirbelnden Wassers an der Oberfläche gefangen. Das Leben an der Peripherie unseres Seins ist in Wirklichkeit nicht vom Leben im Zentrum unseres Seins verschieden. Beide sind in Wirklichkeit identisch. Wird jedoch das eine vom anderen getrennt, so sehen sie verschieden aus. Daher das seltsame Paradox: Obwohl das physische Leben eine Offenbarung Gottes ist, ist es doch voller Mühe und Unruhe, Stürme und Spannungen, Zerrissenheit und Zerstreuung. 

In unserer Begeisterung und unserem Hunger nach dem äußeren Leben auf dem Sinnesplan sind wir zu weit von unserem Zentrum abgeirrt, nein, wir haben die Taue unseres Bootes durchgeschnitten, und so ist es kein Wunder, daß wir hilflos auf dem Ozean des Lebens hin und her geschleudert werden. Ohne Steuer und Kompaß, der uns leiten könnte, sind wir ein hilfloses Opfer unberechenbarer Winde und Wogen, ohne daß wir es wissen und können die zahllosen Untiefen, Sandbänke und verborgenen Felsen, mit denen unser Weg übersät ist, nicht erkennen. In dieser schrecklichen Lage treiben wir ziellos im brausenden Strom des Lebens dahin. Wohin? Wir wissen es nicht. 

Nach alldem ist diese Welt aber nicht so schlecht, wie wir annehmen und kann es auch gar nicht sein. 

Sie ist eine Offenbarung des Lebensprinzips des Schöpfers und wird durch Sein Licht erhalten. Al/es gründet auf Seiner Liebe. 

Die Welt mit ihren verschiedenen Religionen ist für uns erschaffen, und wir sollten Nutzen daraus ziehen. Man kann nicht auf dem trockenen Land schwimmen lernen. Alles, was wir tun müssen, ist, die grundlegenden Wahrheiten des Lebens, die in unseren Schriften verankert sind, richtig zu erlernen und zu verstehen. Dann müssen wir sie unter der Führung eines in Gott lebenden Heiligen sorgsam praktizieren. 

Die Heiligen Schriften entstanden durch Propheten, die von Gott inspiriert waren und können deshalb von einem Gott- berauschten Menschen oder Gottmenschen ihrer wahren Bedeutung nach richtig erklärt werden. Er kann, indem er die scheinbaren gedanklichen Widersprüche in Übereinstimmung bringt, uns so in ihre wahre Bedeutung einweihen und uns schließlich helfen, auf dem Gottespfad im Inneren fortzuschreiten. 

Ohne eine solche praktische Führung im Inneren und Äußeren sind wir im magischen Zauber der Formen und Gemüter gefangen. So ist es uns nicht möglich, zu den esoterischen Wahrheiten durchzudringen, die unter der Masse des Wortschwalls vergangener Epochen verborgen liegen und die sich jetzt im Laufe der Zeit durch Formen, Formeln und Formalitäten der herrschenden Klasse zu Versteinerungen verdichtet haben. 

Jede Religion hat notwendigerweise einen dreifachen Aspekt: 

Erstens den traditionellen, der die Mythen und Legenden für die Laienbrüder enthält. 

Den zweiten Aspekt bilden die philosophischen Abhandlungen, die auf dem Verstand gründen und dazu dienen, den Hunger der Intellektuellen zu befriedigen, die sich mehr mit dem Warum und Wofür der Dinge beschäftigen als mit irgend etwas anderem. Hierbei wird großer Wert auf die theoretische Seite gelegt und auf die ethische Entwicklung, die so wichtig für das spirituelle Wachstum ist. 

Der dritte Aspekt ist der esoterische Teil, der zentrale Kern in jeder Religion, der für die wenigen Erwählten, die echten Wahrheitssucher, bestimmt ist. Dieser Teil befaßt sich mit den persönlichen spirituellen Erfahrungen der Gründer jeder Religion und anderer fortgeschrittener Seelen und wird Spiritualität. genannt. Sie ist der Kern aller Religionen und sollte sorgfältig erforscht und im Herzen bewahrt werden, um sie in die Praxis umzusetzen und selbst zu erfahren.

Diese inneren Erfahrungen aller Weisen und Seher sind seit undenklichen Zeiten die gleichen, ungeachtet der religiös- sozialen Gemeinschaften, der sie angehörten. Sie handeln im wesentlichen vom Licht und vom Leben Gottes - gleichgültig auf welcher Ebene. Die Methoden und die Mittel, direkte Ergebnisse zu erlangen, sind eben- so die gleichen. "Religiöse Erfahrung", sagt Plotin, "liegt darin, die Wahre Heimat während des Exils zu finden", und meint damit die Pilgerseele, für die das Reich Gottes gegenwärtig nur eine verlorene Provinz ist. Ähnlich sagt uns Bergson, ein anderer großer Philosoph: "Der sicherste Weg zur Wahrheit ist die Wahrnehmung, die Intuition und bis zu einem gewissen Punkt die Schlußfolgerung - um dann den tödlichen Sprung zu tun." 

Diese Philosophen haben nichts Neues gesagt. Sie haben nur auf ihre eigene Weise die alten Wahrheiten des Para Vidya, des Wissens vom Jenseits, wiederholt. Die Zeugnisse dieses Wissens finden wir in kurzer und bündiger Form in allen Schriften der Welt. In der christlichen Theologie heißt es zum Beispiel: 

Lerne zu sterben, damit du zu leben beginnen kannst. Und Paulus fügt hinzu: Ich sterbe täglich. 

Wer sein Leben findet, der wird es verlieren. Und wer sein Leben verliert um meinetwillen der wird es finden. 

Der heilige Prophet aus Arabien spricht von "Mautu Kibal Ant Mauti", dem Sterben vor dem tatsächlichen Tod. Dadu und andere Heilige sagen ähnlich: "Lerne zu sterben während des Lebens, denn am Ende muß doch jeder sterben." 

So sehen wir also, daß das Leben und das Licht Gottes den einzigen gemeinsamen Boden bilden, auf dem sich alle Religionen begegnen. Und wenn wir diese Rettungs- leinen ergreifen würden, könnten wir lebendige Zentren der Spiritualität werden, unabhängig davon, welcher Religion wir unsere Treue schulden zur Erfüllung unserer sozialen Bedürfnisse und der Entwicklung unseres moralischen Wohlergehens. 

Gott schuf den Menschen, und der Mensch schuf im Laufe der Zeit die Religionen als die vielen Mittel seiner Erhebung, entsprechend den vorherrschenden Bedingungen der Völker. Während wir uns dieser Mittel bedienen, müssen wir unser moralisches und spirituelles Wachstum so anheben, daß wir Gott näher kommen. Es sollte zur Kenntnis genommen werden, daß dies nicht nur eine Möglichkeit, sondern so sicher und gewiß ist wie in der Mathematik zwei und zwei vier sind. Dazu brauchen wir natürlich die richtige Führung und Hilfe eines Adepten, der nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis der Wissenschaft der Seele wohl bewandert ist. 

Dies ist nicht nur ein Gebiet für Philosophen, Theologen oder intellektuelle Größen. Ich nenne nur zwei Beispiele, um dies zu veranschaulichen:

Gott wird in allen Schriften als der Vater des Lichtes, Nooran-ala-noor, Swayam jyoti swarup beschrieben - Ausdrücke, die alle das gleiche bedeuten. Wenn ihr eine religiöse Autorität nach der Bedeutung dieser Worte fragt, werdet ihr zur Antwort erhalten, daß dies nur bildliche Begriffe ohne jegliche innere Bedeutung sind. Und warum? Weil dieser Mensch noch keine praktische Erfahrung vom unerschaffenen, unvergänglichen, selbstleuchtenden und schattenlosen Licht Gottes in sich erhalten hat. Jenes Licht, das Moses, Zarathustra, Buddha, Christus, Mohammed, Nanak, Kabir und andere tatsächlich bezeugten und verwirklicht haben. Sie lehrten jene, die mit ihnen in Verbindung kamen, das gleiche zu tun. 

Genauso wie das Brennen der Kerzen ein Symbol des inneren Lichtes ist, so gibt es in Kirchen und Tempeln auch den Brauch des Glockenläutens und des "Azaans" durch den "Mouzan" - der Gebetsruf der Mohammedaner. All dies hat eine viel tiefere Bedeutung als allgemein erkannt wird, und erstaunlicherweise wird es nur als Zusammenrufen der Gläubigen zum Gebet aufgefaßt. Hierin liegt die große Kluft zwischen Lernen und Weisheit, die entgegengesetzte Pole sind. Diese beiden Symbole (Kerzen und Glocken) weisen auf die Musik der Seele, den Hörbaren Lebensstrom, die Sphärenmusik, auf das wirkliche Lebensprinzip, das in der ganzen Schöpfung pulsiert, hin. 

Ohne Ihre Zeit noch mehr in Anspruch zu nehmen, möchte ich noch eines betonen. Alle Religionen sind vom Grunde her gut und wahrhaft unserer Liebe und Achtung wert. 

Das Ziel dieser Konferenz ist weder eine neue Religion zu gründen - denn wir haben schon genügend davon - noch die vorhandenen Religionen zu werten. Auch sollten wir die Idee verwerfen, eine Weltreligion aufzustellen, denn alle Religionen sind - wie viele Staaten - nur lieblich duftende Blumen im Garten Gottes in verschiedenen Farben und Formen. Die dringendste Notwendigkeit der Zeit ist deshalb, unsere religiösen Schriften aufmerksam zu studieren, um unser verlorenes Erbe wie- der zu erlangen. Ein Heiliger sagt: 

"Jeder hat in sich eine Perle von unschätzbarem Wert. Da er aber nicht weiß, wie er sie ans Licht bringen kann, geht er mit einer Bettelschale umher." 

Es ist ein praktisches Thema, und sogar die Bezeichnung " Religion der Seele" ist falsch, denn die Seele hat überhaupt keine Religion. Wir können es, wenn Sie wollen, die Wissenschaft der Seele nennen, denn es ist wirklich eine Wissenschaft, wissenschaftlicher als alle bekannten Wissenschaften der Welt. Sie ist imstande, wertvolle und nachweisbare, ganz präzise und bestimmte Resultate hervorzubringen. 

Dadurch, daß wir mit dem Licht- und Lebensprinzip, den ersten Offenbarungen Gottes im Laboratorium des menschlichen Körpers - den alle Schriften als einen wahrhaftigen Tempel Gottes bezeichnen - in Berührung kommen, können wir tatsächlich am Brot und Wasser des Lebens teilhaben, uns ins Kosmische Bewußtsein erheben und Unsterblichkeit erlangen. Dies ist der Anfang und das Ende aller Religionen. 

Da wir alle in die Eine Gottheit eingebettet sind, sollten wir alle die erhabene Wahrheit der Vaterschaft Gottes und der Bruderschaft der Menschen repräsentieren. Es ist das lebendige Wort des Lebendigen Gottes, das eine große Kraft in sich trägt. Es heißt richtig: "Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern durch das Wort Gottes." 

Und dieses Wort Gottes ist ein ungeschriebenes Gesetz und eine ungesprochen Sprache. Wer sich durch die Kraft des Wortes selbst findet, kann niemals wieder irgend etwas in dieser Welt verlieren. Wer einmal den Menschen in sich selbst begreift, versteht die ganze Menschheit. Dies ist jenes Wissen, durch das, wenn man es besitzt, alles andere erkannt wird. 

Es ist das unveränderliche Gesetz des Unwandelbaren Seins, von keinem menschlichen Kopf erdacht. Es ist das Sruti der Veden, das Naad oder Udgit der Upanishaden, das Sarosha des Zend Avesta, der Heilige Geist der Evangelien, das Verlorene Wort der Freimaurer, das Kalma des Propheten Mohammed, das Saut der Sufis, das Shabd oder Naam der Sikhschriften, die Musik der Spären und aller Harmonien des Plato und Pythagoras und die Stimme der Stille der Theosophen. 

Jeder ernsthafte Wahrheitssucher kann damit in Verbindung kommen, er kann Es ergreifen und an Ihm teilhaben. Und dies nicht nur zu seinem eigenen Wohl, sondern zum Wohl der ganzen Menschheit, denn Es wirkt wie ein zuverlässiger Notausgang, um allen Gefahren, von denen die Menschheit in diesem Atomzeitalter bedroht ist, zu entrinnen. 

Die einzige Bedingung, diesen spirituellen Schatz in unserer eigenen Seele zu erlangen, ist die Selbst- Erkenntnis. Darum haben die Weisen und Seher aller Zeiten und aller Orte in unmißverständlichen Worten Nachdruck auf die Selbst- Analyse gelegt. Ihr Fanfarenruf an die Menschheit war immer: "Mensch, erkenne dich selbst!" Die arischen Denker in eisgrauer Vergangenheit nannten es Atam Gian oder das Wissen vom Atman, der Seele. Die Griechen und Römer gaben ihm den Namen gnothi seau- ton und nosce te ipsum. Die Moslem Heiligen nannten es Khud-shanasi, und Guru Nanak, Kabir und andere betonten die Notwendigkeit des Apo cheena, der Selbst- Analyse. Sie erklärten, daß der Mensch nur ein oberflächliches Leben der Täuschung auf der physischen Daseinsebene führt, solange er nicht seine Seele von Körper und Gemüt trennt. Wahres Wissen ist unzweifelhaft eine Tätigkeit der Seele und ist voll- kommen - ohne den Gebrauch der Sinne. Dies ist also der Gipfel, den der Mensch nach allem Forschen erlangt hat, seit das erste Aufflackern des Selbst- Erwachens in ihm dämmerte. 

Dies ist die eine Wahrheit, die ich in meinem Leben theoretisch und praktisch von meinem Meister Baba Sawan Singh gelernt habe. Ich habe es Ihnen heute vorgelegt, so wie ich es bereits vor den Menschen im Westen und Osten während meiner ausgedehnten Reisen überall hin tat. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß sie überall Aufnahme fand wie eine gültige Münze. Denn sie ist das einzige Heilmittel gegen alles Übel der Welt, wie auch gegen die Übel des Fleisches, die der Mensch natürlicherweise durch das. Wirken des unerbittlichen Gesetzes von Ursache und Wirkung ererbt hat: "Was du säst, das wirst du ernten." 

All unsere Religionen sind demnach ein Ausdruck inneren Drängens, das der Mensch von Zeit zu Zeit spürt, um einen Weg aus der Disharmonie im Äußeren zum stillen Frieden der Seele im Inneren zu finden. Das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis begreift es nicht. Aber wir sind von ;Natur aus so geschaffen, daß wir ruhelos sind, bis wir Ruhe in dem Grundlosen Urgrund finden. 

Wenn wir nach unseren Schriften lebten und das Licht und das Leben Gottes in uns verwirklichten, dann würde - so sicher wie der Tag der Nacht folgt - die Liebe als Höchstes im Universum regieren, und wir würden überall nichts anderes als die Unsichtbare Hand Gottes wirken sehen. 

Darum müssen wir als Glieder der einen großen Menschheitsfamilie zusammensitzen, damit wir einander verstehen können. Vor allem anderen sind wir EINS - von der Ebene Gottes aus, der der Vater von allen ist; von der Ebene des Menschen aus, als Seine Kinder und von der Ebene der Verehrer derselben Wahrheit oder Gottes- kraft aus, die mit so vielen Namen bezeichnet wird. 

In dieser erhabenen Versammlung spirituell Erwachter können wir DIE GROSSE WAHRHEIT DER EINHEIT DES LEBENS lernen, die im Universum vibriert. Wenn wir das tun, wird sicherlich diese Welt mit ihren vielen Formen und Farben als die wahrhaftige' Schöpfung Gottes erscheinen, und wir werden tatsächlich spüren, daß der gleiche Lebensimpuls uns alle belebt. Als Seine Eigenen lieben Kinder, die in Ihm wie viele Rosen in Seinem Rosenbeet eingebettet sind, wollen wir uns vereinigen im liebevollen Gedenken an Gott und zu Ihm in dieser Stunde drohender Gefahr der Vernichtung, die uns ins Gesicht starrt, für das Wohlergehen der Welt beten. Möge Gott in Seiner unendlichen Barmherzigkeit uns alle erretten, ob wir es verdienen oder nicht. 

Diese Rede hielt Sant Kirpal Singham 26. Februar 1965 in New Delhi, Indien, an- läßlich der 3. WFR-Konferenz (World Fellowship of Religions). 

SEELE IST ERFÜLLT VON DEM EINEN 

SCHRECKEN VON GEBURT UND TOD NAHM EINE ENDE 
HERR SICH MIR IN SEINER HERRLICHKEIT OFFENBARTE. LICHT ERSTRAHLTE IN MIR 
UND DIE DUNKELHEIT VERSCHWAND. 
ALS lCH MICH IM INNEREN VERTIEFTE 
ERHIELT lCH EINEN SELTENEN EDELSTEIN - GOTTES NAAM; DUROH DIESES GLÜCKSELIGE ERWACHEN 
VERFLOG ALL MEIN ELEND UND MEIN TRÜBSAL VERSCHWAND. MEIN GEMÜT VERLOR SICH IM INNEREN IN GOTTES LIEBE. 

WAS IMMER NUN GESCHIEHT, 0 HERR NEHME ICH ALS DEINEN WILLEN AN, WER IN DEINEM WILLEN LEBT GEHT AUF IN SAHAJ,* 
KABIR SAGT: MEINE SÜNDEN SIND WIRKUNGSLOS GEWORDEN, MEINE SEELE IST ERFÜLLT VON DEM EINEN
DER DAS LEBEN DER GESAMTEN SCHÖPFUNG IST, 

'(Ein Zustand unwandelbarer Dauer jenseits der 3 Regionen) 

KABIR