Übersetzung aus englischen Vorlagen durch Schüler Param Sant Kirpal Singhs

SIMRAN

 


 

 

 

Liebe Brüder und Schwestern,

Mr. Khanna hat mich gebeten, zum Jahrestag meiner Geburt eine Botschaft zu senden. Der Tag meiner physischen Geburt war der 6. Februar 1894. Das wirkliche Datum meiner Geburt ist der Tag, an dem ich leiblich zu Füßen meines Meisters Sawan Singh saß, nämlich im Februar 1924. Noch besser ist das Datum, an dem ich von neuem geboren wurde und meinen Meister in all sein er Glorie sah, nämlich im Jahre 1917, sieben Jahre vor meinem physischen Zusammentreffen mit ihm. Ich achte alle heiligen Schriften all der Heiligen, die in der Vergangenheit lebten, da sie alle durch die Inspiration Gottes zustande gekommen sind. Ich hatte das gute Schicksal, zu den Füßen meines Meisters sitzen zu dürfen. Das, was ich von meinem Meister erhalten durfte, gebe ich nun an euch weiter. Es ist das selbe, was all die früheren Heiligen gesagt haben. Ein Unterschied besteht nur in der Sprache oder der Ausdrucksweise, aber der Inhalt ist der selbe. Sie alle sprachen davon, wie unsere Seele vom Gemüt und der Materie zu befreien ist, und sie sich selbst und Gott erkennen kann. Von der Zeit der Initiation an wohnt der Satguru im Ergebenen. Er ist immer bei euch bis ans Ende der Welt und läßt euch alle nur die mögliche Hilfe zuteil werden. Er wird euch nie verlassen, noch aufgeben. Wessen Geist auch immer in vollem Glauben bei ihm verweilt, dem wird er vollkommenen Frieden geben. Es gibt für jeden Hoffnung. Die Meisterkraft kommt in die Welt, um die Sünder zu erlösen und auf den Weg zurück zu Gott zu stellen. Es ist für euch, wenn ihr ihm ergeben bleibt und seine Gebote haltet. Das übrige wird er tun. Gott ist Liebe, ihr seid auch Liebe. Liebe ist der mächtige Faktor, um zu Gott zu gelangen. Wer nicht liebt, kennt Gott nicht. Darum sollt ihr lieben den Herrn, euren Gott, mit eurem ganzen Herzen, mit eurer ganzen Seele und mit eurem ganzen Gemüt. Ich möchte, daß ihr Täter des Wortes werdet und nicht Hörer allein; denn ein Gramm Praxis ist mehr wert als eine Tonne Theorie. Reformatoren werden dringend gebraucht, nicht jedoch für andere, sondern für sich selbst. Ihr werdet die Gottheit als Belohnung bekommen. Ich wünsche euch allen viel Erfolg in euren Bemühungen, den Weg zurück zu Gott zu beschreiten, der in euch liegt. Meine Liebe und besten Wünsche sind immer mit euch und werden bei euch bleiben. Das Mysterium des Lebens wird in Gemeinschaft derer gelöst, die es bereits für sich selbst gelöst haben. Wo findet man ein solchen Menschen? Jemand, der dieses Geheimnis durchschaut hat, kann dir helfen, dieselbe Wahrheit zu finden.

 

Guru Nanak wurde gefragt, wie man den wahren und wirklichen Meister findet und durch welche Merkmale er erkannt werden kann. Er erwiderte: „Der menschliche Körper ist ein Tempel Gottes, und wenn wir uns nach innen wenden, finden wir Gott. Es führt ein Weg von diesem Körperhaus zu einem anderen Haus (Nij Ghar oder Sach Khand), das innen liegt und welches das wirkliche Haus ist, in dem die Seele Ruhe und ewigen Frieden findet. Der menschliche Körper ist genau wie ein gemietetes Haus, das uns für einige Zeit, d.h. für eine Lebensspanne, überlassen wurde, bis die Seele in der Zwischenzeit weise genug geworden ist, um Zutritt zu ihrer ständigen Wohnstätte der immerwährenden Glückseligkeit, zu erlangen. Der wirkliche und wahre Meister ist jemand, der uns den Weg zum Reich Gottes in diesem Körper zeigen kann und die Seele von einer Stufe zur anderen führt, bis das Himmelreich erlangt ist und sie ihre ursprüngliche Heimat wiederfindet.

 

Der menschliche Körper ist – wie alle anderen physischen Dinge – dem Verfall und der Auflösung unterworfen. Selbst diese Welt wird die Auflösung erleiden. Sach Khand oder das Reich Gottes allein ist unzerstörbar und ewig. Der Prozeß der Auflösung ist bis zum Bereich der drei Lokas wirksam, nämlich der physischen, der astralen und der kausalen Ebene; und derjenigen der Großen Auflösung bis zu den feinstofflichsten Kausalebenen. Er kann aber Sach Khand oder Sat Lok oder Mukam-i-Hag, wie die Mohammedaner es nennen, (oder das Neue Jerusalem der Christen) nicht erreichen, denn dies ist das wahre Reich Gottes, von dem Christus gesprochen hat. Das Ziel der Heiligen ist daher Sach Khand, das jenseits der Reichweite der Zerstörung oder der Großen Auflösung liegt.

 

Zunächst weist der Satguru oder der wahre Meister den Weg zum Reich Gottes. Er sagt uns, daß die göttliche Musik, die aus fünf Tönen oder Melodien besteht, allezeit im Körper erklingt. Diese ununterbrochene Symphonie ist das verbindende Glied zwischen der Schöpfung und dem Schöpfer. Sie ist die Leiter, die die Seele auf ihrer Reise zum Reich Gottes Stufe um Stufe zu erklimmen hat. Diese Musik ist äußerst wohlklingend, wie sie ähnlich auf Erden nicht gefunden werden kann. Sie hat eine ungeheure Anziehungskraft und einen unwiderstehlichen Reiz. Die verschieden Melodien beginnen in Sahasdal Kamal (oder der Region des tausendblättrigen Lotos) und reichen bis Sach Khand. Die Meisterseele gibt der menschlichen Seele eine Verbindung mit dem untersten Ende dieser Töne und außerdem eine Erfahrung vom Zurückziehen der Sinnesströme im Körper. Beides muß durch tägliche Übung entwickelt werden. Der Satguru kommt mit den Schätzen von Naam in die Welt. Die Mohammedaner nenne sie Nida-i-Asmani oder die himmlische Musik, und die Christen bezeichnen sie als das Wort. Diese Schätze von Naam sind nicht eine Erbschaft der einen oder anderen Nation oder Gemeinschaft, noch die irgendeines bestimmten Landes, einer Religion oder Glaubensrichtung. Darüber hinaus werden sie von der Meisterseele frei verteilt, ungeachtet irgendeiner der obrigen Erwägungen. Ein Strebender kann ein Brahmane oder ein Kshatriya, ein Hindu oder ein Mohammedaner oder sonst etwas sein, es ist von keiner Bedeutung. Jeder von uns kann die „Kunst des Lebens“ und die Wissenschaft der Spiritualität erlernen, um den Weg zum Reich Gottes zu finden, das das gemeinschaftliche Erbe aller ist und das höchste Gut des Lebens.

 

Eine Meisterseele kann in dem Gewand in die Welt kommen, das sie selbst erwählt. Es ist für die Sucher nach der Spiritualität bedeutungslos. Alle solche Erwägungen würden sicher ein Hindernis und wirklich von Nachteil sein. Unsere einzige Verbindung mit der Meisterseele ist rein spiritueller und nicht weltlicher Natur. Sant Kabir, obwohl ein mohammedanischer Weber, hatte unter seinen Anhängern einen Raj-put-Führer wie Bir Singh und Bhaghail Singh. Auch Sant Ravi, der Schuster von Beruf war, hatte Mira Bai, eine Rajput- Prinzessin, und König Pipa in seiner heiligen Herde. Alles, dessen wir uns versichern müssen, ist, daß der Meister ein Shabd-Liebender ist. Der, welcher das Wort liebt, ist nun das personifizierte Wort und kann uns eine Ersthand- Erfahrung von Shabd oder dem Tonprinzip geben, um damit beginnen zu können. Wenn er diese Bedingungen erfüllt, sollten wir keine Bedenken irgendwelcher Art haben, sondern ihn annehmen, um ihm die Wissenschaft der Spiritualität zu erlernen.

 

Der Makrokosmos ist im Mikrokosmos. Der menschliche Körper ist das Urbild des Universums und noch viel mehr als das. In ihm sind Millionen von Sonnensystemen mit ihren Sonnen, Monden und sich drehenden Welten. Auch die wohlklingenden der wohlklingenden Musik ertönt in ihm, die vom wahrem Thron des Wahren Königs - Gott – ausgeht. Ein Moslem- Heiliger sagt davon:

 

        „Als ich die bezaubernden Weisen dieses himmlischen Gesangs hörte, schien die Kaaba (die Heiligste der heiligen Stätten mohammedanischer Gottesverehrung), wie auch der Tempel (der Idol- Anbeter), gegenüber der göttlichen Berauschung, die diese Musik mit sich bringt, eine schlechte Karikatur zu sein.“

 

Maulana Rumi sagte:

 

        „Die Heiligen sind die wahren Verehrer Gottes, die immer auf die innere göttliche Musik hören. Sie feuert das Leben der Gottliebenden an.“

 

Shamas Tabrez, Ein anderer Moslem- Heiliger, sagte:

 

        „Jeden Augenblick kommt ein neuer Ruf vom Himmel. Ich höre nur diese Stimme und sonst nichts. Jene, die diesen Ruf hören, sind wirklich gesegnet.“

 

Dieser Gesang ist einzig in seiner Art. Keine Sprache kann ihn beschreiben, nicht die arabische, noch die türkische oder persische, noch irgendeine andere. Es ist tatsächlich eine ungesprochene Sprache und ein ungeschriebenes Gesetz in sich.

 

Maulana Rumi sagt wieder:

 

        Guft Paighambar keh awaz-a-Khunda, Me rasad dar gosh-a-man hamchu anda.“ Das heißt: „Der Prophet sagt, ich höre die Stimme Gottes in mir.“

 

Der Prophet Mohammed erklärte einmal, daß er auf die Stimme Gottes genau wie auf eine andere Stimme höre. Aber wenn er gefragt wurde, warum sie nicht von anderen gehört werden könne, sagte er: „Ihr könnt diese Stimme nicht hören, weil eure Ohren versiegelt sind. Eilt zu einer Meisterseele mit der Bitte, das Siegel zu brechen, und dann hört aufmerksam in die Stille eures Herzens hinein.“

 

Annie Besant, die große Theosophin, nannte sie „die Stimme der Stille“ und sagte, daß die Stille laut wird, wenn der Geist in vollkommener Ruhe ist.

 

„Das Reich Gottes ist in euch“, sagte Christus. Das Übel ist, daß wir es äußerlich suchen und darum nicht finden. Der Mensch hat in seiner Suche nach Gott keine Mühe gespart. Er sucht ihn in den heiligen Flüssen (wie Ganges etc.), auf den schneebedeckten Bergen von Badrinath, Kailash, Amarnath etc., in der tiefen Abgeschiedenheit der Wälder und an den heiligen Stätten des Altertums, aber ohne Erfolg. Da der Ausgangspunkt zu Gott innen liegt, müßt ihr einen Meister finden, der den Weg kennt und euch Führer sein wird, bis das Ziel erreicht ist. Dieses Werk kann nur ein wahrer Meister vollbringen, kein anderer kann es tun.

 

Nun erhebt sich die Frage, wie kann man mit dieser göttlichen Musik Verbindung bekommen? Darauf erwidert der Meister: „Die Musik geht von Sukhman aus. Es ist das Mittelband zwischen Ida und Pingala (den zwei Bändern auf jeder Seite der Wirbelsäule), das durch das Rückgrat und das Zentrum zwischen den beiden Augenbrauen läuft und bis nach Sach Khand oder Shahrag, wie die Mohammedaner es nennen, reicht. Sie kann von der Seele in ihren tiefsten Tiefen erlebt werden, wenn Schicht um Schicht der verschiedenen Umhüllungen, die physische oder grobstoffliche, den mentale oder feinstoffliche und die kausale von der Seele abgeschüttelt werden im weiteren Verlauf ihrer Reise zu den verschiedenen Ebenen oder Regionen: der Sonne, des Mondes, der Sterne, der Region der Geister (abgeschiedene Seelen und der Gottheiten etc.).

 

Auf jeder Stufe wird die Musik lieblicher als vorher, bis in Par Brahm (jenseits der drei Religionen), wo die Seele in ihrer ursprünglichen Glorie selbst leuchtet, die Töne noch viel bezaubernder werden und mit nicht endender Stetigkeit immer voller anschwellen. Dies ist Ajapa Jap, der wunderbare Ton, der allezeit in einer ungesprochenen Sprache erklingt. Wenn die Seele diesen hört, wird sie dadurch magnetisiert mit dem Ergebnis, daß das Gemüt mit seinen nach außen strebenden Kräften mangels Inspiration, die es gewöhnlich vom Geist abgezogen hat, lahmgelegt wird und es nach und nach seinen Einfluß auf die Seele oder den Geist verliert. Die „hochgeborene Dame“ (ein Tropfen des Meeres von Sat Naam) ist von seinen Griffen befreit und geht nunmehr ungehindert weiter. Es ist natürlich unmöglich, die erhabenen Symphonien zu schildern, weil sie aus Mangel an geeigneten Ausdrücken nicht zu beschreiben sind. Nun hat jede Seele durch die fortwährende Verbindung mit dem Gemüt die Neigung, durch die nach außen strebenden Kräften abwärts und nach draußen zu fließen, und aus diesem Grunde kann sie den inneren Tonstrom (das Elixier des Lebens) nicht ergreifen. Eine auf den Kopf gestellte Schale kann lange Zeit im Regen stehen, ohne daß auch ein Tropfen hinein fällt; aber wenn sie richtige aufgestellt ist, wird sie – früher oder später – durch einen oder zwei Regenschauer gefüllt werden. Genau dasselbe ist der Fall mit der Seele. Sobald ihr die Meisterseele die Verbindung mit dem lebenspendenden Tonstrom gibt, indem sie durch das Zurückziehen des Sinnesstromes aufnahmefähig wird, bekommt die dem Lotos gleichende Schale des Geistes mehr und mehr Wasser der Unsterblichkeit, bis sie völlig durchtränkt und für immer gerettet ist.

 

Wie ihr wißt, ist das Gemüt immer für Freuden irgendwelcher Art. Aber die Freuden dieser Welt sind alle vergänglich und haben immer einen Stachel in sich. „Unser aufrichtigstes Lachen birgt Leid in sich“, sagte ein englischer Dichter. Dieses abtrünnige Gemüt kann nur bezwungen werden, wenn ihm statt der äußeren Freuden die innere Freude der bezaubernden Weisen göttlichen Musik – das Wort – gegeben wird. Wenn es dieses süße Elixier kostet, wird es von den weltlichen Freuden abgelenkt und besiegt. Dann wird die Seele frei. Dies ist das einzige Hilfsmittel, durch das die Weisen das Gemüt unter Kontrolle hielten. Es bewährt sich in alle Zeitaltern, dem Goldenen, dem Silbernen und dem Kupfernen, und es bewährt sich auch heute im Kali Yuga oder dem Eisernen Zeitalter. Sat ist ewig. Sat war am Anfang, in der Mitte und wird in alle Ewigkeit bleiben. Die göttliche Musik von Sat ist folglich das unfehlbare Mittel zur Beruhigung des Gemüts. Zu gegebener Zeit geht die Seele durch regelmäßige Praxis im Elixier von Naam völlig auf, und das Gemüt wird vollkommen unwirksam.

 

Wie oben gesagt, beginnt der Tonstrom von Turya Pad aus . Wenn der Sinnesstrom vom Körper zurückgezogen ist, tritt die Seele ins Jenseits ein. Die fünf Töne folgen einander der Reihe nach von einer spirituellen Ebene zur anderen, bis Sach Khand erreicht ist. Man muß jeden dieser Töne oder Melodien ergreifen, um Stufe für Stufe zu überschreiten, bis man die letzte Stufe erreicht hat. Nur hier ist die Erlösung der Seele gesichert und der Zyklus der Geburten und Tode zu Ende. Dies ist der große Zweck des Lebens, den man durch die Gnade einer Meisterseele erfüllt.

 

Der Meister –Heilige Shamas-i-Tabrez sagte: „Der große Gott hat uns ausgewiesen und die Tür hinter den Augen fest verschlossen. Er kommt selbst zu uns in Gestalt eines Menschen, um uns in Seine Herde zurückzunehmen.“

 

Die Methode, durch welche Er uns wieder einläßt, wird weiter erklärt: Bevor man die fünf Töne der Musik zu hören beginnt, hat man sich erst in die Stille seiner Seele zurückzuziehen. Der Sinnesstrom muß zum Sitz der Seele hinter den beiden Augenbrauen zurückgezogen werden; denn die Reise vorwärts beginnt von dieser Stufe aus. Es ist die siebente Stufe in der Reihenfolge von unten, wenn die Seele aufsteigt. Die sechs Chakras oder Zentren, welche in Pind oder dem physischen Körper liegt, gehen bis zum tausendblättrigen Lotos (Sahasdal Kamal), der siebenten Stufe. Die Seele ergreift den ersten der fünf Töne der göttlichen Musik und schreitet weiter fort. In den sechs niedrigen Chakras gibt es kein Naam. Der Körper ist in der Tat das Grab, aus dem wir uns erheben müssen, um ab die Stelle zu gelangen, an der die Große Hauptstraße der Spiritualität beginnt.

 

Ein anderer Heiliger sagt: „Auf der siebenten Stufe beginnst du die fünf Töne der göttlichen Musik zu hören, wenn du das Zelt der Seele vom Friedhof des Körpers, der die sechs niedrigen Chakras enthält, entfernst. Von hier aus nimmt sich die himmlische Musik der Seele an und zieht sie hoch von Stufe zu Stufe, bis die endgültige Vollendung durch den Sat Purush oder Sat Naam erreicht ist.

 

Fast alle Heiligen haben dieselbe Qualifikation eines wahren Meisters bekanntgegeben. Guru Arjan sagt: „Nehmt den als Meister an, der euch eine Erfahrung von der Wahrheit, von Naam, geben kann. Diese ist zweifellos nicht zu beschreiben, aber wir müssen eine Verbindung damit haben.“ Kurz gesagt, von jemand, der uns auf Shabd, die göttliche Musik, einstellen kann. Kabir sprach dieselben Worte: „Wir haben so viele Sadhs, die großen. Ich habe für sie alle Achtung. Aber jemand, der eins ist mit dem Wort, und uns eine Verbindung mit ihm geben kann, überragt alle, und für ihn habe ich die größte Achtung. Soami Shiv Dayal Singh Ji erklärt: „Ein Meister ist der, der Shabd (das Wort) liebt und außer dieser keine andere Methode lehrt. Wer auch immer Shabd praktiziert, ist der vollendete Meister. Ihr sitzt zu Füßen, der euch die Verbindung damit geben wird. Er, der das personifizierte Wort ist, das Wort, welches Fleisch wurde und unter uns weilt und uns die Verbindung mit ihm geben kann, steht bei allen Heiligen in hohem Ansehen. Alle heiligen Schriften sprechen Bände von seiner Größe.“

 

Es geschieht alleine durch die Gnade Gottes, daß eine Seele auf einen solchen Meister stößt, der in der Wissenschaft des Surat Shabd Yoga wohlerfahren ist. Der Meister nimmt sie in größtem Mitleid in seine Herde auf, verbindet sie mit dem Tonstrom und stellt sie dadurch auf den Pfad der endgültigen Befreiung. Guru Nanak sagt, daß er den Menschen bewundert, der auf diesem Wege seine wahre Heimat erreicht.

 

Die Methode des Surat Shabd Yoga, wie ihn Guru Nanak beschrieben hat, ist die natürlichste. Sie kann durch Mann oder Frau, jung und alt gleicherweise praktiziert werden. Sogar ein Kind kann sie mit Leichtigkeit üben. Sie ist von Gott selbst geschaffen und nicht durch Menschen, und darum läßt sich nichts hinzufügen, umändern oder abändern.

 

Die Meister lehren, wie wir uns vom Körper zurückziehen und die Verbindung mit dem Tonstrom – dem inneren Wort – haben können. Es gibt so viele Wege, um sich vom Körper zurückzuziehen; aber der eine, der uns von den Sants gezeigt wird, ist der natürlichste und schnellere, und dies wird durch Simran oder die Wiederholung der Namen Gottes erlangt.

 

 


SIMRAN

 

Jedermann auf der Welt übt Simran auf die eine oder andere Weise. In der Tat kann niemand ohne Simran etwas tun. So denkt zum Beispiel eine Hausfrau immer an die Bedürfnisse ihrer Küche, wie Mehl, Hülsenfrüchte, Gewürze usw., damit nichts von diesen Dingen ausgeht. Und sie denkt an Rezepte für neue Gerichte und Delikatessen. Ebenso denkt ein Bauer immer an das Pflügen des Ackers, das Durchfurchen desselben, das Aussäen der Saat, an Ernten und dergleichen mehr; außerdem an das Vieh und das Futter. Ein Ladenbesitzer ist in seinen Gedanken bei seinem Warenbestand und eifrig darauf bedacht, die Preise der Waren, mit denen er handelt, zu erhöhen oder zu senken, und er denkt daran, wie er den größten Profit aus seinem Geschäft ziehen kann. Ein Schulmeister wiederum träumt von seiner Schule, seinen Klassen, Schülern und Lektionen, von all dem, auf das seine Aufmerksamkeit gerichtet ist. Ein Bauunternehmer ist andererseits von den Problemen der Arbeit, des Materials und der verschiedenen Bauvorhaben ganz in Anspruch genommen.

 

So verweilt jeder von uns dauernd bei der einen oder anderen Sache. Diese enge Verbindung hinterläßt einen Eindruck im menschlichen Geist, der im Laufe der Zeit unauslöschlich wird und zur Vollständigen Identifizierung von Subjekt und Objekt führt – und darum heißt es: „Wie du denkst, so wirst du“ oder „Wo der Geist ist, dort bist auch du“, und es hat dabei nichts zu sagen, wo das physische Ich ist. Da dies tatsächlich der Fall ist, nehmen sich die Heiligen auf dem Wege des geringsten Widerstandes des Menschen an.

 

Da als keiner ohne Simran auskommen kann, versuchen die Heiligen, eine Art des Simran durch eine andere zu ersetzen. Sie setzen an die Stelle des Simran der Welt, der weltlichen Beziehungen und Belange, einen Simran der Namen Gottes oder das Wort. Wie Ersterer zur Zerstreuung des Gemüts führt, führt der Letztere himmelwärts, führt zum Frieden des Gemüts und zur Befreiung der Seele. Drei bis vier Stunden täglich waren als Minimum für Simran anempfohlen, doch es soll allmählich erhöht werden. Die Meister sind niemals auch nur für einen einzigen Augenblick ohne Simran. Da er ein ausgesprochen mentaler Vorgang ist (denn er muß mit der Zunge des Gedankens geübt werden), kann keine auch noch so große körperliche Arbeit oder Handarbeit störend einwirken. Im Laufe der Zeit wird es dann automatisch wie das Ticken einer Uhr und hört die ganzen 24 Stunden nicht mehr auf. Während die Hände mit der Arbeit beschäftigt sind, ruht der Geist in Gott.

 

Ich gebe nun einige Einzelheiten über die vorgeschriebene Anwendung von Simran oder der Wiederholung des Namen Gottes bekannt:

 

 

Alle Menschen sind auf die eine oder andere Art mit Simran beschäftigt. Einige üben Simran mittels einer Perlenschnur, genannt Rosenkranz. Bei dieser Art des Simran kann man keine ungeteilte Aufmerksamkeit haben, denn während man Simran übt hat man die Perlen mit den Fingern abzurollen und zur Vervollständigung jeder Runde des Rosenkranzes die Hauptperle umzudrehen. Auf diese Weise erzielt man keine rechte Hingabe, ohne die jedoch nichts gewonnen werden kann. Bei dauerndem Üben rollen die Finger die Perlen automatisch weiter, während das ungezügelte Gemüt herumstreift. Dies ist der Grund, daß die Meisterseelen immer auf den mentalen Simran Nachdruck legen, oder auf einen, der mit der „Zunge des Gedankens“ ausgeübt wird. Denn nur der Simran ist von Nutzen, der mit konzentrierter Aufmerksamkeit ausgeführt wird.

 

Weiter gibt es Menschen, die Simran mit der Zunge üben. Diese Art von Simran ist auch nicht besser als die vorhergenannte, die mit Hilfe des Rosenkranzes geübt wird. Hier bewegt sich die Zunge im Mund, indes der Geist die ganze Zeit umherschweift.

 

Wenn der Pfad zur Wahrheit oder zum höchsten Geist im menschlichen Körper liegt, können alle Handlungen und Taten, die die Aufmerksamkeit auf sich lenken und nach außen ziehen, nichts Gutes bewirken. Es ist ein innerer Prozeß, und man hat sich infolgedessen nach innen zu wenden. Man muß das Gemüt zur Ruhe bringen, bevor das Licht Gottes – das schattenlose Licht, das unerschaffen ist und dergleichen es niemals auf Land oder Meer gibt – darin widergespiegelt werden kann. Eine andere Art Simran ist die, welche mit der Atmung, beim Aus- und Einatmen der lebenswichtigen Luft, geübt wird. Dies bringt nur verübergehende Ruhe und ist nicht von großem Wert.

 

Jede der obengenannten Praktiken hat der Reihenfolge nach mehr Wirksamkeit als die vorhergehende, aber keine von ihnen ist in sich wirksam genug, wenn sie nicht mit ungeteilter Aufmerksamkeit ausgeführt wird. Der Mensch kann für eine Weile etwas Ruhe erlangen, aber keine von ihnen kann dem Geist helfen, sich zurückzuziehen und sich auf den Sitz der Seele hinter dem Zentrum der beiden Augenbrauen zu konzentrieren.

 

 

Die Meisterseelen aller Zeiten und aller Himmelsgegenden sind deshalb der Sache auf den Grund gegangen – der Entdeckung des Selbst, genannt Atma-Sidhi, der Erfahrung des Unwandelbaren, jenseits von Zeit, Raum und Kausalität – etwas Feinerem, Höherem, Edlerem, Reinerem und Mächtigerem in der ganzen Schöpfung, und haben einen Simran der höheren Ordnung anempfohlen. Einer, der geistig, auf göttlichem Boden, an der Schwelle von Gottes Tür geübt wird, von der Christus sagt: „Klopfet an, und es wird euch aufgetan.“ In Hinsicht auf eine zielbewußte Aufmerksamkeit sagt das Evangelium: „Wenn dein Auge einfältig ist, wird dein ganzer Leib licht sein.“ Dieses Auge wird im Sanskrit Shiv-Netra genannt, oder Dev-drishti. Die Mohammedaner nennen es Nukta-i-Sweda. William Wordsworth, ein großer Dichter der Romantik und Hofdichter seiner Zeit, nennt es „Inneres Auge.“

 

Die Moslem- Heiligen teilen Simran oder ‚Zikr‘ in fünf Kategorien ein:

 

1.   Zikr-i-Lassani oder Zikr mit der Zunge ausgeführt. Dieser wird auch Kalma-e-Shariet oder Nasut genannt.

2.   Zikr-e-Qalbi, durch Pranayama oder Atemkontrolle am Sitz des Herzen geübt. (Sie nennen dies Habas-i-dam und auch Kalma-i-Tariqat oder Malqut.)

3.   Zikr-i-Ruhi wird mit voller Aufmerksamkeit geübt und ist bekannt als Kalma-i-Marefat oder Jabrut.

4.   Zikr-i-Siri leitet zum Sitz oder dem Geheimnis der Wirklichkeit. Er wird Kalma-i-Haqiqat oder Lahut genannt.

5.   Zuletzt Zikr-i-Khaffi, der die geheime Tür aufschließt. Er wird auch Hahut genannt.

 

Maulana Rumi – ein Moslem- Heiliger, betrachtete, wenn er von Zikr oder Simran sprach, allein den Zikr der höchsten Art, der bei der inneren Offenbarung der Wahrheit hilft, nämlich Zikr-i-Ruhi, im Gegensatz zu Zikr-i-Lassani.

 

Der Rishi Sandilya sagt uns in seiner Upanishad, daß Bekhri Simran (der mit der Zunge geübt wird) ganz gut sei, daß aber Upasu (mit ruhigem Atem geübt) besser wäre; doch der beste sei Manski (im Geiste mit der Zunge des Gedankens geübt), er übertrifft sie alle.

 

 

 

Der Sitz des Simran

 

Nun, müssen wir sehen, wo die Wiederholung des Simran auszuführen ist. Der göttliche Boden, auf dem Simran ausgeübt werden soll, ist das Zentrum zwischen den beiden Augenbrauen, das verschieden als Drittes Auge, Tisra Til, Shiv Netra oder Nukti-i-Sweda, bezeichnet wird. Dies ist der Zugang, der zur feinstofflichen Ebene führt. Im Wachzustand ist dies der Sitz der Seele, und er befindet sich über den sechs physischen Chakras oder Zentren. Wir haben über die physischen Zentren die Astral- oder Kausalebene zu überschreiten. Die Yogis überqueren die sechs physischen Zentren Stufe für Stufe, bis diese schließlich ganz überschritten sind und sie über die physische Ebene hinausgelangt. Anstatt zu den niedrigen Zentren zurückzusteigen und dann erst, indem man sie durchdringt, nach oben zu gelangen, ist es bei weitem leichter und besser, wenn man die Reise direkt vom Sitz der Seele aus, der auf der Rückseite der beiden Augen liegt, im wachen Zustand beginnt. Der leichteste Weg, um den Geist vom Körper zu seinem Sitz zurückzuziehen, ist mittels des geistigen Simran, wie er von der Meisterseele anempfohlen wird.

 

 

Simran

 

Wir wollen nun sehen, was Simran ist, und welche Beziehung zwischen dem Namen und dem Benannten besteht.

 

Für Simran gibt es zwei Arten von Namen: ursprüngliche und abgeleitete. Gewöhnliche gebrauchen die Menschen einen Simran des einen oder anderen abgeleiteten oder beigefügten Namen Gottes, so wie er den einzelnen gerade anspricht. Dies kann bis zu einem gewissen Grad gut und nützlich sein, aber er kann für die höhere spirituellen Ebenen, die im Inneren liegen, nicht als „Sesam, öffne dich“ wirken.

 

Meisterseelen üben und empfehlen den Simran der höchsten Art, d.h. den der ursprünglichen oder eigentlichen Namen Gottes; denn diese öffnen zauberhafte Fenster, die Ausblicke freigeben, die zu den spirituellen Bereich innerhalb des Körpers führen. Solche Namen sind durch die übertragenen Gedanken, die sie gewöhnlich begleiten, wenn sie dem Aspiranten durch eine Meisterseele gegeben werden, geladen und elektrifiziert. Da sie magnetisch sind, haben sie die Macht, den Geist anzuziehen und auf die Ebenen emporzuheben, auf welche sie sich beziehen. Die eingepflanzten „Worte“, die mit dem göttlichen Geist des Meisters geladen sind, tragen sehr bald Frucht. Christus sagte in diesem Zusammenhang: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben; gleichwie die Rebe kann keine Frucht bringen von sich selbst, sie bleibe denn am Weinstock, also auch ihr nicht ... bleibet in mir, und meine Worte werden in euch bleiben.“

 

Diese geladenen Worte des Meisters – die eigentlichen Namen Gottes – haben die Macht, die Kräfte der Finsternis, die dem Geist begegnen und ihn bei seiner Vorwärtsreise angreifen könnten, zu vertreiben. Der Simran dieser Namen hilft der Seele sowohl auf der irdischen als auch auf der überirdischen Ebene. Es ist deshalb notwendig, daß Simran mit solchen Namen ausgeführt wird, die die Meisterseele anrät, da sie mit einer ungeheuren spirituellen Kraft geladen sind, die die negativen Kräfte nicht ertragen können und vor der sie fliehen, wie von einem Zauberer getrieben. Ewig und unvergänglich wie diese Worte des Meisters sind, verleihen sie der Seele, in die sie eindringen und Wurzel schlagen, ewiges Leben. Das ist der Grund, weshalb gesagt wurde: „Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes nicht mißbrauchen...“

 

Jeder Name hat seine eigene Bedeutung, seinen Einfluß, Kraft und Macht. Wenn man an Eis denkt, wird man an rauhe Kälte erinnert und an die Schauer, die sie mit sich bringt; der Gedanke an Feuer hingegen bringt uns dessen Eigenschaften von Hitze und Wärme in den Sinn. Das Wort Rechtsanwalt deutet auf Gerichtshöfe und Rechtsfälle, und das Wort Ärzte beschwört sogleich Bilder von Krankenhäuser, Kranken und Arzneischränken usw. herauf. Es ist eine allgemeine Redensart: „Wie du denkst, so wirst du.“ Man sagt, der Gedanke sei der Grundton für den Erfolg. Es besteht immer eine starke Verbindung zwischen einem Namen und dem Benannten, und noch viel größer und stärker ist die Verbindung zwischen Gott und Seinem Namen. Man kann sagen, daß Gott selbst in Seinen eigenen Namen wohnt, in den eigentlichen und ursprünglichen Namen, und nicht in den abgeleiteten und beigefügten.

 

Simran der eigentlichen Namen Gottes hat einen unvermeidlichen Einfluß auf den Geist. Es führt zu Meditation (dhyan) und läßt den Geist der Welt und die weltlichen Dinge vergessen. In der Meditation verbleibt nichts außer dem konzentrierten Simran, und aus der großen und tiefen Stille des Herzen (Hirde Kamal der Heilige, d.h. der göttliche Boden hinter den Augenbrauen) kommt ein unaufhörlicher Tonstrom, der den Geist emporheben hilft, indem er zum Zurückziehen vom Körper führt (natürlich ohne die Silberschnur zu brechen), und ihn bei seiner Weiterreise in die verschiedenen spirituellen Bereiche leitet. Die strahlende Form des Meisters bleibt immer mit dem Geist, führt ihn und hilft ihm bei jedem Schritt. Das Tonprinzip ist das Bindeglied zwischen Gott und Mensch, und auf diese Weise ist eine unlösliche Verbindung und Beziehung zwischen dem Schöpfer und Seine Schöpfung hergestellt. Dieser Tonstrom ist von den Weisen verschieden beschrieben worden. Die Veden sprechen von Sruti (das, was gehört wird), die Upanishaden beschreiben ihn als Nad oder Udgit (der Gesang der jenseitigen Welt). Der Moslem nennt ihn Bang-i-Asmani oder Kalma. Im Gurbani spricht man von Shabd, und im Evangelium wird das Wort erwähnt. Die Nachfolger von Zoroaster nennen ihn Sarosha, und die Franzosen haben ihm den Namen Elanvital, Lebensimpuls oder Lebensstrom gegeben.

 

Wenn das Bewußtsein einmal diesem Tonprinzip, der Stimme der Stille, wurzelt, ist dem Geist das ewige Leben gewiß. Es gibt keinen anderen Weg zu Gott als diesen und er kann nur mittels Simran der Namen Gottes erreicht werden. „Klopfet an und es wird euch aufgetan,“ lehrt das Evangelium. E.W. Emerson nannte es „das innere Anklopfen“. Dieses leise Klopfen ist nur möglich, wenn das Gemüt durch Simran beruhigt, der Geist zurückgezogen und vor der Tür Gottes konzentriert ist. Dies ist der Weg, der von Gott selber bestimmt wurde, aber keiner ihn ohne die Gnade einer Meisterseele finden, eines Adepten in der Wissenschaft der Spiritualität, der es noch nicht nur in der Theorie ist, (wie Yaggavalkya, ein Philosoph, der dem Raja Janaka nur die theoretische Seite erklären konnte und nicht fähig war, Erfahrungen aus erster Hand zu geben), sondern auch in der Praxis (wie Ashtavakra, der dem Raja Janaka eine spirituelle Erfahrung gab), einer, der alle Ebenen überschritten hat: die physische, die astrale, die kausale und noch mehr, und der von Gott den Auftrag hat, Ihm andere Seelen zuzuführen.

 

 

Simran und wie man ihn übt

 

Nun erhebt sich die Frage, wie Simran zu üben ist. Um Simran auszuüben, muß man eine bequeme Haltung einnehmen und dann seine Aufmerksamkeit auf den göttlichen Grund zwischen den beiden Augenbrauen richten. Simran ist ein rein geistiger Vorgang und somit nur geistig, mit der „Zunge des Gedankens“, zu üben, während man mit seinem ganzen Sehvermögen die Stelle hinter den beiden Augenbrauen – wie oben gesagt – fixiert. Die „Worte“, die vom Meister gegeben werden, sollen geistig oder – wie es heißt – „mit der Zunge des Gedanken“ ganz langsam wiederholt werden. Es soll ausgeübt werden, ohne irgendeine Anspannung oder Druck auf der Stirne zu verursachen. Man soll diese Übung mit etwa einer halben Stunde, wie es gerade paßt, beginnen, und sie im Laufe der Zeit auf zwei oder drei Stunden täglich oder auch länger ausdehnen. Simran der göttlichen Namen kehrt den Geist nach innen und bringt ihn von den weltlichen Gedanken und weltlichen Dingen ab, bis er ruhig und im Gleichgewicht ist.

 

Manche üben Simran mit geschlossenen und andre mit offenen Augen. In manchen Fällen führt Ersteres zu Schläfrigkeit, die zu dem, was ‚`Yog Nidra‘ genannt wird, leiten kann, und das andere beschäftigt den Geist mit seiner Umwelt. Vor beiden Fällen muß man sich hüten. Simran mit geschlossenen Augen ist vorzuziehen, vorausgesetzt, daß man bei vollem Bewußtsein bleibt. Man muß jeden Tag zu einer bestimmten Zeit und regelmäßig üben.

 

Hafiz, ein persischer Sufi- Dichter, sagt: „Die einzige Arbeit ist, zu beten, und dies ungeachtet dessen, ob es erhört wird oder nicht.“ Das heißt also, man muß innerlich des Herrn gedenken, ohne nach etwas zu greifen oder, um das eine oder andere zu erhalten. Wir haben alles Gott oder dem Meister, der über uns wirkt, zu überlassen. So wie wir Nahrung für den Körper brauchen, müssen wir auch Nahrung für die Seele haben. Wir sind sehr besorgt darum, das Pferd – den Körper – zu ernähren, lassen jedoch den Reiter – den Geist – den lebensspendenden Urquell, der den Körper belebt und ohne den er wertlos ist, darben. Wir müssen den Geist regelmäßiger und rechtzeitiger mit Nahrung versehen als den Körper; und es hat da nichts zu sagen, wo wir sind, zu Hause oder draußen und ungeachtet der bestehenden Verhältnisse. Es sollte unsere erste und vordringlichste Sorge sein.

 

Simran von Naam oder dem Wort (Ton) ist ein Lebenselixier und in der Tat ein Allheilmittel für das Übel, sei es physisch oder mental, zufallsbedingt oder auferlegt. Es ist Nahrung für den Geist, und wenn der Geist stark und gesund ist, wird er den Körper mit Strömen von Leben und Licht (Lebenskraft) aufladen, die von Kopf bis Fuß alle Dunkelheit vertreibt. Es ist der Odem des Lebens, von dem Christus gesprochen hat, als er erklärte: „Ihr lebt nicht nur vom Brot allein.“ Aber ihr könnt allein vom Namen Gottes leben.

 

Simran und Dhyan (Meditation) überfluten den Geist mit den Wassern des Lebens. Der Geist kommt zu sich in seine latente Gottheit und stürzt wie ein ungestümer Gebirgsfluß eilig dem Meer des Lebens entgegen, das sein ewiger Ursprung ist, und verschmelzt sich mit ihm, wobei er seine getrennte Wesenheit verliert.

 

Hinsichtlich Zeit und Ort gibt es keine Begrenzung. Simran kann zu jeder Zeit und an jedem Ort geübt werden, sitzend oder stehend, gehend oder liegend, aber er muß in einem völlig bewußten Zustand ausgeführt werden. Die beste Zeit für Simran sind die frühen Morgenstunden. Ein leichtes und einfaches Mahl am Abend und Waschung am Morgen sind in jeder Hinsicht hilfreich. Reinheit in Gedanken, Worten und Taten tragen viel dazu bei, um beim Sadhan (spirituelle Übung) Erfolg zu haben; denn ein ethisches Leben geht dem spirituellen Leben voraus und ist in der Tat der rechte Boden, auf dem das spirituelle Gefüge zu errichten ist. Für ein Hausvater ist es sehr wichtig, im Leben strenge Disziplin zu beachten, besonders in Hinsicht auf Nahrung, Getränke und Rede. Wiederum muß Simran langsam geübt, und die Worte müssen ganz klar wiederholt bzw. gedacht werden. Um schnelle Ergebnisse zu sichern, muß der ganz Vorgang mit Liebe, Ergebenheit und zielbewußter Ergebenheit ausgeführt werden. Wenn er für einige Zeit genau geübt wird, überkommt den Geist ein Zustand göttlicher Trunkenheit, und eine heilige Stille wird erfahren. Alle weltlichen Gedanken schwinden wie dünne Luft, der Geist fühlt sich von den irdischen Hüllen befreit und wird durch die „Unsichtbare Kraft“ des Meisters unwiderstehlich aufwärts gezogen. Wenn er sich von den Sinnesebenen zurückgezogen hat, gelangt er gesammelt zu seinem wirklichen Sitz; das innere Licht beginnt zu dämmern, und eine spirituelle Erfahrung nach der anderen, wie der gestirnte Himmel, der Mond und die Sonne offenbaren sich. Man begegnet in den alten und neuen heiligen Schriften, wie in den Veden, Upanishaden, dem heiligen Koran, dem Gurbani (Worte eines lebenden Meisters) und dem Evangelium usw. häufig Hinweisen auf diese Dinge. Die Propheten Mohammed und Moses sprechen von den verschiedenen inneren Lichtern. Das Evangelium bezieht sich wiederholt auf Blitz und Donner in Verbindung mit der Stimme Gottes, als Er zu den Propheten sprach.

 

Sobald der Geist diese Anfangsstufen überschreitet und auf die feinstoffliche Ebene kommt, erscheint die strahlende Form des Meisters, nimmt die Seele in ihre Obhut und führt sie auf ihrer spirituellen Reise weiter von Ebene zu Ebene. Mit diesem Kommen des Meisters ist das Werk von Simran erfüllt und die Seele des Strebenden ist völlig in den Händen der Meisterseele.

 

Guru Arjan, der fünfte Guru der Sikhs, hat über die Erfolge, die ein Mensch haben kann, wenn er sich der liebevollen Wiederholung der Worte widmet, einen glühenden Bericht gegeben. Er prägt dem Menschen ein, allezeit in so vielen Worten an Ihn zu denken, wie sie die früheren Heiligen gebraucht haben. Es gibt viele Namen für die Eine Wirklichkeit, und unser Ziel und Streben ist das gleiche. Wir müssen mit dem Namen beginnen und mit dem Benannten in Verbindung kommen. Wenn ihr nicht mit dem Benannten in Verbindung kommt, könnt ihr nicht den vollen Nutzen aus den Worten, die ihr wiederholt, ziehen. Ihr sagt zum Beispiel water im Englischen, aqua im Lateinischen, pani und asb in Urdu und im Persischen, jal und nir in Hindi; aber allein durch die Wiederholung dieser Namen wird euer Durst nicht gestillt. Nur dadurch, daß ihr diese besondere Flüssigkeit, die mit so vielen Namen benannt wird, trinkt, kann der Durst gelöscht werden. Man kann Simran auf zwei Arten anwenden: die eine, das Üben des Simran der Welt mit allem, was sie umschließt, hat so sehr Besitz von uns ergriffen, daß wir die Welt und das, was zu ihr gehört, geworden sind. Dieselbe Methode müssen wir nun gebrauchen, um alle weltlichen Gedanken von innen her zu entfernen, indem wir liebevoll des Herrn gedenken und dies mit so vielen Namen, wie sie bisher von den Heiligen erdacht wurden. Somit ist die eine da, um mit dem Simran der elektrisch geladenen Worte, die von einem kompetenten Meister gegeben wurden, beim Zurückziehen vom Körper zu helfen, und die zweite, um die Welt und die weltlichen Gedanken durch ständiges Denken an Gott, auf so viele Arten wie vorgeschrieben, aus unseren Inneren zu verbannen. Die Beschreibung davon wurde oben im einzelnen gegeben.

 

Ich gab eine Übersicht über das gesamte Thema, das im Zusammenhang mit Simran steht. Es wird nicht unangebracht sein, euch nun mit den Aussprüchen der verschiedenen Heiligen zu diesem Thema bekanntzumachen. Zunächst die Erklärung von  Sant Kabir. Er sagt, der Name Gottes ist erquickend. Er heilt alles Übel. Sich der Namen Gottes zu erinnern, führt überdies zu ihm. Weiter sagt Kabir: „Bei der hohen Liebe ist derjenige Groß – ob reich oder arm – der betet, und noch größer der, der es ohne einen besonderen Grund tut.“

 

Geld und Macht machen noch keinen Menschen aus. Armut und Reichtum sind beide vergänglich. Ein Mensch, der Simran übt, steht weit über der ganzen Menschheit. Er ist weit mehr gesegnet als die übrigen. Die meisten Menschen sehnen sich nach weltlichen Dingen. Die einen möchten gerne Kinder haben, andere verlangen nach Reichtum, wieder andere nach Ehre und Ruhm. Der gütige Vater gewährt natürlich die Bitten aller. Ein Mensch des Simran jedoch, bittet um nichts. Er sucht Gott um Seiner selbst willen, und daher ist dies der höchste Ruhm für ihn.

 

Akbar, der große Mogul- Kaiser, verirrte sich einst während eines Rittes und wurde durstig. Er bat einen Bauern, der bei einem Brunnen stand, um Wasser. Der Bauer band das Pferd des Kaisers an einen in der Nähe stehenden Baum, gab ihm, von dem er nicht wußte, wer er war, Wasser und Nahrung, und der Kaiser, dem diese Gastfreundschaft gefiel, erzählte ihm, wer er war, und hieß den Bauern zu ihm kommen, wann immer er etwas nötig habe. Nach einiger Zeit hatte der Bauer eine Gelegenheit, die Hauptstadt zu besuchen. Er ging zum Kaiser, wie ihm zu tun geheißen wurde. Als er zu des Kaisers Palast kam, fand er den Kaiser im Gebet und hörte, daß dieser am Ende Gott um Frieden und Wohlstand seines Reiches bat. Als er dies hörte, fühlte sich der Bauer erniedrigt, daß er gekommen war, um von einem Bettler etwas zu erbitten; denn er konnte sich ja auch selbst direkt an den großen Gott wenden, der die Gebete der Reichen und Armen gleicherweise erhört.

 

Guru Nanak sagt: „Warum sollten wir von Gott weltliche Dinge erbitten?“ All jene, die den Körper und die körperlichen Beziehungen lieben, gehen den Weg zur Hölle; aber jemand, der ohne besonderen Anlaß Simran übt, ist wahrhaftig groß. Gewöhnlich bitten wir um die Erfüllung unserer Wünsche und Sehnsüchte. Solange ein Mann oder eine Frau davon erfüllt ist, bleibt der menschliche Körper weit davon entfernt, ein Tempel Gottes zu sein, er ist eine Wohnstätte des Satans.

 

Deshalb sagt Kabir, daß Gott diejenigen liebt, die Ihn allein lieben, zu keinem anderen Zweck als nur der Liebe Gottes wegen. Dasselbe ist auch in den Sikh- Schriften gesagt – „Worum sollte ich bitten? Es gibt nichts Dauerhaftes auf der ganzen Welt. Ich sehe, wie die ganze Welt vergeht.“

 

Kabir sagt: „Im Leid beten wir zu Gott, in der Freude vergessen wir Ihn. Könnten wir in der Freude beten, dann würde das Leid nicht kommen.“

 

Wir denken an Gott nur, wenn wir von allen Seiten sehr bedrängt werden. Es ist das Leiden und nicht der Überfluß, was uns gottwärts wendet. Wenn jemand Gott im Glück nicht vergessen würde, so würde ihm das Unglück nie nahe kommen. Schwere Zeiten kommen nur als Resultat der Sünden, die wir begingen, als wir Gott vergessen hatten. Simran (oder dauerndes Denken an Gott) ist ein Heilmittel für die Seele. Es macht den Willen von Tag zu Tag stärker. Sorgen und Prüfungen, wie schwer sie auch immer sein mögen, können den Menschen nicht niederdrücken. Mit lachendem Gesicht kommt er unversehrt durch die Schicksalstürme hindurch. Simran ist ein Heilmittel für alle Leiden der Welt. Er ist eine mächtige Hilfe und wirkt Wunder, indem er Leiden beseitigt, wo alle menschlichen Bemühungen fehlschlagen. Ein Mensch, der Simran übt, hat nie Furcht oder Sorgen. Wenn Simran sehr wirksam sein soll, muß er dauernd und unaufhörlich geübt werden.

 

Moses, der Prophet der Hebräer, glaubte einst, daß er der Ergebenste in der ganzen Schöpfung sei. In einer egoistischen Gemütsaufwallung fragte er Gott, ob es in der Welt einen größeren Ergebenen gäbe als ihn. Und der große Gott sagte zu Moses, daß unter Seinem Ergebenen außer den menschlichen Wesen auch viele Vögel und Tiere seien. Auf einen einsamen Vogel im Dschungel hinweisend, führte Gott Moses zu diesem, damit er die ganze Tiefe der Ergebenheit dieses Vogels kennenlernen konnte. Da Moses die Sprache der Vögel nicht verstand, stattete ihn Gott mit einem Verstand aus, der ihm ein Gespräch mit dem Vogel ermöglichte. Moses näherte sich dem Vogel und erkundigte sich, wie es ihm erginge. Der Vogel erwiderte, daß er damit beschäftigt sei, ständig an Gott zu denken und es sich darum schlecht leisten könne, Zeit für eine unnütze Unterhaltung zu verschwenden, wenn es nicht um des Geliebten willen wäre, der Moses zu ihm geschickt habe. Daraufhin fragte der Prophet den Vogel, ob er irgendeine Not leide, bei der von Hilfe für ihn sein könnte. Der Vogel erwiderte, daß er keinerlei Not litte, doch falls der Prophet ihm einen Gefallen tun wolle, bat er ihn, die Wasserquelle, die in einiger Entfernung lag, näher zu ihm zu bringen, da ein Flug dorthin, um seinen Durst zu löschen, störend auf seinen Simran einwirken würde. Dieser Vorfall demütigte den Stolz von Moses. Guru Nanak sagte ebenso: „Wenn ich Dich, o Gott, auch nur für den Bruchteil einer Minute vergesse, zählt dies für mich mehr als fünfzig Jahre.“ Und wieder sagt er: „Nur der lebt wirklich, der dauernd an Gott denkt, o Nanak, alle anderen sind gleichsam tot.“ Simran muß um jeden Preis geübt werden. Sich dauernd an Gott zu erinnern, wirkt lebenspendend für den Ergebenen. Guru Nanak sagt: „Wenn ich an Dich denke, lebe ich; wenn ich Dich vergesse, bedeutet dies den Tod für mich.“ Man hat vieles erdacht, um die Konzentration zu entwickeln. Einige stehen Stunden um Stunden, andere halten die Arme hoch, wieder andere machen Atem- Übungen wie Pranayama, und einige schlafen auf Nägeln oder sitzen in der glühenden Sonne mit vier Feuern um sich herum (d.h. Panch Agni Tap oder die Härte der fünf Feuer). Aber all dies sind künstliche Methoden. Simran oder das Denken an Gott ist die einzige natürliche Methode und am leichtesten zu befolgen und zu entwickeln. Sie kann mit derselben Leichtigkeit von Jungen und Alten, im eigenen Heim und inmitten von Freunden und Verwanden wie auch während der Arbeit geübt werden.

 

Kabir sagt ferner: „Wir vergessen das Gebet in der Freude und beten nur im Leid; darum, sagt Kabir, sind solche Gebete vergebens.“

 

Da wir nur an den Herrn denken, wenn wir in Sorgen sind, und uns nie um ihn kümmern, wenn wir in guten Verhältnissen leben, darum – sagt Kabir – hört Gott auch nicht auf solche selbstsüchtigen Gebete, die wir vergebens in Not und Bedrängnis murmeln, oder wenn wir in einen Prozeß usw. verwickelt sind.

 

Das Gebet sollte unaufhörlich sein und überfließend wie die Leidenschaft eines Liebenden ist, der seine Liebe auch nicht für einen Augenblick vergißt. Wenn sich ein Mann in eine Frau verliebt, trägt er ihr Bild immer in seinem Herzen, ob er wacht oder schläft, sitz oder steht. Wenn man die Liebe zu Gott so in sich tragen könnte, währe dies wahrlich wunderbar.

 

Kabir erklärt weiter, wie dieses liebevolle Denken an Gott gehandhabt werden soll, und gibt ein anderes, gleichartiges Beispiel. Er sagt: „Verrichte das Gebet wie die Dorfmädchen es machen, die sich erzählend bewegen und doch die Aufmerksamkeit immer auf die Krüge, die sie auf ihren Köpfen tragen, gerichtet halten.“

 

Der tägliche Lebensablauf beeinträchtigt den Simran nicht, sagt Kabir. Wenn die Dorfmädchen Wasser holen gehen, tragen sie Krüge voller Wasser, einen auf dem anderen, auf ihren Köpfen, und obgleich sie nicht auf den Weg achten können, scherzen und erzählen sie unter sich, während die Krüge auf ihren Köpfen ruhig stehen bleiben, da ihre Aufmerksamkeit immer auf sie gerichtet ist. Auf dieselbe Weise braucht man auch Simran inmitten des Gedränges und Gehetzes des Lebens und der weltlichen Verpflichtungen nicht zu vergessen.

 

Nochmals sagt Kabir: „Achte auf das Gebet wie die Kühe auf ihre Kälber, die nie die Jungen vergessen, obwohl sie auf der Wiese weiden.“ Wenn ein Viehzüchter die Kühe zum Weiden führt, vergessen sie nicht die Jungen, die sie im Stall zurücklassen. Während sie emsig auf der Wiese grasen, bleibt ihre Aufmerksamkeit bei den Kälbern. Auf diese Weise sollten wir bei der weltlichen Beschäftigung nicht den Zweck und das Ziel unseres Lebens vergessen, nämlich die Gottverwirklichung.

 

Kabir gibt noch ein anderes Beispiel, um zu erklären und deutlich zu machen, daß wir an Gott denken sollten. „Achte auf deine Gebete wie die Geizhälse auf ihren Reichtum, deren Sinn dauernd auf das angehäufte Geld gerichtet ist.“

 

Ein Armer sammelt sein Geld, indem er Pfennige erbettelt, und zählt es Tag und Nacht. Ob schlafend oder wachend, träumt er die ganze Zeit von seinem kleinen Schatz. Genau wie ein Armer sollten wir immer über Simran, den wir üben, Rechnung führen und versuchen, den Reichtum von Naam anzuhäufen, und ihn nicht für einen Augenblick vergessen.

 

Kabir hat so viele Beispiele gegeben, damit wir den wahren Wert des echten Simran, der immer Frucht trägt, verstehen können.

 

        Liebe das Gebet wie das Wild den Trompetenschall liebt, das um dieses geliebten Tones willen Leben und Freiheit riskiert.

 

Das schnell- füßige Wild, das nicht auf andere Weise gefangen werden kann, wird von den Jägern durch das Trompetenspiel eingefangen. Es liebt diesen Ton so sehr, daß es unwiderstehlich von ihm angezogen wird, und sein Kopf hilflos auf dieses Instrument legt. Auf genau dieselbe Weise wird das immer ruhelose Gemüt bezaubert, ruhig und bewegungslos, wenn es einmal den inneren Tonstrom hört. Wenn die Seele von den Fangarmen oder Klauen des Gemüts befreit ist, wird sie sich leicht zu den höheren Regionen aufschwingen.

 

Er gibt ein anderes Beispiel: „Liebe das Gebet so, wie die Motte das Licht liebt, in dessen Flamme sie verbrennt, sich aber niemals abwendet.“ Licht ist Leben für die Motte. Sie liebt es so leidenschaftlich, daß sie nicht zögert, sich lieber tödlich zu versengen, als es zu meiden. Deshalb sagt Kabir, daß wir dem Simran wie den Atem unseres Lebens lieben müssen, ganz gleich, ob wir reich oder arm, gesund oder krank, wachend oder schlafend sind, und daß wir wie die Motte immer bereit sein sollten, und selbst zu Opfern in der Hingabe an unser Ideal.

 

Wieder sagt er: „Verliere dich selbst im liebenden Gedenken wie das Insekt Bhirangi, das fürwahr sich selbst verliert, um sich bhirangigleich wieder zu erheben. Bhirangi, ein Insekt, bringt ein anderes Insekt, nachdem es dieses beinahe getötet hat, dadurch wieder zum Leben, daß es ihm seine ganze Aufmerksamkeit schenkt. Wenn das keet (anderes Insekt) zum Leben zurückkommt, ist es nicht länger ein keet, sondern wird ein Bhirangi- Wesen und ist vom Lebensimpuls des Letzteren durchdrungen.

 

Kabir sagt, daß derjenige, der Simran übt und fest darin verwurzelt ist, auf die selbe Weise einen neue Geburt und ein neues Leben haben wird, das anders ist als das den Sinnen unterworfene Leben, das er bisher kannte.

 

Dieses ist die zweite Geburt, von der alle Heiligen sprechen. Christus hat gesagt: „Es sei denn, daß ihr von neuem geboren werdet, so könnt ihr das ewige Leben nicht haben.“ Zuerst wurdet ihr aus Wasser geboren, und nun sollt ihr aus dem Geist geboren werden – die erste Geburt war verweslicher Natur, aber die zweite wird unverweslicher Natur sein. Dies kann die Geburt in Christo genannt werden, und wenn sie tatsächlich stattfindet, kann man wie Paulus sagen: „Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebet in mir.“ Das Gesetz des eingepflanzten Lebens wirkt in Pflanzen genauso wie in Menschen und steht im Einklang mit den Gesetzen der Natur.

 

Hazrat Baziad Bustanvi, ein Mann von äußerster Frömmigkeit und Hingabe, schaute einmal in sich hinein und konnte außer Gott nichts finden. In einem Zustand göttlicher Trunkenheit rief er aus: „Ich bin Gott.“ Seine Schüler, die offenbar nicht gewohnt waten, solch frevelhafte Worte zu hören, überlegten, was mit dem Pir (Meister) geschehen sein könnte. Nach einiger Zeit, als dieser aus dem unbewußten Zustand zurückkam, fragten sie ihn, wie so er ausgerufen habe, daß er Gott sei, was doch ganz im Widerspruch zu seinen sonstigen Erklärungen stand, daß Gott nicht in einen menschlichen Körper kommen könne. Der Meister sagte ihnen, daß dieses „Ich bin Gott“, nicht von ihm sei, sondern von einem anderen ausgerufen worden war. Er konnte gemäß dem Gesetz des Korans wegen Ketzerei verurteilt werden, wenn er solch gotteslästerlich Worte geäußert hätte. Nach einiger Zeit wurde Hazrat wieder einmal von göttlicher Trunkenheit ergriffen und rief wieder aus: „Ich bin Gott“. Diesmal fielen einige seiner Schüler über ihren Meister mit Stöcken, Speeren und Schwertern her. In der Maulana Masnavi (der poetischen Original – Erzählung darüber), die von Maulana Rumi geschrieben wurde, ist geschildert, daß jeder, der einen Schlag auf des Meisters Kopf, Hände oder Beine abzielte, seine eigenen Glieder abgeschlagen bekam, während der Meister selbst weiterhin „Ich bin Gott“ ausrief. Die Schüler waren höchst verblüfft und erkundigten sich beim Pir nach der Bedeutung dieses Vorfalls. Mit lächelndem Gesicht belehrte sie der Meister, daß jemand, der seine kleine Wesenheit – die Seele – mit der größeren Wesenheit – der Überseele – verschmilzt, mit Gott eins wird, und ihn dann niemand schlagen oder verletzen könne. So ist auch im Ghat Ramayam (heiliges Buch der Hindus) erwähnt, daß Tulsi Sahib von Hathras, ein Mann von großer Frömmigkeit, sagte, als er einst bei Baji Rao Hulkar, einem Maharatta- Führer aus Stara (einer früheren Provinz in Indien) war: „Während die Menschen mein physisches Kleid sehen, nämlich den Körper, lebe ich in Wirklichkeit außerhalb von ihm.“

 

Als unser eigener Meister, Hazoor Baba Sawan Singh Ji auf einer Reise einmal in Gujranwala, einer Stadt im Punjab, war, kamen einige Gegner in der Absicht, ihn zu bekämpfen. Der Meister war in seinem Innern. Er erhob sich in einem Zustand göttlicher Trunkenheit und sagte: „Seht mich an, wer bin ich?“ Da war alles still. Dies ist die allgemeine Erfahrung jener, die zuweilen gottberauscht sind. Durch derartige Bericht wird die wahre Bedeutung des Simran an den Tag gebracht. Sant Kabir gibt so viele Beispiele. Er sagt: „Liebe das Gebet wie der Fisch das Wasser, der lieber stirbt, als sich von seinem Element zu trennen.“ Wasser ist das Lebenselement des Fisches, ohne das er nicht existieren kann. Ein Fisch würde lieber sterben, als auch nur einen einzigen Augenblick ohne Wasser zu leben. Auf ähnliche Weise ist Simran (der Tonstrom) das Lebenselement, in welchem wir leben, uns bewegen und unser Stein haben. Wenn wir diese fundamentale Wahrheit nicht tatsächlich durch die Praxis verwirklichen, können wir keinen Frieden haben.

 

Nun erklärt er weiter: „Laßt uns beten mit unserem ganzen Herzen in der Stille der Seele, abgeschlossen von der äußeren Welt, damit die Wahrheit im Innern offenbar werden kann.“

 

Simran muß mit der Zunge des Gedankens geübt werden und nicht mündlich. Es ist ein völlig innerer, geistiger Vorgang, der nur zu üben ist, wenn die Ausgänge für die nach außen strebenden Kräfte geschlossen sind. Die Schätze des Simran sind von den weltlichen Menschen zu verbergen. Es ist der kostbarste Reichtum, dessen Wert die weltlich gesinnten Menschen schwerlich erkennen können. Die Wahrheit dämmert nur, wenn ihr sanft an den Schleier hinter den Augen klopft. Auch Christus sagte in dieser Hinsicht: „Suchet, und ihr werdet finden – klopfet an, und es wird euch aufgetan.“

 

In Bezug auf die äußere Methode, die gewöhnlich anstelle von Simran geübt wird, sagt Kabir: „Wenn wir die Perlen des Rosenkranzes abbeten, befriedigen wir uns selbst, haben jedoch nie einen Gewinn. Doch wenn wir eine Perle aus unserer Seele machten, würde ein inneres Licht zu leuchten beginnen.

 

Das Abbeten der Rosenkranzperlen befriedigt nur das Gemüt, aber es führt zu nichts sonst. Doch wenn ihr Geistesperlen dreht, werdet ihr Gottes Licht im Innern sehen. Kabir Sahib sagt, daß kaum eine Notwendigkeit für Rosenkränze besteht; denn während die Hände mit dem Abzählen der Perlen beschäftigt sind, ist der Geist äußerlich auf die Perlen gerichtet, und kann sich unmöglich innerlich zurückziehe; aber ohne dies gibt es keinen Gewinn. Wenn hingegen der Geist einmal völlig in Simran (für geistige Konzentration) vertieft ist, wird der eiserne Vorhang (durch die Zauberworte „Sesam, öffne dich“) aufgerissen.

 

Er sagt: „Äonen sind vergangen beim Abbeten von Rosenkranzperlen, doch unser Geist hat sich nicht geändert. So werft die hölzernen Perlen weg und nehmt die geistigen Perlen.“

 

Darum sagt Kabir: „Wir vergeuden unser ganzes Leben im Verrichten äußerer verdienstvoller Werke, doch die Seele findet keinen Einlaß. Der Schleier innen gibt den Weg nicht frei und so bleibt sie draußen. Wir sollten daher die geistigen Perlen drehen, was der Seele Zutritt zu den inneren spirituellen Bereichen verschafft. Es ist, als drückt man die Hälfte eines Druckknopfes in den dazu gehörigen Teil.

 

Kabir erklärt weiter: „Die erhabenen symphonischen Weisen göttlicher Herkunft erklingen unaufhörlich und bezwingen das Gemüt.“

 

Bei der Konzentration kommt nach und nach ein Gefühl der Erstarrung in Hände und Füße und dehnt sich auf den übrigen Körper aus, bis der Sinnesstrom im Brennpunkt, dem Zentrum der Seele hinter den beiden Augenbrauen (von hier geht der Sinnesstrom im Wachzustand aus), gesammelt ist. Die konzentrierte Energie fällt dann zurück auf den Schleier hinter den Augen, der dadurch auseinander gerissen wird und einen herrlichen Ausblick freigibt. Abwechselnd erscheinen Sonne und Mond mit einem melodischem „Tonstrom“, der sich aus dem Jenseits erhebt. Diese ununterbrochenen Töne klingen von selbst weiter. Wenn diese Stufe erreicht ist, hat der Aspirant nichts weiter zu tun, als sich völlig in sie zu vertiefen.

 

Kabir sagt ferner: „Der wahre Rosenkranz liegt im Geist; alles andere ist nur leerer Schein und weltliches Zurschaustellen. Schaut hin, der Rosenkranz am persischen Rad zieht nur Wasser hoch.“

 

Wenn Simran wirksam sein soll, sollte dies durch Liebe, Zuneigung und Hingabe gekennzeichnet sein. Wenn der Rosenkranz allein zu Gott führen würde, könnte dies der große Rosenkranz am persischen Rad ebenso gut. Doch unsere tägliche Erfahrung zeigt, daß sie verfehlen, etwas ähnliches zustande zubringen. (Die Rosenkränze des persischen Rades sind die Seile, an den die Wasserkrüge befestigt werden, und sie bringen nur Wasser zutage, sonst nichts.)

 

Ähnlich haben die Chinesen etwas erfunden, die „Gebetsmühle“. Wenn sie einmal in Bewegung gesetzt ist, macht sie ungefähr tausend Runden. Sie schreiben ein Mantram oder eine heilige Hymne auf ein Stück Papier, stecken es an das Rad,  setzen es in Bewegung und sind befriedigt in der Vorstellung, die heiligen Namen tausendmal wiederholt zu haben; aber es ist nutzlos. Genauso mag man gleich einem Papagei tausende Male Mantrams wiederholen, aber es kann keine Frucht tragen.

 

Unter den orthodoxen Hindus gibt es einen Brauch, bei dem man ‚Ram-Ram‘ oder das Wort ‚Gott‘ täglich tausendfach auf Papier schreibt. Nach einiger Zeit schneiden sie jedes dieser Worte davon ab, legen es auf eine Mehlkugel und übergeben sie dem Wasser irgendeines Flusses in dem Glauben, daß sie dadurch ein religiöses Verdienst errungen haben. Es ist nur ein kurzes Denken an ‚Ram‘. Wenn man ihnen sagen würde, daß ‚Ram‘ in Wirklichkeit in ihnen ist, würden sie es nicht glauben. So finden sie weder ‚Ram‘, noch erlangen sie sonst irgend etwas Wesentliches.

 

Ähnliches machen die Purbias (eine orthodoxe Sekte, die den äußerlichen Riten große Bedeutung beimißt und versucht, sie mit religiöser Gläubigkeit auszuführen), die gewöhnlich früh am Morgen, eines religiösen Verdienstes wegen, im fließenden Wasser eines Flusses ein Bad nehmen. Einmal gingen ein paar Purbias nach Kabul in Afghanistan (ein hügeliges Land im Nordwesten Indiens), wo im allgemeinen sehr kalte Witterung herrscht. Einer von ihnen ging zum Kabulfluß, um ein Bad zu nehmen, aber da das Wasser eisig kalt war, zögerte er, hineinzugehen. Er überlegte, wie er dieser h9arten Übung entgehen und dennoch sein Gewissen beruhigen könne. So nahm er einen Kieselstein, warf ihn in den Fluß und sagte: „O Kieselstein, dein Bad soll auch das meine sein.“ Nachdem er das getan hatte, ging er und traf auf dem Rückweg einen anderen Purbia, der für seine morgendlichen Waschungen zum Fluß ging. Er fragte ihn, ob er bei dem kalten rauhen Wetter sein Bad genommen habe. Der andere erzählte ihm dann von dem stellvertretenden Kieselsteinbad, worauf ihn dieser umarmte und sagte: „Dein Bad ist auch mein Bad.“ So führt der Blinde den Blinden und beide fallen in den Graben, weil sie ihre Taten blindlings ausführen.

 

Kabir Sahib, sich auf den Rosenkranz beziehend, sagte weiter: „Mit dem hölzernen Rosenkranz habt ihr viel Zeit vergeudet. Nehmt nun den geistigen Rosenkranz, der nicht durch Knoten unterbrochen wird.“

 

        O Kabir, das Abbeten der hölzernen Rosenkranzperlen ist eine mühselige Arbeit; aber der fortgesetzte geistige Rosenkranz, der aus Atemperlen besteht, die in einem natürlichen Vorgang ein- und ausgehen, läuft ohne eine Anstrengung endlos weiter.

 

Beim Rosenkranz gibt es einen Hauptknoten. Wenn eine Runde vollendet ist, muß er umgedreht werden, um die Wirkung nicht aufzuheben; denn die Perlen dürfen nur in einer Richtung abgebeten werden. Darum rät Kabir, den natürlichen Rosenkranz des Atems zu nehmen, der von endloser Dauer ist, keine Knoten hat und auch nicht umgedreht werden muß.

 

Weiter sagt er: „Beim ununterbrochenen fruchtlosen Umdrehen rief der Rosenkranz zürnend aus: ‚Warum drehst du mich immer rundherum?‘ Wenn du die Führung eines Meisters willst, so drehe den geistigen Rosenkranz. Mit umherschweifenden Gedanken die Perlen abzubeten und deren Umdrehungen durch die Finger zu zählen, sind hohle Verdienste. Wie kann Gott mit einem gleichgültigen Herzen gefunden werden?“

 

Kabir sagt: „Wenn nach all den Waschungen und reinigenden Übungen, wie das Abbeten der Perlen etc. euer Gemüt nicht ruhig ist, was ist dann das Gute bei der Sache? Während ihr die Perlen abbetet und die Anzahl der Umdrehungen des Rosenkranzes zählt, springt das Gemüt wie ein ungezäumtes Füllen umher. Deswegen ist all solches Tun nutzlos. Ihr könnt Gott nur durch einen lebenden Meister finden: Wenn ihr euren Geist nach seinen Weisungen zu zügeln und nach der anderen Richtung zu lenken lernt, d.h. nach innen und aufwärts, anstatt der üblichen Art nach außen und abwärts. Die Praxis der Konzentration und das scharfe Einstellen des Geistes kann nur durch den Simran, der durch eine Meisterseele eingeschärft wird, durch nichts sonst erreicht werden.

 

Ferner betont Kabir nachdrücklich: „Der Rosenkranz ist vergebens, der nicht den Konten im Geist löst. Ein Himmel liegt wahrlich allein in den Füßen des Meisters. Nichts Äußeres ist nötig, alles muß inwendig getan werden. Warum mit der äußeren Welt Zeit verlieren? Ich bin nun mit meinem Geist im Innern beschäftigt.“

 

Wie oben gesagt, ist Simran ein völlig geistiger oder innerer Vorgang, und darum kann ein Rosenkranz oder irgendein anderes Hilfsmittel von keinem Nutzen sein. Durch Konzentration zu den gesegneten Füßen des Meisters, durch unbedingten Glauben in seine Weisungen, und indem man diese tatsächlich in die Praxis umsetzt, kann man einen Zustand vollkommener Seligkeit erreichen. Es gibt keinen kürzeren Weg als den des Simran, wie er durch den Meister anempfohlen wurde. Auch Christus sagte: „Seid Täter des Wortes und nicht Hörer allein, dann werdet ihr in das Neue Jerusalem eintreten.“

 

Naam oder das Wort ist inwendig in euch. Es muß die innere Verbindung damit hergestellt werden. Ein Beachten äußere Riten und das Verrichten sogenannter verdienstvoller Taten, können hier von keiner Hilfe sein. Während die unermeßlichen Schätze der Gottheit im Innern verborgen liegen, suchen wir äußerlich danach, und darum sind alle unsere Anstrengungen vergebens.

 

Emerson sagte in diesem Zusammenhang: „Der menschliche Körper ist ein Tempel Gottes und darum kann Gott nur von innen her offenbart werden.“ Die Verbindung zwischen den individuellen Geist oder der menschlichen Seele und der Überseele wird natürlich durch eine Meisterseele mittels des Tonstroms oder des Wortes hergestellt.

 

Ein anderer Heiliger – Bhika – sagte: „O Bhika, es gibt keinen Menschen auf dieser Welt, der verhungert. Jeder trägt einen kostbaren Diamanten in sich. Sie wissen nicht, wie sich vom Körper zurückzuziehen, den Sinnesstrom zu sammeln und die niedrigen Körper- Chakras zu überschreiten, oder eben sich selbst zu analysieren. Darum sind sie hungrig. Sie haben es in sich, aber sie wissen nicht, wie aus dem Körper zu kommen, um sich damit zu verbinden.

 

Der Tonstrom oder das Wort wird mit Hilfe von Simran berührt. Er zieht den Geistesstrom vom Körper zurück, und wenn er im wachen Zustand den Sitz der Seele erreicht, verbindet er sich mit der bewußten Kraft im Innern, welche durch die ganze Schöpfung hindurch wirkt. Es scheint deshalb, daß Simran oder die Methode, sich des Wortes liebevoll zu erinnern, die Brücke ist, um mit dem Inneren Wort in Verbindung zu kommen. Darum ist der erste Schritt die Ausübung von Simran oder die Wiederholung der geladenen Worte, die von einem kompetenten Meister gegeben wurden, und der nächste ist, wenn sich die Seele zu ihrem Sitz im Körper, auf der Rückseite der beiden Augen, zurückgezogen hat, wo sie sich mit dem Wort verbindet, das auch Naam, Shabd, Nad, Akash Bani, Kalma, Sarosha usw. genannt wird.

 

Dieses Wort hat zwei Erscheinungsformen; die eine ist Licht und die andere Ton. Die Seele erlebt beide, wenn sie mit dieser Kraft in Verbindung kommt. Sie sieht das Licht Gottes und hört die lieblichen Symphonien der zauberhaften Weisen des Tonstroms, der im Innern ertönt, die so erhaben und unaussprechlich schön sind, daß man sie nicht in Worten zu schildern vermag.

 

Farid, ein mohammedanischer Heiliger, sagt: „O Gott, es gibt so viele süße Dinge in der Welt wie Honig, Zucker und Büffelmilch; aber die Süße, die Dein Name, o Gott, vermittelt, ist weit aus süßer als alles das.“ Es ist etwas, das praktisch geübt und vom Einzelnen selbst erfahren werden muß. Es ist nicht nur eine Sache der Routine oder lediglich des Redens darüber. Es ist eine Sache, die durch den inneren Kontakt erfahren werden muß. Jene, die das süße Elixier gekostet haben, sprachen in glühenden Worten darüber.

 

Einst traf Guru Nanak mit dem größten indischen König Baber zusammen, der eine berauschendes Getränk zu sich nahm. Er bot Guru Nanak davon an, und dieser sagte zu ihm: „Baber, dieser berauschende Trunk, den du zu dir nimmst, verliert seine Wirkung wieder; aber die Trunkenheit, in der ich  mich durch das Wort Gottes befinde, ist ewig und kann sich nicht vermindern.“ So ist dies also ein interessantes Thema. Diejenigen, die einmal ein bißchen davon gekostet haben, können es nie mehr vergessen. Alle weltliche Freuden und andere Dinge verlieren in ihren Augen an Gewicht und Wert. Das dauernde Denken an Gott bringt den Menschen, der seinen Geist damit beschäftigt, Geistesklarheit.

 

Tennyson gibt in seinen Memoiren ein Beispiel seiner Erfahrung einer Wach- Trance, die er erlebte, und die zu kennen interessant sein könnte. Er sagte: „Schon seit meinem Knabenalter hatte ich häufig eine Art Wach- Trance erlebt, wenn ich ganz allein war. Sie kam gewöhnlich über mich, wenn ich meinen eigenen Namen zwei oder drei Mal leise zu mir selbst sagte, bis ich plötzlich – gleichsam aus der Intensität des individuellen Bewußtseins – die Individualität aufzulösen schien und sich in ein grenzenloses Sein ergoß. Dieser Zustand war keineswegs verwirrt, sondern der klarste von den klarsten, der sicherste von den sichersten, der weiseste von den weisesten – einfach unbeschreiblich; wo der Tod eine lächerliche Unmöglichkeit war und der Verlust der Persönlichkeit (wenn es so wäre) anscheinend das einzig wahre Leben. Ich schäme mich meiner schwachen Beschreibung, aber habe ich nicht gesagt, daß dieser Zustand einfach unbeschreiblich ist?“

 

Diese Geistesklarheit Tennysons kam durch das zwei- oder dreimalige ganz ruhige Wiederholen seines eigenen Namens; es war sozusagen ein Eintauchen in sein eigenes Selbst – die Seele. Wenn wir nun in unseren Ursprung – Gott – durch ständiges Denken an Ihn eintauchten, indem wir unser eigenes Selbst in das Ganze verlieren, um wieviel größer würde die Trunkenheit unseres Bewußtseins und Wachseins werden. Wir sollten dies alles gut überdenken.

 

        Ich danke für euer geduldiges Zuhören.

 

Kirpal Singh