Ernährung
Das, was wir essen, dient dazu, den Körper und das
Gemüt aufzubauen. „Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper” ist ein
bekanntes Sprichwort. Bei einer ungesunden Ernährung können wir weder das eine
noch das andere erreichen. Eine streng vegetarische Ernährung, bestehend aus
frischen oder getrockneten Gemüsen und Früchten, Getreide, Milchprodukten wie
Milch, Sahne, Butter, Käse, Joghurt usw., ist für alle Wahrheitssucher sehr
wichtig. Deshalb muß man Fleisch, Fleischextrakte, Fisch, Geflügel, befruchtete
wie unbefruchtete Eier meiden sowie alle Speisen, die eine dieser Zutaten in
irgendeiner Form oder auch nur in geringsten Mengen enthalten. Jede Handlung
hat eine Auswirkung, und Fleisch zu essen schafft neue Karmas und hält so das
unerbittliche karmische Rad in Bewegung, denn wir müssen ernten, was wir gesät
haben. Wir können keine Rosen erwarten, wenn wir Disteln säen. Die oben erwähnten Verbote beziehen sich auch auf
alle Arten von alkoholischen Getränken, Rauschmitteln, Opiaten und betäubenden
Drogen, da sie das Bewußtsein abstumpfen und uns krank machen. „Der Körper ist
der Tempel des lebendigen Gottes”, daher muß er gewissenhaft rein gehalten
werden. Jeder, der initiiert werden möchte, sollte deshalb versuchen,
mindestens drei bis sechs Monate vegetarisch zu leben, um sicher zu sein, daß
er die Diät, wenn er auf den Weg gestellt wird, einhalten kann. Die Ernährungsvorschriften genau zu beachten ist für
den beständigen Fortschritt auf dem Weg sehr wichtig, und jedes Abweichen kann
dazu führen, daß euer Fortschritt beeinträchtigt wird. Diese Regeln sollten nie
übertreten werden, nicht einmal, um auf Gäste Rücksicht zu nehmen. Alle nicht erlaubten Nahrungsmittel und Getränke
sollten selbst bei ärztlichem Anraten gemieden werden. Denn nichts dergleichen
kann die festgelegte Lebensspanne verlängern, noch ist es förderlich, sich mit
diesen Dingen zu ernähren. Es ist in der Tat eine falsche Ansicht, daß Fleisch
und Eier besondere geistige oder körperliche Kraft geben. Im Gegenteil, sie
entfachen niedere Leidenschaften, und das führt auf längere Sicht zu einer
schädlichen Energieverschwendung. Die Seele ist ewig, sie ist alle Weisheit und
Glückseligkeit. Wenn sie aber alle Weisheit und Glückseligkeit ist, wie ist es
dann möglich, daß sie in dieser Welt glücklich sein kann? Wie lange wird sie an
den äußeren Vergnügen Geschmack finden? Wir glauben, daß wir die Vergnügen
genießen, doch tatsächlich zehren uns die Vergnügen auf. Der Gott der Nahrung
kam eines Tages zu Vishnu (Erhalter des Universums) und klagte: „Die Menschen
essen rücksichtslos von mir, ohne jedes Gefühl für mich!” Vishnu antwortete:
„Nun, wenn jemand mehr, als er braucht, von dir ißt, dann iß du ihn auf!” Überlegt einmal – was ist die Ursache aller
Krankheiten? Unverdautes Essen. Wir genießen und genießen, wir genießen so
lange, bis wir irgendwann nicht mehr in der Lage sind, noch irgend etwas zu
genießen. Dann beginnen die Genüsse, uns aufzuzehren. Laßt den Magen zur Hälfte leer. Wenn ihr mehr Essen
zu euch nehmt als verdaut werden kann, wird die unverdaute Nahrung Krankheiten
verursachen. Eßt nur soviel, wie ihr vertragen könnt. Gönnt eurem armen Magen
etwas Ruhe. Es dauert vier bis fünf Stunden, bis etwas verdaut ist. Wenn ihr zu
oft und zu viel eßt, wird der Magen streiken. Durch eine bewußte Lebensweise
kann man seine Eßgewohnheiten ändern. Eßt nur soviel, wie ihr braucht, und
steht noch ein wenig hungrig vom Tisch auf. Wenn ihr diese Dinge befolgt,
werdet ihr in allen Bereichen an Aktivität gewinnen – bei der Meditation, bei
körperlicher Arbeit und bei allem anderen. Es ist aber notwendig, die Mittel vom Zweck klar zu
unterscheiden. Zuviel Nachdruck auf die Mittel (die Ernährungsweise) zu legen,
bedeutet, das Ziel aus den Augen zu verlieren und zu erstarren. Wenn wir zum
Beispiel wissen, daß es auf dem spirituellen Weg hilfreich ist, sich aller
Arten von Fleischspeisen und alkoholischen Getränken zu enthalten, so ist es
genug, wenn wir sie meiden. Doch die Ernährungsweise als Selbstzweck zu
betrachten, bedeutet, das Ziel zu verfehlen. Man sollte auf seine Gesundheit
achten, denn es ist auch wichtig, gesund und gut in Form zu sein, um die
weltlichen und spirituellen Verpflichtungen zu erfüllen. Dem Körper darf
angemessene Nahrung nicht versagt werden. Wenn man eine strikte vegetarische Ernährung
einhält, ist das eine große Hilfe für ein geregeltes Leben, aber es führt nicht
unbedingt zu einem besseren Charakter oder einem kontrollierten Sexualleben.
Man ist dadurch nicht gleich von allem Niederen in unserem Denken, Wünschen und
Handeln frei – von weltlichem Ehrgeiz, Besitzstreben, Lust oder Habgier. Kabir
sagt: „Selbst wenn ihr Haus und Herd verlaßt und euch an einen einsamen Ort
zurückzieht und von rein vegetarischer Nahrung lebt, wird das Gemüt seine
niederen Gewohnheiten nicht aufgeben.” Wir sollten diese wichtigen positiven
Hilfsmittel gebrauchen, aber gleichzeitig müssen wir den spirituellen Übungen,
bei denen wir mit dem Licht- und Tonprinzip in Verbindung kommen, regelmäßig
und genau Zeit widmen, um die Verzweigungen des Gemüts zu beschneiden, denn das
ist für die Selbst- und Gotterkenntnis sehr wichtig. |