23.
Kapitel Der
Einfluß des Meisters 1.
In
seiner Gegenwart wird das Gemüt bezähmt und fühlt sich geborgen. Wie können
wir die Gemeinschaft eines solchen finden, bei dessen
Anblick sich das immer rastlose Gemüt verliert
und die Seele von Lebensimpulsen überflutet wird? Der
geliebte Meister erweist sich als wahrer Freund und
gewährt göttliche Trunkenheit. Er
verbreitet um sich Strahlen der Reinheit, die aus würdevoller Demut kommen und
einen mächtigen Einfluß auf die Jivas haben. Seine Worte sind mit Spiritualität
geladen, ziehen die Seele ins Jenseits und vermitteln eine Art lebendiger,
berauschender Heiterkeit. Wenn er
seine Geheimnisse enthüllt, würde sich meine
Seele eilends zu Gott erheben. Maulana
Rumi 2.
Ein
steter Blick auf seine Stirn und in seine Augen offenbart ein einzigartiges
Licht, das der Seele Kraft gibt und sogleich die alles durchdringenden
Sinnesströme sammelt, wodurch man sich in einem höheren Bewußtseinszustand
befindet. 3.
Er
ist ein Friedensfürst und steht über aller Gegensätzlichkeit. Die Gemeinschaft
mit ihm befreit in uns Ströme des Segens und der Glückseligkeit. Er vertreibt
alle Gedanken der Feindschaft und Rivalität und verleiht der Seele statt dessen Gleichmut, was nach und nach zur
Gottheit führt. In wessen
Gemeinschaft man sich gesegnet fühlt, der ist der
Meister der Wahrheit. Er reinigt das Gemüt und erlöst die
Seele. 4.
Er
ist im Vollbesitz der Ojas- Kraft (Frucht der Keuschheit), und seine Stirn
leuchtet in göttlichem Licht. Durch den Magnetismus seiner geladenen Worte wird
man unwiderstehlich angezogen. Aus seinen Augen strahlt ein besonderes Licht,
welches das Gemüt wie ein Fischadler lähmt. Er ist gleich einem Sauerteig und
erweckt das Leben im dürren Lande des Gemüts. 5.
Mit
scharfen Augen dringt er tief in die Gefühle und Empfindungen eines Menschen,
und er paßt seine Weisungen der Zeit und den individuellen Bedürfnissen an. Das
physische Gewand eines Jivas oder einer Seele ist für ihn wie ein
durchsichtiges Glas. Obwohl er leicht feststellen kann, was sich darin
befindet, enthüllt er es niemals der Öffentlichkeit, sondern behält sein Wissen
über jeden für sich. Wer immer zu ihm geht, empfängt süßen Wohlgeruch, so wie
ein Käfer oder eine Wespe von einer Blume. Im Hause des Meisters gibt es alles
in Fülle, und jeder bekommt, was er wünscht. Wer Verbindung mit einer
Meisterseele aufnimmt, erhält spirituelle Eindrücke, die im Laufe der Zeit
Frucht tragen müssen. Von dem Augenblick an, wo ein Mensch einem Meister
begegnet, sind ihm bessere Zeiten gewiß. 6.
Ein
Sant Satguru ist fürwahr der Sohn Gottes. Er hat echte Liebe für die Menschen
aller Religionen, Länder und Nationalitäten gleicherweise und sieht in allen
das Licht Gottes. Sein Anruf ist deshalb universal und an die ganze Menschheit
gerichtet. Alle sind aus
demselben Licht geboren, und es gibt, so gesehen, keinen
Unterschied zwischen den Menschen. O Nanak, Angehörige
aller Glaubensrichtungen versammeln sich in
der Herde des Satgurus. Der Satguru ist alle
Barmherzigkeit, und ihm ist nichts verborgen. Er
behandelt jeden gleich und tut das Werk aller, die an ihn
glauben. Er
zerstört nicht die alte Kirche, noch gründet er eine neue. Er ist ein Meister
der Wahrheit und fragt nicht danach, zu welcher Gemeinschaft oder welchem
Glauben jemand gehört. Alles, was zählt, ist das spirituelle Verlangen, denn
dadurch allein eignet sich Jiva für den Pfad des Meisters. Wenn sich einer an
Shabd oder dem Wort erfreut, vergißt er sich
selbst gänzlich. Für
den, der klar sieht, gibt es nur einen Pfad, sei er nun ein
Pandit oder ein Sheikh. Er
spricht unerschrocken über den spirituellen Pfad, der sich trotz der religiösen
Unterschiede in jedem von uns befindet. Wer imstande ist, die Verbindung mit
einem solchen Meister herzustellen, ist wirklich ein Pilger auf dem Pfad und
hat durch ihn den größten Nutzen. Maulana Rumi sagt daher: Wenn ihr eine
Pilgerreise machen wollt, müßt ihr als Führer
und Begleiter einen erfahrenen Pilger
mit euch nehmen, wobei es nichts zu sagen
hat, ob er ein Hindu, Türke oder Araber
ist. Kümmert euch nicht um sein Aussehen, aber
achtet darauf, daß er kompetent ist und
den Weg kennt. Schließlich
sei gesagt, daß wir nicht irgendeine weltliche Verbindung mit dem Meister
herzustellen haben. Was wir von ihm brauchen, ist die spirituelle Unterweisung
und Führung; und wenn er diese geben kann, sollte uns das genug sein. 7.
Meister-
Heilige sind die Offenbarung der Gottheit. So wie sich ihnen die himmlischen
Wahrheiten lautlos und subtil erschließen, wirken auch ihre Anweisungen im
Stillen und dringen ohne Worte tief in die Jivas ein. Ein Sheikh (Meister)
ist wie Gott in das formlose Jenseits
eingebettet, und er vermittelt seine Lehren, ohne eine einzige
Silbe zu sprechen. Die
Weisungen des Meisters werden in einer ungesprochenen Sprache erteilt und
lassen sich daher weder mündlich noch schriftlich weitergeben. Warum kennet ihr
denn meine Sprache nicht? Denn ihr könnt ja
mein Wort nicht hören. Joh.
8, 43 Die
Zunge des Gedanken ist sein einziges Werkzeug. Es ist eine Sache der inneren
Erfahrung der Seele. Maulana Rumi sagt: Die Seele ist wesenseins mit
Gott. Sie ist ein Abbild Gottes und kann sich
ohne alle äußeren Hilfsmittel (wie Sprechorgane)
zum Ausdruck bringen. In
der Lehre der Meister sind die physischen Sinne von keinem großen Nutzen. Alle
geschieht von selbst, unabhängig von den Sinnen. Man sieht ohne
Augen, hört ohne Ohren, geht ohne Füße, wirkt ohne
Hände und spricht ohne Zunge; denn dies ist genau
wie der Tod im Leben. O Nanak, erst dann
kann man den kosmischen Willen erkennen und dem
geliebten begegnen! Maulana
Rumi sagt dasselbe: Ich fliege in jene
Regionen ohne Flügel, wandere dorthin ohne
Füße, erfreue mich des Mannas und des
Elixiers ohne Lippen und Gaumen und sehe die
Herrlichkeit all dessen, wenn ich die Augen schließe. 8.
Die
Strebenden brauchen den Meister selten bitten, ihre Zweifel zu beheben, denn er
erklärt von sich aus, was die Gedanken der Zuhörer am meisten bewegt. 9.
Immer
wieder drehen sich die Lehren des Meisters um das Thema: Naam oder den Surat
Shabd Yoga. In klaren Worten sagen sie uns, daß man Gott nicht durch äußere
Bestrebungen finden noch ihn erreichen kann, denn er ist wahrlich der Herr
unserer Seele und muß daher durch den Prozeß der Umkehr innen gesucht werden. Im
Matthäus- Evangelium lesen wir: Wahrlich, ich sage
euch: Es sei denn, daß ihr euch umkehret und werdet
wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins
Himmelreich kommen. Matth.
18, 3 Auch
im Lukas- Evangelium heißt es: Wahrlich, ich sage
euch: Wer nicht das Reich Gottes annimmt wie ein
Kind, der wird nicht hineinkommen. Luk.
18, 17 Groß
ist der Mensch, denn sein Körper ist in der Tat der Tempel Gottes, und das
Kronjuwel der Erkenntnis leuchtet darin auf. Wiederum lesen wir bei Lukas: Das Reich Gottes
kommt nicht mit äußerlichen Gebärden ..., das
Reich Gottes ist inwendig in euch. Luk.
17, 20-21 Ein
Moslem- Heiliger sagt auf ähnliche Weise: Das
menschliche Herz ist die Moschee (Masjid), und der Körper ist der
Ort der Verehrung. Ferner
heißt es: Es ziemt sich nicht
für den Geist (die Seele), für den Bewohner der von
Gott geschaffenen Moschee (des Menschenkörpers),
nach dem Geliebten in den von Menschen erbauten
Tempeln zusuchen. Tulsi
Sahib Auch
Magribi Sahib sagt uns: Dein Geliebter ist
in dir, und du weißt nichts davon. Er ist wirklich die
Seele deiner Seele, aber auf der Suche nach ihm wanderst du
im Äußeren umher. Maulana
Rumi sagt in diesem Zusammenhang: Im Innern deines
Kopfes sind wunderbare Gärten und schöne Orte. Willst
du dich daran erfreuen, eile zu einem Murshid
(Meister), damit er dich unterweist. Jene, die außen nach
dem kostbaren Schatz suchen, befinden sich in
völliger Unwissenheit. Von Trugbildern genarrt, wandern sie
durch das Ödland der Welt wie umherstreifendes
Wild, das im Gebüsch nach Moschus sucht. Pind
(der menschliche Körper) ist ein genaues Abbild von Brahmand (dem Universum).
Derselbe Geist wirkt im Mikrokosmos wie im Makrokosmos. Wir können den
kosmischen Geist weder sehen noch empfinden, noch eins mit ihm sein, wenn wir
nicht die Harmonie herstellen und mit dem uns innewohnenden Geist in Verbindung
kommen. Solange
der verkörperte Geist nicht entkörpert und verfeinert wird und sich über die
Sinnesebene erhebt, kann er schwerlich mit dem universalen Geist in Einklang
sein. Trotz
allem suchen wir Gott oder den universalen Geist ständig auf der physischen Ebene.
Wir forschen nach ihm im Erdinnern, auf schneebedeckten Bergen, im Wasser der
heiligen Flüsse und im Wüstensand, in von Menschen erbauten Tempeln und
Moscheen, in Kirchen und Synagogen und darum finden wir ihn nicht. Wenn
wir den inneren Pfad im Körper kennen, dürfen wir hoffen, die Wirkung der
großen Kraft in ihm zu erfahren und zu empfinden. Doch diese Umkehr oder
Wandlung ist nicht möglich ohne die Hilfe eines Adepten in Para Vidya (der
Wissenschaft der Seele), denn er allein hat den Schlüssel zum Reich Gottes, und
seine Worte erweisen sich als „Sesam- öffne- dich“, das die geheime Pforte
auftut. Schaue nur nach
innen, wie es der Meister anrät, und du wirst in dir
wahrhaftig den Tempel Gottes finden. 10.
Die
Lehren der Meisterseelen sind vollkommen, und ihre Entdeckungen lassen sich
nachprüfen wie in jeder anderen exakten Wissenschaft. Diese
Erfahrung und Erkenntnis ist jedoch etwas ganz anderes als Buchgelehrtsamkeit
und Verstandeswissen oder gar die Einbildungen eines Besessenen, wie manche meinen. Die
Heiligen sprechen immer mit Überzeugungskraft und Autorität, denn was sie
sagen, kommt aus der Tiefe ihrer Seele. Ihr Wissen stammt weder aus Büchern,
noch beruht es auf Zeugnissen vom Hörensagen. Sie geben uns selbst eine
unverfälschter Form. Sie verlangen keinen blinden Glauben oder daß man jemanden
als Autorität anerkennt. Im Gegenteil, jeder Sucher wird aufgefordert, das
Resultat selbst zu prüfen. Die
Wahrheit muß man sofort erfahren, nicht erst nach langer Zeit, wie gering diese
Erfahrung anfangs auch sein mag. Die Meister durchschauen die Dinge bis auf den
Grund, bevor sie sprechen. Nanak sieht Gott
direkt vor sich. Als
Shri Ramakrishna von Naren (später bekannt als Swami Vivekananda) gefragt
wurde, ob er Gott sehe, antwortete er: „Ja, mein Kind; ich habe Gott gesehen,
wie ich dich sehe.“ In
der tat haben alle Meisterseelen eine wirkliche Erfahrung von der Gottheit. Sie
erfreuen sich ihres Lichts und Lebens und werden gewissermaßen Gottes bewußte
Mitarbeiter. Shamas-i-Tabrez
sagt: Es ist weitaus
besser, Gott mit eigenen Augen zu sehen und die Stimme
Gottes mit eigenen Ohren zu hören. Seine Glorie ist
hinter dem Dunkel auf der Rückseite der Augen verborgen,
und seine Größe kann im Innern erkannt werden. Bei
Johannes lesen wir: Es kommt die Stunde
und ist schon jetzt, daß die Toten werden die Stimme
des Sohnes Gottes hören; und die sie hören werden,
die werden leben. Joh.
5, 25 Solche
großen Seelen sind nie von den Schriften oder heiligen Überlieferungen abhängig,
in denen die Erfahrungen von Seelen gleich ihnen aufgezeichnet wurden. Sie sind
die personifizierte Wahrheit, das fleischgewordene Wort, das unter uns wohnt.
Alle Veden und Shastras gehen ursprünglich von der Quelle in ihnen aus. Sie
sind weit mehr als die Schriften, die nur einen unendlichen kleinen Teil ihrer
Persönlichkeit bilden. Die Lehren der Meister sind sehr frei und helfen den
verkörperten Seelen bei ihrer Aufgabe der Befreiung und Erlösung. Ich bin das Brot des
Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern;
und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten. Joh.
6, 35 Im
Melar-ki-war hören wir von Guru Nanak, wie man eine Meisterseele erkennt: Wer uns das Reich in
diesem Körper zeigen kann, ist eine
Meisterseele. Er kann unsere Ohren für die Stimme Gottes
empfänglich machen. Selbst die großen
und kleinen Aufteilungen des Universums sind in
dauernder Verzückung, denn sie leben durch die vom
Thron Gottes ausgehenden Musik. Der Meister ermahnt
die Jivas, dieser Musik im Sukhman, dem
Hauptkanal zwischen den Augenbrauen, zu
lauschen und sich dann in Sunnya (der Region des
Schweigens) zu festigen, so daß alle Schwankungen des
Gemüts aufhören. Wenn sich auf diese
Weise der Kelch des Gemüts nach der richtigen Seite
neigt, wird er mit dem Elixier des Lebens gefüllt,
welches das Gemüt stetig und ausgeglichen macht. Die immerwährende
Musik der Ewigkeit wird zum ständigen Begleiter. Alle Strebenden
hören auf diese fünf Melodien, werden im Laufe der
Zeit ein Gurmukh (das Sprachrohr des
Gurus) und erreichen die ewige Wohnstatt der
Wahrheit. Wer mit Hilfe dieser
Musik den Garten Eden (aus dem er verbannt wurde)
wiedergewinnt, ist der Geliebte Gottes, und Nanak
möchte für immer sein Sklave sein. er
läßt seine Anhänger nie in der Täuschung über die Unwirksamkeit äußerer
Bestrebungen. Der Kern seiner Lehre gilt einzig der Verbindung mit Shabd und
der Hingabe an Shabd. Die Offenbarung der unaufhörlichen Musik im Innern ist
das Geschenk einer Meisterseele. O Nanak, wer sich
mit dem vollendeten Meister verbindet, hört in
sich die göttlichen Melodien! Der
Satguru ist immer in Naam vertieft. Wie ein erfahrener Lotse bringt er die
wahrhaft Strebenden sicher hinüber und leitet sie zurück ins reich Gottes, das
sie in ihrem Innern verloren haben. Wer in der Farbe von
Naam gefärbt ist, der ist ein Satguru. Im Kal Yuga
gleicht er einem Schiffskapitän. Wer auf ihn vertraut
und in ihm ruht, wird hinübergebracht und
findet die Wahrheit in ihm offenbart. 11.
Eine Meisterseele tut manchmal ungewöhnliche Dinge, die gewöhnlichen Menschen
bedenklich scheinen. Damit will er die weltlichen Gesinnten fernhalten, wie man
es mit Fliegen macht, damit sie nicht den Weg der wirklichen Sucher behindern. Ein Darvesh
(Gottesfürchtiger) braucht keinen Darwan (Torhüter).
Doch er braucht einen, der die Hunde der Welt
fernhält. Böse
Zungen oder Verleumder sind für den Darvesh wie Darwans, so daß ihn die
Weltklugen meiden. Nach
der Biographie von Bhai Bala hat Guru Nanak einmal gesagt: Im Kal Yuga werden
viele Heilige oder Offenbarungen Gottes zum Wohl der
leidenden Menschheit herabkommen. Bhai
Ajita stellte die Frage: Meister, wollt Ihr
uns sagen, wie wir einen vollendeten Heiligen erkennen
können; welcher Art wird seine Ausdrucksweise sein,
und wie werden wir ihn identifizieren? Der
Meister antwortete: Wenn immer ein
Heiliger in Erscheinung tritt, sprechen führende Leute der
Gesellschaft, religiöse Eiferer und solche, die dem
Kastengeist verhaftet sind, schlecht über ihn. es sind in
der Tat wenige, die zu ihm gehen. Die Masse aber
schmäht den Meister wie auch seine Schüler. Die meisten
Menschen geben sich äußeren Bestrebungen hin –
sie lesen die heiligen Schriften, bringen in Kirchen,
Tempeln und Moscheen öffentliche Gebete dar, sagen
Mantras auf und so weiter. Sie praktizieren nicht
den Surat Shabd Yoga durch Einstimmen auf den
ursprünglichen Tonstrom. Wenn solche Verhältnisse
vorherrschen, werde ich immer wieder kommen, um
den Pfad der Meister neu zu beleben und die
Menschen mit Anhad Bani zu verbinden. 12.
Mit dem Kommen eines Heiligen bewässern erfrischende Ströme der Spiritualität
die dürren, ausgetrockneten Herzen, die vom Staub der Zeiten überkrustet sind.
Wer immer zu ihm geht, Ergebener oder Sünder, hat auf seine Weise Nutzen davon
und wird von ihm getröstet. Schon mancher Räuber, Mörder und Wegelagerer hat in
seiner Gesellschaft eine vollständige Umwandlung erlebt. Wie ein erfahrener
Waschmann befreit er unsere Seele durch und durch von allen körperlichen,
mentalen und kausalen Unreinheiten, bis sie wieder in ihrer ursprünglichen
Glorie erstrahlt und ein leuchtendes, lebendiges Selbst wird. In
einem Heiligen begegnet uns die Verkörperung selbstloser Liebe und Aufopferung.
Sein Ruf ist universal und an die Seele des Menschen gerichtet. Die Sucher
versammeln sich zu Tausenden um ihn und ziehen Vorteil aus seinen Lehren. 13.
Der Heilige ist wahrhaftig ein Sohn Gottes und teilt mit ihm all seine Macht.
Sein langer und starker Arm umfaßt das Universum, um seine helfende Hand reicht
in alle Gegenden der Welt. Entfernung spielt für ich keine Rolle. Seine
rettende Gnade wirkt auf unbekannte, nicht vorauszusagende Weise große Wunder,
und die Menschen entgehen unbeschadet manch schwieriger und hoffnungsloser
Situation, ja selbst dem Rachen des Todes. Als
Meister des Himmels und der Erde führt er die Selen auf ihrer Heimreise durch
die spirituellen Regionen, und seine strahlende Form ist immer mit der
Pilgerseele, wenn sie den Körper übersteigt. Maulana
Rumi erklärt: Die Hand einer
Meisterseele reicht nicht weniger weit als die Gottes. Sie
ist wirklich Gottes eigene Hand. Ja, sie reicht über
sieben Himmel hinweg und erfüllt die Seelen mit Hoffnung
und Vertrauen. Dies
sind nur wenige der unzähligen Merkmale eines Heiligen. Maulana
Rumi sagt in diesem Zusammenhang: Ein Aulia
(Übermensch) hat wunderbare Kräfte und Möglichkeiten in sich,
die nur ein Gottesfürchtiger sehen und erfahren
kann. Die
Größe und Herrlichkeit eines Gottmenschen wird dem Geist immer mehr offenbar,
wenn er über die körperlichen und mentalen Begrenzungen hinausgelangt und in
seiner Gemeinschaft weitergeht. Die strahlende Form des Meisters ist nun immer
und überall bei ihm. Sie lenkt eine Schritte innen und außen, antwortet auf all
seine Fragen und ist der einzige Herr seines Schicksals, in der Tat sein
Erlöser. Auf dieser Stufe ist der Mensch fest in ihm begründet und ruft aus:
„Der Meister ist immer bei mir“, denn jetzt erkennt er die Wahrheit in den
Worten des Meisters: Jedermann, ich will
mit dir gehen und dein Führer
sein. In der größten Not will ich dir zur
Seite stehen. Die
Welt ist voll von solchen, die erklären, Meister und Lehrer der Menschheit zu
sein. Aber all jene, die nach Geld und Macht, Rang und namen aus sind, können
unmöglich diese Rolle übernehmen und eine so schwierige Pflicht erfüllen. Man
muß solchen falschen Propheten, die nichts anderes als Wölfe in Schafskleidern
sind, aus dem Weg zu gehen suchen. Es
lohnt sich nicht, einen wirklichen Meister auf die Probe zu stellen. Seine
Gegenwart wird die Aufmerksamkeit von selbst anziehen. Maulana Rumi erklärt: Niemand kann des
bewegten Gemüts Herr werden und es zur Ruhe
bringen, es sei denn durch den mächtigen Einfluß
eines Pir (Gottmenschen). Halte dich an einem
solchen fest. Wenn du das vermagst, so nur
durch seine Gnade, und seine Kraft wird in dir wirken. Er
ist ein reines und wunschloses Wesen. Legt alles, was ihr habt, zu seinen Füßen
nieder: Körper, Gemüt und alle Bindungen, und er wird euch nach seiner Art
formen. Die Frage ist, wie das erreicht wird. Kabir Sahib schildert uns den
Weg: Gib Körper und Gemüt
dem, der nichts für sich begehrt. Ohne jeden
Gedanken an dich selbst festigt dich in ihm. Was
bleibt nach dem Gemüt nach übrig? Nicht einmal der
Körper. Nichts bleibt zurück, was hinzugeben wäre,
sagt Kabir. Wer Körper und Gemüt
übergeben hat, braucht keine Bürde mehr zu
tragen. Ist einer stolz auf
dieses Opfer, muß er mit Strafe rechnen; denn wer
kann sich vom Saatgemüt im Innern freimachen? O Kabir, wie kann
dieses Gemüt bezwungen und hingegeben werden? Zusammen mit dem
Körper und Gemüt gib auch das Saatgemüse auf. O
Kabir, erst wenn man auf den Meister hört, wird man furchtlos!
Opfere das Saatgemüse auf dem Altar der Lotosfüße des
Meisters. O Kabir, dann sieht
man nichts als die strahlende Form des Meisters! |