25. Kapitel

Das Wesen der Einheit

 

Ein Satguru (Meister der Wahrheit) ist eins mit Sat oder der Wahrheit, da er in sie eingebettet und von ihr erfüllt ist. Die Wahrheit ist unbegrenzt und durchdringt alles, obschon sie sich den Menschen offenbart und durch einen menschlichen Pol unter ihnen wirkt, man nenne ihn, wie man will: Meister, Satguru usw.

Er ist ein Leitstern, der das Licht der Wahrheit über das aufgewühlte Meer des Lebens ausbreitet, um die sich sehende Menschheit zu führen. Man kann ihn mit einem lebenden Schalter vergleichen, der an die Energie des ganzen Kraftwerks angeschlossen ist, aber nur soviel davon spendet, wie jeder einzelne seinen Bedürfnissen entsprechend braucht.

Gleich einem magnetischen Pol oder lebenden Schalter hat er eine Umhüllung, ist aber in Wirklichkeit nicht mit dieser identisch, sondern ist die Kraft in ihr. Genauso verhält es sich mit den Jivas oder verkörperten Seelen.

Auch wir sind keinesfalls das, was wir haben und äußerlich zu sein scheinen, nämlich physische Wesen, vielmehr der den physischen Körper belebende Geist, die Seele.

Der Geist oder die Seele ist völlig wesenseins mit der im Meister wirkenden Kraft, obwohl sie, in zahllose Gewänder oder Hüllen gekleidet, durch so viele Begrenzungen eingeschlossen ist.

Aber wenn sie die Fähigkeit hat, über die verschiedenen Körper hinausgelangen und ein freier, ungehinderter Geist zu werden, kann sie die Größe und Herrlichkeit des Meisters bezeugen, denn er ist der Horizont, an dem sich Himmel und Erde begegnen und die Sonne des Lichts Gottes aufgeht, die den ganzen Raum erhellt.

 

                            Eine Sonne verbirgt sich wahrhaftig in ihm.

 

Wir können uns keine hinreichende Vorstellung von Gottes Schönheit, Größe und Erhabenheit machen, indem wir die physische Form des Meisters betrachten. Um eine wirkende Erfahrung von ihm zu haben, müssen wir uns auf seine Höhe erheben.

 

                            Solange wir nicht die Ebene Gottes

                            erreichen, können wir nichts von ihm wissen.

 

Da Gott Geist ist, müssen auch wir den Geist in uns durch Selbstanalyse von der materiellen Gewändern oder Bedeckungen, die ihn umgeben, befreien, weil nur der Geist den Geist sehen und erfahren kann – nicht die physischen Sinne und auch nicht der Verstand oder das Gemüt.

Die Augen eines Meisters sind bezaubernde Fenster, die sich nach innen hin der Unendlichkeit öffnen und nach außen der Endlichkeit. Durch sie kann man Schimmer göttlichen Lichts erhalten, für die es in dieser Welt nichts Vergleichbares gibt – ein schattenlose Licht, das weder auf dem Land noch auf dem Meer zu finden ist. Maulana Rumi sagt über ihn:

 

                            Ein Gottmensch ist immer in einem Zustand der

                            Trunkenheit, ohne einen Tropfen Wein.

                            Er ist immer gesättigt, ohne einen Bissen Nahrung.

 

                            Seine Augen sind die Augen Gottes,

                            seine Hände sind die Hände Gottes.

 

Während er in der Welt lebt, ist er doch nicht von der Welt, noch ist er wie wir ein Gefangener im Gefängnis des Körpers. Als eine freie Wesenheit, die sich willentlich in die spirituellen Bereiche erhebt, ist er kompetent, diese Kraft und Fähigkeit Tausenden von Jivas zu gewähren, wenn er es will.

Ein lebender Meister der Wahrheit ist eins mit der Wahrheit und bringt sie in Fülle, wodurch er das ihm anvertraute Wer der Erlösung ausführt.

trotz seiner Form ist er formlos. Er ist das personifizierte Wort, ein gewaltiger Urquell der Liebe, der Glückseligkeit und des Friedens. Der Mensch muß vom Menschen lernen. Nach diesem Naturgesetz wird das Wort Fleisch und wohnt unter uns, um spirituelle Unterweisung und Führung zu geben. Durch Übertragung seines eigenen Lebensimpulses befähigt er uns heimzukehren.

Während er dieses Werk unter uns tut, geht er täglich nach Belieben in seine erhabene Wohnstatt der Wahrheit, um in Nij-anand oder der unvergänglichen Glückseligkeit auszuruhen.

Der Meister der Wahrheit und die Wahrheit sind eins, denn er ist der Pol der Wahrheit.

 

                            Er steht über allem, jenseits von Brahma, dem

                            Urprinzip. Nanak hat einen solchen Guru gefunden.

                            Der Meister der Wahrheit ist ewig derselbe. Weder

                            kommt er, noch geht er.

 

                            Er ist das unvergängliche, alles durchdringende

                            Lebensprinzip.

 

Ungeachtet unserer vielen Loblieder auf den Meister können wir ihm niemals gerecht werden. Denn er war, als da nichts war, und bei jedem Schöpfungszyklus kam alles durch ihn ins Sein.

 

                            Wer kann den Meister rühmen?

                            Er ist die Quelle der Wahrheit,

                            Er ist der ewig Unwandelbare,

                            der Ursprung allen Lebens

                            von einem Zeitalter zum anderen.

 

Im Gurbani wird erwähnt, daß man nach genauer innerer Prüfung zu dem unwiderlegbaren Schluß kommt: der Meister ist die Wahrheit und die Wahrheit ist der Meister, ohne irgendeinen Unterschied.

 

                            Als ich das große Meer im Innern aufwühlt, wurde

                            eines offenbar: der Guru ist Gorbind, und Gorbind ist

                            der Guru.

                            O Nanak, zwischen ihnen gibt es keinen Unterschied!

 

Der Allmächtige erscheint im Gewand eines Heiligen und führt durch ihn seinen Plan aus.

 

                            Kartar (das Urprinzip) wohnt im Meister, und durch

                            ihn finden viele Seelen die Erlösung.

 

                            Ohne einen Meister weiß man nichts von Liebe, denn

                            jeder ermangelt der Liebe.

                            Hari wohnt im Meister, und der gesegnete Meister

                            wird zum Bindeglied zwischen dem Jiva und Hari.

 

Kabir Sahib sagt uns, daß er eins ist mit Gott:

 

                            Nun bin ich eins mit dir und fühle mich gesättigt und

                            gesegnet. Da ich die höchste Wohnstatt erreicht habe,

                            bin ich so sehr eins mit ihm, daß man Kabir von Ram

                            nicht unterscheiden kann.

 

Ähnlich drückt es Shamas-i-Tabrez aus.

 

                            Wir sind jetzt vereint wie Körper und Seele, so daß

                            keiner mehr sagen kann: Ich unterscheide mich von dir.

 

Auch Christus sagt:

 

                            Ich und der Vater sind eins.

                                                                           Joh. 10, 30

 

                            Wer mich sieht, der sieht den Vater.

                                                                           Joh. 14, 9

 

Gott und der Gottmensch sind fürwahr wie das Meer und seine Gezeiten. Wenn die Flut steigt und fällt, scheinen sie für den Augenblick verschieden zu sein, sind jedoch wesenseins wie das Meer und sein Wasser.

Dasselbe gilt für einen Wassertropfen. Vom Meer getrennt, ist er ein Tropfen, aber sobald er ins Meer kommt, verliert er seine scheinbare Sonderheit und wird ein Teil des Meeres.

Gott ist formlos, nimm aber im Gottmenschen zur Unterweisung und Führung der Menschen Gestalt an.

 

                            Nanak ist nach sorgfältigem Studium der Veden und

                            heiligen Schriften zu dem Schluß gekommen, daß es

                            zwischen Parbrahm und dem Guru keinen Unterschied

                            gibt.

 

Gott ist das ursprüngliche Tonprinzip, das er denen, die nach ihm dürsten, durch einen Gottmenschen gewährt.

 

                            Gott wohnt im Guru und gibt den Suchern das

                            Tonprinzip.

 

                            Der Meister ist in der Wahrheit begründet und erfreut

                            sich ihrer.

                            Er ist der Meister der Wahrheit und zugleich die

                            Wahrheit selbst.

                            In jedem Zeitalter kommt er herab zum Segen der

                            Ergebenen.

 

Die Heilige Schrift sagt:

 

                            Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns ...

                            voller Gnade und Wahrheit.

                                                                           Joh. 1, 14

 

Im Gurbani heißt es:

 

                            Es besteht nicht der geringste Unterschied zwischen

                            dem Satguru und Soami (dem waltenden Gott und

                            Gott).

                            Eine Verbindung mit dem ersteren ruft Hingabe für

                            den letzeren hervor.

 

                            Ein Mensch Gottes wird Satguru oder Sat Purush

                            genannt, und er spricht nur von Hari. Wer immer auf

                            ihn hört, wird errettet.

 

Eins mit dem Allmächtigen, ist der Guru der alles Bewirkende, der Erhalter der ganzen Schöpfung, einschließlich der Jivas.

 

                            Der Guru ist der Handelnde, der alles lenkt.

                            Er ist der wahre Gurmukh.

                            Der Guru ist ein bewußter Mitarbeiter Gottes, der die     

                            ganze Schöpfung erhält.

 

                            Der Guru gewährt Frieden und Trost, und er ist Kartar

                            (die große Antriebskraft), o Nanak! Wir leben und

                            haben unser Sein in ihm allein.

 

Gosain Tulsi Das, der bekannte Verfasser des Hindi Ramayana- Epos sagt über den Guru:

 

                            Heil dem Lotos des Gurus, der das Meer der

                            Barmherzigkeit und Gott in menschlicher Gestalt ist.

                            Seine gütigen Worte vertreiben in uns die aus blindem

                            Sinneswahn geborene Dunkelheit.

 

In der Bibel wird berichtet, daß Jesus einmal seine Jünger fragte: Wer sagen die Leute, daß des Menschen Sohn sei? ... Da antwortete Simon Petrus und sprach: Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn! Und Jesus antwortete und sprach zu ihm:

 

                            Selig bist du, Simon, Jonas Sohn; denn Fleisch und

                            Blut hat dir das nicht offenbart, sondern mein Vater im

                            Himmel.

 

                            Und ich sage dir auch: Du bist Petrus, auf diesen

                            Felsen will ich bauen meine Gemeinde, und die Pforten

                            der Hölle sollen sie nicht überwältigen.

                                                                           Matth. 16, 13; 16-18

 

Bei anderer Gelegenheit redete er deutlicher zu ihnen:

 

                            Spricht zu ihm Philippus: Herr zeige uns den Vater, so

                            genüget uns.

                            Jesus spricht zu ihm: So lange bin ich bei euch, und du

                            kennst mich nicht, Philippus? Wer mich seht, der sieht

                            den Vater; wie sprichst du denn: Zeige uns den Vater?

                            Glaubst du nicht, daß ich im Vater und der Vater in mir

                            ist?

                                                                           Joh. 14, 8-10

 

Guru Arjan hat in ganz klaren Worten sein Einssein mit Gott kundgetan:

 

                            Meine Tempel sind im höchsten Himmel, und mein

                            reich ist grenzenlos. Meine Herrschaft ist ewig und

                            unermeßlich mein Reichtum. Alle Zeiten künden

                            meinen Ruhm, und mein Volk lebt überall. Ich werde

                            von allen verehrt, und jeder ist mir ergeben. Mein

                            Vater ist in mir offenbart, und Vater und Sohn wirken

                            nun zusammen.

                            O Nanak, der Sohn ist ein bewußter Mitarbeiter des

                            Vaters geworden, und zwischen ihnen gibt es keinen

                            Unterschied mehr.

 

In den Hindu- Schriften steht:

 

                            der Guru ist Brahma, der Guru ist Vishnu, der Guru

                            ist Shiva, und er ist der wahrhaftige Parbrahm. Wir

                            bringen dem Guru unsere Huldigung dar.

 

In der Mandukya Upanishade heißt es:

 

                            Wie die verschiedenen Gebirgsflüsse durch die Ebenen

                            fließen und ins Meer münden, wo sie ihren Namen und

                            ihr gesondertes Sein verlieren, so werden jene, die

                            Brahma erkannt haben, formlos und namenlos, eins

                            mit der erhabenen, selbstleuchtenden Wesenheit.

 

Hier stellt sich die Frage, wie der allgegenwärtige Geist in den Begrenzungen des menschlichen Körpers Raum findet. Im 7. Gesang der Bhagavad Gita gibt Lord Krishna auf diese Frage befriedigende Antwort:

 

                            Die Toren wähnen, daß das Offenbare und Sichtbare

                            das Selbst der Dinge sei; sie kennen das Nichtoffenbare

                            nicht, das unvergänglich und das Höchste ist.

 

                            Verborgen durch das Blendwerk der Erscheinung, bin

                            ich (der Geist) nicht jedem offenbar, und die betörte

                            Welt erkennt mich nicht, der ich der Ungebor’ne

                            Ew’ge bin.

                                                                           Shalok 24-25

 

Und im 9. Gesang, Shalok 11, sagt der Erhabene:

 

                            Vom Schleier der Materie verhüllt, wird mein

                            verborg’nes Wesen schwer erkannt. Die Toren sehen

                            die Erscheinung, doch nicht des hohen Geistes

                            Gegenwart, wenn ich in menschlicher Gestalt

                            erscheine.

 

Auch die Moslem- Heiligen scheinen dies zu bestärken. So Maulana Rumi:

 

                            Die Macht eines Pir (Meisters) ist in keiner Weise

                            geringer als die Gottes, und wahrlich, die Kraft Gottes   

                            wirkt durch ihn. Sein langer Arm reicht soweit wie die

                            sieben Himmel, seine Hand ist in Gottes Hand, und

                            keiner außer ihm offenbart seine Größe. Eine Sonne

                            strahlenden Glanzes liegt in ihm verborgen, und das

                            höchste Gut ist, ihn in seinem Wesen zu erkennen.

 

Der Maulana sagt ferner:

 

                            Das Licht der Wahrheit leuchtet im Herzen eines Wali

                            (Gottmenschen). Wenn ihr ein Momin (Mensch des

                            Gurus) seid, seht ihr dies so, wie es ist.

 

                            Der Prophet verkündet einst, Gott selbst habe ihm

                            gesagt, daß er weit über die höchsten Höhen, die

                            tiefsten Tiefen, die Erde, das Firmament und alle

                            Himmel hinausreiche. Aber so seltsam es auch scheine,

                            habe er vollauf Platz im Herzen seiner Ergebenheit, und

                            wer ihm begegnen wolle, könne ihn dort finden.

 

                            Obwohl er (der Murshid) auf Erden lebt, dehnt sich

                            seine Seele weit ins grenzenlose Jenseits aus, das allem

                            Denken und Philosophieren frommer Gelehrsamkeit

                            unzugänglich ist.

 

Shamas-i-Tabrez sagt so:

 

                            Der König der Könige hat hinter einem dichten

                            Schleier seinen Thron in uns. Im gemeinen Körperkleid

                            kommt er zu uns, damit wir zu ihm gelangen können.

 

Bulleh Shah erklärt:

 

                            Maula (Gott) wird Mensch, um die Menschen (aus

                            ihrem tiefen Schlaf) aufzurütteln.

 

Im Gurbani finden wir viele Hinweise dieser Art:

 

                            Gott selbst hat den Namen Ram Das* angenommen.

                            Von höchster Intelligenz ist unser Gott. Er nimmt für

                            sich die Bezeichnung eines Heiligen an.

 

                            O Pipa! Pranva (der Tonstrom) ist die einzige

                            Wirklichkeit, sie verkörpert sich als Satguru zu unserer

                            Führung und Unterweisung.

 

                            Der Satguru ist Niranjan (rein, unbefleckt). Betrachtet

                            ihn nicht als einen Menschen.

 

                            Ein Ergebener des Herrn wird selbst der Herr, doch

                            die Menschen wissen nichts von diesem Geheimnis.

 

                            * Der vierte Guru der Sikhs

 

Bhai Gurdas sagt ebenfalls:

 

                            Ek Onkar (der eine, unoffenbarte Gott) wird Akar

                            (der Offenbarte) und nimmt den Namen eines Gurus

                            an.

 

Wer die (unpersönliche) Wirklichkeit kundtun und euch mit ihr (der ewige Wahrheit und unwandelbaren Dauer) verbinden kann, ist selbst die persönliche Wirklichkeit (personifizierte Wahrheit). Er ist fürwahr der ursprüngliche Tonstrom, der von dem höchsten ausgeht.

Um die Menschheit zu lehren, materialisiert sich dieser Tonstrom in Gestalt der Heiligen. wie sonst können die Menschen spirituelle Unterweisung erhalten, wenn nicht der Geist Gottes, der Tonstrom, menschliche Form annimmt, unter ihnen lebt und zu ihnen von Angesicht zu Angesicht über die menschlichen und göttlichen Geheimnisse spricht? Deshalb sagt Kabir:

 

                            Brahma kann nicht nur als Brahma sprechen. Auch er

                            braucht einen Menschen als Mittler, um sich (unter

                            den Menschen) zum Ausdruck zu bringen. Wir in

                            Fleisch und Blut gehüllten Menschen können von

                            diesem form- und gestaltlosen Einen keine Vorstellung

                            haben, wenn er nicht, uns gleich, auf diese materielle

                            Ebene kommt und zum lebendigen Gott für uns wird

                            den man sehen, hören und verstehen kann. Er ist Gott

                            und Mensch in einem, somit ein Gottmensch. er ist

                            der weg zum Ziel, ein Bindeglied zwischen Mensch

                            und Gott. Er ist das personifizierte Wort, damit er uns

                            über Gott belehrt und uns zu ihm führt.

 

Der russische Zar Peter der Groe war eifrig bestrebt, den Schiffsbau und die Kunst der Navigation zu erlernen, und reiste daher in Verkleidung eines gewöhnlichen Arbeiters nach Holland. In den holländischen Werften waren noch viele anderen Russen, die dort ihren Lebensunterhalt verdienten, und Peter arbeitete mit ihnen, sprach mit ihnen über russische Heimat und forderte sie viele male auf, mit ihm heimzukehren.

Diese armen Leute waren aus ihrem Vaterland verbannt und klagten, weil sie nicht heimkehren konnten, wie sehr sie auch wollten. Peter erklärte ihnen, daß er den mächtigen Zaren selbst kenne und vielleicht eine Begnadigung für sie erreichen werde. Aber nur sehr wenige konnten sich vorstellen, daß einer in zerschlissenen Kleidern wie sie irgend etwas mit dem Zaren zu tun haben könnte.

Als Peter nach abgeschlossener Ausbildung die Heimreise antrat, begleiteten ihn nur die wenigen, die seinen Worten glaubten. Bei seiner Ankunft in Rußland wurde er allerorts königlich empfangen. Als die des Landes verwiesenen Arbeiter sahen, wie Peter geehrt wurde, faßten sie Mut und vertrauten darauf, daß er den Zaren zu seinem Erlaß der Verbannungsstrafe bewegen werde. Aber wie erstaunt waren sie über die Wandlung ihres Arbeitskameraden, als Peter schließlich in seine Hauptstadt kam und vor ihren Augen den Thron bestieg.

Der Meister ist, ähnlich wie Zar Peter, der König der Könige. Genau wie wir kommt er in die Werft oder das Gefängnis dieser Welt als gewöhnlicher Arbeiter oder Gefangener und verdient wie wir seinen Lebensunterhalt, spricht zu uns über unsere Heimat, weckt in uns das Verlangen und den Wunsch heimzukehren und ist bereit, unser Weggefährte und Führer zu sein. Einige wenige, die seinen Worten glauben, folgen seinem Rat; sie werden aus dem großen Gefängnis befreit und zum Thron Gottes gebracht, wo sie den Meister in seiner strahlenden Form sehen, die glänzender ist als tausend Sonnen und Monde zusammen.

Guru Arjan sagt, daß er der uns in die Verbannung schickte, uns nun als wahre Erben in sein Reich zurückruft.

Als die Königin Tara Mati ihren Weg der spirituellen Übung beendet und Sach Khand erreicht hatte, da sie ihren Meister, Kabir, auf dem Thron des Sat Purush (des wahren Gottes). Bei seinem Anblick sagte sie: „Meister, warum sagtet Ihr mir nicht eher, daß Ihr der Sat Purush selber seid? Ich hätte es Euch geglaubt.“ Lächelnd antwortete Kabir: „Ich hätte dich nicht eher überzeugen können.“

Alle Heilgen, die nach Sat Lok oder Anami Desh gelangen, werden eins mit Gott und sind daher einander ebenbürtig. Von keinem kann man sagen, daß er größer als der andere sei.

 

                            Wer versucht, zwischen Heiligen Unterschiede zu

                            machen, fährt blindlings zur Hölle.

 

Für gewöhnlich versammeln sich Tausende von Menschen um einen Satguru und hören auf seine Reden, doch jeder beurteilt ihn nach seinem eigenen mentalen und spirituellen Entwicklungsstand. Die einen halten ihn für einen gottesfürchtigen, andere für einen Gebildeten oder Philosophen. Wieder andere sagen, daß er das Ideal eines sittlich guten Menschen ist oder einer, der selbstlose Werke tut. Wirklich selten sind die Jivas, die Gott in ihm finden.

Jeder sieht in ihm eine Widerspiegelung dessen, was er selber ist oder weder möchte, und erlangt somit von ihm die entsprechende Eigenschaft, denn er gibt allen nach ihrem Verdienst.

Als Mensch im physischen Körper ist natürlich seine wichtigste Aufgabe die Heranbildung des Menschen; und als personifizierter Gott die Enthüllung oder Offenbarung Gottes. So kommt alles darauf an, wie man sich durch die Zeiten hindurch vorbereitet hat. Gesegnet ist in der Tat, wer für eine direkte Umwandlung in Gott bereit ist, denn einem solchen Menschen enthüllt er seine Gottheit unmittelbar, so wie Krishna sein Einssein mit Kal Arjuna erkennen ließ,  als dieser aus Unwissenheit zögerte, die Pflicht des Kshatriya- Prinzen zu tun.

Ein Blinder sieht keinen, der das Augenlicht hat, noch kann er sich an ihm festhalten, wenn ihm nicht der Sehende aus Barmherzigkeit den Arm reicht und ihn richtig führt.

ähnlich kann niemand in einem Meister den Meister der Wahrheit oder die ihm innewohnende Wahrheit erkennen, solange er ihm nicht sein wirkliches Selbst offenbart. Auch jene, die ständig um ihn sind, einschließlich seiner nächsten Verwandten, sind selten imstande, die verborgene Gottheit in ihm zu erkennen.

Ohne die Gabe besonderen Verdienstes kann man niemals etwas vom wirklichen Wesen eines Heiligen (von seiner Gottheit) wissen. Wer Gott in ihm sehen und erkennen kann, hat Gott gefunden, denn er wohnt nicht nur in ihm – offensichtlich wirkt er auch durch ihn.

Er ist der Pol, von dem die Kraft Gotts ihr Licht ausstrahlt und den Willen des Herrn erfüllt.

Bhai Nandlal sagt:

 

                            Gott ist immer zugegen,

                            erblicke seine gesegnete Form.

 

Guru Nanak drückt es ähnlich aus:

 

                            Der Gott Nanaks ist immer vor ihm.

 

Als Naren (der spätere Swami Vivekananda) zum ersten Mal Shri Ramakrishna begegnete und ihn fragte: „Meister, habt Ihr Gott gesehen?“, antwortete Ramakrishna auf die gleiche Weise: „Ja, mein Kind, ich habe ihn gesehen, wie ich dich sehe.“

So hängt alles von unserer inneren Sicht ab. Wenn einer damit begabt ist oder der Satguru es will, kann man das vom Meister ausgehende strahlende göttliche Licht aufleuchten sehen. Der Zweck aller spirituellen Übung ist, das verlorengegangene Sehvermögen des inneren Auges wiederherzustellen, damit wir sehen können, wie Gott das ganze Universum durchdringt und gleichzeitig ganz hinter dem mächtigen Wall des Meisters konzentriert ist.

Diese Offenbarung hängt also völlig vom Willen des Höchsten ab. Niemand hat ein Anrecht darauf. Sie ist ein reines und einfaches Geschenk von ihm, das er dem gewährt, der sich durch die Zeiten hindurch darauf vorbereitet hat.

 

 

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