30. Kapitel

Die Worte des Meisters

 

Wenn jemand zu einem Meister kommt, muß er von aufgeschlossener Gesinnung sein. Da er weiß, daß ihm alle bisherigen Handlungen, im persönlichen wie ihm sozialen Bereich, nicht die Erlösung gebracht haben, sollte er ihnen Lebewohl sagen und den Meister hinsichtlich der spirituellen Schulung um Unterweisung bitten.

Hat er seine Instruktionen erhalten, muß er sie gewissenhaft befolgen. einzig darin sollte seine Hingabe bestehen. Was immer der Meister festlegt, muß als unumstößliche Wahrheit genommen werden, ganz gleich, ob es der Prüfung durch die rein menschliche Vernunft standhält oder nicht. Unser Denken und unsere Einsicht sind allemal begrenzt und können die Tiefen, in die der Meister dringt, nicht erreichen. Er kennt das Warum und Wofür seiner Anweisungen und gibt wie ein voll verantwortlicher Feldmarschall seine Befehle.

Wir müssen daher lernen, ihm wie ein treuer Soldat unbedingt zu gehorchen und zu tun, was er gebietet. Hafiz sagt in diesem Zusammenhang:

 

                            Färbe deinen Gebetsteppich in Wein, wenn es dein

                            Meister wünscht,

                            denn er kennt die Windungen des vor dir liegenden

                            Weges.

 

Bloßes Lippenbekenntnis zählt beim Meister nicht. Der Meister will volle Ergebung an das, was er sagt, denn es ist schließlich zum Besten des Schülers. In der Heiligen Schrift ist nachdrücklich gesagt:

 

                            Liebt ihr mich, so haltet meine Gebote.

                                                                           Joh. 14, 15

                           

                            Seid aber Täter des Wortes und nicht Hörer allein,

                            dadurch ihr euch selbst betrüget.

                                                                           Jak. 1, 22

 

Leeres Gerede über Spiritualität ist von keinem Nutzen.

 

                            Auf Moses Stuhl sitzen die Schriftgelehrten und

                            Pharisäer ...

                            aber nach ihren Werken sollt ihr nicht tun;

                            sie sagen’s wohl und tun’s nicht.

                                                                           Matth. 23, 2-3

 

                            Denn das Wort Gottes steht nicht in Worten, sondern

                            in der Kraft.

1.     Kor. 4, 20

 

Wie der Körper ohne die Seele leblos ist, so ist auch bloßes reden ein totes Geschwätz.

Paulus sagt:

 

                            Wenn ich mit Menschen- und mit Engelszungen redete

                            und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönend Erz

                            oder eine klingende Schelle.

 

Ähnliches kann man über den Darshan oder Anblick des Meisters sagen. Er kann einem zeitweilig Frieden und Gemütsruhe geben, doch wenn man wieder geht, tobt sich das Gemüt von neuem aus und herrscht über Körper und Seele.

Somit zählt auf dem Pfad der Meister allein das Tun und praktische Verwirklichung. Die Worte des Meisters sinken tief ins Herz. Es ist kaum denkbar, ihm nicht zu folgen.

 

                            So ihr in mir bleibet und meine Worte in euch bleiben,

                            werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch

                            widerfahren.

                            darin wird mein Vater geehrt, daß ihr viel Frucht

                            bringet und werdet meine Jünger.

                                                                           Joh. 15, 7-8

 

                            Darum an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.

                                                                           Matth. 7, 20

 

                            Bei dem aber in das gute Land gesät ist, das ist, der das

                            Wort hört und es versteht und dann auch Frucht bringt;

                            und der eine trägt hundertfältig, der andere

                            sechzigfältig, der andere dreißigfältig.

                                                                           Matth. 13, 23

 

Die Welt wird mit einer Ernte verglichen (Matthäus 13, 30), und die Schnitter achten allein auf die Frucht.

 

                            Nehmt des Meisters Worte als absolute Wahrheit,

                            und erntet wohl die Frucht des Lebens.

 

Die Worte des Meisters können nicht vom Meister getrennt werden. Wes das herz voll ist, des geht der Mund über. Der Meister ist in das Wort eingebettet, und seine Worte drücken das aus, was in ihm ist, nämlich das Wort, den Lebensimpuls und die Kraft. Wie ließen sich also beide voneinander trennen? Seine Worte durchdringen zweifellos die Herzen der Sucher, und kein anderer kennt den süßen Schmerz, den sie empfinden.

 

                            Als die Sehnsucht nach dem Herrn entbrannte,

                            durchdrangen die Worte des Meisters mein Herz.

                            Das Herz nur kennt die Qualen; wer sonst kann

                            um den Schmerz eines anderen wissen?

 

Je mehr Gewicht man den Worten des Meisters beimißt, desto mehr wächst man in der Gnade. Wahre Hingabe an den Meister besteht im Annehmen und Halten seiner Gebote. Guru Ram Das ermuntert uns, das Gedenken an den Meister zu unserem ständigen Begleiter zu machen, ganz gleich, was wir gerade tun. Der Meister ist in seinen Worten verborgen, und seine Worte sind in der Tat der wirkliche Meister.

 

                            Heilig ist das Wort des Meisters, durch welches man

                            das Elixier des Lebens erlangt;

                            denn die Annahme seines Wortes gewährt ewiges

                            Leben.

 

                            Besinne dich stets der Worte des Meisters,

                            denn hierin liegt echte Ergebung und Wahrheit.

                            Handle in Übereinstimmung mit dem Wort des

                            Meisters,

                            dies führt zu rechter Kontemplation.

 

Das Wort des Meisters bleibt immer bei den Initiierten. Keine Macht auf Erden kann es rauben. Feuer kann es nicht verzehren und Wasser nicht fortschwemmen. Es ist unzerstörbar und ewig. Es nimmt sich der Vaterlosen an und beschützt uns bei jedem Schritt. Allen Zweifel und Skeptizismus räumt es mit der Wurzel aus. Selbst der Todesengel kann ihm nicht nahekommen.

 

                            Durch die Anweisungen des Meisters verbinde dich

                            mit Ram Naam.

 

                            Dieses Nektars kann man sich in der Gemeinschaft

                            von Heiligen erfreuen.

 

                            Erreiche deine Heimat mit der Hilfe des Meisters,

                            dann gibt es kein weiteres Kommen und Gehen.

 

Man erwirbt den Schatz von Naam nicht durch Werke auf der Sinnesebene.

Gewiß, jeder reduziert und hört den Gurbani, doch nur die haben Nutzen davon, die wirklich an die Worte des Meisters als unerschütterliche Wahrheit glauben:

 

                            Wenn Ergeben und Schüler zum Meister kommen,

                            singen sie die gottgeweihten Verse aus den heiligen

                            Schriften.

                            Von allen, die sie vortragen oder hören, ist nur

                            willkommen, wer die Worte des Meisters voller

                            Glauben annimmt.

 

Solche, die dem Meister immer wieder begegnen, werden ihn immer mehr lieben; und die seine Worte als Wahrheit betrachten, werden die Geliebten des Herrn.

was immer der meister anordnet, muß mit unermüdlichem Eifer befolgt werden, damit man den Shabd ergreifen kann, der einen in seine Heimat zurückbringen wird.

 

                            Was auch der Meister sagt, das müßt ihr tun.

                            Dem Tonstrom folgend, kommt in euer rechtmäßiges

                            Eigentum und gelangt zu Ehren mit der Hilfe von

                            Naam.

 

                            Wer nach dem Geheiß des Meisters handelt, dessen

                            Lohn ist wahrer Trost.

 

                            Seinen Weisungen folgend, o Nanak,

                            kommt man furchtlos ans andere Ufer.

 

Es ist unbedingt notwendig, dem Willen des Willen des Meisters zu entsprechen, denn es ist zum Wohl des Schülers.

wirklich viele Menschen begegnen dem Satguru, aber das ist nicht genug. Um erlöst zu werden, muß man ihm in Gedanken, Worten und Taten Folge leisten.

 

                            Jeder, ja die ganze Welt, blickt auf den Meister.

 

                            Doch Erlösung findet man nicht durch das bloße

                            Sehen, ohne Verbindung mit Naam.

 

Der Meister muß ein Adept des Surat Shabd Yoga sein und Shabd in uns offenbaren können – den Shabd, der sich nicht innerhalb der neun Tore befindet, sondern allein das Kennzeichen des zehnten Tores ist.

Wenn man einen solchen Meister gefunden hat, ist es die Pflicht des Schülers, sich mit ganzem Herzen seinem Joch zu beugen und sich demgemäß zu formen. Wenn man das tut, zieht man den größten Nutzen aus der menschlichen Geburt, erweist seinen Vorfahren wie seinen Nachkommen einen guten Dienst und hat nichts zu fürchten.

 

                            In der tat gesegnet ist die Geburt jener, die sich dem

                            Willen des Meisters fügen.

                            Sie erretten ihre Familie und machen ihrer Mutter

                            Ehre.

 

                            Nichts Übles wird dem widerfahren, der sich nach der

                            Art des Meisters formt.

 

                            Auf seinem Weg liegt der See des Nektars, und er kann

                            ihn leicht erreichen.

 

ein Schüler, der dem Willen des Meisters folgt, gelangt in den Besitz des Lebenselixiers und gewinnt das reich Gottes als sein Geburtsrecht.

 

                            O Mensch, ergib dich dem Willen des Meisters!

                            Weile in deiner Heimat und erfreue dich ewigen

                            Lebens.

 

Wer versteht den Willen des Meisters und achtet ihn gewissenhaft? Einer, in dem die Gnade des Herrn am Werk ist.

 

                            Nur der nimmt die Worte des Meisters an und handelt

                            nach ihnen, in dem die Gnade des Herrn wirkt.

 

Es gibt keinen größeren Menschen als den, der die Worte des Meisters annimmt und dadurch Gott erkennt. Wir müssen deshalb nach dem Wort verlangen und uns bemühen, durch den Sat Satguru eine Verbindung mit ihm zu bekommen.

 

                            O Gemüt, denke stets an die Worte des Herrn!

                            Wer durch das Wort in seine Heimat zurückkehrt, ist

                            das Kronjuwel unter den Menschen.

 

Die Segnungen von Hari Naam sind zu vielfältig, als daß sie aufzuzählen wären. Wer in der Farbe des Wortes gefärbt wird, rühmt immer die Herrlichkeit Gottes. All sein Tun  nimmt im rechten Augenblick von selbst die rechte Form an.

Was er will, muß geschehen, denn die Natur selbst steht ihm jederzeit vollständig zu Gebote. er ist von allen Übeln und Nöten frei, verliert jeden Gedanken an das Ich und Mein und wird nie eitel oder stolz.

Er erhebt sich über alle Gegensätze: Reichtum und Armut, wohl und Weh, Freud‘ und Leid, Ruhm und Unbekanntsein, denn er bleibt in einem Zustand heiterer Gelassenheit.

Das Gift von Gemüt und Materie kann ihm nichts anhaben. Während er in der Welt lebt, ist er nicht länger von der Welt, sondern frei von Sorge und Verhaftetsein. er geht, wohin immer er will.

Die Täuschungen und Verblendungen der Welt berühren ihn nicht. Er entzieht sich dem Machtbereich von Kal, der Zeit, an die er nicht gebunden ist. Weder begrenzt ihn der Raum, noch kann ihn das Gesetz der Kausalität in seinen Bann ziehen.

Er erlangt ewiges Leben und gewinnt das Reich Gottes zurück, den Garten Eden, aus dem er wegen seines ersten Ungehorsam gegen Gott vertrieben wurde.

Er errettet nicht nur seine eigene Seele, sondern durch die Kraft des Wortes viele andere, die mit ihm in Verbindung kommen; ja selbst die Seelen seiner Vorfahren und künftigen Verwandtschaft.

Wahrlich gesegnet ist ein Mensch, der das Glück hat, in die Gemeinschaft eines Sant Satgurus zu gelangen, und so das höchste Gut des Lebens erwirbt.

 


Ende



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