6. Kapitel

Die Notwendigkeit eines Meisters

 

Der formlose Gott durchdringt das Universum in Form von Shabd oder dem Gott. Aber solange wir nicht fähig sind, uns mit ihm im Innern zu verbinden, können  wir uns nicht glücklich preisen.

Die ganze Atmosphäre ist  mit Elektrizität geladen. Man kann sie jedoch erst dann nutzen, wenn man an den Schalter herankommt, der die Energie des Kraftwerks reguliert.

Ist der Kontakt einmal hergestellt, gibt sie uns Licht, Heiß- und Kaltluft, je nach Bedarf, und hilft uns auf unzählige Weise bei der Reinigung des Hauses, beim Kochen unserer Speisen und dergleichen mehr. In der Industrie bewältigt sie wie der sprichwörtliche Dämon große Lasten, und Tausende  von Menschen wären mit vereinten Kräften nicht imstande, ihre Arbeit zu leisten.

In genau derselben Weise würde man wahrlich gesegnet sein und eine unermeßlich reiche spirituelle Ernte einbringen, wenn man nur zu einem menschlichen Pol gelangte, durch den sich die Kraft Gottes in der Form von Shabd offenbart. Heilige, Propheten, Seher und Meisterseelen sind solche offenbarte Pole, die das Licht, das Leben und die Liebe Gottes ausstrahlen.

Sie sind die Kinder des Lichts und kommen, um der in tiefsten Finsternis gehüllten Welt Licht zu geben. Sie sind Shabd personifiziert und sozusagen der in der Welt polarisierte Gott.

 

                            ... die heiligen Menschen Gottes haben geredet,

                            getrieben von dem heiligen Geist.

                                                                           2. Petr. 1, 21

 

                            Der Geist des Herrn hat durch mich geredet,

                            und seine Rede ist auf meiner Zunge.

                                                                           2. Sam. 23, 2

 

                            Dein Wort ist meines Fußes Leuchte

                            und ein Licht auf meinem Wege.

                                                                           Psalm 119, 105

 

Der Satguru oder Meister der Wahrheit ist somit der Pol, durch den die Kraft Gottes nach dem göttlichen Willen wirkt. Diese Kraft oder Shabd ist die subtilste Form des großen Unbekannten und Unerkennbaren. Durch den Satguru kann man dies erkennen und mit Shabd in Verbindung kommen.

Wir bewegen uns vom Physischen zum Feinstofflichen. Der Meister und der Tonstrom des Meisters sind die Wege zum Ziel. Sie allein können den Geist zum Höchsten führen. Der Meister löst für uns das Mysterium Gottes und errettet uns aus den Fängen von Gemüt und Materie.

Sein langer und starker Arm hebt die Seele über das Bewußtsein von Körper und Gemüt hinaus und bringt sie durch die Verbindung mit dem Tonprinzip zum Bewußtsein ihrer selbst.

Als nächstes wird die Seele von der strahlenden Musik zur Quelle oder Region, von der sie ausgeht, weitergeführt. Der Meister und der Tonstrom sind nicht voneinander verschieden; sie sind nur zwei Aspekte ein und derselbe Wesenheit.

Wenn er auf der physischen Ebene ist, muß er eine physische Gestalt annehmen und durch sie wirken, denn ohne sie kann keine spirituelle Unterweisung gegeben werden. Sobald er aber eine menschliche Seele von den verschiedenen Hüllen und Bedeckungen befreit hat, nimmt er auch eine feinstoffliche Form an, strahlend und leuchtend, und wirkt durch sie.

Dieser Vorgang dauert an, bis der menschliche Geist mit dem des Meisters eins wird. Das ist der erhabene Zweck, zu dessen Erfüllung die Meister in diese niedrigste Region, die so voller Leid und Elend ist, herabkommen. Ausgerüstet mit der erlösenden Gnade Gottes in Form des heiligen Geistes, der verschiedentlich als Shabd, Wort, Nad, Bani oder Kalma bezeichnet wird, befreit der Meister die Seelen, die für die Erlösung reif sind und diesem Ziel  zustreben, indem sie auf ihn hören und seine Anweisungen genau befolgen.

Wenn Gott nicht in Menschengestalt kommt und unter uns wohnt, können wir nichts von ihm wissen, obwohl er überall und in allem gegenwärtig ist.

Es muß erst jemand reine Butter aus der Milch schlagen und Feuer aus dem Granitstein, bevor wir wissen können, daß Butter in der Milch und Feuer im Stein verborgen ist. Das „Wort“ wird daher Fleisch und wohnt unter uns, wie das Evangelium lehrt.

Wenn Seelen durch die lange Verbannung auf der physischen Ebene ruhelos werden, wenn sie hilflos nach der Heimkehr verlangen und kein Entrinnen sehen aus der Gewalt Kals mit seinen alles durchdringenden Begrenzungen von Raum, Zeit und Kausalität, wird die errettende Gnade Gottes durch die mitleiderregenden Rufe bewegt und kommt in Gestalt eines Sant Satguru (Meister der Wahrheit) in die Welt, um ihnen aus der Bedrängnis herauszuhelfen.

Niemand außer dem lebenden Meister kann diese Aufgabe erfüllen. Er spricht durch die Stimme der Stille. Er bedient sich eines ungeschriebenen Gesetzes und einer ungesprochenen Sprache.

Die Schriften, wie heilig und maßgebend sie auch immer sein mögen, enthalten bloß Hinweise auf die spirituellen Bereiche und berichten über die Erfahrungen ihrer Verfasser; sie können weder spirituelle Unterweisung geben noch auf dem Pfad der Meister Führer sein.

Das Wort des Meisters wirkt wie ein „Sesam- öffne- dich“ für die hohen geistigen Sphären. Er hat den Schlüssel zum Reich Gottes, das gegenwärtige eine verlorene Region für uns ist. Aus Barmherzigkeit und Liebe für die verlorenen  Schafe verläßt der Hirte seine Herde und geht den steinigen Pfad in endloser Suche, um die verlorenen Seelen hier und dort aufzulesen.

 

                            Ich bin das Licht der Welt; wer mir nachfolgt, der wird

                            nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht

                            des Lebens haben.

                                                                           Joh. 8, 12

 

 

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