Kirpal Singh

Gespräche von Herz zu Herz

11. September 1970

Abend-Darshan/Rajpur

Frage: Kommt es vor, daß Initiierte in ein Stadium geraten, vielleicht nach mehreren Jahren, in dem sie sagen: ”Ich ertrage es nicht länger. Ich muß Fleisch essen. Ich kann die Keuschheitsregeln nicht länger einhalten. Ich will das Tagebuch nicht mehr führen.” Suchen sie dann nicht das Weite und gehen anderswohin?

Antwort: Wenn das geschieht, ist der Betreffende nicht wirklich hungrig nach Höherem. Er will nur dieses Leben, nicht das andere, das ist alles. Es wurde ihm etwas gegeben, aber er lebt nicht danach und hat außerdem nicht das süße Elixier gekostet, wie es ist, mit dem Absoluten in Verbindung zu sein. Manchmal ist die Gesellschaft der Anlaß, manchmal geschieht es, weil das Tagebuch nicht geführt wird. Das sind meistens die Gründe, wenn jemand den Pfad verläßt. Solche Menschen werden nicht dabei bleiben.

Frage: Manchmal, kann ich mir vorstellen, üben Familienmitglieder einen solchen Druck aus, daß Satsangis nachgeben.

Antwort: Ich wurde in einer Familie geboren, in der Fleisch gegessen wurde. Schon als Kind habe ich nichts davon genommen. Niemand kann dich zwingen. Man darf es ablehnen. Ich kann dich lieben, muß aber nicht unbedingt essen, was du ißt. Es gibt Grenzen, verstehst du. Jemand kam einmal nach Indien und sagte: ”Man darf Essen nicht zurückweisen, wenn es angeboten wird, das steht in der Bibel.” Heißt das, man darf nichts ablehnen, was einem irgend jemand anbietet? Hat man das Recht, euch zu vergiften? Gute Sachen könnt ihr annehmen, sonst sagt höflich ”Nein.” Es ist nicht wirklich Gift, aber es beeinflußt euch, sonst wäre es nur eine lahme Ausrede dafür es nicht zu nehmen. Wenn ihr eine Weile in Berührung mit der höheren Spiritualität seid, kommt das Gemüt zwangsläufig unter Kontrolle. Das Gemüt will äußere Freuden niemals aufgeben. Wenn man jedoch innere Glückseligkeit genießt, wie könnte man da noch zurück? Zumindest zu Beginn sind allerdings einige Anordnungen nötig.

Frage: Ich nehme an, es geht darum, daß man sich der anfänglich geforderten Disziplin nicht unterordnen will.

Antwort: Das wird aber strikt verlangt. Früher erhielten die Menschen im Normalfall keinen Beweis von Licht und Ton. Nur wer jahrelang zu Füßen des Meisters lebte und seine Gebote hielt, erhielt etwas, wenn er dafür bereit war.

Frage: Es gibt sehr viele, meist junge Menschen, die viele Stunden täglich trainieren und sich auf athletische Wettkämpfe vorbereiten. Ist dies in gewisser Weise eine ähnliche Schulung?

Antwort: Ja, aber diese Schulung bringt mehr ein. Ein solcher Gewinn wird nie verloren gehen. ”Legt euch Schätze im Himmel an, wo weder Motten noch Rost sie verderben.” Das Wichtigste ist, daß wir den Körper verlassen müssen. Wie steht es mit euch? Was ist euer Schicksal? Zwei Dinge sind beim Tod entscheidend: ihr müßt den Körper verlassen und ihr müßt wissen, wohin ihr geht. Ist es nicht angebracht, daß wir uns jetzt entscheiden und uns darauf vorbereiten?

Frage: Heute reden sich offenbar viele Menschen ein, es gebe kein Schicksal nach dem Tod, nur ein totales Nichts werde sie umfangen.

Antwort: Das ist falsch. Wenn Schwefelsäure auf Kupferspäne gegossen wird, schäumen diese auf und verschwinden. Energie ist zwar vorhanden, aber keine Bewußtheit. Ein Zug wird von einer Lokomotive gezogen. Die Lokomotive hat ebenfalls kein Bewußtsein. Du aber bist ein Mensch, du bist bewußt. Wenn wir den Körper jedoch verlassen, gibt es eine sehr wichtige Frage: Wir sollten wissen, was wirklich ist. Dies können wir nur als Mensch vollbringen, in keiner anderen Schöpfungsform. Jetzt seid ihr hier. Ihr habt diesen Ort gesehen, ihr habt Führung, ihr könnt sehr zuversichtlich sein.

Frage: Hier herrscht eine großartige Atmosphäre des Friedens.

Antwort: Ja, aber dort gibt es noch mehr Frieden. Alle Herrlichkeit und Schönheit ruhen in euch. Jetzt wollt ihr die äußeren Freuden nicht aufgeben. Aber sobald ihr eine kleine Erfahrung jener inneren Glückseligkeit habt, wollt ihr diese nicht mehr aufgeben.

Frage: Das bedeutet, weiter zu üben, bis diese Erfahrung kommt? Das bedeutet vielleicht weitere fünfzehn Jahre zu üben.

Antwort: Was wollen die Menschen? Sie bekommen einen Beweis. Was ist es? Es mag nicht viel sein, es ist nur ein Anfang, aber sie bekommen einen Beweis. Andere, die zahllose Stunden mit äußeren Darbietungen verbringen, bekommen gar nichts. Sie beten, sie weinen, sie setzen sich vor ihre Kerze, und innen ist völlige Dunkelheit. Die Hauptsache ist: Ihr müßt den Körper verlassen. Wer seid ihr? Wo seid ihr? Wohin geht ihr? Wie funktioniert dieser Körper? Das sind lebenswichtige Fragen, die unser eigenes Selbst betreffen. Die Hindu-Schriften sagen, wenn die Seele den Körper verläßt, fühlt man einen Schmerz, als würde man von tausend Skorpionen gestochen.

Frage: Ich nehme zur Kenntnis, daß das in diesen Schriften steht, und trotzdem gibt es Berichte, daß viele Leute friedlich und offensichtlich ohne Schmerzen sterben.

Antwort: Das mag vielleicht beim Herzschlag zutreffen. Wenn jedoch die Gedanken, die Wünsche unerfüllt bleiben, geht die Seele wieder in den Kreislauf ein - sie wandert rund um die Erde. Wenn eine Seele zur Todesstunde den Körper verläßt und an jemandem hängt oder noch etwas wünscht, was nicht erfüllt werden kann, wandert sie um die ganze Erde.

Frage: Ich kenne zum Beispiel eine Verwandte, die sagte, als sie am Sterben war: ”Ich sehe Jesus hier.” Und anscheinend starb sie in Frieden.

Antwort: Das ist das Ergebnis einer Wirkung aus der Vergangenheit. Doch nicht jeder hat den gleichen Hintergrund. Sie mag Jesus sehr ergeben gewesen sein und einen guten Charakter gehabt haben. Zum Zeitpunkt des Todes sind die vergangenen Handlungen sehr nahe, und das Ende ist das Ergebnis der ganzen Lebensessenz. Du wirst sehr unterschiedliche Fälle finden.

Frage: Es wäre also denkbar, daß sie nicht so viele Schmerzen hatte, weil sie ihr Leben bereits in diese Richtung gelenkt hatte?

Antwort: Ja.

Frage: Es gibt Berichte von Menschen, die sich auf Astralreisen begeben und die aussagen, daß sie ihren Körper ohne Schmerzen verlassen und in die Astralebene gehen.

Antwort: Erst wenn sie gelernt haben, den Körper zu verlassen, nicht früher. Den Körper zu verlassen, ist das erste Problem. Wenn man gewohnt ist, täglich zu kommen und zu gehen, ist der Tod kein Schreckgespenst. Es ist vielleicht so, wie wenn ihr von einem heißeren Ort an einen kühleren kommt.

Frage: Mit anderen Worten: Wenn man gelernt hat, wie man es macht, dann gibt es keinen Schmerz.

Antwort: Nein. Außerdem sollten wir wissen, wohin wir gehen. Im Jenseits gibt es viele Welten. Unser Hintergrund bestimmt, was wir dann ernten.

Frage: Es ist ein Unterschied, ob wir unseren Körper für eine Astralreise verlassen oder beim Tod. Beim Tod verlassen wir den Körper durch ein anderes Tor, hinter dem Kal darauf wartet, uns zu verschlingen, was er aber nicht tut, wenn man auf eine Astralreise geht.

Antwort: Eine Astralreise ist nichts anderes, als um die Erde zu. schweben, wobei man ihr ganz nahe bleibt. Mehr ist es nicht. Einmal war ich in London. Dort gab es einen berühmten Mann, der für fünf Pfund Astralwesen sprechen ließ. Einige meiner Freunde wollten das sehen Der Raum war völlig dunkel, pechschwarz. Wir setzten uns. Nichts geschah, darin begann viel Theater und Schauspielerei. Der Darsteller sprach wie ein Kind und strengte sich sehr an (der Meister imitiert die verstellte, zittrige Stimme des Mediums). “Die Atmosphäre ist heute abend nicht günstig - ich kann nicht kommen.” Versteht ihr? Es war seine eigene Stimme. Ein Mensch kann lernen, in einem dunklen Raum so zu sprechen. Es gibt Schwindel und Betrug im äußeren Leben, aber ich fürchte, mit der inneren Welt wird hundertmal mehr Schwindel getrieben. Es wird simuliert und geschauspielert. Deshalb haben die Menschen alles Vertrauen verloren.

Frage: Hast du manchmal den Wunsch, einfach hier in deinem Haus in den Vorbergen des Himalaja zu bleiben und nicht wieder in das Getümmel von Delhi und andere Teile der Welt zurückzukehren?

Antwort: Ich bin gebunden, verstehst du. Es wird mir angeordnet, was ich zu tun habe. Ich bin nur eine Marionette. Nach meinem Willen wird nicht gefragt. Das ist alles, was ich dazu sagen kann. In den geschäftigsten Zeiten habe ich nichts vor-ausgeplant.

Frage: Das Karma der meisten Menschen ist festgelegt. Ist es einem Meister möglich zu sagen: ”Punkt eins und Punkt drei des Karmas werden ausgetauscht”? Kann er das tun?

Antwort: Was meinst du?

Frage: Ich meine, wenn wir mit einer bestimmten Menge an Pralabdha-Karma auf die Welt kommen, das abgetragen werden muß, muß es notwendigerweise in einer bestimmten Reihenfolge abgetragen werden? Kann ein Meister sagen: ”Ich werde diesen Teil deines Karmas zurückhalten und du mußt ihn erst mit 67 Jahren abtragen”?

Antwort: Was uns selbst betrifft oder im Falle anderer?

Frage: Im Fall der Initiierten.

Antwort: Der Meister muß alle karmischen Rückwirkungen abwickeln so gut er kann. Der Initiierte betet: ”0 Gott, ich bitte Dich, laß mich für immer in Deine Heimat, laß mich nicht zurückkehren.” Der Meister bewirkt die Abwicklung aller Handlungen und Rückwirkungen. Die meisten werden in Träumen beglichen, und auf diese Weise wird ihre Härte auf ein Minimum reduziert. Die Auswirkungen, die nicht aufgehoben werden können, muß der Mensch durchstehen. Er erhält dabei allerdings Hilfe. Im allgemeinen wird ein Initiierter viele Veränderungen in seinem Leben wahrnehmen. Seine im Horoskop festgelegte Lebensgeschichte bewahrheitet sich nicht. Wer den Sternenhimmel überschritten hat, gelangt unter die Herrschaft dessen, der über diesen Ebenen steht. Dort gilt die Astrologie nicht mehr, die Umstände haben sich verändert. Vieles wird weggelassen, manchmal verzögert sich etwas, einiges wird auf ein Minimum reduziert.

Frage: Du würdest den Menschen also raten, der Astrologie nicht zu viel Aufmerksamkeit zu zollen?

Antwort: Sie bewahrheitet sich nicht immer Vieles wird abgeschwächt oder beseitigt.

Frage: Bietet sie wenigstens eine Grundlage, um den Charakter zu beurteilen?

Antwort: Meinst du durch die Gesichtszüge oder die Schrift? Die Sterne haben jedenfalls eine Wirkung. Ich spreche im Augenblick nur von denen, die unter der Obhut dessen sind, der höher steht.

Frage: Ich bin etwas verlegen, dieses niedere Thema angesprochen zu haben, nachdem wir über Höheres sprachen. Begünstigt die Gegend des Himalaja die Meditationen oder spielt allein die Gegenwart des Meisters eine Rolle?

Antwort: Natürlich ist die Gegenwart des Meisters eine große Hilfe. Einsamkeit ist auch hilfreich - eigentlich jede Atmosphäre, die nicht durch die Gedanken weltlicher Menschen vergiftet ist. Sogar Christus zog sich in die Berge und in die Wüste zurück.

Frage: Als es Christus in die Wüste zog, wurde er auf den Berg geführt und Satan sprach zu ihm: ”Du kannst alles haben, wenn du dich nur vor mir verneigst.” Er erwiderte: ”Weiche, Satan.”

Antwort: Ja, das erlebte Guru Nanak ebenfalls. Auch anderen widerfuhr dasselbe.

Frage: Geschieht diese Versuchung an einer bestimmten Stelle in den inneren Ebenen?

Antwort: Ja, in der Meditation. Nebenbei sei erwähnt: Die negative Kraft berichtet mir alles, was in der Welt vor sich geht. Überall gibt es heute Schwierigkeiten. Warum bestehen diese Schwierigkeiten? Die negative Kraft erklärt: ”Ich bin verpflichtet es zu tun, denn schließlich ist mir diese Arbeit übertragen worden. Wer nicht gut ist, muß bestraft werden. Du verläßt diesen Ort, aber ich werde nicht aufgeben. Meine Arbeit ist mir übertragen worden, um sie weiterzuführen.”

Frage: Ist die negative Kraft eine wirkliche Person?

Antwort: Nein, diese Kraft ist keine Persönlichkeit. Die Kraft, die nach außen geht, wird negative Kraft genannt und die Kraft, die nach innen geht, ist die Christuskraft, die Gotteskraft, die zum Ausdruck kommende Meisterkraft

Frage: Nimmt die negative Kraft auf den inneren Ebenen jemals eine Gestalt an, die uns als Person erscheint?

Antwort: Ja, aber du mußt verstehen, daß sie selbst keine bestimmte Gestalt hat. Sie ist jedoch ein sehr gerechter Richter. Sie läßt niemanden aus ihrem Herrschaftsbereich entkommen. Sie gibt euch alles, aber entläßt euch niemals aus ihrer Kontrolle.

Frage: Wie weit kämpft sie dann, das zu verhindern?

Antwort: Sie kämpft bis zur dritten Ebene hinauf. Danach wird sie klagen: ‘O, er ist mir entkommen.‘

Frage: Sie verliert nicht sehr viele, oder?

Antwort: Doch, natürlich, viele. Nicht unzählige, aber viele, das kann man sagen.

Frage: Sie wird uns hoffentlich verlieren?

Antwort: Ja, und sie wird das beklagen, aber eigentlich nicht mehr, denn sie hat bereits um die geklagt, die ihrem Machtbereich entkamen.

Frage: Es wird von Kal erzählt, er hätte zu Sat Purush gesagt, er könne dort oben nicht glücklich sein und wolle sein eigenes Reich haben. Stimmt das?

Antwort: Das wird gesagt. Wer aber hat letzten Endes diese Kraft erschaffen? Laßt mich euch ein Beispiel geben. Ein König ernennt einen Oberbefehlshaber. Dazu hat er die Befugnis. Dank seiner Autorität ernennt er auch einen Vizekönig. Die Funktionen beider sind verschieden. Der Oberbefehlshaber sagt niemals: ”Ich gebe den Befehl des Königs weiter.” Er sagt: ”Ich befehle euch.” Ihm ist voll bewußt, daß ihm diese Autorität von der höheren Macht, dem König, übertragen wurde. Es unterstehen ihm viele Generäle und Majore, die einen guten Sold und viele Zugeständnisse erhalten, denen aber nicht erlaubt ist, sich der Kontrolle des Oberbefehlshabers zu entziehen, sonst werden sie zurechtgewiesen oder vor ein Kriegsgericht gestellt. Gibt es in der Stadt Schwierigkeiten, wird diese dem Militär unterstellt. Einige werden bestraft, andere erhalten den Auftrag, in der Stadt wieder für Ordnung zu sorgen. Im Unterschied zum Oberbefehlshaber sagt der Vizekönig nie: ”Ich bestimme”, sondern ”Ich gebe die Befehle des Königs weiter.” Die Aufgabe der Avatare Krishna, Rama, usw. ist eine andere. Sie kommen, um die Bösen zu bestrafen, den Rechtschaffenen zu helfen und die Welt in Ordnung zu bringen. Die Heiligen gehen andere Wege. Sie bestrafen niemanden, sie versuchen stattdessen, die Menschen umzustimmen. Ihre Aufgabe ist es, den Menschen eine Verbindung mit Gott zu geben und sie heimkehren zu lassen in die Heimat des Vaters. Kehren diese Menschen nochmals auf die Erde zurück, kommen sie nicht als Gefangene, sondern als Lehrer. Das ist der Unterschied. Die Heiligen entvölkern die Welt. Der Avatar hält die Welt in Ordnung und läßt nicht zu, daß die Bevölkerung abnimmt.

Frage: Hat jeder Heilige eine bestimmte Anzahl an Seelen, die er zu Sat Purush zurückbringen soll?
Antwort Eine begrenzte Anzahl, natürlich. Jeder Heilige muß seine eigene Arbeit vollbringen. Es ist immer die gleiche Kraft, doch sie wirkt durch verschiedene Pole. Jeder Heilige hat seine eigene Pflicht, er vollbringt sie und kehrt dann zurück in seine Heimat.

Frage: In der Bibel heißt es, daß 144.000 gerettet werden. Vermutlich galt das um das Jahr eins nach Christus?

Antwort: Wieviele? Das gilt nur für einen einzigen Heiligen. Jeder Heilige hat seinen Zeitraum. Was sagte Christus? Erinnert ihr euch? ”Die-weil ich bin in der Welt, bin ich das Licht der Welt.” (Joh. 9,5).

Frage: Das ist vielleicht in einigen Ausgaben der Bibel durch die Übersetzung verloren gegangen.

Antwort: Nein, es steht noch darin.

Frage: Wirklich? ”Dieweil ich in der Welt bin?”

Antwort: Ja, es ist seltsam, aber die Christen kennen die Bibel nicht. Ich zitiere nicht eigenmächtig. Lest bei Johannes nach - ich glaube, Kapitel 9, Vers 5. Natürlich, das stimmt. Daraufhin sagte Christus: ”Ich werde euch nie verlassen noch versäumen, bis an der Welt Ende.”

Wen er in seine Obhut nahm, den wird er nicht verlassen. Er ist verantwortlich für die Initiierten, bis sie die wahre Heimat des Vaters erreichen.

Frage: ”Bis ans Ende der Welt”, wie kann man das übersetzen?

Antwort: Das bedeutet, bis die Seele die Heimat des Vaters erreicht hat.

Frage: Da wir gerade von der Bibel sprechen: Du erinnerst dich sicher an die Geschichte vom reichen jungen Mann, der zu Jesus kam und sagte: ”Meister, was soll ich Gutes tun, daß ich das ewige Leben erhalte?” Und Jesus sprach zu ihm: ”Gehe hin, verkaufe, was du hast und gib‘s den Armen und komm und folge mir nach!” Als der Jüngling das hörte, ging er betrübt davon, denn er hatte viele Güter Jesus aber sprach zu seinen Jüngern: ”Wahrlich, ich sage euch, es ist leichter, daß ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, denn daß ein Reicher ins Reich Gottes komme.” (Matth. 19,16). Ist das richtig?

Antwort: Es bedeutet dasselbe. Wie können die, die so sehr an den weltlichen Din-gen hängen, zu Gott zurückkehren? Sie wollen nichts davon hören, wollen diese Welt nicht verlassen. Und wenn sie sie verlassen, geistern sie heulend um die Erde.

Frage: Ist es möglich, weltliche Besitztümer zu haben, ohne an ihnen zu hängen?

Antwort: Ja, sicherlich, man ist nur einem verhaftet, nicht vielem. Ihr geht dorthin wo ihr verhaftet seid. Welches ist eure größte Leidenschaft im Leben? Ist eure Hauptleidenschaft auf die Welt gerichtet, kommt ihr zurück. Ein Mensch, der sich ganz den weltlichen Angelegenheiten und Freuden hingibt, kann sie natürlich nicht verlassen - eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als ein Reicher in den Himmel. Man darf nicht an den Körper denken, wenn man ihn verläßt. Wie kann einer gehen, der allen Verhaftungen ergeben ist?

Frage: Aber wäre es nicht möglich, einfach die Hände in den Schoß zu legen und auf Einkünfte zu warten? Ich meine, das Geld auf die Bank zu tragen und auf die Zinsen zu warten und dann seine ganze Zeit der Spiritualität zu widmen und von den Einkünften zu leben?

Antwort: Dies ist eine Möglichkeit, natürlich. Aber stell dir vor, die Bank geht pleite? Lege es in die Hand Gottes. Was geschah in Panama, als ich das letzte Mal dort war? Ich gab meinen Paß der Pan American Company, um ein Visum für Südamerika zu beantragen. Die Panamesen kämpften damals gegen die Amerikaner und genau am Tag meiner Ankunft brannte das entsprechende Gebäude ab, und mein Paß verbrannte ebenfalls. Ich konnte nicht dorthin. Nimm also an, die Bank geht pleite. Du mußt den Körper verlassen, vielleicht heute oder in zehn oder zwanzig Jahren, oder du legst dich heute abend schlafen und stehst vielleicht nie mehr auf.

Frage: Würdest du raten, allen Besitz zu verkaufen oder zu verschenken und dir zu folgen?

Antwort: Ich rate: Arbeitet im Schweiße eures Angesichts und lebt vom ehrlichen Verdienst. Sorgt für eure Familien, mit denen Gott euch verbunden hat. Gottes Ratschluß hat euch zusammengeführt. Das zum einen. Zum anderen: Sät keine weitere Saat, die wieder keimt. Eure Hauptleidenschaft, eure Hauptbindung sollte Gott sein. Darüber hinaus sollte der Mensch nicht für sich selbst leben, sondern für andere. Die Tiere leben nur für sich selbst. Sie bekämpfen andere mit ihren Hörnern, um ihre Kinder zu retten. Wo bleibt des Menschen Überlegenheit, wenn er dasselbe tut? Der Mensch ist die herrschende Macht. Als Krone der Schöpfung muß er sich der jüngeren Geschwister annehmen, der Tiere, der Vögel, der Reptilien. Sie alle sind Mitglieder der Familie Gottes, sie sind die jüngeren Geschwister.

Frage: Wir haben ihnen nicht viel Gutes getan.

Antwort: Das stimmt. Als das Oberhaupt der Familie sollte sich da Mensch um das Wohlergehen aller kümmern. Stattdessen verzehrt er Tiere. Das widerspricht jeder Vernunft. Ich liebe dich und esse deine Kinder. Wir sagen, wir lieben Gott. Die ganze Schöpfung gehört ihm. Hier gibt es z.B. Kobras. Empfindet ihr Liebe für sie, dann strahlt ihr Liebe aus. Sie empfinden ebenfalls. ”Seid klug wie die Schlangen” (Matth. 10,16), sagte Christus. Unsere Gedanken wirken zurück, die Schlangen verteidigen sich gegen den Angriff.
In Delhi ereignete sich folgendes: Als ein Satsang gerade begonnen hatte, kam eine Kobra. Es waren etwa zwei-, oder dreihundert Menschen versammelt. Die Kobra richtete sich vor mir auf und verharrte in dieser Haltung. Sie zu erschießen, hätte nichts genutzt. Der Satsang ging weiter Die Kobra schaute mich in mehr als einein-falb Stunden einfach an. Als die Ansprache beendet war, schlich sie sich fort. Die Leute sagten: ”Wir hätten sie töten sollen!” Aber warum? Sie hat niemandem etwas getan. Wir sind Menschen, versteht ihr? Groß ist der Mensch. Die Tiere sind unsere Kinder, ihr habt sie verdorben. Die ganze Natur ist schön, wenn sie nicht von der Hand des Menschen gepeinigt wird.

Frage: Und der Mensch wird dafür bezahlen müssen?

Antwort: Es entstehen Rückwirkungen. Ihr solltet die Schöpfung lieben. Schlangen tun im allgemeinen keinem Kind etwas zuleide. Manchmal nimmt ein Kind eine Schlange sogar in den Mund und sie tut ihm nichts.

Frage: Kann es sein, daß man eine ehemalige Schwiegermutter aus einem früheren Leben tötet, wenn man eine Schlange umbringt?

Antwort: Vielleicht auch nicht, wer weiß? Als Schlange wiedergeboren werden nur sehr habgierige Menschen, die Geld gehortet haben. Ein Mann tötete eine weibliche Kobra, die hier lebte. Die männliche Kobra kam monatelang hierher, um ihn ausfindig zu machen. Er war jedoch nie da. Sie sind sehr schlaue Tiere. Wir haben eine wunderbare Welt, aber wir haben sie durch unsere eigenen Gedanken verdorben.

Frage: Du hast heute abend gesagt, es sei schwieriger, ein Mensch zu werden, als Gott zu begegnen. Ich bin nicht sicher, was du damit meintest.

Antwort: Es ist schwerer, einen Menschen zu formen, und leichter, Gott zu finden. Daher sollte es so sein: Sich zuerst zum wahren Menschen entwickeln und dann Gott finden.

Frage: Ich denke, wenn man Gott begegnet, wird automatisch das ganze Karma gelöscht und man wird ein vollkommener Mensch.

Antwort: Du hast recht. Ich meine jedoch, einen vollkommenen Menschen zu finden, ist sehr schwer, aber Gott zu finden, ist nicht schwer. Einen Menschen zu formen, braucht Zeit. Der Faktor Zeit ist sehr wichtig. So etwas kann nicht an einem Tag erreicht werden.

Frage: Aber wenn man Gott sieht, warum kümmert man sich dann darum, ein vollkommener Mensch zu werden? Warum?

Antwort: Du siehst Ihn nur für einen kurzen Augenblick. Das ist etwas anderes. Du siehst z.B. eine zeitlang die Sonne, aber wenn du in der Sonne aufgehst, was ist dann?

Frage: Nur der vollkommene Mensch kann Gott immerzu sehen?

Antwort: Nur der vollkommene Mensch sieht Gott immer, das ist richtig. Rechtschaffenheit ist also eine notwendige Voraussetzung. Rechtschaffenheit bedeutet rechte Gedanken, rechte Worte, rechte Taten. Darum wird das Tagebuch geführt, bis wir vollkommen sind. Der Mensch muß sich innerlich ändern, nicht äußerlich. Keuschheit der Gedanken in Wort und Tat wird als erstes verlangt. Als zweites ist Ausdauer notwendig. Beide sind erforderlich.

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