Kirpal Singh

Gespräche von Herz zu Herz

13. September 1970

Abend-Darshan/Rajpur

Frage: Würdest du über unsere Heimat Bach Khand sprechen?

Antwort: Stell dir vor, du hast irgendwo ein wunderschönes Gebäude oder den Palast eines Königs gesehen, und dann kommst du in ein Dorf, das aus Lehmhütten besteht ... Das ist nur ein Vergleich. Du magst dich eine Zeitlang in der Astralebene aufhalten, sehr kurz in der Kausalebene, mehr nicht. Das muß man erfahren, In Bach Khand oder Sat Naam kommt Gott voll zum Ausdruck. Das kann man nur in den spirituellen Ebenen erfahren. Es gibt die physische, die astrale, die kausale Ebene und jenseits davon die spirituellen Ebenen. Bis zu einem gewissen Grad kann man die astrale und die kausale Ebene ein klein wenig beschreiben, doch was jenseits davon liegt, kann mit dieser Sprache nicht beschrieben werden.

Frage: Ist es möglich, darüber zu sprechen, wie man dort lebt?

Antwort: Es ist wie - welches Beispiel soll ich nehmen? - wie eine Wasserblase im Meer, bis hinauf nach Sat Lok. Es ist reines Licht, funkelndes Licht ... - sehr stark. Es kann nicht mit dem astralen oder kausalen Licht verglichen werden. Wenn du diese Region erreichst, so ist es, als ergössen sich Wasserfälle von Licht. Noch etwas weiter ist eine kleine Vorhalle zu Sat Lok, aus der sich Lichtfontänen ergießen. So ist es ungefähr.

Frage: Warum sind wir jemals von dort weggegangen oder blieb uns keine andere Wahl?

Antwort: Gott erschuf die Welt. Er sandte uns in die Welt. Es bleibt die Frage, weshalb. Ich denke, es ist besser, du gehst zu Ihm und fragst Ihn selbst.

Frage: Zurück zur Meditation.

Antwort: Geh zu Ihm und frage Ihn, dann kommt dein Intellekt zur Ruhe und du weißt, warum er uns sandte. Tatsache ist, daß wir in einem Gefängnis sind. Das Haus brennt, und wir sollten nicht fragen, wer es in Brand gesteckt hat. Es ist besser, aus dem Haus zu fliehen und sich später zu erkundigen. Kommt heraus, statt zu fragen, wer es angezündet hat und warum. Verlaßt diese Gefahr, verlaßt dieses Haus. Verlaßt diese Welt, geht ins Jenseits, dann versteht ihr vieles. Ihr lernt, daß es Sein Wille ist. Warum erschuf Er die Welt? Warum bekommt der Mensch Kinder? Es ist Sein Wille, nicht wahr?

Frage: Ich nehme an, es geschieht, damit Kals Reich bevölkert bleibt oder?

Antwort: Nun, es ist euer Wunsch, eure Absicht. Weshalb sandte Er uns? Einst waren wir im Schoß Gottes. Er schickte uns in die Welt. Es war Sein Wille und Seine Entscheidung. Nehmt an, ich reise von Indien in die Vereinigten Staaten, dann muß ich mich nach den dortigen Gesetzen richten. Mehr ist dazu nicht zu sagen. Dieselbe Frage wurde einmal unserem Meister gestellt und er antwortete: “Es ist besser, zu Ihm zu gehen und Ihn selbst zu fragen.”

Frage: In der indischen Philosophie wird es manchmal als Spiel Gottes mit sich selbst dargestellt.

Antwort: Ein Spiel mit sich selbst - das ist eine Möglichkeit, es auszudrücken. Hast du jemals mit dir selber gespielt? Wenn ja, dann warst du ein Miniaturgott, ein Mikrogott. Gott sagte “die Schöpfung sei” und erkannte gleichzeitig Seine eigene Größe. Was bedeutet das? Es bedeutet, Er war alleine und dessen überdrüssig. Deshalb wollte Er etwas erschaffen, an dem Er Freude haben konnte. Aber warum Er die Welt erschuf, wer kann das beantworten? Es war Sein Wille, uns auf die Erde zu schicken. Jede Ursache hat ihre Wirkung. Die aller erste Ursache kam von Gott und ihre Wirkung war, daß er uns auf die Erde sandte. Wir hatten nichts Unrechtes getan, wir wurden einfach hierher geschickt. Das war so gesehen keine Reaktion. In der Welt hingegen säen und ernten wir. Welche Saat haben wir gesät? Wir sind in Ihm verblieben. Es ist Sein Wille. Das sind nicht meine Worte, es sind Worte der Meister. Jetzt ernten wir, was wir gesät haben. Aber was haben wir getan, ehe wir auf die Welt kamen?

Frage: Bekommen wir die Antwort darauf vielleicht auf der mentalen oder der kausalen Ebene?

Antwort: Erst jenseits davon. Auf diesen beiden Ebenen werdet ihr nur die Auswirkungen eurer eigenen früheren Leben erkennen.

Frage: Kann man die Antwort in Sach Khand bekommen?

Antwort: Sach Khand, nein. Auf der Kausalebene könnt ihr die Ursache verstehen, weshalb ihr geboren wurdet, weshalb ihr wiedergeboren wurdet, hier oder dort - all das. Aber das Problem, warum wir in die Welt kamen, kann nicht geklärt werden. Gott allein kann die Antwort geben. Er sandte uns hierher. Warum sandte Er uns hierher, wenn wir nichts Unrechtes getan haben? Habt ihr ein Unrecht begangen? Welche Sünde haben wir begangen, ehe wir hierher geschickt wurden?

Frage: Wie kann man die Erklärung des Alten Testaments im Hinblick auf Adam und Eva verstehen?

Antwort: Adam und Eva in der Genesis sind nur Namen. Wie aber kam die Schöpfung ins Sein? War der Samen vor der Frucht da oder die Frucht vor dem Samen? War das Ei vor der Henne da oder die Henne vor dem Ei. Ihr seht, es gibt keine Antwort darauf. Alles ist Täuschung, alles ist Maya. Es gibt also eine Wirkung. Adam und Eva sind nur die Voraussetzung: ein Mann und eine Frau. Es heißt, daß Adam zuerst da war und dann erst Eva. Gott kam herab und erschuf Eva aus dem Adam. Später handelte Adam, er aß von der Frucht des Baumes. Aber was war davor? Angenommen du weißt es - was würde es dir helfen, mein Freund? Das Haus brennt, laßt uns hinausgehen.

Frage: Wir versuchen alle, aus diesem Haus herauszukommen, aber die Füße scheinen innen im Schmutz steckenzubleiben.

Antwort: Offen gesagt, wir wollen es gar nicht. Sehr selten wollen wir das, und nur wer es will, ändert sich ein bißchen.

Frage: Du meinst, daß sich die meisten Menschen in Wahrheit gar nicht bemühen?
Antwort Nein. Die meisten Menschen wollen nicht loslassen, wollen den schönen Körper, den sie haben, nicht aufgeben, und auch nicht ihre Bindungen und Beziehungen, ihre Tempel, Häuser und Autos und all das. Wer möchte darauf schon verzichten?

Frage: Besteht für die meisten Menschen hier, wenn sie sich bemühen, die Aus-seicht, es zu schaffen? Mit der Gnade des Meisters?

Antwort: Selbst wer auf dem Pfad ist, will nur sehr selten alles verlassen. Er setzt Zeit ein und fährt sich trotzdem fest. Er betet zu Gott. All das tut er, um in dieser Welt und im künftigen Leben etwas zu bekommen. Es gibt nur sehr wenige, die wirklich in ihre Heimat zurück wollen.

Frage: Welcher Prozentsatz von uns hier wird es schaffen?

Antwort: Der Samen, der gesät wurde, kann nicht verloren gehen. Er muß Frucht tragen.

Frage: Darf ich fragen, welcher Prozentsatz es in diesem Jahr schaffen wird?

Antwort: Was würde es dir helfen, wenn du das weißt?

Frage: Ich habe gerade in einem deiner Aufsätze gelesen, es seien drei oder möglicherweise vier Leben notwendig.

Antwort: Nein, das hab ich nie geschrieben. Du hast es vielleicht in den Schriften der Meister gelesen. Ich sage dir, sogar alle vier Stufen können in einem Leben durchlaufen werden, nicht notwendigerweise in vier Leben.

Frage: Ja, auch das sagst du in dem Aufsatz.

Antwort: Wenn es in einem Leben möglich ist, warum dann vier Leben? Es gibt vier Stufen der Entwicklung. Wenn wir uns nach dem Meister sehnen, begegnen wir ihm. Wir müssen ihm völlig ergeben sein, dann verbindet er uns mit Naam. Es gibt verschiedene Stufen der Entwicklung. Wir haben Hunger und wenn es Brot gibt, essen wir und sind zufrieden. Es sind nicht notwendigerweise vier Leben erforderlich. Doch der Mensch ist im Werden. Einige sind bereiter, andere vergleichsweise weniger. Der Mensch kann jedoch alle vier Stufen in einem Leben vollenden. Obwohl wir erkennen, daß vier Stufen notwendig sind, wird es oft unterschiedlich ausgelegt, das ist alles.

Frage: Kann man eigentlich unterscheiden, wem der Durchbruch geglückt ist, vielleicht in die erste oder die ersten beiden Stufen, wenn man z.B. beobachtet, wie er sich verhält? Ich meine, werden die Menschen reiner, wenn sie die mentale oder die astrale Ebene erreicht haben?

Antwort: Ich kann dir Beispiele geben. Eine Frau aus dem Westen~ schrieb mir in einem Brief, sie hätte Trikuti überschritten. Ich stellte ihr eine Frage. Sie antwortete mit vagen Vorstellungen. Sie hatte Trikuti erfahren, aber nicht völlig. Ich erklärte es ihr. Sie lebt heute noch im Westen.

Frage: Einen Augenblick - bedeutet Trikuti die mentale Ebene?

Antwort: Ja. Die Menschen machen Fortschritte und erreichen die höheren Ebenen. Hier gibt es welche und im Westen auch. Es sind natürlich sehr wenige, nicht viele, aber immerhin gibt es welche.

Frage: Sind die, die so weit fortgeschritten sind, im allgemeinen die ruhigen Typen, die nie auf sich aufmerksam machen?

Antwort: Warum nicht? Sie haben diesen Körper, den Tempel Gottes. Sie danken Gott. Sie gehen nach innen und finden Ihn und sie verweilen im Willen und Wohlgefallen Gottes.

Frage: Ich frage mich, ob es Persönlichkeitsmerkmale gibt, die einen Menschen auszeichnen ...

Antwort: Er ist liebevoll, das ist die Hauptsache. Er gibt gerne und nimmt nicht. Liebe kennt nur dienen und opfern. Er liebt Gott und liebt Ihn im Herzen eines jeden. Er liebt die Tiere, er liebt die Schlangen, er liebt die Vögel - sie alle sind die jüngeren Geschwister der Familie Gottes. Und sicherlich würde er bitten: ”Frie-de sei auf der ganzen Welt, nach Deinem Willen, o Herr.”

Frage: Behält der Mensch die Eigenheiten seiner Persönlichkeit, wenn er diese oder die mentale Ebene erreicht hat?

Antwort: Persönlichkeit trübt. Selbstbewußtsein ebenfalls, bis es sich auflöst, wie ich euch am Beispiel vom Wassertropfen, der im Wasser aufgeht, zeigte. Ich gebe euch ein anderes Beispiel: Eine frisch verheiratete Frau fragte ihre Mutter: ”Wie weiß ich, wie es ist, ein Kind zu haben?” Die Mutter antwortete: ”Du wirst eines bekommen und es uns dann selber sagen können.” Wenn ihr nach oben geht, dann sagt etwas. Wenn ihr erkannt habt, werdet ihr sagen: ”Das ist so und das so.” Doch bis zu diesem Zeitpunkt könnt ihr es euch nicht einmal vorstellen. Bist du sicher und zufrieden, bist du überzeugt, daß der Weg, auf den du gestellt wurdest, richtig ist?

Frage: Oja.

Antwort: Das genügt. Hast du einen Einblick in die jenseitigen Bereiche erhalten, eine Bestätigung?

Frage: Ja.

Antwort: Dann mach weiter. Wenn du schon etwas bekommen hast, dann kannst du noch mehr erwarten. Vergiß die Vergangenheit und vergiß die Zukunft. Was geschehen wird und was nicht, entspricht genau dem, was die Mutter zu ihrer Tochter sagte: ”Du wirst es uns selbst sagen.” Mach weiter, laß das Fragen. Fragen dient nur dazu, etwas zu verstehen. Wenn du etwas verstanden hast, dann mach weiter. Als erstes gilt: Du bist nicht der Körper. Erhebe dich über ihn und gehe ins Jenseits, verweile dort. Dort ist mehr Glückseligkeit als hier Alle Herrlichkeit und Schönheit liegen in dir. Wenn du überzeugt bist, daß der Weg richtig ist, lernst du ihn durch Erfahrung kennen. Das wird kommen.

Frage: Wie beim Kindergarten-Kind, das zu schnell in die sechste Klasse wollte.

Antwort: Es braucht seine Zeit. Der starke Mann schwelgt in seiner Kraft und der schwächere fragt sich, wie er sie bekam. Viele von euch, die hier sind, bekommen etwas. Alle anderen haben keine Erfahrung oder nur sehr wenig. Es gibt Hunderte sog-genannter Meister und Tausende, die zu ihnen gehen. Sie sind jedoch nicht überzeugt, weil sie innen nichts sehen. Gott sei Dank habt ihr wenigstens etwas Überzeugendes. Ein wahrer Meister nennt als Kriterium: ”Glaubt den Worten des Meisters nicht, solange ihr nicht selbst seht und erkennt.” Die meisten Menschen glauben nicht, daß innen Licht ist. Wie kann dort Licht sein?

Eines Tages kam ein Heiliger, ein sogenannter Heiliger, in unsere Gegend und hielt lange Reden. Ich ging zu ihm, um ihm zuzuhören. Von irgend jemandem erfuhr er etwas über mich. Er begann eine lange Rede: ”Also, was gibt es innen? Kot, Blut, Eingeweide, sonst nichts. Wenn ihr die Sonne sehen wollt, könnt ihr sie tagsüber am Himmel sehen.” Die Leute Waren verwundert ”Auf was will er hinaus?” Er kam zu mir. Ich sagte: ”Es gibt innen Licht das man sehen kann.” Doch was geschieht mit denen, die an einen solchen Menschen geraten? Dankt Gott, daß ihr nicht zu ihnen gehört, Ihr seht, daß es etwas gibt. Ihr legt Zeugnis davon ab.

Frage: Du hast selbst einige initiiert, die so reden, einige dieser anderen Lehrer, oder nicht? Ich glaube, du hast ein paar initiiert, aber sie wollen nicht zugeben, daß du sie initiiert hast. Ich kann mich an einige erinnern.

Antwort: Sicherlich. Es steht ganz unmißverständlich in der Bibel, daß es Licht gibt. Man sieht es. Es ist eine Frage des Nach-innen-Gehens. Man muß sich über das Körperbewußtsein erheben, das ist alles. Als ich 1955 das erste Mal nach Amerika fuhr, nahm ein blinder Arzt an einer Meditationssitzung in Kalifornien teil. Er sah auch Licht.

Frage: Sind Blinde weitergekommen, als nur Licht zu sehen? Ich meine, gibt es welche, die den Meister innen gesehen haben?

Antwort: Ja, ich habe einmal mehr als drei Dutzend Blinde eingeweiht. Was bedeutet das? Alles ist bereits da. Es geht nur darum, die Aufmerksamkeit von außen zurückzuziehen. Es erscheint unmöglich, innen Licht zu sehen. Niemand will es glauben. Aber ihr seid Licht, ihr seid ein Funke des Lichts. So sicher wie zwei und zwei vier ist, ist innen Licht. Leider gibt es nur wenige, die das wirklich wissen. Auch in der Vergangenheit gab es nur wenige, die es geben konnten. Die Heiligen kann man an den Fingern abzählen - Christus, Buddha, Nanak, Kabir - es sind sehr wenige. Unter Tausenden und Millionen und Milliarden von Menschen.

Frage: Waren alle zehn der Sikh-Heiligen wahre Heilige?

Antwort: Es gab Sikh-Heilige bis zum zehnten Guru und danach noch sechs Heilige. Es ging weiter und nach wie vor gibt es Heilige, natürlich nicht viele.

Frage: Wer war das Bindeglied zwischen dem zehnten Sikh-Guru und den nachfolgenden Sikhs?

Antwort: Der zehnte Guru war Guru Gobind Singh. Als er lebte, waren die Zeiten sehr unruhig. Er zog sich zurück, noch bevor er starb und lebte siebzehn Jahre in Abgeschiedenheit. Er nahm einige mit. Einen davon initiierte er und gab ihm den Auftrag, andere Mitglieder seiner Familie zu initiieren. Aus dieser Familie stammt Tulsi Das. Er stand in Verbindung mit Shiv Dayal Singh, der später als Soamiji bekannt wurde.

Frage: Tulsi Das wurde also nicht direkt von Gobind Singh initiiert?

Antwort: Durch ihn.

Frage: Es war noch einer dazwischen. Ist sein Name bekannt?

Antwort: Auf jeden Fall weiß ich es, aber es ist nichts darüber bekannt.

Frage: Wodurch entstand das Gerücht, Gobind Singh sei der letzte?

Antwort: Solche Geschichten entstehen. Die Zeiten waren unruhig. Viele Menschen fragten ihn, was sie tun sollten. Aber er mußte sich aus der Öffentlichkeit zurückziehen und so riet er ihnen: ”Tut, was in den Schriften steht.” In den Schriften aber steht: ”Geht zum Meister.” Sein Ideal war es, Menschen heranzubilden, die innen voller Licht erstrahlten. Wer innen voller Licht ist, wird ”Khalsa” genannt. Nur wer dieses Licht im Inneren hat, kann anderen eine Erfahrung davon geben.

Frage: Ich könnte mir denken, daß du auf deiner Reise durch den Punjab im vorigen Jahr (1969) das, was du mir jetzt sagst, den Sikhs dort erklärt hast. Wie nehmen sie den Gedanken auf, daß die Linie der Meister sich fortsetzt?

Antwort: Sie haben gegen meine Äußerungen keine Einwände erhoben. Ich erklärte ihnen: ”Gott ist Licht und der physische Körper, in dem Er sich offenbart, ist der Meister. Er wohnt in jedem Herzen. Aber in wem Er sich völlig offenbart, den nennen wir einen Heiligen.” Das ist alles. Sie können es nicht widerlegen.

Frage: Freuen sie sich bei dem Gedanken, daß die Linie sich fortsetzte?

Antwort: Die treuesten Anhänger vieler Religionen sind initiiert worden. Arya Samajes, Jains, Mohammedaner und Römisch-Katholische sind initiiert worden.

Frage: Bedeutet das eine Wende für die offizielle Sikh-Kirche?

Antwort: Die meisten stecken ihr Leben lang in ihrer Religion fest. Sie bleiben an ihren ”Ismen” hängen. Die beste Schule ist die, aus der viele Studenten erfolg-weich hervorgehen. Wenn man innen Licht sieht, sieht man den Erfolg.

Frage: Du versuchst also nicht, die Sikh-Kirche zu ändern?

Antwort: Die Religionen wurden in edler Absicht geschaffen. Alle ”Ismen” sind Schulen des Denkens. Immer, wenn Menschen zu einem Meister kamen und das Geheimnis des Lebens lösten, erkannten sie sich selbst und auch Gott. Wenn dann später der Meister die Erde verließ, entstanden Lehrgebäude. Solange es Meister gibt, erhalten die Menschen innere Erfahrung. Fehlen sie jedoch, werden die ursprünglich guten Bräuche verfälscht. Der Aufbau stagniert und entartet schließlich. Ein Heiliger erinnert uns an das, was wir vergessen haben und läßt wieder aufleben, was verloren ging. Es ist nichts Neues. Die bezahlten Predigten haben in allen Religionen vieles zerstört. Die Prediger haben selbst nichts erkannt. Der Blinde führt den Blinden und beide fallen in den Graben.

Frage: Könnten die Religionen gerettet werden, wenn mehrere Heilige gleichzeitig in die Welt kämen? Würde dies das Problem lösen?

Antwort: Die Religionen stagnieren, sie sind erstarrt.

Frage: Ich meine, könnten mehrere Heilige sie wieder beleben?

Antwort: Sie könnten einige Religionen zum Leben erwecken, aber nicht alle. Religionen betrachten oft den Vollzug bestimmter Riten und Rituale als das letzte Ziel. Leider mußte ich das feststellen. Ich gebe euch ein Beispiel: Wer seid ihr? Ihr seid Seele, verkörperte Seele. In euch ist Licht. Es gibt einen Weg, sich selbst zu erkennen. Jetzt seid ihr so sehr mit dem Körper identifiziert daß ihr euch von ihm nicht unterscheiden könnt. Erhebt ihr euch über ihn, dann erkennt ihr. Wenn ihr erkennt, seht ihr das Licht. Das sind die Tatsachen. Das ist der richtige Weg, sich spirituell weiterzuentwickeln. Zündet ihr jedoch stattdessen Hunderte von Kerzen an und betet ”Gott ist Licht, Gott ist Licht”, wäre das dann nicht sinnlos? Ganz zu schweigen von Gesängen, Predigten und dem übertriebenen Gebrauch der Stimmen. Entschuldigt, ich bin sehr offen. Das Wichtigste ist, ihr seid Seele. Habt ihr euch selbst erkannt? Habt ihr Gott gesehen? Vergleicht einmal einen Menschen, der Gott gesehen hat mit einem, der hundert Jahre lang Kerzen in Kapellen, Kirchen, Moscheen und Tempeln angezündet hat. In Indien ist es Sitte, daß ein Mädchen, wenn es heiratet viele Regeln und Rituale für die Hochzeitszeremonie lernt. Ist es aber verheiratet, sagt man, sind all diese Dinge vergessen.

Wahre Spiritualität heißt, sich selbst zu erkennen. Was sagt euer Meister? Jot Niranjan - ihr seid Joti, ihr seid Licht. Indem ihr die Namen wiederholt, sind alle drei Ebenen in euch. Sie bedeuten, daß ihr über diese drei Ebenen hinausgeht. Dann erkennt ihr, daß ihr eins mit Gott seid. ”Ich und mein Vater sind eins.” Ihr erhebt euch im Innern und geht darüber hinaus.

Leider wird dies nicht genügend erklärt. Ihr sagt täglich: ”Jot Niranjan.” Was bedeutet das? Seit ihr Joti? Seid ihr Licht? Oder seid ihr in die weltlichen Dinge verstrickt? Sich wirklich über diese zu erheben und es dann zu sagen, ist etwas anderes. Einfach zu sagen: ”Gott ist Licht, ich bin nicht der Körper”, nützt nichts. Wer daran hängt bestimmte Rituale an bestimmten Tagen auszuführen, hält dies für das Ein und Alles. Es bereitet natürlich den Boden vor. Aber es gibt noch euer Ego. Sät ihr Gutes, werdet ihr auch Gutes ernten. Gute Handlungen oder schlechte Handlungen bewirken entsprechend Gutes oder Schlechtes, weil ihr die Handelnden seid. Deshalb werdet ihr immer wieder kommen und gehen. Ihr könnt aus diesem Rad des Lebens nicht aussteigen. Wenn ihr aber erkennt, daß Er der Handelnde ist und nicht ihr, dann hört das Kommen und Gehen auf. Das geschieht jedoch nur, wenn ihr zu Füßen eines Meisters sitzt, das Licht innen seht und den Ton innen hört. Das sollte euer Ziel sein.

Als Kennedy starb, sah ich seine Begräbnisfeier im Fernsehen. Was tat der Erzbi-schof? Er trank Wein. Diese Art von Berauschung ist nicht die wahre Berauschung. Entschuldigt, ich rücke die Dinge nur ins rechte Licht. Sie halten das für das Ziel. Und doch sind viele Bischöfe initiiert worden.

Frage: Katholische Bischöfe?

Antwort: Ja, während meiner ersten Weltreise. In der Rede, die ich in London hielt, sagte ich: ”Gott wohnt nicht in Tempeln aus Stein.” Der Geistliche Stubbs stand auf und sagte: ”Sie haben eine Atombombe auf unser ganzes Kirchensystem geworfen.”

Es bleibt Tatsache, Gott wohnt in dem Haus, das Er selbst mit diesem Körper erschaffen hat. Wer erschuf diesen Körper? Er entstand im Mutterleib. Gibt es dort etwa Maschinen? Gott lebt in dem Tempel, den Er erschuf. Nicht in dem Tempel, der von Menschenhand aus Stein erbaut wird. Wohin führt das Kirchenwesen und alle ”Ismen”? Kommt ihr gut voran, dann macht weiter, steigt auf. Wenn ihr aufsteigt, fallen alle ”Ismen” von euch ab, sie verschwinden. Die Meister sind da, um zu erfüllen, nicht um zu zerstören. Es gibt 700 Religionen oder mehr. Wie könnte man das ändern? Alle haben ihre eigenen Bräuche und Lebensgewohnheiten, die durch klimatische Einflüsse und die jeweiligen Charaktere entstanden sind und allen sehr teuer sind. Jeder hat dieselbe Lektion zu lernen, ganz gleich, wie er aussieht. Die Meister verbreiten, was sie erkennen und lassen andere ebenfalls erkennen. Welchen Stellenwert haben all diese ”Ismen”? Ohne respektlos zu sein, kann man sagen, die grundlegenden Lehren sind immer dieselben. Ich sage euch nichts Neues. Christus sagte: ”Ich und mein Vater sind eins.” ”Das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns.” ”Ich bin das Brot des Lebens.” Heute lehrt das Christentum, Christus sei das Licht der ganzen Welt - der vergangenen und der zukünftigen. Ein Christ sagte mir: ”Wer an Christus glaubt, wird errettet, andere nicht.” Ich stellte ihm folgende Frage: ”Lieber Freund, das ist richtig. Wer an Christus, an die Christuskraft, glaubt, wird errettet. Was ist jedoch das Schicksal derer, die vor Christus lebten?” Die Religion ist erstarrt. Das ist bei allen Religionen so. Die Gurus der Sikhs machten ihre Religion zu einer universalen Religion. Sie vereinigten die Lehren aller Meister, die ihnen zugänglich waren, in einem Buch. Es enthält Kabir, Namdev, Ravi Das und Aussagen von weiteren 72 Heiligen. Keine andere Religion hat etwas Vergleichbares vollbracht. Doch obwohl die Sikh-Religion universal begann, ist sie heute ebenfalls erstarrt. Man hat vergessen, wie es begann.

Der goldene Tempel in Amritsar ist die Heimat der Sikhs. Der Grundstein wurde jedoch von einem Mohammedaner gelegt, von Mian Mir, auf Bitten von Guru Arjan. Wenn ihr euch über alle ”Ismen” und über den Körper erhebt, seid ihr eins, denn es gibt nur eine Wahrheit. Im Lauf der Zeit wenden sich die Menschen ab vom Kern und hin zur Schale. Das ist die Wahrheit und ich glaube für jedermann überzeugend. Der Körper ist sehr wertvoll, denn in ihm steckt ein Heiliger, der bereits offenbart ist. Das ist die Wahrheit. Wird ein Christ oder Hindu oder ein Sikh das annehmen? Laßt kein Mißverständnis und keinen Streit aufkommen. Wir achten alle Stätten der Verehrung, die dem Muster des menschlichen Körpers nachgebildet sind. In ihnen gibt es Symbole für Licht und Ton, und die Menschen versammeln sich dort und beten zu Gott. Wir empfinden Liebe für sie, sie sind die wirklichen Tempel Gottes. Wer sich selbst erkannt hat, verletzt nicht das Herz eines anderen, sondern sagt: ”Tempel sind gut, aber der wahre Tempel ist hier.” (Der Meister zeigt auf seinen Körper.)

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