Wer ist der Guru?

 

In der Heiligen-Terminologie wird der Heilige, der die Wissenschaft des Wortes anwendet und lehrt, ein „Guru“ genannt.

 

Das Wort „Guru“ stammt von der Sanskritwurzel „Giri“ ab, was „tönen“ oder „sprechen“ bedeutet. Das Wort „Guru“ weist somit auf einen hin, der das Tonprinzip praktiziert, der damit in Einklang steht und der es im Menschen hörbar macht.

Paltu Sahib erklärt den Guru als das Wesen, welches das Wort - die Ewige Musik - von den himmlichen Sphären herunterbringt und uns hören läßt.

 

Auch Guru Nanak sagt:

 

                        Der, welcher die wirkliche Heimat in diesem Körper zeigt,

                        ist der wahre Guru - der Allmächtige. Er läßt das

                        fünftönige Wort im Menschen widerklingen, und so tönt

                        es weiter als Schlüssel zum Wort.

                                                                                                          Malar War M.1

Soami Shiv Dayal Singh Ji beschreibt den Guru so:

 

                        Ein Guru ist der, welcher das Wort liebt.

                        Er verehrt nichts anderes als das Wort. Derjenige,

                        welcher das Wort praktiziert, ist der allmächtige Guru.

                        Sei glücklich im Staub seiner Füße und halte demütig

                        an ihm fest.

 

Und Kabir sagt:

 

                        Alle Sadhs sind groß, jeder auf seine eigene Weise.

                        Aber der, welcher sich mit dem Wort verbindet,

                        ist der Anbetung würdig.

 

Doch einem solchen Guru zu begegnen,

ist allein durch göttliche Fügung möglich.

                        Im Überschwang Deiner Gnade läßt Du uns einen

                        Gottmenschen finden.

 

Ohne die Anweisung eines Gottmenschen kann man sich nicht mit dem Wort verbinden; und wenn diese Verbindung zustande kommt, führt es die Seele zum Herrn, von dem das Wort ausgeht, und all unser Mühen hat seinen vollen Lohn.

                       

Verbindung mit dem Wort bedeutet Verbindung mit

                        dem Herrn, und alles Mühen sprießt weiter dem

ersehnten Ziel zu.

                                                                                                          Sri Rag M.3

 

Wenn man durch ein unfaßbares Glück eine solchen Heiligen findet, dann sollte man beharrlich mit ganzem Herzen und mit ganzer Seele an ihm festhalten, denn durch ihn kann man das Ziel des Lebens erlangen - die Selbstverwirklichung und Gottverwirklichung. Seht nicht auf den Glauben oder auf die Rasse. Lernt von ihm die Wissenschaft des Wortes, und weiht euch mit Herz und Seele der Praxis des Wortes. Der Guru ist eins mit dem Wort. Das Wort ist in ihm und inkarnierte sich im Fleisch, um der Menschheit Weisungen zu erteilen.

 

Im Evangelium heißt es:

                       

Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns.

 

Wenn wir lernen, das sterbliche Kleid nach Belieben abzustreifen, uns über das Körperbewußtsein zu erheben und die Astralwelt zu betreten, erscheint der Meister in seiner strahlenden Astralform und hilft uns weiter zu den darüber liegenden Ebenen. Er verläßt uns nicht, bis wir den Allmächtigen erreicht haben.

 

Christus hat in klaren Worten gesagt:

 

                        Ich will dich nicht verlassen, noch versäumen,

                        bis an das Ende der Welt.

 

Mit den Worten des Meisters:

 

                        Bani oder das Wort ist der wahre Lehrer, und der

                        wahre Lehrer ist das personifizierte Wort.

                                                                                              Nat M.4 und Ramkali M.1

Und wieder heißt es:

 

                        Im Innern ist das himmlische Licht, und aus ihm

                        geht Bani oder der Ton hervor. Er stimmt die Seele

                        auf den wahren Herrn ab.

                                                                                              Sorath M.1

 

                        Dort, in der verborgenen Quelle, brennt ein Licht

                        ohne Öl und Docht; und von diesem strahlenden Licht

                        gehen erhabene Symphonien aus.

                                                                                              Paltu Sahib

 

Nun erhebt sich die Frage: Wo können wir das Licht und den Ton finden? Es ist weit entfernt vom Blick des Sterblichen und von mehreren materiellen Schichten umgeben. Wir müssen uns über die Festung der Materie erheben, wenn wir es zu finden trachten. Es kann wohl gesehen und empfunden werden, aber mit Augen, die anders sind als die sterblichen Augen des Fleisches. Wir haben alle Achtung und Anerkennung für die heiligen Schriften, weil wir darin die Lehren vom Wort - Bani - finden. Aber, um es genau zu nehmen, sind Tinte, Papier und der Druck nicht Gegenstand unserer Verehrung; mit ihnen jedoch wird das Wort - der Weltlehrer - beschrieben. Auf ähnliche Weise verehren wir im physischen Körper des Heiligen das personifizirerte Wort in seiner Person. Aus diesem Grund sind beide ungetrennt zu respektieren. Es ist genauso, als ob ein Geliebter im Innern eines Hauses sitzt, dessen Türen fest verschlossen sind. Wir wollen uns verneigen, aber wie können wir es? Wir wissen, daß es der Geliebte ist, vor dem wir uns verneigen wollen, und nicht der Lehm, Kalk und Mörtel des Hauses, in dem er weilt. Vor wem verneigen wir uns, wem liegen wir zu Füßen? Nun, vor dem Bewohner des Hauses, der sich hinter den Mauern befindet; wenn es auch den Anschein hat, als ob unsere Verehrung den Lehmmauern gelten würde.

 

Das Wort oder Bani ist der wahre Lehrer für die ganze Menschheit. Es ist der eine Lehrer für alle. Es war der wahre Lehrer in der Vergangenheit, ist es in der Gegenwart und wird es in allen zukünftigen Zeiten sein. Es gibt keinen zweiten Lehrer oder Guru der Menschheit. Der Mensch, der ihn (das Wort - den Guru) gefunden hat und der eins mit ihm - dem Wort in ihm - geworden ist, ist mit uns auf dieselbe Weise verbunden wie der Geliebte, auf den oben Bezug genommen war. Es ist die aus sich selbst leuchtende, strahlende Form im Innern des Fleisches und der Knochen des äußeren Menschen, die der wahre Lehrer ist und eins mit dem Herrn. Es ist kein anderer als der Herr selbst, denn

 

                        Gott erscheint wahrhaftig in Gestalt eines Sadh.

                                                                                                          Gauri Sukh M.5

 

Die großen Schätze des Guru Granth Sahib, wie alle anderen heiligen Schriften, rühmen einen solchen Gott-Menschen, der uns mit dem Herrn verbinden kann und uns über das Meer der Materie bringt.

 

Wir lesen in diesem Zusammenhang:

                       

Der, welcher seinen Sitz über den Himmeln hat,

                        bringt die Ewige Musik hervor; o Nanak! Den Ruhm

                        eines Sadh können die heiligen Schriften nicht ergründen.

                        Ohne das Wort herrscht völliges Dunkel im Innern.

                        Der Mensch hat es nicht; und er entgeht nicht dem endlosen

                        Zyklus der Geburten. Der Schlüssel ist in den Händen

                        eines Gott-Menschen, und kein anderer darf das Tor

                        aufschließen. Ein seltenes Glück bringt den Gott-Menschen

                        zur Rettung herbei.

                                                                                                          Majh M.5

 

                        Der Gott-Mensch und der Herr betrachten sich als eines;

                        sei darüber nicht bestürzt in deiner Unwissenheit.

                                                                                                          Gond M.5

 

                        Ihr alle, die ihr nach innerer Ruhe, genannt Sahaj, verlangt,

                        seid sicher, ohne einen Gott-Menschen führt kein Weg dahin.

 

                                                                                                          Sri Rag M.3

 

                        Wer immer den Gott-Menschen verherrlichte,

                        kennt den Herrn.

                        Alle Not wird zunichte, alles Leid aufgehoben,

                        wenn man den wahren Shabd - das Wort - findet.

                                                                                                          Asa M.1

 

                        Kommt man mit einem Gott-Menschen zusammen,

                        läßt das Gemüt von allen Verzweigungen ab, und man

                        erhält Zugang zur wahren Heimat im Innern.

                                                                                                          Asa M.3

 

                        Groß ist der Gott-Mensch - der Sat Purush,

                        denn er verleiht Sättigung und Befriedigung.

                                                                                                          Wadhans War M.4

 

                        Das köstliche, erfrischende Wasser kosten, für das du

                        in die Welt kamst, kannst du nur durch die Gnade eines

                        Gott-Menschen.

                                                                                                          Sorath M.1

 

                        Der Dienst für den Meister macht den Tonstrom hörbar,

                        und dann erfährt man die Erlösung.

                                                                                                          Sorath M.3

 

                        Das Wort des Meisters offenbart das göttliche Licht.

                                                                                                          Bilawal M.5

 

                        Hat man einen Gott-Menschen gefunden, tritt der Herr

                        in Erscheinung.

                                                                                                          Bhairon Nam Dev

 

                        Durch die Gnade eines Gott-Menschen wirst du den Tempel

                        des Herrn in dir schauen.

                                                                                                          Parbhati M.3

 

                        Bei aller Geschicklichkeit kannst du dich auf dein Geheiß

                        nicht mit Naam verbinden; denn es kommt als ein

                        Geschenk des Gott-Menschen.

                                                                                                          Malar M.5

 

                        Betrachte den Gott-Menschen und den Herrn als ein und

                        denselben; denn was dem einen wohlgefällt, ist auch

                        für den anderen annehmbar.

                                                                                                          Gond M.5

 

                        Die Schätze von Naam - der spirituelle Strom - sind im

                        Tempel Gottes (dem Körper). Die Unwissenden erkennen

                        sie nicht. Durch die Gunst des Meisters werden sie uns

                        gewahr, und der Herr wird ins Innerste des Herzens

                        gebettet.

                                                                                                          Parbhati M.3

 

Der Prophet sagt, daß Gott verkündet habe:

                        Die Erde, der Himmel und die höheren Regionen reichen

                        alle nicht aus, Mich aufzunehmen. Ich kann nicht in

                        ihnen sein, wisset dies, ihr Lieben. Doch so seltsam es auch

                        scheinen mag, Ich wohne im Herzen eines Heiligen.

                        So wenn ihr mich also sucht, dann sucht mich dort.

                                                                                                          Maulana Rumi

 

Darum lerne, den Satguru zu verehren. Guru Amar Das Ji sagt:

 

                        Verehrung des wahren Meisters ist Verehrung des Herrn.

                        Aus grenzenlosem Mitleid verbindet er dich mit Naam

                        und leitet dich über das Meer der täuschenden Materie.

                        Jene, die das Leblose und die Gräber verehren,

                        mühen sich umsonst.

                                                                                                          Malar M.4

 


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