1. Kapitel YOGA, EINE EINFÜHRUNG Die großen Menschheitslehrer aller Zeiten und
Ländern – die Rishis der Veden, Zoroaster, Mahavira, Buddha, Christus,
Mohammed, Nanak, Kabir Baba, Farid Hazrat Bahu Shamas, Tabrez, Maulana Rumi, Tulsi
Sahib, Soamiji und viele andere – haben in der Welt nur einen Sadahn oder eine
spirituelle Übung gegeben. Wie es nur einen Gott gibt, kann es auch nur einen Gottespfad geben. Die wahre Religion, der
Weg zurück zu Gott, ist von Gott selbst geschaffen worden. Er ist daher sowohl
der Älteste wie auch der natürlichste Weg – frei von irgendwelchen
Machenschaften und ohne etwas Gekünsteltes. Für die praktische Ausübung dieses
Systems ist die Führung durch einen Adepten oder einen Lehrer erforderlich, der
in Theorie und Praxis des Para Vidya oder der Wissenschaft vom Jenseits, wie
sie genannt wird, wohlerfahren ist; denn es liegt außerhalb der Reichweite des
Verstandes und der Fähigkeit der Sinne. Dort, wo alle Philosophen der Welt
enden , beginnt die wahre Religion. Die Heiligen Schriften geben uns
bestenfalls einen Bericht über den Pfad, insoweit dies in unvollkommenen Worten
zum Ausdruck gebracht werden kann, aber sie können uns nicht zum Pfad bringen
noch uns auf dem Pfad leiten. entpersönlicht
– kann die spirituelle Reise unternehmen. Der innere Mensch, die Seele im
Menschen, muß sich über das Körperbewußtsein erheben, ehe sie zu höherem
Bewußtsein gelangen kann, dem Bewußtsein des Kosmos und des Der spirituelle
Pfad ist seiner Natur nach ein Pfad der Praxis. Nur der Geist – befreit und
Jenseits. All das und noch mehr wird möglich, wenn man sich durch seine Gnade
einer Meisterseele dem > Surat Shabd Yoga< zuwendet, der Vereinigung des Selbst im Menschen ( surat oder Bewußtsein) mit dem
<Tonprinzip< (Shabd) . Um von
den Lehren der Meister, wie sie seit der ältesten Vergangenheit bis in die
Gegenwart wirksam sind, eine klare Vorstellung zu erhalten, ist es der Mühe
wert, daß wir das Wesen und die Reichweite der Lehren das Surat Shabd Yoga
studieren, und zwar im Vergleich mit den verschiedenen Yoga-Systemen, wie sie
durch die Alten gelehrt wurden, und mit den Prinzipien des >Advaitismus<
wie sie Shankaracharya vorgelegt hat. Das Wort Yoga ist von der Sanskritwurzel >juj< abgeleitet und bedeutet: Begegnung, Vereinigung, Verbindung, Ziel, Abstraktion, Verwirklichung, Versenkung oder metaphysisches Philosophieren der höchsten Form, was eine unmittelbare Annäherung zwischen der Seele und der Überseele (Jiva-atma und Para-atma oder Brahman) verspricht. Patanjali, der
berühmte Vater des Yoga-Systems, definierte den Yoga nach Art seines Vorgängers
Gaudapada als ein Ausschalten der >vritis< oder Modulationen, die
beständig den Gemütsstoff oder >chit< in Form von kleinen Wellen in
Bewegung halten. Er nennt es >chit vriti nirodha< oder Ausschaltung der
vritis<, das heißt Befreiung des Gemüts von den mentalen Schwankungen. Nach
Maharishi Yagyavalkya bedeutet Yoga, die Einheit der individuellen Seele mit
Ishwar oder Brahman zustande zu bringen. Die Yogis definieren ihn allgemein als
eine Befreiung des Geistes von den zahlreichen ihn umgebenden Hüllen, in die er
während seiner irdischen Existenz gekleidet ist. Sant Mat oder der Pfad der
Meister akzeptiert und bestätigt alles, was oben gesagt ist, völlig und stimmt
auch bis zu einem gewissen Grad den genannten Bestrebungen und Zielen zu,
betrachtet sie aber bestenfalls als bloße Mittel, die zum Ziel weisen. Sant Mat
hört dort nicht auf, sondern geht weiter und berichtet von dem >Weg
hinaus< aus dem gewaltigen Irrgarten des Universums und dem >Weg
hinein< ins himmlische Reich des Vaters; über die spirituelle Reise, die der
Geist vom Tod zum unsterblichen Leben (von Fana zu Baqa) unternehmen muß, indem
er sich mit Hilfe eines regelrechten Systems der Selbstanalyse durch Zurückziehung
der Geistesströme vom Körper und durch Sammlung derselben am Sitz der Seele
(Tisra Til) über das Körperbewußtsein erhebt, wie er dann allmählich die sich
dazwischen befindlichen Zentren, die jenseits von >Bunk-Naal<, dem
umgekehrten tunnelartigen Durchgang, liegen, durchquert, bis er die letzte
Stufe der Vollendung erreicht und Einssein mit seinem Ursprung erlangt. Hier mag man fragen, ob die
Vereinigung der Seele mit der Überseele notwendig ist, wenn beide gleichen
Wesens und bereits ineinander eingebettet sind. Vom theoretischen Standpunkt aus ist das richtig, aber wie viele von uns sind sich dessen bewußt und praktizieren im Licht und Leben dieser Erkenntnis und Bewußtheit? Und andererseits läßt sich die Seele stets vom Gemüt leiten, das Gemüt wiederum von den Sinnen und die Sinne von den Sinnesgegenständen. Das Ergebnis ist, daß die Seele seit undenkbaren Zeiten durch die ständige Gemeinschaft mit dem Gemüt und den Sinnen ihre eigene individuelle (ungeteilte) Identität gänzlich verloren und sich für alle praktischen Zwecke mit dem Gemüt gleichgesetzt hat. Diesen Schleier der Ungewissenheit, der sich zwischen die Seele und die Überseele geschoben hat, gilt es zu entfernen, damit die Seele zu sich kommen kann, um die ihr innewohnende Natur zu erkennen und dann ihre wahre Heimat zu finden, wodurch sie ewiges Leben erlangt. Ursprünglich waren alle Religionen von den Menschen einzig zu diesem Zweck geschaffen worden, aber bedauerlicherweise entfernt sich der Mensch im Laufe der Zeit von der Wirklichkeit und wird zum Sklaven seines eigenen Werkes und der Religionen; sinken diese doch ab und zu institutionellen Kirchen und Tempeln und starren Gesetzbüchern moralischer und sozialer Verhaltensweisen, welche die lebendige Berührung und den vibrierenden Lebensimpuls der Gründer vermissen lassen. “
Ich kenne keine Krankheit der Seele außer der Unwissenheit “ sagt Ben Jonson. Das größte Problem ist, wie man den Schleier der
Unwissenheit entfernen kann. Denn wir haben zugelassen, daß er zu einem
mächtigen Felsblock geworden ist, zu hart, als daß er gesprengt werden könnte.
Aber die Weisen haben uns verschiedene Mittel gegeben, mit denen die sonst
undurchdringliche Scheidewand gespalten werden kann, nämlich den Jnana Yoga,
Bhakti Yoga, Karma Yoga und andere Praktiken. Das Licht wahrer Erkenntnis, wie
es durch Jnana Yoga vor Augen geführt wird, kann das Dunkel der Unwissenheit
zerstreuen, gleichwie eine brennende Kerze die Dunkelheit eines unbeleuchtenden
Raumes entfernt. Durch Bhakti Yoga kann man fähig werden, Gefühle des Hasses,
der Spaltung und Trennung in solche der Liebe für alle umzuwandeln, in solche
der Versöhnung und Einigkeit mit allen lebenden Geschöpfen, und wird dadurch in
der allumfassenden Liebe für alle Wesen begründet sein. Zuletzt kann man
mittels Karma Yoga die Fähigkeit erlangen, Gefühle des Egoismus und der
Selbstgefälligkeit, der Selbsterhöhung und der Eigenliebe auszumerzen und statt
dessen menschenfreundliche Mildtätigkeit und Mitgefühl zu üben, was der ganzen
Menschheit allgemein zum Nutzen gereicht. Man kann Liebe für alle erwerben, die
Wiederspiegelung des Universums in sich selbst sehen und die des eigenen Selbst
in jedem anderen, um schließlich das Prinzip der Vaterschaft Gottes und der
Bruderschaft der Menschen zu verwirklichen. Dies sind in der Hauptsache die
drei Wege, oder besser, die drei Aspekte eines einheitlichen Pfades des Kopfes,
des Herzens und der Hand, wodurch man das erwünschte Ziel erreicht, die
Vereinigung der Seele mit der Überseele. Man kann das kurz einen Prozeß der
Selbstbemeisterung, der Selbstveredlung und Selbstaufopferung nennen, ein
Prozeß, der letzten Endes zum kosmischen Bewußtsein oder dem Gewahrwerden der
allesdurchdringenden Wirklichkeit führt, welche die Grundlage von allem ist,
was existiert. Das Ziel ist in jedem Falle dasselbe, und jeder strebt dem
nämlichen zu, wenn auch alle von Ihnen auf den Anfangsstufen von dualistischen
Überlegungen ausgehen. Man beginnt im Dualismus und endet im Nicht-Dualismus
(Advaitismus), und darum kann man sich dem Pfad des göttlichen Wisssens
zuwenden, der universalen Liebe und Hingabe oder dem selbstlosen Dienst an der
Menschheit. Das Ziel
bleibt immer dasselbe, obschon der Bogenschützen, die es treffen wollen, viele sind. Rajab Im Jnana Yoga zum Beispiel
muß man die Fähigkeit des Unterscheidens entwickeln, um imstande zu sein,
>Agyan< und >Gyan< auseinanderzuhalten, das heißt, Unwissenheit und
wahres Wissen, den illusorischen Charakter von Maya und die Wirklichkeit von
Brahman.
Und wenn einer von den dem letzteren überzeugt ist,
sieht er nur noch Brahman, das in Seinem grenzenlosen Wesen alles durchdringt
und allen Formen und Farben innewohnt, die ihre Muster und ihre Tönung allein
von ihm nehmen. Dies ist das Aufdämmern wahren Wissens und göttlicher Weisheit. Auf ähnliche Weise beginnen wir im Bhaki Yoga mit
den doppelten Prinzipien von >Bhagat< und >Bhagwant< oder dem
Ergebenen und der Gottheit; der Ergebene verliert nach und nach sein kleines
Selbst und sieht, daß seine Gottheit alles durchdringt, und sein eigenes
kleines Selbst weitet sich aus, um das Gesamte zu umfangen, wie es sein
>Isht Dev< tut. Wer immer ein Salzbergwerk betritt, wird salzig. Wie du
denkst, so wirst du. Beim Karma Yoga begibt man sich in den >Karma
Kshetra< oder das Gebiet der Handlungen, am Anfang von einer zwingenden
Kraft getrieben; doch im Verlaufe der Zeit lernt man den Wert des selbstlosen
Karmas kennen. Wenn Karmas (Handlungen) um ihrer selbst willen verrichtet
werden und ohne daß man den Früchten, die sie tragen, verhaftet ist, binden sie
nicht, und allmählich wird man >Neh Karma< (unbewegt im Handeln) oder ein
Ruhepunkt in dem sich ständig drehenden Lebensrad. Wenn einer so von der
Peripherie seines Wesens aus zu seinem Zentrum gelangt, erwirbt er Untätigkeit
in der Tätigkeit und ist von der bindenden Wirkung der Karmas befreit.
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