Die Aufteilung der Schöpfung entsprechend den Koshas

 

Alle Wesen von den Gottheiten bis zum Menschen und ebenso die anderen Lebensformen einschließlich der Pflanzen werden je nach dem Übergewicht der einen oder anderen Kräfte in fünf Kategorien oder Klassen eingeteilt:

 

Rein erkennende Wesen wie Brahma, Vishnu und Mahesh usw.

 

Wesen, die mit Gemütsstoff ausgestattet sind, wie Indra und andere Gottheiten oder Göttinnen usw.

 

1)     Wesen mit pranischen Vibrationen wie Yakshas, Gandharbs und andere Geistwesen usw.

2)     Physische Wesen wie Menschen, Säugetiere, Vögel, Reptilien und Insekten usw.

 

Geschöpfe, die mit einem physischen Körper ausgestattet sind, haben alle fünf Koshas oder Umhüllungen in variierendem Dichtigkeitsgrad in sich (Anand-mai, Vigyan-mai, Mano-mai, Pran-mai und Nan-mai), während solche mit pranischen Vibrationen nur vier Koshas in sich haben und Ana-mai wegfällt.

 

1 Für weitere Einzelheiten wird auf das Buch >Naam oder das Wort< verwiesen.

 

Auf gleiche Weise haben Geschöpfe, die mit Gemütsstoff ausgestattet sind, nur drei Umhüllungen; bei ihnen fehlt außerdem Pran-mai. Rein erkennende Wesen wiederum besitzen nur zwei Koshas, nämlich Anand-mai und Vigyan-mai, da sie von den Fesseln des Gemüts, der Pranas und dem Bedarf an >Ana< oder Nährstoff frei sind.

 

Es besteht somit eine sehr enge Verbindung zwischen den fünf ursprünglichen Elementen (Erde, Wasser, Feuer, Luft und Äther), aus denen sich die Körper zusammensetzen, und den Koshas oder Umhüllungen. Tatsächlich sind die Koshas selbst mehr oder weniger die wirksame Folge dieser Grundelemente, und sie statten die Geschöpfe mit den fünf Fähigkeiten aus, die oben aufgeführt wurden.

 

Die befreiten Seelen (Jivan-mukta) haben nur den einen durchsichtigen Schleier von Anandmai kosh. Der Schöpfer ist Geist in seiner reinen und unvermischten Form, die gesamte Schöpfung geht daraus hervor und ist zuweilen bekannt als Maya oder Shabd-Brahman. Es ist das aus sich selbst leuchtende Licht, das durch sich selbst besteht und der grundlose Urgrund von allem Sichtbaren ist.

 

Der Geist und Gott sind ihrer Natur und ihrem Wesen nach gleich, das heißt Subtilität und Glückseligkeit. Diese Glückseligkeit ist die allererste Folge der Wechselwirkung von Seele und Prakriti und ist die erste Offenbarung der Gottheit in der Seele; sie bleibt am längsten, bis zum Ende in ihrer ganzen Fülle, trotz der anderen vier Hüllen, von denen sie umgeben ist und die ihren Glanz trüben.

 

Glückseligkeit ist die wesentliche und untrennbare Eigenschaft der Seele, die ihrer wahren Natur innewohnt. Das ist der Grund, warum die suchende Seele immer ruhelos ist und den Verlust ihres Wesens in dem gewaltigen Wirbel der Welt schrecklich empfindet. Und es ist auch der Grund, warum Christus nachdrücklich betonte:

 

So schaue darauf, daß nicht das Licht in dir

Finsternis sei.

                                                  Lukas 11, 35

 

Da wir die innere Glückseligkeit verloren haben, suchen wir in den weltlichen Dingen Ersatz zu finden und halten vergängliche Freuden für wirkliches Glück; doch schnell genug werden wir unserer Illusion beraubt. Das führt zu der uns angeborenen Suche nach wahrem Glück. Diese ewige Suche des menschlichen Herzens treibt einen an, sich von den äußeren vergänglichen und dahinschwindenden Freuden nach innen zu wenden. Das wiederum führt zu all den verschiedenen Yoga-Systemen, die den Bedürfnissen der einzelnen Sucher entsprechen.

 

1)     Menschen mit groben Anlagen, animalischen Instinkten und solche, die nur am Prozeß der Körperbildung interessiert sind und Ana-mai Atma entwickeln, nehmen erfolgreich zu Hatha Yoga Zuflucht.

2)     Menschen, die unter Blähungen und Magenbeschwerden leiden, die von Pran-vayu in ihrem Körpersystem herrühren, können diese mit Hilfe von Prana Yoga bekämpfen.

3)     Menschen, die unter dem Einfluß von Mano-mai Atma stehen und unter >mal<, >avaram< und >viksho<, das heißt mentalen Unsauberkeiten, Unwissenheit und Wandlungen des Gemüts leiden, können dem mit Hilfe von Raja Yoga begegnen und Mano-mai kosh durchdringen.

4)      Menschen mit starker intellektueller Anlage sind immer mit dem Warum und Wofür der Dinge beschäftigt. Solche Sucher wenden sich dem Pfad des >Vigyan< oder Jnana Yoga zu.

5)      Diejenigen, die darauf bedacht sind, der Welt und allem, was weltlich ist, zu entrinnen und Glückseligkeit um ihrer selbst willen suchen, gehen den Pfad des >Anand Yoga< oder den Yoga wahren Glücklichseins, genannt Sahaj Yoga.

 

Beim Sahaj Yoga braucht sich der Übende keiner der strengen Schulungen unterziehen, welche die   anderen Yogas kennzeichnen. Er muß ein aufrichtiges, unaufhörliches Verlangen nach dem Endzweck aller Dinge haben, nach dem Ziel aller Ziele und darf nicht mit der bloßen Meisterung seiner physischen und mentalen Kräfte zufrieden sein. Wenn ein solches Verlangen vorhanden ist, wird er früher oder später, so wie Ramakrishna Totapuri begegnete, einen Adepten finden, der ihn auf den Pfad stellt. Ein solcher Adept oder Meister bringt ihn mit dem lebendigen Tonstrom im Innern in Verbindung, und dieser Strom wird ihn mit der ihm eigenen Kraft und Anziehung nach oben bringen, und zwar ohne irgendwelche übertriebene Mühe und Anstrengung seinerseits. Daher ist dieser Yoga in gewissem Sinne der leichteste von allen, weshalb er wohl Sahaj Yoga (der mühelose Yoga), genannt wird. Er kann mit gleicher Leichtigkeit von einem Kind wie auch von einem alten Menschen, von einer Frau wie von einem Mann, von einem intellektuell begabten wie auch von einem einfach denkenden Menschen, von einem Sanyasin (einem Entsagenden) ebensogut wie von einem Hausvater ausgeübt werden. Er besteht im Einstimmen der Seele auf den spirituellen Strom, der allezeit im Innern vibriert, und ist daher als Surat Shabd Yoga oder Yoga des Tonstroms bekannt.

 

Mit diesen einführenden Bemerkungen sind wir nunmehr in der Lage, das Thema >Yoga< mit seinen variierenden Grundzügen zu erörtern, wie es durch Patanjali gelehrt wurde. Es gilt zu verstehen, welche Rolle jede Yoga-Art spielt, welche Technik jeweils zugrunde liegt, wie sich jede Stufe auswirkt und inwieweit die Yoga-Übungen helfen, das erwünschte Resultat – die Befreiung der Seele von der Gebundenheit durch Gemüt und Materie – zu erreichen. Ziel ist es, getrennt vom Körperbewußtsein, zu erkennen und sich dann ins kosmische Bewußtsein und weiter ins überkosmische Bewußtsein zu erheben, denn es ist die befreite Seele, die die Erfahrungen der >>Bewußtheit<< auf verschiedenen Ebenen machen muß, angefangen bei der Erkenntnis des >>Selbst<< bis zu der des >>Kosmischen<< und zuletzt des >>Überkosmischen<< oder Gottes.

 

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