I.  Mantra Yoga

 

oder der Yoga der Anrufung

 

Sie vergessen sogar, daß alle Gottheite

in des Menschen Brust wohnen.

                                           William Blake

 

Der  >Mantra Yoga< befaßt sich in der Hauptsache mit dem Erwerb der einen oder anderen materiellen oder geistigen Kraft, indem ständig ein bestimmtes  >mantra< oder eine gesprochene Formel wiederholt wird, um damit die führende Kraft oder Gottheit, auf welche sich das jeweilige  >mantra< bezieht, anzuziehen und sich diese Kraft, sei sie gut oder übel, entsprechend dem Willen und Wohlgefallen des Ausübenden zunutze zu machen. 

 

Einer, der solche Kräfte braucht, um damit Übles zu bewirken und anderen dadurch Schaden zuzufügen, läuft nicht selten Gefahr, selbst das Opfer zu werden, und wird gewöhnlich eine Beute des Zornes dieser Gottheit. Diejenigen, die solche Kräfte für selbstische Zwecke anwenden, um dadurch auf Kosten anderer materiellen Gewinn zu haben, verlieren diese Kraft rasch und richten sich am Ende selbst zugrunde. Diese erworbenen Kräfte können jedoch nutzbringend zum Wohle anderer gebraucht werden, was nicht sehr schaden kann, obwohl jede Handlung dieser Art einen Verlust an Lebensenergie nach sich zieht. Alle Arten von Wunder der niedrigsten Ordnung, wie Gedankenlesen, Gedankenübertragung, Gesundbeten, insbesondere in Fällen von nervösen und geistigen Krankheiten, fallen unter diese Kategorie. Es ist darum viel besser, diese Dinge zu meiden und alle psychischen Kräfte, die man erwirbt, ganz gleich, welcher Art sie sind, zu erhalten. Man sollte sie benützen, um in selbstloser Hingabe wenigstens die niedrigen spirituellen Ebenen und Regionen zu erreichen, die der Sitz der betreffenden Gottheiten sind. Dann werden alle psychischen Kräfte von selbst wirken, ohne daß sie irgendeinen Verlust in Bezug auf den eigenen  Fortschritt nach sich ziehen. Man muß jedoch beachten, daß die Wiederholung von  >mantras< an sich nicht von Nutzen ist, es sei denn, daß die volle Aufmerksamkeit auf die jeweiligen  >mantras< gerichtet wird, und dies mit intensiver Hingabe, was besondere Vibrationen auslöst, die damit verbunden sind. Der  >Mantra Yoga< an sich hat bei der Selbsterkenntnis keinerlei Wert, und nicht selten bleiben diejenigen, die sich dieser Form des Yoga verschreiben, beständig in das nutzlose Streben der einen oder anderen Art, wie sie oben beschrieben wurde, verstrickt, ohne daß es ihnen für die Erhebung des Selbst oder der Seele Vorteil brächte.

 

Hinsichtlich der Ausübung von  >mantra siddhis< oder übernatürlichen Kräften, die die Meditation über  >mantras< bewirkt, gibt uns Patanjali in seinen Yoga Sutras eine deutliche Warnung:

 

Sie sind Hindernisse für den Samadhi,

Kräfte nur im weltlichen Leben.

 

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