4. Kapitel

DER ADVAITISMUS

 

Yoga ist genauso zeitlos wie  >Brahman< selbst. Da dem Menschen mit jedem neuen Zyklus das Allesdurchdringende ins Bewußtsein gelangt, sucht er Mittel und Wege zu finden, um es zu verwirklichen. Wie uns überliefert ist, war es Hiranyagarbha, der als erster Yoga oder den göttlichen Weg lehrte; jedoch haben ihn erst seine Nachfolger Gaudapapa und Patanjali zu einem regulären System entwickelt. Wie wir aus den vorangegangenen Kapiteln schon ersehen konnten, beginnt jeder echte Yoga mit der dualistischen Ansicht, endet aber in einer nicht-dualistischen. Es ist daher keineswegs überraschend, daß viele Schüler der inneren Wissenschaft durch dieses Paradoxon verwirrt wurden. Und im Verlaufe der Zeit war diese Verwirrung die Ursache von Streitfragen, und nicht selten wurden Halbwahrheiten irrtümlicherweise für die volle Wahrheit genommen. Es war in einer solchen Zeit, als Shankara, das Wunder von Südindien, seine Stimme erhob und die wahre Philosophie des Advaitismus predigte.

 

Er war mit erstaunlichen Kräften des Verstandes, der Logik und Einsicht begabt, und nur wenige sind zu der Tiefe, Feinheit und Folgerichtigkeit einer Schau gelangt, wie es sie Shankara in seinen Schriften erkennen läßt. Er untersuchte alle großen Schriften, wie sie aus der Vergangenheit überliefert waren, legte eindeutig ihren Sinn dar und wies die Gleichheit ihres Inhalts nach. Er zeigte auf, daß es nur eine Wirklichkeit gibt, die in ihrer letztgültigen Analyse keine Zweiheit oder Vielheit gelten lassen kann.

 

Zwar möge die individuelle Seele (jiva) als von  >Brahman< getrennt beginnen, aber wenn sie zur vollen Erkenntnis gelangt sei, wisse sie um ihre Einheit mit dem Absoluten Allesdurchdringenden.

 

Ausgerüstet mit hellsichtiger Verstandeskraft, reinigte er das indische Denken von allen scheinbaren Widersprüchen, die seine freie Entfaltung hemmten.

 

Hier wollen wir nun einige grundlegende Begriffe untersuchen, die er gelehrt hat:

 

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