6. Kapitel

DAS WESEN DER RELIGION

 

Im vorhergehenden Kapitel haben wir die Hauptpunkte des  >Surat Shabd Yoga< aufgezeigt und seine hervorstechendsten Merkmale kurz untersucht. Wir haben gesehen, wie er erklärt, daß Gott, als er sich offenbarte, die Form des Wortes – Naam, Shabd, Udgit, Kalma, Saut oder Sarosha – angenommen hat und daß sich dieses Wort nicht auf abstrakte Begriffe vom göttlichen Willen oder der göttlichen Vernunft beziehen, sondern auf mehr; auf einen spirituellen Strom himmlischer Harmonie, der in Glanz erstrahlt. Dieser Strom steht im Mittelpunkt der ganzen Schöpfung und bringt ihre verschiedenen Ebenen ins Sein, die er belebt und erhält. Wer unter der Führung von einem, der den Weg selbst gemeistert hat, mit diesem Strom im Innern in Berührung kommt, kann die physische Welt übersteigen und sich über alle Ebenen der Relativität erheben, um zu seinem wahren Ursprung zurückzukommen und, wenn er eins mit ihm wird, den begrenzten Bereichen entrinnen und zur unbegrenzten Bewußtheit und dem absoluten Sein gelangen.

 

Um zu zeigen, daß diese Lehren nicht auf irgendein Volk oder Zeitalter beschränkt sind, sondern eine universale Gültigkeit haben, wurde jeder wesentliche Aspekt durch die Aussprüche von Mystikern, die den verschiedenen religiösen Überlieferungen, der indischen, islamischen und christlichen, entnommen wurden, kurz beleuchtet. Diese Aussprüche wurden jedoch nur als erläuternde Hinweise angeführt und konnten nicht systematisch erörtert werden. Wenn die Lehren des Surat Shabd Yoga wirklich universal sind, wenn sie wirklich auf die absolute Wahrheit hinweisen und nicht auf Dogmen, sondern auf  >>Tatsachen<< fußen, mögen diese auch übersinnlicher Natur sein, doch Tatsachen, die durch jeden nachgeprüft werden können, der bereit ist, die zu ihrem Studium erforderliche Schulung auf sich zu nehmen, dann würde der forschende Sucher sicherlich geltend machen, daß diese Lehren in der einen oder anderen Form den Kern aller großen Religionen bilden, und er wird den Wunsch haben, einen systematischeren Nachweis zu erhalten, als es im vorhergehenden Bericht über den Surat Shabd Yoga möglich war.

 

Eine umfassende und ausführliche Abhandlung über dieses Thema geht über den Rahmen dieses Buches hinaus; und bestenfalls können wir nur einige nützliche Richtlinien zum Zwecke weiterer Nachforschung empfehlen, welche diejenigen, denen daran liegt, verfolgen mögen. Überdies ist es ein immer wiederkehrendes Thema bei allen großen Meistern, daß, obgleich ihre Lehren dem Wesen nach universal sind und durch die ausgedehnte Literatur der heiligen Schriften 1  der Welt bewiesen werden können, es doch hieße, ihre wahre Bedeutung vollkommen zu verfehlen, wenn man sich lediglich auf gelehrte Interpretationen beschränken würde. Alles, was der Sucher braucht, ist, aus früheren Aufzeichnungen zu ermitteln, daß das, was ihm gesagt wurde, die älteste Wahrheit ist, so daß er die erforderliche Schulung mit vollem Glauben und ohne Vorbehalt aufnehmen kann. Der letzte Wahrheitsbeweis muß Sache der direkten inneren Ersthand-Erfahrung sein und nicht eine der Buchgelehrsamkeit, die, wenn sie über ihre eigentliche Grenze hinausführt und zum Selbstzweck gemacht wird, ihren Zweck verfehlt und ernstlich vom Ziel ablenkt.

 

1 Für ausführliche Einzelheiten wird der Leser auf das Buch  >>Naam oder das Wort<< verwiesen.

 

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