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Rechtschaffenheit, Losgelöstsein, Selbstbeherrschung

 

Zoroaster wurde einmal gefragt, wie man Gott erkennen können. Er sagte: „Durch Rechtschaffenheit“. daraufhin wurde er gefragt „Was ist Rechtschaffenheit?“ Er antwortete: „Gute Gedanken, gute Worte und gute Taten.“ Das Ganze hängt von eurer Aufmerksamkeit oder dem Surat ab. Woran immer ihr eure Aufmerksamkeit heftet oder bindet – die Gedanken daran werden ständig in euch widerhallen. Wir sollen natürlich den besten Gebrauch von allen Dingen machen, aber wir dürfen uns nicht an sie binden. Wenn sich unsere Seele nur an etwas Höheres in uns binden könnte, wären wir gerettet. Was ist aber, wenn sich unsere Aufmerksamkeit durch die nach außen fließenden Energien so sehr zerstreut, daß sie sich mit den äußeren Dingen identifiziert? dann könnt ihr eure Aufmerksamkeit nicht von ihnen zurückziehen. Es ist eine Frage der Aufmerksamkeit oder des Surat, ob ihr sie mit den äußeren Dingen beschäftigt oder nach innen wendet und an euer Überselbst bindet.

Ihr müßt also erkennen, wohin ihr durch die nach außen fließenden Energien des Sehens, Hörens, Riechens, Schmeckens und Fühlens getrieben werden. Diese fünf Energien fließen durch die fünf Öffnungen des Körpers nach draußen. Solange ihr sie nicht von außen zurückzieht, werdet ihr nicht fähig sein, euer eigenes Selbst zu erkennen oder euch mit dem höheren Selbst oder Gott in euch, dem Licht und dem Tonstrom zu verbinden.

Was ist also Rechtschaffenheit? Sie bedeutet, sich nicht an das Äußere zu hängen. Ihr braucht die Welt natürlich nicht zu verlassen, sondern sollt den besten Gebrauch von den äußeren Dingen machen. Wenn ihr in einen Garten geht, erfreut ihr euch an den Blumen und verschiedenen Pflanzen. Das könnt ihr den ganzen Tag und niemand wird sich darum kümmern. Aber in dem Augenblick, wo ihr die Blumen abschneidet, wird euch der verantwortliche Gärtner zur Rede stellen und anzeigen. Wir sind also hier, um den besten Gebrauch von allen äußeren Dingen zu machen, doch wir dürfen uns nicht an sie binden. Wir sollten sie als Sprungbrett zum höheren Selbst gebrauchen. Wenn ihr äußeren Befriedigungen so sehr verfallen seid oder euch so sehr mit ihnen identifiziert habt, daß ihr euch nicht einmal von ihnen zurückziehen könnt – wie könnt ihr euch da nach innen wenden und die Verbindung mit Gott in euch erlangen, die euch bei der Initiation gegeben wird? Diese äußeren Energien sollten wir also beherrschen. Wann immer wir wollen, sollten wir den besten Gebrauch von ihnen machen; aber sie sollten uns nicht nach außen ziehen. Wenn ihr dem Meister buchstäblich gehorcht, macht er euch zum Herrn in eurem Haus. Diese nach außen gehenden Kräfte sollten eure Diener sein – nicht eure Herren. Im Augenblick ziehen sie euch mit – ob ihr wollt oder nicht.

Was immer ihr tut, sei es für einen Tag, zwei oder zehn Tage, einen Monat oder zwei, wird naturgemäß zur Gewohnheit. Eine Gewohnheit wird schließlich zur Natur. Wenn ihr in die eine Richtung gehen wollt und woanders gebunden seid, wird euer Gemüt in die eine und eure Füße werden in die andere Richtung gehen. Wißt ihr jetzt, was zu tun ist? Gott ist in euch – aber wie könnt ihr euch mit ihm verbinden, wenn ihr euch nicht von außen zurückzieht? Wenn ihr an äußeren Dingen hängt, könnt ihr euch nicht von außen zurückziehen. Wenn ihr dieses Gebäude verlaßt, bleibt ihr dieselbe.

Wenn ihr den Körper verlaßt, verändert ihr euch nicht. Ihr bleibt das, was ihr jetzt seid. Nachdem ihr den Körper verlassen habt, könnt ihr kein Gelehrter mehr werden. Wenn ihr an der Welt hängt, während ihr in ihr lebt, wird eure Aufmerksamkeit noch in der Welt sein, selbst wenn ihr den Körper verlassen habt. Wohin geht ihr also? Dorthin, wo ihr gebunden seid. Woran sollen wir uns binden? Die Seele ist eine bewußte Wesenheit, sie sollte sich schon im Leben mit der Überseele verbinden, die vollkommene Bewußtheit ist. Dann hängt ihr nicht mehr an der Welt, obwohl ihr noch in ihr lebt. Ihr seid in der Welt und doch nicht von ihr. Wenn ihr den Körper verlaßt, eilt ihr zu Füßen des Herrn.

Wir müssen also alle nach außen fließenden Energien beherrschen. Wir sollten fähig sein, sie zu gebrauchen, wenn es nötig ist und uns nicht nach außen ziehen lassen. Dafür sind die Tagebücher gedacht. Ihr müßt erkennen, woran ihr hängt. Durch die Gnade Gottes erhaltet ihr eine innere Verbindung. Ihr seht das Licht Gottes in euch und hört den Tonstrom. Wenn ihr ihm eure ganze Aufmerksamkeit zuwendet, wird er euch magnetisch nach oben ziehen. Selbst wer eine innere Verbindung mit dem Herrn erhalten hat, wird sie verlieren, wenn er nicht Selbstbeherrschung übt. Nur wenn ihr euch selbst beherrscht, könnt ihr eure Aufmerksamkeit lenken, wohin immer ihr wollt.

Das erste ist also, daß die Wahrheit über allem steht – aber ein wahres Leben steht noch über der Wahrheit. ein ethisches Leben ist das Sprungbrett zur Spiritualität. Bleibt, wo ihr jetzt seid. Ihr müßt selbst beurteilen, wo ihr vorher wart und wo ihr jetzt steht. Ihr werdet finden, daß einige Initiierte, die Fortschritte machten, aber ihre Tagebücher zur Selbstprüfung nicht führen, ihre Übungen fallen lassen und sich an äußere Dinge binden. Sie machen keine Fortschritte mehr, aber in den Augen anderer sind sie sehr fromm. Sie sind weder zu sich selbst noch zu Gott in sich wahr. Was ergibt sich daraus? Ein solcher Mensch weint innerlich, aber in den Augen anderer ist er ein sehr guter Mensch. Doch Gott in uns sieht, was er ist. wir sollten ein Leben der Selbstbeherrschung und des guten Charakters führen. Wir sollten Gott lieben und um seine Liebe willen alle anderen lieben. Wenn ihr den Herrn vergeßt, dann seid ihr gebunden. Ihr werdet dahin gehen, wo ihr gebunden seid.

jetzt seht ihr, wie wichtig es ist, sich selbst zu beherrschen. Gebraucht alles nach Belieben. Im Augenblick werdet ihr noch unwiderstehlich von äußeren Dingen angezogen. Ihr müßt ganz losgelöst in der Welt leben. Wenn ihr eine eurer Kräfte gebrauchen wollt, dann tut es. Wenn nicht, dann laßt es. Jetzt seid ihr noch nicht so weit. Daher erhaltet ihr eine Verbindung mit dem Licht und dem Tonstrom in euch. Wenn ihr dort mehr Seligkeit erfahrt, werden eure äußeren Bindungen durchtrennt. Dann lebt ihr anscheinend in der Welt, aber seid nicht an sie gebunden. Ihr macht nur den besten Gebrauch von ihr, gerade wie ein Mann, der in einen Garten geht: er erfreut sich daran und geht und kommt, wann er will. Ähnlich ist es wichtig, daß ihr ein Herz habt, das an Gott und nicht an die Welt gebunden ist. Wenn ihr Gift einnehmt, wird euch übel. Hört also damit auf, um den Entgiftungsprozeß zu ermöglichen. Es hat keinen Sinn, zu jammern und sich dabei weiter zu vergiften. was sollen wir also tun? Wir vergiften uns durch die nach außen fließenden Energien. Durch die Augen, Ohren, Zunge, Nase und Tastsinn nehmen wir äußere Eindrücke in uns auf. Deshalb müssen wir Selbstbeherrschung üben. Nur ein solcher Mensch kann von Tag zu Tag fortschreiten, durch Regelmäßigkeit und Selbstprüfung. Das ist sehr wichtig. Gerade eure Seele, deren äußerer Ausdruck Aufmerksamkeit oder Surat ist, macht es euch unmöglich, im Innern zu sehen, wenn sie am Äußeren hängt. Während ich hier sitze, kann ich nicht sehen, was hinter mir vorgeht. Wenn ich den Meister vor mir gerne anschaue, würde ich es nicht wagen, mich umzudrehen – es würde mir nicht einmal einfallen. Wenn ich mein Gesicht nicht von dieser Seite abwende, um auf die andere Seite zu schauen, kann ich nicht sehen, was dort vorgeht. Nur wenn wir unsere Aufmerksamkeit nach innen wenden, können wir sehen. Er ist schon dort und wartet auf uns.

Wer initiiert wird, erhält ein Anfangskapital. Er muß es durch regelmäßige Übungen, Selbstprüfung und Selbstbeherrschung von Tag zu Tag immer weiter entwickeln. Dann werdet ihr große Seligkeit erfahren, noch während ihr in der Welt seid – aber nicht mehr an ihr hängen. Wir sollten also sehen, wo wir jetzt sind und wo wir früher waren, wo wir vor zwei Jahren oder vor einem Jahr standen. Gewöhnlich stellen wir fest, daß wir damals besser dastanden als jetzt. Warum? Weil wir fortschreiten sollten. Deshalb müssen wir zu uns selbst wahr sein. Gott ist in euch. Der Guru oder die Meisterkraft ist in euch. Er wartet auf euch, aber ihr hängt am Äußeren fest. Das heißt nicht, daß ihr die Welt verlassen und in den Himalaya gehen sollt. Wir müssen im Wasser schwimmen lernen, nicht auf dem Trockenen und nicht nur durch intellektuelles Ringen. Es ist ein Training, für das ihr etwas erhaltet, um damit in euch zu beginnen. Es ist wie die Nadel eines Kompasses, die immer nach Norden weist. Ihr müßt das tun, während ihr eure Aufgabe in der Welt erfüllt. Ein wahrer Meister rät euch nicht, die Welt zu verlassen, sondern in ihr zu bleiben und doch nicht von ihr zu sein. ein Boot bleibt im Wasser und ihr könnt in ihm rudern, aber gebt acht, daß das Wasser nicht ins Boot dringt, sonst ertrinkt ihr. Wenn die äußeren Eindrücke euch innen überfluten, werdet ihr im Wasser der Welt ertrinken und immer wieder zurückkommen müssen.

Aus diesem Grund erhält der Initiierte etwas, mit dem er in sich beginnen kann. Dort werdet ihr euch binden, wenn ihr regelmäßig übt. Ihr werdet in der Welt und doch nicht von ihr sein. dafür müßt ihr zu euch selbst ehrlich sein. Das müssen wir vor allem lernen. Wenn ihr auf diese Weise weitermacht, schreitet ihr von Tag zu Tag fort. Sonst wird euch sogar das wieder genommen, was ihr schon hattet, würde ich sagen. Unser Meister gab uns oft das Beispiel von dem Vater, der seinen Kindern etwas schenkte, um ihnen damit eine Freude zu machen und sie es auf beste Weise nutzen zu lassen.

Einem gab er zwanzig Rupien, dem zweiten zehn und dem dritten fünf. Das Kind mit den zwanzig Rupien machte vierzig daraus, das zweite mit den zehn Rupien machte daraus zwanzig, während das dritte Kind, dem er fünf gegeben hatte, sie einfach behielt und nichts damit anfing. So gibt der Meister dem, der zu den <Rupien, die er bekommen hat, noch zwanzig dazuverdient, noch etwas extra. Wer vom Meister etwas erhalten hat und es nur behält, dem bleibt das, was er bekommen hat, aber es wird auch nicht mehr. Und was tun wir gewöhnlich? Wir erhalten ein Anfangskapital und verzetteln es, indem wir uns an die äußere Welt hängen. Der Vater freut sich über das Kind, das den besten Gebrauch von seiner Gabe macht. Wenn es zu einem guten und verläßlichen Menschen heranwächst, wird es mehr und mehr erhalten. Manche Leute sagen: „Früher standen wir sehr gut da – aber jetzt nicht.“ Und warum nicht? wir haben Bettler aus uns gemacht. Wir müssen uns also in acht nehmen. Selbstprüfung ist äußerst notwendig. Wer sie nicht einhält, dessen Kapital wird dahinschwinden.

 

 

 


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