NAAM ODER DAS WORT

 

Naam ist leichter gesagt als erkannt und praktiziert. Nur ein Adept in den Mysterien dieser einfachen Naam kennt seine wahre Bedeutung und die große Kraft, die ihm innewohnt. Dem Anschein nach ist es nur eine Silbe, aber was sie bezeichnet, geht über das Verstehen selbst des Gelehrtesten in der Buchgelehrsamkeit hinaus, obschon die Möglichkeit besteht, es durch Gnade dessen zu begreifen, der nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis des Wortes erfahren ist.

Der Name und der Benannte sind in der Tat ein und derselbe, und es gibt kaum einen Unterschied zwischen den beiden. Das eine ist die abstrakte Form des Konkreten. Das Licht kann von der Sonne nicht getrennt werden. Beide sind auf der ganzen Welt vereint. Auf genau dieselbe Weise können auch das Göttliche und Gott nicht abgegrenzt und auf beschränkten Gebiete als zwei getrennte Wesenheiten gebracht werden. Das erstere ist ein Attribut des letzteren. Naam ist nicht mehr oder weniger als die Göttlichkeit Gottes; man kann es nennen wie man will – der heilige Geist, der Tröster etc. Es ist die erste Offenbarung Gottes und für die ganze Schöpfung verantwortlich. Es ist die ursprüngliche Form Gottes.

Im Johannes-Evangelium heißt es:

Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dasselbe war im Anfang bei Gott. Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheinet in der Finsternis, und die Finsternis hat’s nicht begriffen.

Mit diesen denkwürdigen Worten hat Johannes versucht, uns einen Begriff von dem wunderbaren Wesen des Wortes oder Naam zu geben, wie es auch genannt ist. Es vereinigt das dreifache Prinzip von Schöpfung, Erhaltung und Zerstörung in sich – das Trimurti der Hindu- Mythologie von Brahma, Vishnu und Shiva, dem Schöpfer, Erhalter und Zerstörer. Alle drei leiten ihre Antriebskraft vom Göttlichen oder dem Wirkenden Gott, Naam oder dem Wort ab.

Hazrat Moieen-du-Din Christi sagt in diesem Zusammenhang:

Der Name und der Benannte sind eines, das Licht des Namens zeugt von Seiner Herrlichkeit.

Alles, was ist, besteht aus Naam und kommt von Naam, da es alles durchdringt. Es ist das Lebensprinzip der gesamten Schöpfung. Derjenige, in welchem sich dieses Wort oder Naam verkörpert, wird ein Heiliger genannt; denn es heißt „das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns.“ Er hat das Höchste des Lebens erreicht und das Ideal des menschlichen Seins erlangt. Für ihn gibt es nichts mehr weiter zu wünschen oder zu verlangen. Auf der anderen Seite verlässt einer, der während seiner Lebenszeit keine Verbindung mit Naam herzustellen vermochte, in der Todesstunde seien Körper wie ein besiegter Spieler, der mit leeren Händen aus einer Spielhöhle geht.

Sant Kabir sagt:

Weit besser ist ein Aussätziger mit nässenden Wunden, wenn er in Naam begründet ist, als ein feiner, strammer Bursche, der den Wert von Naam nicht kennt.

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