KIRTAN

HIMMLISCHE WEISEN ODER GÖTTLICHE HARMONIE

 

 

        Welche Leidenschaft kann Musik nicht erwecken oder stillen?

                                                                                              Dryden

Für gewöhnlich werden die Hymnen der Heiligen, die mit Musikbegleitung gesungen werden, Kirtan genannt. Die Musik, die wir kennen, sei sie gesungen oder gespielt, spricht das Gemüt ihres Reizes wegen sehr an, und so kann sie dieses wie auch die subtilen Kräfte vorübergehend beruhigen.
Gespielt oder gesungen spielt die Musik in nahezu allen religiösen Gemeinschaften der Yogis, Hindus, Sufis, Christen und Sikhs eine bedeutende Rolle.

Jeder von uns wird von dem einen oder anderen der beiden Dinge: schöne Formen und Muster oder wohlklingende Musik angezogen, und die letzteren wirkt weitaus magnetischer als die erstere. Sie übt auf alle Geschöpfe eine gewaltige Wirkung aus. Nehmen wir z. B. den schnellfüßigen Hirsch, den geweihtragenden König, wie er genannt wird. Kein Pferd kann sich mit ihm an Geschwindigkeit messen. Doch wird er von den Jägern durch die Macht der Musik erbeutet. Sie blasen ihre Hörner, und der Hirsch, davon angezogen, ergibt sich rasch der Übermacht dieses Klanges. Auf ähnliche Weise vergessen die giftige Viper und die gefährliche Natter für den Augenblick ihre wahre Natur, wenn sie die Bina des Schlangenbeschwörers hören, und verbringen den Rest ihres Leben in dem Korb, in dem sie gefangen gehalten werden. Genauso ist die Wirkung der Musik auf die Menschen ungeheuer groß. Obgleich man vom Spiel der Musik bezaubert ist. gelangt man doch nicht über eine rein gefühlsmäßige Beeinflussung hinaus und bleibt weiterhin im elementaren Bereich.

Aus dem Studium der heiligen Schriften und der Lehren der Meister erfahren wir, dass die innere Musik der Seele oder der Tonstrom ununterbrochen in jedem Menschen erklingt und dass sie, wenn man einmal damit verbunden ist und ganz hingebungsvoll und aufmerksam auf sie hört, letzten Endes zur Erlösung führen kann. Dieser Dhun wird im Sri Granth Sahib als „Akhand Kirtan“ oder die „Unendliche Harmonie“ beschrieben.

In diesem Zeitalter, wisset, ist Shabd der Kirtan; Hingabe an Shabd zerstreut alle Selbstsucht.

Asa M. 3

Das heilige Naam ist fürwahr der Kirtan des Herrn in diesem Kali- Yuga und der Inbegriff aller Hingabe; durch die Lehren des Meisters kann man in den Kirtan von Hari Naam eindringen.

Kanra War Shalok M. 4

Der Kirtan oder Naam oder Shabd ist das einzige Mittel, um spirituell vorwärtszukommen. Der Klang dieses Kirtan durchdringt alles und umfasst alles, doch er wird nur dann offenbar, wenn man sich durch einen Prozess der praktischen Selbstanalyse und Umkehrung über das Körperbewusstsein erhebt. Er ist durch Dhun gekennzeichnet, und die Erfahrung davon erlangt man in Sukhman oder Sharag, dem Hauptkanal in der Stirne:

Die Musik von Sahaj, die sich an Deiner Pforte erhebt, wird in meiner Stirne offenbar.

Ramkali Kabir

In diesem Eisernen Zeitalter, dem letzten in der Reihe der zyklischen Ordnung, gibt es keine andere spirituelle Praxis, die so fruchtbringend und wirksam ist wie Kirtan oder Hari Kirtan und Naam; sie ist die höchste aller Arten religiöser und verdienstvoller Werke.

Im vierten Zeitalter, o Mensch, ist Naam ein unvergleichlicher Schatz. Wiederholung, strenge Schulung und Wallfahrten waren in früheren Zeitaltern an der Reihe. In der gegenwärtigen Zeit ist Kirtan von Hari Naam das unfehlbare Mittel.

Bilawal M. 3

Dies ist die Zeit von Hari Kirtan, und Hari Naam ist die Krönung der Hingabe. O, bestelle dein Land mir der Saat von Hari Naam, denn jede andere ist ohne Nutzen und nur ein Verlust an Zeit und Mühe.

Asa M. 4

Durch die Gnade einer Meisterseele kann man einen lebendigen Kontakt oder eine Verbindung mit diesem Kirtan bekommen.

Das Kronjuwel von Ram Naam Kirtan (die göttliche Musik) ist beim Meister, und wer seinen Lehren nachfolgt, dem wird er es offenbaren.

Kalyan M. 4

In den Schriften ist gesagt, dass diejenigen allein Hari Kirtan üben und sich mit ihm verbinden können, die in engen Kontakt mit einer Meisterseele kommen. Durch die Hingabe an den Meister kann man sich mit dieser Großen Harmonie verbinden.

Der dem Satguru Ergebene ist immer in Hari Kirtan vertieft.

Wadhans War M. 3

Von dem Tag, an dem der Mensch in enge Verbindung mit einem Sadh kommt, wandelt er sich zum Besseren. immer voller Glückseligkeit ist er in Kirtan versunken, und kommt dem Schöpfer und Gestalter der Geschicke nahe.

Dhanasari M. 5

In diesem Zeitalter ist Hari Kirtan die höchste Praxis; denn man findet Hari durch den Satguru. Ich will mich selbst meinem Meister zum Opfer bringen, denn er ist es, der das verborgene Wort in mir offenbarte.

Jaitsari M. 4

Der erhält die Speise des Unendlichen Kirtan, o Nanak, der einen kompetenten Meister findet.

Gauri M. 5

Gesegnet ist, wer den Heiligen dient; denn durch die Heiligen dringt man ein in Hari Kirtan.“

Gauri M. 5

Durch einen Heiligen kommt man in Verbindung mit Naam; durch einen Heiligen singt man Hari Kirtan.

Gauri M. 5

Durch den Sadh singt man Hari Kirtan; Nanak sagt: eine gesegnete Seele erlangt es.

Gauri M. 5

Durch einen Sadh habe ich den Wert des Kirtan erfahren; der Pfad des Todes ist meinem Blick entschwunden.

Gauri M. 5

Ich liebe die Lotosfüße des Herrn; durch einen Heiligen wurde das Herz rein, und ich bin immer in Hari Kirtan vertieft.

Gauri Kabir

Die Seele ist im Elixier von Naam gefärbt und völlig gesättigt, und durch die Gnade eines Heiligen singt sie das göttliche Lied (Kirtan), und der Unvergängliche wohnt darin.

Ramkali M. 5

Durch einen Sadh erfreut man sich in dieser Zeit der heiligen Musik, o Nanak! Danach kehrt man nicht mehr zurück in diese Welt.

Gauri M. 5

Die dem Satguru nachfolgen, lauschen immer der heiligen Harmonie; das Elixier des Wortes ist in ihnen, und sie sind vertieft in den Wahren Ton.

Wadhans War M. 3

Die heilige Musik kommt von einem Sadh, und die Verbindung mit ihr ist die höchste Tugend. Nanak sagt: Nur der, dem es vorherbestimmt ist, erhält diese Gabe.

Sorath M. 5

Hari Kirtan ist eine reine Gabe des Meisters, man kann sie nicht erwerben, solange man nicht den Körper übersteigt. Genau wie der Magnet ein Stück Eisen anzieht, so zieht Dhun oder das Wort, das von der Gottheit ausgeht, die Seele an und bringt sie zu den Füßen des Herrn empor. Das menschliche Gemüt verlangt immer nach Freuden der einen oder anderen Art, aber keine weltliche Freude kann ihm auch nur den geringsten Grad von Erlösung eintragen. Das einzige Mittel, um das Gemüt zu beruhigen und es gefügig zu machen, ist Hari Kirtan oder Naam; wenn es ihm lauscht, wird diese hydraköpfige Schlange sozusagen von diesem Zaubertrank berauscht und liegt gleichsam in einer Art Scheintod, ungeachtet der Sinnesorgane, durch die es gewöhnlich wirkt. Wer immer sein Gemüt unterjocht hat, musste es durch Hari Kirtan oder Naam vollbringen. Durch dies wird die Seele aus ihrem ewig langen Schlaf erweckt und erhebt sich ins Kosmische und Überkosmische Bewusstsein. So führt dies zu einer neuen Geburt, der Geburt aus dem Geist, genannt „Wiedergeburt“ oder „Auferstehung“. Von da an entgeht der Geist dem Netzwerk der karmischen Eindrücke, die verbrannt werden und somit unfruchtbar sind. Es bringt die Seele wieder in das Reich Gottes zurück und verleiht ihr ewigen Frieden und Erlösung.

Und ich will euch ein neu Herz, und einen neuen Geist in euch geben.

Hesekiel 36, 26

Die Offenbarung des Tonstromes hängt vom Willen und Wohlgefallen des Meister-Heiligen ab; man kann keine Verbindung mit ihm bekommen, solange man nicht die Sinnesebene des physischen Körpers übersteigt. Dies ist der einzige Weg zur Erlösung von der Knechtschaft des Gemüts und der Materie, einen anderen gibt es nicht.

Alle ekstatischen Gebärden, alles Singen von Liedern können einem, der blind und taub ist, nicht von Nutzen sein. Voller Gier und Skeptizismus im Innern kann er des Himmels Licht nicht schauen, damit es ihn führe auf dem Pfad.

Rag Asa M. 3

In sündhaftes Tun verstrickt, singt man Lieder (Ragas) und legt Zeugnis ab von der Wahrheit dessen, was sie sagen. Man weiß nicht, dass ohne das Wort alles nur Komödie ist.

Rag Asa M. 1