Schüler trifft Meister

Sardar Sawan Singh Ji besuchte seit seiner Kindheit gelegentlich einen heiligen Fakir in Peshawar namens Baba Kahan. Eines Tages bat er Baba Kahan um die Gabe der Spiritualität, worauf Baba sagte: „Du wirst bestimmt spirituelle Segnungen aus der Hand eines vollendeten Meisters erhalten, aber nicht von mir.“ Daraufhin fragte Sawan Singh: „Wo soll ich nach einem solchen Meister suchen?“ Der Baba antwortete: „All deine Anstrengungen werden umsonst sein, aber zur gegebenen Zeit wird dich diese Persönlichkeit selbst aufsuchen.

Das heiligmäßige Leben seiner Eltern beeinflußte ihn von Beginn an und er entwickelte die Vorzüge der Zufriedenheit, des Vergebens, der Demut, Hingabe usw. in hohem Maße. Von Kindheit an war er frei von religiöser Intoleranz und Engstirnigkeit. Das Studium der Grundprinzipien aller Religionen war für ihn ein Grundsatz. Durch seine guten Kenntnisse in Punjabi, Hindi, Urdu, Persisch und Englisch studierte er die Schriften der Hindus, Mohammedaner, Sikhs und der Christen.
 
Große Aufmerksamkeit und ernste, hingebungsvolle Betrachtungen zollte er den Schriften der Heiligen, den Sufi-Problemen, den grundlegenden Prinzipien der Liebe und der Hingabe und allgemeinen ethischen Grundsätzen.
 
Er war lange Zeit in Murreehills stationiert, was ihm Gelegenheit bot, alle Arten von Pilgern zu treffen, die nach Shree Amar Nath (1) kamen. Das beständige Suchen nach Goott durch Jahre hindurch wurde endlich von Erfolg gekrönt. Die Prophezeiung Baba Kahans erfüllte sich. Eines Tages im Jahre 1894, während er wie gewöhnlich in den Bergen von Murree seinen Dienst tat, kam Baba Jaimal Singh (das Kronjuwel unter den Schülern von Soami Shiv Dayal Singh Ji (2)) mit einem seiner Schüler des Weges. Da Sawan Singh glaubte, daß es ein Bittsteller mit einer Botschaft für den Regierungsbevollmächtigten sei, schenkte er ihm keine Aufmerksamkeit. Babaji (3) wandte sich an seinen Begleiter und sagte: „Um dieses Sardar willen bin ich hierher gekommen.“ Der Schüler war überrascht und erwiderte: „Dieser Herr war nicht einmal so höflich, Euch zu grüßen.“ Babaji lächelte und sagte: “Dieser junge Mann hat keine Schuld daran, er weiß nichts davon, er wird am vierten Tag zu uns kommen.“ Alles ereignete sich genau so wie Babaji gesagt hatte. Am vierten Tag kam Sawan dorthin, wo Babaji wohnte, und hatte mit ihm ein stundenlanges Gespräch über Spiritualität. Eine Gemeinschaft von einigen Tagen genügte, um all seine Zweifel zu beheben und allen Skeptizismus aus ihm zu verbannen. Das praktische Leben und die Lehre Babajis machten so tiefen Eindruck auf ihn, daß er Babaji als Leitstern für sein Leben ansah. 
Das Zusammentreffen eines Meisters wie Jaimal mit einem Schüler wie Sawan war höchste spirituelle Vollendung. Der Meister färbte den Schüler in seiner eigenen festen, unzerstörbaren Farbe.
 
Unter der Führung von Baba Ji durchschritt Sardar Sawan Singh sehr bald die Stufen des Pfades der Theologie, nämlich des Wissens und der Wirklichkeit und wurde der Leitstern des ersteren.
 
Als Baba Ji im Jahre 1903 seine sterbliche Hülle verließ, übertrug er das spirituelle Werk an Sardar Sawan Singh Ji. Die Leute pflegten ihn respektvoll als „Maharaj Ji“ oder „Hazur Maharaj Sahib“ anzusprechen.

Erläuterungen:
(1)  Ein Pilgerort der Hindus.
(2)  Soami Shiv Dayal Singh Ji war der Heilige, der die Lehren des Sant Mat neu belebte.
(3)  Baba Jaimal Singh Ji Maharaj wurde „Baba Ji“ benannt.

Weiter