Hazur Swang Singh ging von uns, um immer bei uns zu seien

Während Hazurs Krankheit, als Er sich nicht ohne Hilfe umdrehen konnte, kamen manche seltsamen Ereignisse ans Licht. Selbst zu dieser Zeit half Er den Menschen ebenso im Äußeren, wie Er sie auch auf den höheren spirituellen Ebenen führte.
 
Nach Ansicht der Ärzte litt Hazur an einem Blasentumor. Es wurde Ihm jede nur mögliche medizinische Hilfe zuteil, aber ohne Erfolg.
 
Die Krankheiten von Heiligen sind erstaunliche Ereignisse. Tatsache ist, daß die Krankheit von Hazur das Resultat der Last karmischer Schuld (1), tiefer Seufzer und Tränen der Leidenden unter uns war.
 
Ebenso gibt das äußere Verhalten der Heiligen das beste Beispiel eines hohen Charakters und einer vorbildlichen Lebensweise. Freiwillig und ohne Murren oder einen Laut der Klage nehmen sie die Last der von ihnen initiierten Seelen auf sich, und dies wird zu ihrer üblichen Aufgabe. 
 
Hazur wurde körperlich täglich schwächer. Von der Nacht des 29. März bis zum Morgen des 1. April war eine ungewöhnliche Ruhelosigkeit und ein deutliches Zittern Seiner physischen Gestalt zu beobachten. Diese Symptome wurden auch dadurch hervorgerufen, daß Er die, die Ihn umgaben, auf die Probe stellte.
 
Während der ganzen Zeit Seiner Krankheit sagte Hazur mehrmals:
 
„Wenn jemand, der in Simran und Bhajan bewandert ist, neben mir sitzt, fühle ich mich beruhigt und erleichtert, daher sollten alle, die zu mir kommen, Simran üben..“ In Übereinstimmung damit äußerte sich der Meister wiederholte Male, als sich dieses „Zittern Seines Körpers“ zeigte, mit den folgenden Worten: 
„Wenn derjenige, der mein spirituelles Werk fortzusetzen hat, nachdem ich gegangen bin, kommt und neben mir sitzt, wird all mein Leid vergangen sein.“ Um diesen offensichtlich letzten Wunsch des Meisters zu erfüllen, kamen die nächsten Angehörigen Hazurs einer nach dem anderen und setzten sich Bhajan und Simran übend an Sein Krankenbett; aber es kam keine Erleichterung im Hinblick auf das Zittern Seines Körpers. 
 
Am Morgen des 1. April 1948 erwies Hazur diesem bescheidenen Diener die besondere Güte - natürlich durch die Hilfe einer Frau, die bei Hazur Pflegedienst versah - und gab ihm Gelegenheit, 10 bis 15 Minuten allein an der Seite des Meisters zu verbringen. Zu jener Zeit saß ich mit schwerem Herzen an Seinem Bett und bat:
 
„Meister! Ihr steht über dem Körper und werdet von ihm nicht beeinflußt und seid gleichgültig gegenüber Bequemlichkeit und Unbequemlichkeit; wir aber, wir bescheidenen und hilflosen Wesen, sind sehr niedergeschlagen und können den Anblick von Hazurs körperlichem Leiden nicht ertragen. Ihr habt alle Macht, und wir wären unendlich dankbar, wenn Hazur die Krankheit Seines Körpers gütigst beseitigen würde.“ Es ist wahr, daß ein Gebet Erfolg hat, wo alle anderen menschlichen Anstrengungen fehlschlagen; und in Seiner übergroßen Güte nahm Hazur dieses Gebet an.
 
Als ich meine Augen nach dem Gebet öffnete, befand sich Hazurs Körper in einem Zustand völliger Ruhe. Seine Stirn leuchtete voller Glanz. Er öffnete Seine gnadenspendenden Augen, die von göttlicher Liebe trunken waren und warf einen Blick auf mein bescheidenes Selbst. Seine beiden Augen strahlten wie die eines Löwen. Ich neigte mein Haupt in feierlicher und stiller Anbetung und sagte: „Es ist alles Hazurs eigene Güte.“ Hazur sah drei bis vier Minuten unentwegt in meine Augen. Und in ehrfürchtiger Bewunderung erfuhren meine Augen eine unbeschreibliche Freude, die meinen ganzen Körper wie eine Trunkenheit bis in die letzten Poren erfüllte. Niemals in meinem Leben hatte ich gleiches erfahren.
 
Dann schlossen sich diese gnadenspendenden Augen, um sich nie mehr zu öffnen.
 
So ging in Seinem 90. Lebensjahr, am Morgen des 2. April 1948 um 8.30 Uhr diese strahlende Sonne der Spiritualität am Horizont der Dera Baba Jaimal Singh unter, nachdem sie ihr Licht in die Herzen von Millionen gegossen hatte.
 
Dieser frühzeitige Weggang unseres verehrten Meisters war ein unersetzlicher Verlust und ein an die Seele gehendes Ereignis für einen jeden, der durch die Existenz Seiner erhabenen Persönlichkeit und die Gemeinschaft mit Ihm begünstigt war. Wir können jetzt nur den schweren Verlust beklagen und uns an Seine einzelnen, unerreichbaren Vorzüge erinnern, an Seine unvergleichliche Liebe, Seinen Geist und Seine Weisheit und über allem die spirituelle Barmherzigkeit, die uns alle in die mystische Herde aufgenommen und uns zu Ihm hingezogen hat. Wir können jetzt Tränen des Schmerzes(2) hervorbringen.
 
Diese Tragödie ist in der Tat verhängnisvoll für uns, die wir gebrochenen Herzens sind. Doch jene, die während Seiner Lebenszeit ihre Verbindung mit diesem König der Heiligen - dem Meister - nur auf die physische Ebene beschränkten, und Seine Glorie und Größe auf den astralen und anderen inneren Ebenen niemals mit eigenen Augen sahen, empfinden den brennenden Trennungsschmerz am stärksten. Jene hingegen, die das Glück hatten, Ihm auf den inneren Ebenen zu begegnen, während Er im physischen Körper weilte, leiden vergleichsweise weniger, denn sie können sich selbst jetzt willentlich zu diesem Mächtigsten der Mächtigen - dem Meister - erheben und im Gespräch mit Ihm Trost suchen. In der Tat gesegnet sind solche Seelen, denn durch sie werden noch heute Hazur die Bitten und Botschaften anderer Schüler und Abbhyasis und umgekehrt Seine Anweisungen für sie übermittelt.
 
Obwohl Er physisch von uns gegangen ist, ist uns Hazur in Wirklichkeit nicht fern. Diese Kraft ist unsterblich und unzerstörbar und überwacht nach wie vor alles, was wir tun, und führt jene, die von Ihm initiiert sind.
 
Während Hazur litt, pflegte Er zu sagen:
„Der ganze Sangat sollte mehr Zeit dem Simran und Bhajan widmen, da ich dadurch Linderung erfahre.“ Heute noch wird in der täglichen Botschaft des Meisters große Bedeutung darauf gelegt, daß alle Seine Schüler mehr Zeit dem Simran und Bhajan widmen - entweder gemeinsam oder allein, so daß sie nach innen schreiten und Ihn innen von Angesicht zu Angesicht treffen können.
 
Deshalb obliegt es allen, die von Ihm initiiert worden sind, den Vorteil dieser Augenblicke des Kummers und der Sorge voll auszunützen, indem sie mindestens täglich vier Stunden Simran und Bhajan ausführen, wie dies von Ihm angeordnet wurde. Dadurch werden sie fähig werden, in die höheren Bereiche emporzugelangen, mit dem Meister von Angesicht zu Angesicht zu sprechen und die Trennungsschmerzen im großen Ozean der unsterblichen Existenz zu heilen. Die Medizin für unsere gequälten Herzen liegt nur bei diesem barmherzigen und liebevollen Messias. Jener unbegrenzte Ozean der Göttlichen Gnade wogt selbst jetzt unaufhörlich weiter. Jener Meister der Ewigen Heimat hält Seine Tore die ganze Zeit über offen und ruft uns alle auf:
 
„Verwirklicht das große Prinzip: ‘Zieht euch vom Körper vor dem Tode zurück.’ Ich warte ungeduldig auf euch, daß ihr zu mir heraufkommt. Ich bin euch näher als das Nächste. Für jene, die von mir initiiert wurden, ist es ein Frevel und ein Zeichen der Ungnade in beiden Dingen - der Liebe und der Hingabe - wenn ihr zu irgendeinem anderen als Guru oder Meisterführer aufblickt. Ihr mögt jedoch Vorteil aus der Gemeinschaft einer erwachten Persönlichkeit, die mich täglich aufsucht, ziehen. Er wird euch mit mir vereinen, euch meine Liebe einflößen und die Göttliche Verbindung, die euch an mich bindet und zu mir zieht, verstärken. Ferner wird Er in seiner Stellung als Gur Bhai (3) hilfreich sein, um euch zu dienen.“  
 
Es ist daher klar, daß für alle der annähernd 150.000 von Hazur initiierten Seelen Er Selbst der zuständige Meister ist. Dementsprechend sollten sie alle Bhajan und Simran üben, mit vollem Glauben, Zuversicht, Vertrauen und Dhyan von Hazur allein. Dieselbe Form Hazurs wird sich schließlich um sie kümmern. Dieser unsterbliche Bote unserer künftigen Besserung beobachtet und schützt uns jeden Augenblick. Viele Schüler von Hazur Maharaj Sahib erhalten in diesen Tagen Hazurs Darshan im Inneren, und die auf diese Wiese gesegnet sind, erleichtern ihren Schmerz, indem sie - unbehinderter als je zuvor - mit Ihm von Angesicht zu Angesicht sprechen. Wenn wir nur unsere Aufmerksamkeit von dieser vergänglichen Welt und ihren Beziehungen abwenden und uns diesem Meister der himmlischen Quelle der Unsterblichkeit zuwenden, dann wird - und daran gibt es keinen Zweifel - Hazur auch uns erscheinen, uns Seinen Darshan gewähren und uns, in Seine Strahlung gehüllt, mit Sich nehmen, um uns zu den Füßen des lange geliebten Herrn zu bringen. 
 
Laßt uns unsere Hände im Gebet erheben, daß der Urquell allen Trostes uns Zurückgelassenen Geduld gewähren möge und uns mit Mut und Stärke erfülle, damit wir befähigt werden, uns zu Hazur in die höheren spirituellen Regionen zu erheben, mit Ihm zu sprechen und unsere Häupter zu seinen Füßen niederzulegen.

Kirpal Singh

Erläuterungen:
(1) Heilige nehmen die Last der Missetaten ihrer Schüler auf ihren eigenen Körper, um jene, die von ihnen initiiert sind, rein zu halten und auf diese Weise vor der Angst und Pein des Jüngsten Tages zu bewahren. Das ist jedoch nur ein geringer Teil des ungeheuren Liebesschatzes, den sie für ihre Schüler haben, ungeachtet dessen, ob diese Liebe erwidert wird oder wie ernsthaft der Schüler ist. Dies erklärt eine der vielen großen Verantwortlichkeiten, die wahre Heilige unbemerkt und ohne Wissen ihrer Schüler auf sich nehmen müssen.
(2)wörtlich: von Blut (Anmerkung des Übersetzers)
(3) Ein vom selben Meister initiierter spiritueller Bruder.

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