Param Sant Baba Sawan Singh Ji Maharaj

Eine kurze Lebensskizze mit einem Auszug seiner Lehren

 

Einführung

Diese kleine Broschüre umfaßt einen Lebenslauf jener heiligen Persönlichkeit, zu dessen Füßen zu sitzen ich das Glück hatte.
 
Ein einfaches Atom ist kaum in der Lage, die Größe und Wirksamkeit der Sonne zu beschreiben. Doch die Hoffnung, daß der Bericht über das heilige Leben Seiner Heiligkeit als Leuchtsignal zur Führung vieler Seelen dienen wird, die vom echten Wege abgekommen sind, veranlaßte mich, dieses schwierige Thema zu versuchen. Wenn Er in Seiner Barmherzigkeit weiterhin Segnungen ausgießt, so hoffe ich in Kürze eine genaue und klare Biographie dieses Gott-Menschen darbieten zu können.

Ein bescheidenes Atom
Jamal

 

Zuban pe bare-Khudaya ye kis ka nam aya 
Ke mere nutq ne bose meri zuban ke liye.
 
Durch die Gnade Gottes, dessen Namen ich anrief, 
hat die Gabe der Sprache begonnen, meine Zunge zu küssen.

Wem ist der Name dieses Messias der modernen Zeit, dieser Personifizierung der Moral, Quelle der Spiritualität, der in dem dunklen Abgrund dieser materiellen Welt so vielen hilflosen Wanderern auf dem Weg zur Wahrheit geholfen hat, nicht bekannt? Erst vor kurzem waren wir selbst Zeuge der Wunder und des instruktiven, augen-öffnenden Geschehens, das im allgemeinen mit den Namen der dahingegangenen Heiligen verbunden ist, und waren die tatsächlichen Empfänger der großen Wohltaten dieses Gott-Menschen, der unter uns lebte und uns den Pfad zeigte, der zur Wirklichkeit führt.

 

Kindheit

Chasm-i-oo maste Khuda
Daste-oo daste Khuda.
Guftai-oo-guftai Allah bavad
Garche az halqum-i-Abdullah bavad.
 
Seine Augen leuchteten in Liebe zu Gott, 
und Seine Hand war eins mit Gott.
Er war das Sprachrohr Gottes, 
und Gott selbst sprach durch Ihn.

Diese spirituelle Leuchte nahm am 27. Juli 1858 in einer angesehenen Bauernfamilie in Mahmansinghwala/Punjab, Distrikt Ludhiana, menschliche Gestalt an. Sein Vater Sardar Kabul Singh Ji liebte die Gemeinschaft gottergebener Menschen und begegnete ihnen ganz ungezwungen. Seine Mutter Shrimati Jiwani Ji war ein lebendiges Beispiel guter, alter Einfachheit, des Wohlwollens, von Ergebenheit und Zufriedenheit. Baba Sawan Singh Ji war der einzige Sohn seiner Eltern und umschloß all ihr Hoffen und Wünschen.
 
Von Kindheit an zeigte er Zeichen großer intellektueller Kenntnisse und einer hohen Verstandesgabe. Nach dem Abschluß einer Schule in Gujarwal, war er zwei Jahre als Lehrer an der Mlitärschule in Farrukhabad tätig. Im Jahre 1884 trat er in das Thompson College für Ingenieurwesen in Roorki ein. Er wurde von allen, die ihn umgaben, geliebt und war für seinen Fleiß bekannt. Nachdem er den Ingenieur-Kursus abgeschlossen hatte, trat er in den militärtechnischen Dienst in Nowshera ein und verbrachte den größten Teil seiner Dienstzeit in Nathiagali, Murree, Cherat und Abbotabad als erfolgreicher Offizier in einer Unterabteilung. Seine gewinnende Art und seine Tatkraft verschafften ihm die Liebe und Zuneigung sowohl seiner Vorgesetzten als auch die seiner Untergebenen. Seine Freizeit verbrachte er mit dem Studium spiritueller Bücher und in Gesellschaft heiligmäßiger und gottergebener Freunde. Auch sein Vater, ein Verehrer frommer Menschen, nahm ihn immer mit, wenn er Gelegenheit hatte, solche zu treffen.
 

Schüler trifft Meister

Sardar Sawan Singh Ji besuchte seit seiner Kindheit gelegentlich einen heiligen Fakir in Peshawar namens Baba Kahan. Eines Tages bat er Baba Kahan um die Gabe der Spiritualität, worauf Baba sagte: „Du wirst bestimmt spirituelle Segnungen aus der Hand eines vollendeten Meisters erhalten, aber nicht von mir.“ Daraufhin fragte Sawan Singh: „Wo soll ich nach einem solchen Meister suchen?“ Der Baba antwortete: „All deine Anstrengungen werden umsonst sein, aber zur gegebenen Zeit wird dich diese Persönlichkeit selbst aufsuchen.

Das heiligmäßige Leben seiner Eltern beeinflußte ihn von Beginn an und er entwickelte die Vorzüge der Zufriedenheit, des Vergebens, der Demut, Hingabe usw. in hohem Maße. Von Kindheit an war er frei von religiöser Intoleranz und Engstirnigkeit. Das Studium der Grundprinzipien aller Religionen war für ihn ein Grundsatz. Durch seine guten Kenntnisse in Punjabi, Hindi, Urdu, Persisch und Englisch studierte er die Schriften der Hindus, Mohammedaner, Sikhs und der Christen.
 
Große Aufmerksamkeit und ernste, hingebungsvolle Betrachtungen zollte er den Schriften der Heiligen, den Sufi-Problemen, den grundlegenden Prinzipien der Liebe und der Hingabe und allgemeinen ethischen Grundsätzen.
 
Er war lange Zeit in Murreehills stationiert, was ihm Gelegenheit bot, alle Arten von Pilgern zu treffen, die nach Shree Amar Nath (1) kamen. Das beständige Suchen nach Goott durch Jahre hindurch wurde endlich von Erfolg gekrönt. Die Prophezeiung Baba Kahans erfüllte sich. Eines Tages im Jahre 1894, während er wie gewöhnlich in den Bergen von Murree seinen Dienst tat, kam Baba Jaimal Singh (das Kronjuwel unter den Schülern von Soami Shiv Dayal Singh Ji (2)) mit einem seiner Schüler des Weges. Da Sawan Singh glaubte, daß es ein Bittsteller mit einer Botschaft für den Regierungsbevollmächtigten sei, schenkte er ihm keine Aufmerksamkeit. Babaji (3) wandte sich an seinen Begleiter und sagte: „Um dieses Sardar willen bin ich hierher gekommen.“ Der Schüler war überrascht und erwiderte: „Dieser Herr war nicht einmal so höflich, Euch zu grüßen.“ Babaji lächelte und sagte: “Dieser junge Mann hat keine Schuld daran, er weiß nichts davon, er wird am vierten Tag zu uns kommen.“ Alles ereignete sich genau so wie Babaji gesagt hatte. Am vierten Tag kam Sawan dorthin, wo Babaji wohnte, und hatte mit ihm ein stundenlanges Gespräch über Spiritualität. Eine Gemeinschaft von einigen Tagen genügte, um all seine Zweifel zu beheben und allen Skeptizismus aus ihm zu verbannen. Das praktische Leben und die Lehre Babajis machten so tiefen Eindruck auf ihn, daß er Babaji als Leitstern für sein Leben ansah. 
Das Zusammentreffen eines Meisters wie Jaimal mit einem Schüler wie Sawan war höchste spirituelle Vollendung. Der Meister färbte den Schüler in seiner eigenen festen, unzerstörbaren Farbe.
 
Unter der Führung von Baba Ji durchschritt Sardar Sawan Singh sehr bald die Stufen des Pfades der Theologie, nämlich des Wissens und der Wirklichkeit und wurde der Leitstern des ersteren.
 
Als Baba Ji im Jahre 1903 seine sterbliche Hülle verließ, übertrug er das spirituelle Werk an Sardar Sawan Singh Ji. Die Leute pflegten ihn respektvoll als „Maharaj Ji“ oder „Hazur Maharaj Sahib“ anzusprechen.

Erläuterungen:
(1)  Ein Pilgerort der Hindus.
(2)  Soami Shiv Dayal Singh Ji war der Heilige, der die Lehren des Sant Mat neu belebte.
(3)  Baba Jaimal Singh Ji Maharaj wurde „Baba Ji“ benannt.

 

Ein Leben in Spiritualität

Obwohl er von 1903 bis 1911 im Militärdienst beschäftigt war, verbrachte Hazur (1) die meiste Zeit in Hingabe und mit spirituellen Übungen. 1911 fühlte er so intensiv die Notwendigkeit, die Spiritualität zu verbreiten, daß er lange vor Erreichen des Pensionsalters in den Ruhestand trat und den Rest seines Lebens dem Dienst für die Wahrheitssucher widmete.
 
In einer Entfernung von drei Meilen von der Bahnstation Beas (der Ost-Punjab-Eisenbahnlinie) gründete er eine schöne Siedlung am Ufer des Flusses Beas. Der Grundstein war von Baba Jaimal Singh Ji 1891 während seiner Lebenszeit gelegt worden und er nannte den Ort nach dem Namen seines Meisters „Dera Baba Jaimal Singh“. Dort wurde in den Jahren 1934-35 neben „pacca“-Häusern und Bungalows eine riesige, geräumige Halle (bekannt als Satsang-Halle) errichtet, deren Kosten ungefähr 200.000 Rupies betrugen. Diese Halle hat die Form des Buchstabens „T“ mit den Ausmaßen von 40x120 yds und man sieht kaum Ähnliches im nördlichen Indien. Der Meister(2) wurde früh verheiratet, aber seine Frau starb noch vor der gauna (3). Nach 25 Jahren Brahmacharya (4) wurde er wieder verehelicht. Dieses Mal heiratete er Shrimati Kishan Kaur und hatte drei Kinder, wovon eines in frühester Jugend starb, während die beiden anderen Sardar Bachint Singh und Sardar Harbans Singh noch am Leben sind.

Das ganze Leben so durchgeistigter Persönlichkeiten ist immer voller Wunder. Sie sind Herolde des Friedens, der Wahrheit und Brüderlichkeit. Er löschte alle Unterschiede von hoch und niedrig, Kaste, Farbe und Glaube aus und schüttete einen milden Gnadenregen auf alle niedergedrückten Herzen.
 
In den Tagen der Teilung Indiens, als der Punjab die Brutstätte kommunaler Streitigkeiten war, böse Mächte Verwüstung und Zerstörung über Leben und Besitz Unschuldiger auf allen Seiten brachten, sich Tollköpfe brennend vor Hass und Bosheit an ruchlosem Blutvergießen und Vandalismus beteiligten und wahllos mit Feuer und Schwert spielten, als die Menschen unermeßliches Elend und Not litten - und dies alles im geheiligten Namen der Religion - da stand Er (6) unerschütterlich inmitten aller Wirrnisse und sammelte über hundert Moslems aus den umliegenden Gebieten zusammen, gewährte ihnen Schutz in der Dera Baba Jaimal Singh und arrangierte ihre sichere Reise nach Pakistan.
 
Hazur war ein großer Reformer von einzigartiger Bedeutung.
 
Er war ein Leitstern für die ganze Menschheit und half immer jenen, die in Not und Trübsal waren. Mit dem Wasser der Wahrheit, Bruderschaft und Gleichheit wusch Er mit Seinen eigenen Händen die Herzen der Menschen, die durch und durch vom Gift des Materialismus durchtränkt waren, von Bosheit und Feindschaft rein. Er ließ jeden den göttlichen Wein trinken, bis sein Durst gestillt war und legte immer Nachdruck auf eine ehrliche Lebensweise. Er selbst bestritt Seinen Unterhalt aus Seiner eigenen Pension und nahm niemals Geschenke an, auch nicht von seinen Schülern.
 
Er belebte die Lehren der ehrbaren Heiligen(7) und rückte sie in das Licht der Öffentlichkeit. Wie Seine Vorgänger - Guru Nanak, Kabir Sahib, Tulsi Sahib, Paltu Sahib, Soami Shiv Dayal Singh Ji, Maulana Rumi, Shamas Tabrez und andere, erweckte er die Aspiranten aus ihrem tiefen Schlummer und stellte sie auf den Pfad des Surat Shabd Yoga oder „Sultan-ul-Azkar“ (8) , welcher der älteste und ewige Pfad ist, der zur Wirklichkeit führt und der natürlich und durch alle Zeiten hindurch unwandelbar und unsterblich ist und als solcher ohne irgendeine Änderung immer gültig bleiben wird. 

Erläuterungen:
(1) Er wurde so von Tausenden kurz angesprochen und aus Gründen der Kürze werden wir diese Anrede in den folgenden Seiten verwenden.
(2) Hazur Baba Sawan Singh Ji Maharaj
(3) Eigentliche Verehelichungsfeier
(4) Ehelosigkeit
(5) Sind inzwischen gestorben.
(6) Hazur Baba Sawan Singh Ji Maharaj.
(7) holy Saints
(8) Unter diesem Namen bei den Moslem-Heiligen allgemein bekannt.

 

Seine Lehren

Seine Lehren sind esoterisch und nicht exoterisch. Er lehrte: Gott ist in jedem Herzen. Spiritualität ist allgemeines Erbgut der ganzen Welt und der ganzen Menschheit und sie ist nicht irgendeinem besonderen Land oder einer Nation vorbehalten. Das A und O aller Spiritualität ist die Vereinigung der Seele mit der Allmächtigen Überseele. Der Mensch ist die Krone der Schöpfung und nichts steht über ihm. Er ist eine direkte Manifestation Gottes und das Wunder göttlicher Größe. In einem Augenblick kann er zum Himmel aufsteigen und wieder zurückkommen. Sonne und Mond, Paradies und Hölle, Himmel und Erde sind seine Spielplätze, wie es richtig heißt: 
 
„Kurz gesagt, ihr seid Gott am nächsten.“ Er ist gleich einem Tropfen aus dem Meer des Ozeans - des Schöpfers. Er ist ein Strahl der „Allmächtigen Sonne“. Sowohl der Tropfen wie auch der Strahl sind ruhelos, solange sie von ihrer Quelle getrennt sind. Sie finden sich erst wieder, wenn sie zu ihr zurückkehren können. 
Der Mensch ist die edelste Schöpfung Gottes und ist seinem Wesen nach ein vollkommenes Geschöpf. Er kann auf zwei verschiedenen Ebenen arbeiten, auf der äußeren und auf der inneren. Auf der äußeren hat er die Erkenntnis und Wissenschaft der Welt für sein Fortkommen zur Verfügung, aber jenseits der Grenze von Wissenschaft und Philosophie, auf der inneren Ebene, ist er einfach unfähig, die abgrundtiefen Geheimnisse der Natur auszuloten. Mit Hilfe religiöser Schriften versucht er, das Ziel zu erreichen, stolpert aber bei jedem Schritt. Sehr schnell bemerkt er, daß er in dieser Hinsicht unzulänglich und hilflos ist; es sei denn, er findet die Führung eines spirituellen Meisters. Bis dahin bleiben Theologie, Wissen und Wirklichkeit unlösbare Rätsel für ihn, die alle Versuche, sie zu lösen, vereiteln.
 
Spirituelles Leben kann man während der Lebenszeit nur durch einen erleuchteten und wirklich bewußten Meister erlangen.
 
Solch ein Meister ist tief in der Wirklichkeit verankert, und alle Eigenschaften des Göttlichen Lichtes werden voll durch Ihn reflektiert und erstrahlen in Ihm in Fülle. Er ist völlig vertraut mit den engen und schlüpfrigen Stellen des Pfades, der zur „Wirklichkeit“ führt. Er gibt den Aspiranten eine Verbindung mit dem Lebensimpuls, der allgemein als „Shabd“ oder „Nad“ bei den Hindus, als „Kalma“ oder „Kalam-i-Rabbani“ bei den Moslems, als „Sach“, „Naam“ oder „Hukam“ bei den Sikhs und als „Das Wort“ unter den Christen bekannt ist. Unter Seiner Aufsicht und Führung öffnet ein solcher Meister das innere Auge des Suchers und führt ihn von Ebene zu Ebene bis hinauf zu den Füßen Gottes - und all das bei Lebzeiten und nicht erst nach dem Tode. 
Deshalb ist es von absoluter Wichtigkeit für jeden denkenden Menschen - ungeachtet seiner Religion, Hautfarbe oder seines Glaubensbekenntnisses - sich selbst, wie an den lebenden König oder den lebenden Doktor - an den „Gegenwärtigen, Lebenden Meister des Zeitalters“ zu wenden, wenn er den Nektar der Unsterblichkeit trinken will und um das „Ewige Leben“ zu erlangen. 
Daher sagt Maulana Rumi:
 
„Ergreife die Hand des Meisters, denn ohne Ihn ist der Weg voll von unvorhergesehenen Gefahren. Trenne dich niemals, auch nicht einen Augenblick, vom Meister und vertraue niemals zu sehr deinem eigenen Wert oder deiner eigenen Wahrheit.“ Dasselbe ist im Granth Sahib (1) gesagt:
 
„Suche den Meister, erbitte die Initiation von Ihm, gib Ihm Körper und Gemüt ganz zu eigen und wende dich ganz nach innen. Du kannst den Pfad nur durch die Analyse des Selbst finden.“ Neben dem vollkommen verwirklichten spirituellen Wissen war Hazur auch voll physischer Schönheit - Seine gut proportionierte körperliche Gestalt, von zypressen-ähnlicher Statur, hell leuchtendes Gesicht, Stirne, makelloser weißer langer Bart, rein-weißer Turban und ein Mal auf der rechten Wange - alles so wunderschön anziehend, war der Brennpunkt von Myriaden sehnsüchtiger Augen. Auf Seinen Füßen war das Padam-Rekha (2). Der wohlbekannte Persische Vers paßt ausgezeichnet in diesem Zusammenhang:


Husne Yusuf, dame Isa, yad-i-baiza dari
Anche hama khuban darand to tanha dari.

Du hast die Schönheit von Josef, die Heiligkeit von Jesus Christus und die strahlende Hand von Moses - kurz gesagt: Du besitzt alle jene Vorzüge der Lieblichkeit, die die physische Verbindung zur Barmherzigkeit kundtut.

Der bloße Anblick von Hazurs Person gab dem verwirrten und verstörten Gemüt vollkommene Ruhe, tröstete jedes Herz, verlieh vor allem die Gabe der Konzentration und die Freude innerer Zufriedenheit. Seine Redeweise sowie Seine Auslegung der Schriften war äußerst klar und eindrucksvoll. Worte und Zitate von Ihm in einfacher und einleuchtender Sprache, die Probleme der Wahrheit erklärend, ausgesprochen, waren besonders schön und berauschend. Wenn Kanzelprediger ihre Ansprachen auf der Basis des Intellekts und des Verstandes halten, führen sie diese lediglich in Imitationskunst aus, ebenso wie man geruchlose Blumen ausstreut, wie Schönheit ohne Anziehung und Körper ohne Seele. Aber Hazur enthüllte die Göttlichen Mysterien mit solch einer leichten und gewandten Grazie, daß Seine Worte tief die Herzen durchdrangen und unvergängliche Eindrücke hinterließen. Dies ist nur möglich, wenn eine wirklich kompetente Persönlichkeit mit praktischer persönlicher innerer Erfahrung, die Wahrheit der tatsächlichen spirituellen Erfahrungen auslegt und die Kompetenz besitzt, das Wissen in die innersten Winkel des Denkens einzuflößen und dies nicht nur mit bloßen Worten, sondern durch die Ergebnisse Seiner eigenen weiten spirituellen Erfahrungen, vereint mit der Kraft ihrer wesentlichen Prinzipien. 
 
In seiner Sprache war ein ungewöhnlicher und bezaubernder Reiz, der die Herzen Seiner Zuhörer gefesselt hielt. 
 
Dieser heilige und große Meister durchreiste das Land nach allen Himmelsrichtungen und Seine spirituelle Botschaft wirkte wie Balsam auf Hunderte und Tausende zerrissener Herzen. Es gibt kein Dorf und keine Stadt im Punjab, wo Seine Anhänger nicht in großer Zahl zu finden wären. In den verschiedensten Teilen Indiens wurden mehr als 30 Satsang-Hallen erbaut, die Mittelpunkte bildeten, um praktisches, spirituelles Wissen zu vermitteln. Trotz Seines hohen Alters hielt diese verehrungswürdige Persönlichkeit stundenlang spirituelle Ansprachen und Gespräche und löschte so den Durst von Millionen Suchern nach Spiritualität.
 
Zu den monatlichen Zusammenkünften suchten 60.000 bis 80.000 Seelen Beas auf, um aus diesem spirituellen Quell Nutzen zu ziehen.
 
Er sandte Seine spirituellen Strahlen durch die ganze Welt und flößte den Menschen, die durch den Materialismus irregeführt wurden, den Geist der Religiösität ein. Schon zu Seinen Lebzeiten war Sein Name in verschiedenen Ländern bekannt. Seine Anhänger zählten ungefähr 200.000 Seelen, die sich aus Hindus, Moslems, Sikhs und Christen aller Kategorien und Stände, reich und arm, gelehrt und ungelehrt, aus verschiedenen Kasten und Glaubensrichtungen, einschließlich Asiaten und Christen europäischer Nationalitäten zusammensetzten.
 
Diese anziehende Persönlichkeit von Hazur lockte Aspiranten aus europäischen und amerikanischen Ländern an und sie strömten nach Indien, um Seine spirituelle Botschaft zu hören. Die Zahl seiner Anhänger in Amerika, Schweiz, England und Deutschland belief sich auf einige tausend. Unter diesen sind die Namen von Dr. Brock, Dr. Johnson (3), Hr. Myers (4), Dr. Schmidt und Oberst Saunders bemerkenswert. 
 
Hazur pflegte zu sagen: 
 
„Alle Religionen und Länder sind die meinigen und ich liebe sie alle gleichermaßen.“

Erläuterungen:
(1) Guru Granth Sahib - die Heilige Schrift der Sikhs
(2) Äußeres sichtbares Lotuszeichen (Lotuslinie)
(3) Dieser Herr verbrachte den Rest seines Lebens in Beas.
(4) Sekretär Seiner Exzellenz Lord Irwin, Gouverneur General und Vizekönig von Indien.

 

Sein Lebenswerk

Sein angeborener Wunsch war es, alle Religionen auf einer gemeinsamen Plattform zu vereinigen und die ganze Menschheit zu einem einzigen Garn zusammenzuknüpfen und sie alle auf den einen uralten, glücklichen Pfad der Spiritualität zu stellen, der zum gemeinsamen Ziel aller Religionen führt. Er sagte:
 
„Das Wesentliche ist in allen Religionen gleich. Gott ist einer. Die ganze Menschheit sind Seine Kinder und sind so als Brüder verwandt. Die gesamte Schöpfung ist nur eine Offenbarung der einen Wirklichkeit - eine Seele, die ihren Einfluß überall hin bis ins äußerste ausdehnt - ein Licht, das seine Strahlen in das ganze Universum aussendet - eine Sonne, die auf jedes Atom scheint.“ Warum aber dann die ganzen Uneinigkeiten und Streitigkeiten in der Welt? Die Leidenschaft des Hasses und der Lieblosigkeit, die zum Blutvergießen an hunderten und tausenden unschuldiger Seelen geführt hat, ist sicherlich die Folge der falschen Interpretation und der Entartung der „Lebensweise“ - Shariat (1). Die einzige erfolgreiche Methode, diesem Ansturm rücksichtsloser Verheerung und den Vandalismus in Schach zu halten und die gesamte Menschheit in eine Universale Bruderschaft zu vereinen ist, daß vernünftige und bewußte Führer und Oberhäupter aller Sekten - anstatt ihre Aktivitäten in ihre eigenen engbegrenzten Kreise zu richten - sich an einem Platz treffen sollten, damit die allgemeinen Prinzipien der Religion ausgebildet und eingeschärft werden - nämlich erhabener, edler Charakter, der der Einheit der Seele entspringt. Wir sind alle Seelen, wir sind die Bewohner des Hauses (des Körpers) und nicht „der Körper“ selbst. Durch die Richtigstellung der Perspektiven des Bewohners können sicherlich alle anderen körperlichen Angelegenheiten in der rechten Wiese verbessert werden. 
 
Hazur Maharaj Sahib legte die Lehren der Heiligen in konzentrierter Form in einem beachtenswürdigen Werk in Punjabi Schrift - „Gurumat Sidhant“ (2) vor. 
Dieses Buch ist unter ausdrücklichen Anweisungen des Meisters geschrieben worden, um als Leuchtfackel auf dem Weg der Spiritualität zu dienen. Ein solch kraftvolles Literaturwerk in Punjabi hat in den letzten 500 Jahren das Tageslicht nicht gesehen. Dieser wertvolle Schatz des „Göttlichen Wissens“ hat während der Lebenszeit von Hazur beachtlichen Ruf erlangt und fand Anerkennung in Nah und Fern. 

Sein ganzes Leben lang hat Hazur jede Möglichkeit ergriffen, des Blickfeld der Massen zu erweitern und umzugestalten. Ungeachtet Seines Alters von neunzig Jahren ließ er alle körperlichen Bequemlichkeiten außer acht und widmete entschlossen 18 von 24 Sunden des Tages dem Dienst an der Menschheit und stellte dadurch jeden Aspiranten sowohl öffentlich als auch in der Abgeschiedenheit spirituell zufrieden.
 
Ein physischer Körper, der aus Fleisch und Knochen besteht, kann gleich einer Maschine nur bis zu einer bestimmten Grenze arbeiten. Das Ergebnis dieser Unachtsamkeit gegenüber Seinem Körper und dessen Bedürfnis nach Ruhe und der fortgesetzten harten Arbeit war, daß Seine körperliche Hülle die Last der Übermüdung nicht länger tragen konnte; und auf wiederholtes Ersuchen und Bitten von nahezu jedem gab Hazur nach und war geneigt, sich Ruhe zu gönnen und ärztlichen Rat in Anspruch zu nehmen. Dementsprechend kam er im September 1947 nach Amritsar in ärztliche Behandlung. Doch bevor er die Dera verließ, wurde dort ein Organisationsausschuß zur Regelung der Angelegenheiten der Dera gebildet.
 
In Amritsar verbesserte sich Seine Gesundheit ein wenig, aber am 4. Oktober verschlechterte sie sich wieder. Am 5. Oktober 1947 ließ mich Hazur aus Beas rufen. Doch innerhalb einer Woche hatte sich Seine Gesundheit wieder gebessert.
 
Am Morgen des 12. Oktober rief Er mich um sieben Uhr zu sich. Als ich in Seiner erhabenen Gegenwart war, sagte er:
 
„Kirpal Singh, ich habe alle andere Arbeit verteilt, nur meine Aufgabe der Naam-Initiation und das spirituelle Werk habe ich noch niemandem anvertraut. Das übertrage ich heute dir, damit diese heilige und reine Wissenschaft weiterblühen möge.“ Als ich dies höre, füllten sich meine Augen mit Tränen, und betrübt flehte ich: „Hazur! Der Friede und die Sicherheit, die ich hier zu Euren Füßen habe, ist in den höheren Ebenen nicht zu erhalten...“ Mein Herz war erfüllt von Qual, ich konnte nicht weitersprechen; ich saß nur da und starrte vor mich hin, während Hazur mich die ganze Zeit über ermunterte und tröstete.

Von nun an sprach Hazur, wann immer ich die Ehre hatte, mit Ihm allein zu sein, über die inneren Angelegenheiten der Dera und unterrichtete mich, was ich zu tun hatte, wenn Er für immer gegangen sei.
 
Während der Zeit, als Er ans Krankenlager gefesselt war - in den letzten Februartagen 1948 - fragte Hazur einmal: „Wie viele Seelen wurden von mir initiiert?“ Man ging die Aufzeichnungen durch, und als die Zählung abgeschlossen war, erhielt Er die Antwort: „Bis jetzt wurden etwa 150.000 Seelen von Euch erweckt.“ Hazur erwiderte: „Es ist gut.“ Als ich am Abend desselben Tages bei Ihm war, sagte Hazur: 
 
„Kirpal Singh! Ich habe die Hälfte deiner Arbeit getan und über 150.000 Menschen Naam gegeben; das übrige mußt du tun!“ Mit gefalteten Händen und versagender Stimme brachte ich hervor: „Hazur ... es geschehe nach Hazurs Weisungen, ... aber ich habe eine Bitte ... ich möchte, daß die andere Hälfte der Arbeit auch von Hazur vollendet wird ... Wir werden tanzen, wie Hazur es will ... ich wünsche, daß Hazur bei uns bleiben und wenigstens auf alles achten könne und alle Anweisungen würden in Hazurs Gegenwart befolgt.“ Hazur lag schweigend da und sah mich an.
 
In jenen Tagen, als Er das Nachts einmal von Seinen inneren esoterischen Erfahrungen sprach, bemerkte Er:
 
„Die Sonne ist hoch aufgestiegen. Können die Leute in Jullundur (3) diese Sonne auch sehen?“ Die Angehörigen und Freunde, die bei Ihm waren, wußten nichts von dieser geheimen Ausdrucksweise. Die Meinung des diensthabenden Arztes war gleich der der anderen, daß Sein Verstand infolge der Krankheit verwirrt sei.
 
Als ich etwas später am Abend zu Ihm kam, wiederholte Hazur diese Frage nochmals und sprach mich an:
 
„Kirpal Singh! Die Sonne ist hoch aufgestiegen, können die Leute von Jullundur diese Sonne auch sehen?“ Ich antwortete: „Ja, Hazur, die Sonne ist hoch aufgestiegen, und nicht nur die Leute von Jullundur, sondern auch alle, die in England oder Amerika leben und in innere Ebenen aufsteigen, können diese Sonne erblicken.“(4) 
Hazur erwiderte: „Du hast meine Frage korrekt beantwortet.“ In ähnlicher Weise erwähnte Hazur einige Male verborgene Geheimnisse, aber jene um Ihn konnten kaum verstehen, was Hazur damit andeuten wollte. Dies ist nur jenen vertraut, die wirklich sehen und spirituell erfahren sind. 
 
Was konnten daher diese armen Leute über dieses Thema wissen?
 
Die Ihn umgebenden Vorfälle und Geschehnisse betrachtend, bemerkte er einmal:
 
„Es ist schade, daß die Anhänger von Sant Mat auch die Beute von falschen Vorstellungen werden. Die Lehre der Heiligen ist „Sieh mit deinen eigenen Augen, und solange du nicht mit deinen eigenen Augen sehen kannst, glaube selbst deinem Meister nicht.“ Wie es heißt:

Jab lag na dekhun apni naini
Tab lag na patijun Gur ki beni.

Solange ich nicht mit meinen eigenen Augen sehe, werde ich nicht im Innersten überzeugt sein - selbst durch die Worte des Gurus nicht.

Das ist der Grundsatz und Eckpfeiler des Sant Mat und es ist eine feststehende Tatsache, daß der Schüler in sich hineinsehen und dort mit seinem Meister sprechen kann. Jene, die den spirituellen Übungen (Abbhyas) nachkommen, vergessen im allgemeinen nichts davon, lassen alle Gedanken an ihren physischen Körper los, um sich zurückzuziehen, und wenden sich nach innen. Wer auch immer mit Liebe in seinem Gemüt regelmäßig den Anweisungen seines Meisters folgt, wird den Meister im Innern treffen und die Richtigkeit davon bezeugen. Dies ist ein Weg, den man sehen und während der Lebenszeit praktizieren kann. Wenn ihr dem folgt, werdet ihr sehen. Aber jene, die sich nicht um die spirituellen Übungen kümmern, sagen: „Sich vom Körper zurückzuziehen und nach innen zu wenden ist falsch, ungewiß und zweifelhaft. Und falls dies trotzdem möglich ist, daß jemand nach innen geht, dann sind diese inneren Erfahrungen nicht glaubwürdig.“ Wenn sie nicht selbst nach innen schauen, können sie auch den Erfahrungen jener wenigen, die solches Wissen besitzen, keinen Glauben schenken. 
Hazur sagte: „Meine Nachfolger sollten niemals solchen skeptischen Menschen glauben - schwach wie sie sind und mit wenig Wissen - , sonst werden sie im Glauben und Vertrauen erschüttert werden. Deshalb ist es für meine Schüler notwendig, daß sie ihr inneres Auge öffnen. Wenn ihre Seelen sich vom physischen Körper zurückziehen, werden sie die Wahrheit dessen erkennen. Bedenkt, daß diese Wissenschaft des Hochsteigens zu den inneren höheren Ebenen nicht falsch ist. Diese ist richtig, genau, gewiß und bis zum letzten Wort wahr.“ Jene, die emporgestiegen sind, haben dies bestätigt:

Surat sail asman ki lakh pawe koi Sant,
Tulsi jag jane nahin at utang piya panth.
                                                          Tulsi

Gyan ka chandna bhaya akash men, 
magan man bhaya ham lakh paya.
Drishti ke khule se nazar sab aiga,
Lakha sansar yeh jhut maya (5),
Jiv aur Brahma ke bhed ko bujh le,
Shabd ki sanchi taksal laya,
Das Paltu kahe khol parda diya, 
Paith ke bhed ham dekh aya.
                                              Paltu

Sant Tulsi Sahib sagt:

Die Seele eines seltenen Heiligen steigt in die höheren Ebenen und erblickt deren Schauspiel. Die ganze Welt kennt diesen Weg zum Thron des Allmächtigen nicht, der sozusagen in ein Geheimnis gehüllt und schwer zu verstehen ist.

Sant Paltu Das sagt:

Das Licht allen Wissens erstrahlt im inneren Himmel. Als ich dies sah, war mein Gemüt voller Freude. Ich sah, es existiert wirklich. Es kann geschaut werden, wenn das innere Auge geöffnet ist. In jenem Licht sah ich, daß alles, was uns hier anzieht, ebenso wie die ganze Welt ein großer Schwindel (5) ist. Wie kam ich zu diesem Schluß - es war, indem ich das Selbst und Gott durch die große Goldgrube von Shabd analysierte. So auf Shabd abgestimmt, riß Paltu den Schleier entzwei und entzog sich nach innen, um die Wahrheit zu sehen. 
 
Und wieder sagte der Meister eines Tages folgendes:
 
„Ich bin nicht an den einen oder den anderen bestimmten Ort gebunden. Die Heiligen, die von oben beauftragt sind, berichten der Welt vom Wahren Pfad; und jene, die auf der Suche nach wahrem Wissen zu ihnen kommen, hören vom Weg, der zu Gott führt. Es scharen sich weltliche Menschen um sie, um ihre eigenen, weltlichen Bedürfnisse zu befriedigen; und sie benutzen sie als Mittel, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Wenn sich genügend Reichtum angehäuft hat, erweist sich ein Teil von ihnen, deren Habgier unersättlich ist, als Verehrer des Mammons. Wenn solche Umstände auftreten, ziehen sich die Heiligen von einem solchen Ort zurück. Die Seelen aufrichtiger Wahrheitssucher können an einem solchen Ort keinen Trost finden. Solche Plätze werden dann zum Sitz von Mahants und Gaddi-Nashins (6). Wahre Heilige sind an keine religiöse Gemeinschaft oder Kleidung gebunden. Sie sind freie Persönlichkeiten. Sie ergreifen nicht die Partei des einen, noch sind sie des anderen Feind. Sie überbringen uns die wahre Lehre, wie man Gott erreicht. Jenen, die sich in ihrer Gemeinschaft den spirituellen Übungen widmen, werden Erfolg haben, während die anderen, die sich von ihnen fernhalten und sie meiden, unglücklich bleiben.“

Hazur erklärte mehr als einmal mit großem Nachdruck: 
 
„Das Werk der Spiritualität kann nur von einem Adepten der Spiritualität erfolgreich durchgeführt werden. Es kann keinem Blinden (7) anvertraut werden. Wer auch immer den Wunsch hat, mich zu finden, kann mich durch einen, der innerlich mit mir verbunden ist, erreichen. Niemand wird mich in der Gesellschaft finden, die nach weltlichem Besitz strebt. Laßt euch von solchen Leuten nicht täuschen. Kommt euren spirituellen Übungen (Abbhyas) nach, schaut fest in euer eigenes Selbst und trefft mich. Ich verweile nicht inmitten von mayaischen Insekten (8). Geht zu einem selbstlosen Wesen, das nach mir verlangt und für mich lebt und nicht nach dem Besitz von Deras trachtet. Der Gurmukh ist entzückt, seinen Guru zu haben, während ein Manmukh in Luxus und den Freuden der Welt - Maya - schwelgt.“  
 
Bei einer anderen Gelegenheit sagte Hazur:
 
„Kirpal Singh! Die Menschen werden dorthin strömen, wo sie die Reichtümer von Naam finden. Was hast du in der Dera (9) zu erwarten? Du solltest besser von hier weggehen! Als Baba Ji (10) aus Agra (11) kam, brachte er weder Geld noch Anhänger mit sich. Er trug einzig Seinen Guru im Innern, und durch Seine Segnungen entstand die gegenwärtige Dera. Der Sangat (12) ist mir selbst jetzt ebenso lieb wie zuvor. Es ist jetzt für den Sangat unbedingt erforderlich, den spirituellen Übungen (Abbhyas) nachzukommen und nach innen zu gehen. Indem sie dies befolgen, werden sie fähig sein, die Dinge so zu verstehen, wie sie sind. Jeder hat die Schätze des Wissens im Inneren. Sogar ein ungebildeter Mensch, falls er bei einem Gelehrten Hilfe sucht, kann die Abschlußprüfung und den Doktorgrad erlangen. Wenn ihr aber euer ganzes Leben bei einem ungebildeten Menschen verbringt, werdet ihr nicht in der Lage sein, die Doktorprüfung zu erlangen. Vergeudet eure Zeit nicht! Wenn ihr das Wissen der Spiritualität gewinnen wollt, dann geht und sitzt bei einem fähigen Spiritualisten, der praktisch bewandert ist. 
 
Er wird die verborgenen spirituellen Fähigkeiten in euch erwecken. Er muß von sich selbst nichts hinzufügen. Fahre fort, dem ganzen Sangat die Notwendigkeit der spirituellen Übungen (Abbhyas) einzuschärfen, und halte weiter Satsang. Die Seelen bekommen von innen Hilfe, und sie werden sie auch weiterhin erhalten. Gehorche du den Anweisungen deines Meisters. Wenn sich eine gehorsame Ehefrau nach den Bitten und Wünschen ihres Mannes richtet und die Menschen sie beschimpfen, so laß sie. Du mußt das Werk nach den Weisungen deines Meisters fortführen. Kümmere dich nicht darum, was die Leute sagen. Rate jedem, er soll mit Hingabe den spirituellen Übungen nachkommen und sich nach innen umkehren, um die Astralform des Meisters zu erreichen.“


Wann immer ich danach Gelegenheit hatte, während Hazurs Lebenszeit zu Ihm zu gehen, sprach Er über das Thema der Verbreitung der Spiritualität und gab die nötigen Unterweisungen hinsichtlich ihrer wahren Gestalt, Bedeutung und ihrer wesentlichen Grundlagen.
 
Dementsprechend wurde Ihm während Seiner Lebenszeit im November 1947, in strenger Übereinstimmung mit Seinen Wünschen, ein Vorschlag über einen „Spirituellen Satsang“ unterbreitet, dessen Hauptziele der ethische und spirituelle Fortschritt der ganzen Menschheit, ohne Ansehen von Stand, Hautfarbe oder Glauben, waren. Dies wurde von Hazur vorbehaltlos anerkannt, indem Er sagte: „Ich stehe bei diesem Bemühen voll und ganz hinter dir.“ Und er wies mich an, dem Entwurf praktische Gestalt zu geben. Es ist daher allein durch Seine Segnungen, daß der Ruhani Satsang (13) heute in Delhi und außerhalb Delhis erfolgreich wirkt. Einziges Ziel dieses Satsangs ist, der gesamten Menschheit die Spiritualität in einer klaren, wissenschaftlichen Form darzulegen. Die Themen der Läuterung, Selbsterkenntnis und Gotterkenntnis werden praktisch behandelt, so daß Menschen verschiedener Schichten und Glaubensgemeinschaften - während sie in ihrer gewohnten Umgebung leben - dadurch begünstigt werden. Alte Schüler (14) sowie neue ziehen Nutzen aus dieser Wissenschaft, und die täglichen spirituellen Erfahrungen beider zeigen deutlich, daß Hazur Mahahraj Sahib ihnen durch Seine verborgene Hand weit größere Hilfe als je zuvor zuteil werden läßt.

Solche ewig lebenden Persönlichkeiten sind verkörperte Beispiele der Selbstaufopferung. Selbst als Er ans Bett gefesselt war, fuhr Hazur - ohne auf seinen geschwächten Gesundheitszustand Rücksicht zu nehmen - fort, den Durst jener zu stillen, die nach spiritueller Führung und Unterweisung verlangten. Neben der äußeren Hilfe wurde auch die innere Führung von höchstem Ausmaß gewährt. Solche Meisterseelen mögen unseren Augen zwar nur als menschliche Wesen erscheinen, sind aber in Wirklichkeit die „Unsichtbare Höchste Kraft“ - in einen menschlichen Körper gekleidet - die unbehindert auch über die Grenzen dieses Körpers hinaus am Werk ist. 

Erläuterungen:
(1) Laufbahn
(2) Dieser umfangreiche Schatz des Göttlichen umfaßt zwei Bände und ist auf über 2000 Seiten verteilt. Es wurde in andere Sprachen einschließlich Englisch übersetzt. Zwei Bände wurden während der Lebenszeit von Hazur gedruckt und der dritte war in Vorbereitung, als uns Hazur verließ. Dieser wird von Satguru Kirpal Singh Ji Maharaj herausgegeben werden, wie auch die beiden ersten Bände von ihm veröffentlicht worden sind.
(3) Eine Stadt im östlichen Punjab, etwa 27 Meilen von Beas entfernt.
(4) Als Guru Nanak sich Seinem irdischen Ende näherte, sprach Er zu Seinen Söhnen und Seinem ergebenen Schüler, der sein Nachfolger wurde, ebenfalls von dieser Sonne. Die alten Rishis beziehen sich im Gayatri Mantra ebenfalls darauf.
(5) Maya bedeutet all das, was uns hier in dieser Welt gebunden hält und uns von Gott wegzieht.
(6) Die Bezeichnung Mahant oder Gaddi-Nashin wird gewöhnlich jenen gegeben, die an einem bestimmten Platz im Namen der verschiedenen Heiligen vorgeben zu wirken, nachdem diese verstorben sind.
(7) nämlich spirituell blind, dessen inneres Auge nicht geöffnet ist.
(8) Jene, die sich an Besitz und Sinnesfreuden gebunden haben.
(9) Die Dera Baba Jaimal Singh bei Beas.
(10) Baba Jaimal Singh Ji 
(11) Eine Stadt in U.P., Indien
(12) Anhängerschaft
(13) d.h. „Spiritueller Satsang“
(14) Jene, die von Hazur initiiert worden sind.

 

Hazur Swang Singh ging von uns, um immer bei uns zu seien

Während Hazurs Krankheit, als Er sich nicht ohne Hilfe umdrehen konnte, kamen manche seltsamen Ereignisse ans Licht. Selbst zu dieser Zeit half Er den Menschen ebenso im Äußeren, wie Er sie auch auf den höheren spirituellen Ebenen führte.
 
Nach Ansicht der Ärzte litt Hazur an einem Blasentumor. Es wurde Ihm jede nur mögliche medizinische Hilfe zuteil, aber ohne Erfolg.
 
Die Krankheiten von Heiligen sind erstaunliche Ereignisse. Tatsache ist, daß die Krankheit von Hazur das Resultat der Last karmischer Schuld (1), tiefer Seufzer und Tränen der Leidenden unter uns war.
 
Ebenso gibt das äußere Verhalten der Heiligen das beste Beispiel eines hohen Charakters und einer vorbildlichen Lebensweise. Freiwillig und ohne Murren oder einen Laut der Klage nehmen sie die Last der von ihnen initiierten Seelen auf sich, und dies wird zu ihrer üblichen Aufgabe. 
 
Hazur wurde körperlich täglich schwächer. Von der Nacht des 29. März bis zum Morgen des 1. April war eine ungewöhnliche Ruhelosigkeit und ein deutliches Zittern Seiner physischen Gestalt zu beobachten. Diese Symptome wurden auch dadurch hervorgerufen, daß Er die, die Ihn umgaben, auf die Probe stellte.
 
Während der ganzen Zeit Seiner Krankheit sagte Hazur mehrmals:
 
„Wenn jemand, der in Simran und Bhajan bewandert ist, neben mir sitzt, fühle ich mich beruhigt und erleichtert, daher sollten alle, die zu mir kommen, Simran üben..“ In Übereinstimmung damit äußerte sich der Meister wiederholte Male, als sich dieses „Zittern Seines Körpers“ zeigte, mit den folgenden Worten: 
„Wenn derjenige, der mein spirituelles Werk fortzusetzen hat, nachdem ich gegangen bin, kommt und neben mir sitzt, wird all mein Leid vergangen sein.“ Um diesen offensichtlich letzten Wunsch des Meisters zu erfüllen, kamen die nächsten Angehörigen Hazurs einer nach dem anderen und setzten sich Bhajan und Simran übend an Sein Krankenbett; aber es kam keine Erleichterung im Hinblick auf das Zittern Seines Körpers. 
 
Am Morgen des 1. April 1948 erwies Hazur diesem bescheidenen Diener die besondere Güte - natürlich durch die Hilfe einer Frau, die bei Hazur Pflegedienst versah - und gab ihm Gelegenheit, 10 bis 15 Minuten allein an der Seite des Meisters zu verbringen. Zu jener Zeit saß ich mit schwerem Herzen an Seinem Bett und bat:
 
„Meister! Ihr steht über dem Körper und werdet von ihm nicht beeinflußt und seid gleichgültig gegenüber Bequemlichkeit und Unbequemlichkeit; wir aber, wir bescheidenen und hilflosen Wesen, sind sehr niedergeschlagen und können den Anblick von Hazurs körperlichem Leiden nicht ertragen. Ihr habt alle Macht, und wir wären unendlich dankbar, wenn Hazur die Krankheit Seines Körpers gütigst beseitigen würde.“ Es ist wahr, daß ein Gebet Erfolg hat, wo alle anderen menschlichen Anstrengungen fehlschlagen; und in Seiner übergroßen Güte nahm Hazur dieses Gebet an.
 
Als ich meine Augen nach dem Gebet öffnete, befand sich Hazurs Körper in einem Zustand völliger Ruhe. Seine Stirn leuchtete voller Glanz. Er öffnete Seine gnadenspendenden Augen, die von göttlicher Liebe trunken waren und warf einen Blick auf mein bescheidenes Selbst. Seine beiden Augen strahlten wie die eines Löwen. Ich neigte mein Haupt in feierlicher und stiller Anbetung und sagte: „Es ist alles Hazurs eigene Güte.“ Hazur sah drei bis vier Minuten unentwegt in meine Augen. Und in ehrfürchtiger Bewunderung erfuhren meine Augen eine unbeschreibliche Freude, die meinen ganzen Körper wie eine Trunkenheit bis in die letzten Poren erfüllte. Niemals in meinem Leben hatte ich gleiches erfahren.
 
Dann schlossen sich diese gnadenspendenden Augen, um sich nie mehr zu öffnen.
 
So ging in Seinem 90. Lebensjahr, am Morgen des 2. April 1948 um 8.30 Uhr diese strahlende Sonne der Spiritualität am Horizont der Dera Baba Jaimal Singh unter, nachdem sie ihr Licht in die Herzen von Millionen gegossen hatte.
 
Dieser frühzeitige Weggang unseres verehrten Meisters war ein unersetzlicher Verlust und ein an die Seele gehendes Ereignis für einen jeden, der durch die Existenz Seiner erhabenen Persönlichkeit und die Gemeinschaft mit Ihm begünstigt war. Wir können jetzt nur den schweren Verlust beklagen und uns an Seine einzelnen, unerreichbaren Vorzüge erinnern, an Seine unvergleichliche Liebe, Seinen Geist und Seine Weisheit und über allem die spirituelle Barmherzigkeit, die uns alle in die mystische Herde aufgenommen und uns zu Ihm hingezogen hat. Wir können jetzt Tränen des Schmerzes(2) hervorbringen.
 
Diese Tragödie ist in der Tat verhängnisvoll für uns, die wir gebrochenen Herzens sind. Doch jene, die während Seiner Lebenszeit ihre Verbindung mit diesem König der Heiligen - dem Meister - nur auf die physische Ebene beschränkten, und Seine Glorie und Größe auf den astralen und anderen inneren Ebenen niemals mit eigenen Augen sahen, empfinden den brennenden Trennungsschmerz am stärksten. Jene hingegen, die das Glück hatten, Ihm auf den inneren Ebenen zu begegnen, während Er im physischen Körper weilte, leiden vergleichsweise weniger, denn sie können sich selbst jetzt willentlich zu diesem Mächtigsten der Mächtigen - dem Meister - erheben und im Gespräch mit Ihm Trost suchen. In der Tat gesegnet sind solche Seelen, denn durch sie werden noch heute Hazur die Bitten und Botschaften anderer Schüler und Abbhyasis und umgekehrt Seine Anweisungen für sie übermittelt.
 
Obwohl Er physisch von uns gegangen ist, ist uns Hazur in Wirklichkeit nicht fern. Diese Kraft ist unsterblich und unzerstörbar und überwacht nach wie vor alles, was wir tun, und führt jene, die von Ihm initiiert sind.
 
Während Hazur litt, pflegte Er zu sagen:
„Der ganze Sangat sollte mehr Zeit dem Simran und Bhajan widmen, da ich dadurch Linderung erfahre.“ Heute noch wird in der täglichen Botschaft des Meisters große Bedeutung darauf gelegt, daß alle Seine Schüler mehr Zeit dem Simran und Bhajan widmen - entweder gemeinsam oder allein, so daß sie nach innen schreiten und Ihn innen von Angesicht zu Angesicht treffen können.
 
Deshalb obliegt es allen, die von Ihm initiiert worden sind, den Vorteil dieser Augenblicke des Kummers und der Sorge voll auszunützen, indem sie mindestens täglich vier Stunden Simran und Bhajan ausführen, wie dies von Ihm angeordnet wurde. Dadurch werden sie fähig werden, in die höheren Bereiche emporzugelangen, mit dem Meister von Angesicht zu Angesicht zu sprechen und die Trennungsschmerzen im großen Ozean der unsterblichen Existenz zu heilen. Die Medizin für unsere gequälten Herzen liegt nur bei diesem barmherzigen und liebevollen Messias. Jener unbegrenzte Ozean der Göttlichen Gnade wogt selbst jetzt unaufhörlich weiter. Jener Meister der Ewigen Heimat hält Seine Tore die ganze Zeit über offen und ruft uns alle auf:
 
„Verwirklicht das große Prinzip: ‘Zieht euch vom Körper vor dem Tode zurück.’ Ich warte ungeduldig auf euch, daß ihr zu mir heraufkommt. Ich bin euch näher als das Nächste. Für jene, die von mir initiiert wurden, ist es ein Frevel und ein Zeichen der Ungnade in beiden Dingen - der Liebe und der Hingabe - wenn ihr zu irgendeinem anderen als Guru oder Meisterführer aufblickt. Ihr mögt jedoch Vorteil aus der Gemeinschaft einer erwachten Persönlichkeit, die mich täglich aufsucht, ziehen. Er wird euch mit mir vereinen, euch meine Liebe einflößen und die Göttliche Verbindung, die euch an mich bindet und zu mir zieht, verstärken. Ferner wird Er in seiner Stellung als Gur Bhai (3) hilfreich sein, um euch zu dienen.“  
 
Es ist daher klar, daß für alle der annähernd 150.000 von Hazur initiierten Seelen Er Selbst der zuständige Meister ist. Dementsprechend sollten sie alle Bhajan und Simran üben, mit vollem Glauben, Zuversicht, Vertrauen und Dhyan von Hazur allein. Dieselbe Form Hazurs wird sich schließlich um sie kümmern. Dieser unsterbliche Bote unserer künftigen Besserung beobachtet und schützt uns jeden Augenblick. Viele Schüler von Hazur Maharaj Sahib erhalten in diesen Tagen Hazurs Darshan im Inneren, und die auf diese Wiese gesegnet sind, erleichtern ihren Schmerz, indem sie - unbehinderter als je zuvor - mit Ihm von Angesicht zu Angesicht sprechen. Wenn wir nur unsere Aufmerksamkeit von dieser vergänglichen Welt und ihren Beziehungen abwenden und uns diesem Meister der himmlischen Quelle der Unsterblichkeit zuwenden, dann wird - und daran gibt es keinen Zweifel - Hazur auch uns erscheinen, uns Seinen Darshan gewähren und uns, in Seine Strahlung gehüllt, mit Sich nehmen, um uns zu den Füßen des lange geliebten Herrn zu bringen. 
 
Laßt uns unsere Hände im Gebet erheben, daß der Urquell allen Trostes uns Zurückgelassenen Geduld gewähren möge und uns mit Mut und Stärke erfülle, damit wir befähigt werden, uns zu Hazur in die höheren spirituellen Regionen zu erheben, mit Ihm zu sprechen und unsere Häupter zu seinen Füßen niederzulegen.

Kirpal Singh

Erläuterungen:
(1) Heilige nehmen die Last der Missetaten ihrer Schüler auf ihren eigenen Körper, um jene, die von ihnen initiiert sind, rein zu halten und auf diese Weise vor der Angst und Pein des Jüngsten Tages zu bewahren. Das ist jedoch nur ein geringer Teil des ungeheuren Liebesschatzes, den sie für ihre Schüler haben, ungeachtet dessen, ob diese Liebe erwidert wird oder wie ernsthaft der Schüler ist. Dies erklärt eine der vielen großen Verantwortlichkeiten, die wahre Heilige unbemerkt und ohne Wissen ihrer Schüler auf sich nehmen müssen.
(2)wörtlich: von Blut (Anmerkung des Übersetzers)
(3) Ein vom selben Meister initiierter spiritueller Bruder.

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