Wahre Religion: Universale Liebe und Denken an Gott Was ist wahre Religion? Dies ist die natürlichste Frage des Menschen, und jeder einzelne steht ihr früher oder später gegenüber. Wir haben Hunderte und Tausende von Schriften und Abhandlungen, die sich mit den wesentlichen Problemen des Lebens befassen, doch sie gehen nicht einig in der Beantwortung dieser verwirrenden Frage. Wir müssen deshalb in unserer Nachforschung und Suche nach einer »korrekten Lösung«, die nur eine einzige sein kann, weitergehen. Aber bevor wir mit dieser Nachforschung beginnen, müssen wir den Zweck der Religion oder des Dharma kennenlernen. Das Ziel, welches uns alle Religionen vor Augen halten, ist ein und dasselbe, nämlich göttliche Glückseligkeit und die beseligende Schau Gottes. So streben alle Religionen wie ebenso viele Bogenschützen das gleiche Ziel an. Wenn wir in unserem Bekenntnis, Gott zu lieben, wirklich aufrichtig sind, müssen wir auch Gottes Schöpfung lieben, da der Schöpfer und seine Schöpfung identisch sind. Wir können nicht das eine lieben und das andere hassen. Alle Heiligen und Weisen arbeiten an diesem Grundsatz und lieben die Menschheit als solche, und dabei hat es nichts zu besagen, ob einer an Gott glaubt oder nicht, denn sie machen keinen Unterschied zwischen dem Theisten und dem Atheisten oder dem Agnostiker. Sie glauben an die eine große Familie Gottes, und alle sind ihnen teuer, trotz scheinbarer Unterschiede in den unwesentlichen Dingen des Lebens. ...durch die Liebe diene einer dem anderen. Gal. 5, 13 Leigh Hunt erklärte: Einer, der seinen Mitmenschen dient, liebt Gott und ist der wahre Geliebte Gottes. Und ähnlich sagt Samuel Taylor Coleridge in seinem bekannten »Gedicht vom alten Seemann«: Am besten betet, wer am besten liebt, was groß ist und gering, Johannes schreibt in seiner Epistel: Wer nicht liebhat, der kennet Gott nicht; denn Gott ist Liebe... 1. Joh. 4,8 Christus, der große Apostel des Friedens, legte in seinen denkwürdigen Worten das Hauptprinzip des Lebens mit Nachdruck nieder: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Und nochmals betonte er:
Sheikh Saadi, ein Moslem-Heiliger, lehrte dasselbe: So wie die Glieder eines Körpers sind die Kinder Gottes miteinander verbunden. Sie sind aus demselben Geist geboren. Wenn eines von ihnen unter Fieber leidet, werden auch die anderen unruhig. Sheikh Farid und andere Heilige wiederholen dieselbe Wahrheit: Wenn du deinen Geliebten (Gott) finden willst, so verletze nicht die Gefühle eines anderen. Shalok Farid Guru Gobind Singh, der zehnte Guru der Sikhs, sagte: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir, dass sich Gott einem, der liebt, selbst offenbart. Gott ist Liebe, und unsere Seele ist vom selben Geist wie Gott, so ist auch sie Liebe; und der Weg zurück zu Gott geht ebenfalls über die Liebe. Der Schöpfer und seine Schöpfung sind eines. Schade seiner Schöpfung nicht, o Nandlal, und ziehe dir nicht den Zorn Gottes zu. Bhai Nand Lal Alle Heiligen und frommen Ergebenen haben nur eine Religion; die Religion der Hingabe an Gott und der Liebe zu Seiner Schöpfung. Der Mensch ist nicht besser als ein Schaf oder eine Ziege, die ein blindes Leben führen, wenn er nicht von Gefühlen der Liebe und Zuneigung für seine Mitmenschen beseelt ist, ihre Freuden und Leiden teilt und ihnen in ihren Mühen und Sorgen beisteht. Wenn wir statt mit menschlicher Sympathie von Hass, Eifersucht, Übelwollen, Neid und Feindseligkeit erfüllt und voller Groll, Habsucht und Eigenliebe sind, und wenn wir von Stolz und Vorurteilen regiert werden, haben wir kein reines Herz, welches das Licht Gottes in uns widerstrahlen kann, und können so nicht wahres Glück und wahre Wonne empfinden. Alle strahlen das aus sich selbst kommende Licht wider, oh, keiner ist gut oder schlecht. Kabir Der Teil ist im Ganzen und das Ganze im Teil, worin liegt dann der Unterschied, wenn beide das Eine widerspiegeln? Die Unterschiede in den Formen, der Lebensweise, der Kleidung und in den äußeren Gebräuchen entstehen alle durch die physiologischen Bedingungen und können das innere Wirken der Seele nicht beeinträchtigen. Sie verblassen allmählich in ein nebelhaftes Nichts, wenn man sich über das Körperbewusstsein erhebt und zum göttlichen Grund am Sitz der Seele gelangt. Liebe Gott, deinen Herrn, von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und, Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Und weiter sagt er: Liebet eure Feinde; segnet, die euch fluchen; tut wohl denen, die euch hassen; bittet für die, so euch beleidigen und verfolgen, auf dass ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel... Darum sollt ihr vollkommen sein, gleichwie euer Vater im Himmel vollkommen ist. Matth. 5, 44 - 48 Dies ist tatsächlich die wahre Religion, wahre Hingabe und wahre Meditation. Keine Religion ist höher als der Dienst am Menschen. Der Rosenkranz, der Altar und die Kleidung bringen kein Verdienst. Mein Geliebter ist in allen Herzen und kein Herz ist ohne Ihn. Seid des gewiss, dass Gott in allen Herzen wohnt und daher jedes Herz geachtet werden muss. Und Maulana Rumi, der große Heilige, sagt darum: O Mensch, umwandle die geheime Kaaba des Herzens, die anders ist als die Kaaba von Khalil - denn Gott schuf die Kaaba des menschlichen Herzens. Das Verrichten zahlloser Härten und Bußen, von denen jede durch Werke der Nächstenliebe abgelöst wird; das Einhalten unzähliger Fasttage, die tausende Gebete und Myriaden Nachtwachen begleiten, sind ohne Nutzen, wenn du die Gefühle eines einzigen Menschen verletzt. Und wiederum sagt Hafiz: Trinke Wein nach Herzenslust, verbrenne den heiligen Koran und übergib, wenn du willst, selbst die heilige Kaaba den Flammen - aber verletze nicht die Gefühle irgendeines Menschen. Alles dies zu tun, wird als Sünde angesehen; doch Hafiz sagt, es sei viel besser, sie zu begehen, als die Gefühle und Empfindungen eines Menschen zu verletzen, was das größte und abscheulichste Vergehen von allen ist. Die Gnade Gottes kommt niemals herab, solange wir nicht Seine Schöpfung lieben; Gott verzeiht nur jenen, die zum Wohle Seiner Schöpfung wirken. Kabir Sahib, ein großer indischer Heiliger, sagte, indem er sich an eine hohe Priesterkaste wandte: O Brahmane, solltest du dich auf deine hohe Herkunft berufen und denken, dass du aus diesem Grunde besondere Rechte hast, so müsstest du auf eine andere Art als die übrigen zur Welt gekommen sein.
Die religiösen Unterschiede, so wie sie in Erscheinung treten, sind alle von Menschen geschaffen und eine Folge von Engherzigkeit und Bigotterie. Die Wahrheit leuchtet sowohl im Islam wie auch im Kufar (dem Mann des Glaubens und dem Ketzer), und all die scheinbaren Unterschiede in den verschiedenen Gemeinschaften sind in Wirklichkeit nichts. Infolge bloßer Vorurteile, haben die Brahmanen und Sheikhs (die religiösen Häupter der Hindus bzw. des Islam) verschiedene Trinkgefäße, obwohl in der Weinschenke nur ein Kellermeister (der Gottmensch) ist, der denselben Wein (der Gottesliebe) aus der gleichen Flasche an die verschiedenen Zechbrüder, die am Tisch sitzen, ausgibt. Die Heiligen sagen uns, dass es im ganzen Universum nur einen Gott gibt. Die Upanishaden sagen dasselbe: Die Wahrheit ist eine, obwohl sie die Weisen verschieden benennen. Er ist der Gott der ganzen Schöpfung und nicht der der einen oder anderen Religion. Es besteht in der Tat kein Unterschied zwischen Karta (der eine wahre Schöpfer) bei den Hindus und Karim (der Barmherzige) bei den Moslems; Ram (der Erhalter bei den Hindus) und Kalim (der Mitleidsvolle bei den Moslems). Alle diese Namen beschreiben die verschiedenen Attribute Gottes und wurden von Weisen, Heiligen, Rishis und Munis verschiedener Glaubensrichtungen in ihrer eigenen Sprache ausgedrückt. Die Namenlose Realität ist eine, doch sie antwortet auf die Rufe aller und auf jeden Namen, mit dem der Mensch sie anfleht. Der Namenlose Eine hat viele Namen. Er hört darauf, ganz gleich, mit welchem Namen man sich an Ihn wendet. Maulana Rumi Man muss den Gefahren des Zweifels und des Skeptizismus sorgsam ausweichen. Gott allein soll verehrt und angebetet werden. Er ist der Gott aller, und jeder einzelne ist Seine Offenbarung. In allen wirkt derselbe Lebensimpuls, und jedem leuchtet das gleiche Licht. Die gesamte Menschheit bildet in sich eine einzige Klasse. In diesem Zusammenhang sagt Guru Gobind Singh: |