Spiritualität und Religion

Spiritualität ist ein anderer Name für den Surat Shabd Yoga. Mit anderen Worten, bedeutet es die Vereinigung des Surat (Bewusstsein oder Seele) mit Shabd (Tonprinzip, Tonstrom oder die wirkende Gotteskraft). Es ist eine innere Erfahrung der Seele, die das, was uns die verschiedenen Glaubensrichtungen und Religionsgemeinschaften zu sagen haben oder uns zu geben versprechen, weit überschreitet.
Diese Wissenschaft ist als Sant Mat oder Der Pfad der Meister bekannt. Sie berichtet uns von den Grundbegriffen der Spiritualität und übertrifft in hohem Maße die Religionen, wie sie in diesem Zeitalter bekannt sind, denn diese lehren uns lediglich Theorien und Glaubensanschauungen und befassen sich vielfach mit Gaukelei und übernatürlichen Kräften usw. Eine Wissenschaft ist keine echte Wissenschaft, wenn sie nicht zu vernünftigen Schlussfolgerungen kommt. Blindes Vertrauen und blinder Glaube haben keinen Platz in einer Wissenschaft, die Resultate mit mathematischer Genauigkeit hervorbringt, wie es bei jeder anderen Wissenschaft der Fall ist. Wo und wann immer Menschen in dieser Wissenschaft experimentierten, haben sie alle ihre Erfahrungen bekanntgegeben und sind zu den gleichen Schlüssen gekommen.
Das spirituelle Leben besteht darin, dass man Schicht um Schicht der verschiedenen Koshas oder Hüllen - die physische, die astrale und die kausale -, welche den Geist bedecken, ablegt, bis er in seiner ursprünglichen Pracht (aus sich selbst strahlend und schattenlos) leuchtet, zu sich kommt und sagt »Ich bin die Seele« »Aham Brahm Asmi« oder »Tat twam asi« (Das bist du selbst). Ich bin ein Tropfen vom Meer allen Bewusstseins. Erst wenn dieses Bewusstsein dem Geist dämmert, eilt er ungestüm seiner Quelle oder seinem Ursprung entgegen dem Meer ewiger Glückseligkeit. Dies wird »Jivan Mukti« (Erlösung im Leben oder ewiges Leben) genannt. Wenn der Mensch in der Farbe Gottes gefärbt ist, offenbart er wirklich die Gottheit in Gedanken, Worten und Taten. Er wird zur immerwährenden Quelle des Lebens, der Liebe und des Lichts für die gesamte Menschheit.

Vater und Sohn sind in der gleichen Farbe gefärbt und handhaben dasselbe Gesetz für die Menschheit.

Rag Bhairon M. 5

Der arme Nanak ist das Sprachrohr seines Geliebten.

Rag Gauri Sukhmani M. 5

O Lalo, ich öffne den Mund nur, um die Gedanken auszudrücken oder ihnen freien Lauf zu lassen, die sich ungedacht in mir erheben.

Rag Tilang M. 1

Wenn immer eine Meisterseele den Mund öffnet, tut sie es, um die Worte Allahs oder Gottes kundzutun, wenngleich die Stimme von einem Menschen zu sein scheint.

Maulana Rumi

Ich und der Vater sind eins... Alle Dinge sind mir von meinem Vater gegeben... Ich bin im Vater, und der Vater ist in mir. Die Worte, die ich zu euch rede, die rede ich nicht von mir. Der Vater aber, der in mir wohnt, der tut die Werke.

Christus

Wenn ein Wassertropfen seine Identität im Meer verliert, wird er ein Teil des Meeres. Genauso bleibt auch der Geist, wenn er einmal in die Gottheit eintaucht oder in Gott aufgeht, für den Rest der ihm zugeteilten Zeitspanne seiner physischen Existenz, nicht länger ein individueller Geist, sondern wird zum integralen Teil Gottes, fürwahr das Meer des Lebens. Dies alles kann nur durch die Gnade einer Meisterseele erreicht werden; und so wird die mühselige Heimwärtsreise ganz leicht und glatt vonstatten gehen. Es ist dem Menschen nicht gegeben, dies durch sich selbst und ohne Hilfe eines Satguru zu erreichen.

Es ist das fundamentale Gesetz Gottes, dass sich keiner zu Gott hin bewegen kann ohne die Hilfe eines Satguru.

War Bihagra M. 4

Es gibt einen und nur einen Weg zu Gott, der für alle, ob reich oder arm, hoch oder niedrig, gebildet oder ungebildet, vom Osten oder Westen, Lappländer des Nordens oder Buschmänner des Südens, derselbe ist. Er ist der älteste und natürlichste Weg und universal in seinem Aufruf, da er von Gott selbst für Seine Kinder bestimmt wurde; es hat da nichts zu sagen, wo immer sie sich in der weiten, weiten Welt befinden mögen, zu welcher Religion sie sich bekennen und welches ihre Rasse, ihr Stand und ihre Glaubensanschauung ist. Das ist im wesentlichen das Gebiet der spirituellen Wissenschaft, wie sie durch die Meisterseelen von Zeit zu Zeit, entsprechend dem Bedürfnis des Zeitalters, in dem sie lebten und in der jeweils gebräuchlichen Sprache des Volkes, gelehrt wurde. Daher die grundlegende Gleichheit in ihren Lehren:

Die Wahrheit ist eine, obwohl sie durch die Weisen auf verschiedene Art beschrieben wurde,

sagt der Upanishaden-Text.

Heilige wirken als Steuermänner im stürmischen Meer des Lebens. Sie nehmen die Bürde auf sich, rechtschaffene Seelen heil durch die Untiefen und versunkenen Felsblöcke zu steuern und geben sich nicht zufrieden, bis diese sicher in die Heimat ihres Vaters zurückgebracht sind. Sie kommen von weit her, aus einem rein geistigen Reich, mit einer festgelegten Absicht und dem Auftrag, den weltmüden Pilger (die Seele), der nach der Wiedervereinigung mit der Quelle und dem Ursprung des Lebens verlangt, zu leiten.

Sie sind göttliche Seelen, in menschliche Körper gekleidet, und kommen mit Gotterkenntnis.
Sie kommen von unbekannten Orten, um Handel mit Seelen zu treiben, und sie blicken immer zurück.

Maulana Rumi

Die Schriften sind voll der spirituellen Erlebnisse solcher hochbeseelten Heiligen und bilden ein gemeinsames Erbgut für die Menschheit. Ihre Anweisungen sind für alle die gleichen, denn ihr Aufruf an die Menschheit ist universal und nicht nur für die eine oder andere Gemeinschaft oder Klasse; sie sprechen von der Ebene der Seele aus zu allen verkörperten Seelen, ungeachtet ihrer konfessionellen Etiketten und Ausdrucksweisen; denn Gott gehört jenen, die Ihn als ihr eigen beanspruchen.

Gott ist unvergleichlich und steht über allem, ist aber mit den Ihm Ergebenen verbunden. Alle sind der Welt verhaftet und kennen nicht die Hingabe an den Herrn.

Sorath Ravidas

Der Surat Shabd Yoga strebt nach der direkten Vereinigung der Seele mit Gott. Bei der Initiation gibt der Meister dem Aspiranten eine innere Ersthand-Erfahrung der Spiritualität, welch untersten Grades sie auch immer sei. Sie kann im Laufe der Zeit durch regelmäßige spirituelle Übung (Sadhan) weiter entwickelt werden. Alle Schriften geben einen genauen Bericht von den Lehren dieses natürlichen Yoga, deren Rechte nicht irgendeiner bestimmten Glaubensrichtung oder Religion vorbehalten sind. Da Gott für die ganze Menschheit da ist, sind auch die Meister dieser Wissenschaft für alle da. Wenn man auf dem spirituellen Pfad fortschreitet, eröffnen sich ungeahnte Durchblicke und enthüllen ungeträumte spirituelle Bereiche. Diese Erfahrungen sind jedoch nur durch die Gnade eines Satguru möglich.
Kurzum, keiner kann ohne die Hilfe eines unfehlbaren Führers auf dem Gottespfad gehen, man nenne diesen Führer, wie man will - einen Gottmenschen »Murshid-i-Kamil« (vollendeter Meister) oder einen »Rahbar-i-Haq« (Führer zum Reich der Wahrheit). So ist es unbedingt notwendig, dass der Wahrheitssucher einen vollendeten Meister findet, der in der Theorie wie auch in der Praxis des Surat Shabd Yoga wohlerfahren ist. Es ist unwesentlich, ob einer für die Suche nach einem wirklich kompetenten Meister seine ganze Lebenszeit aufwendet und dabei in alle zehn Himmelsrichtungen von einem Ort zum anderen wandert -, denn »die Pforte ist eng und der Weg ist schmal... ; und wenig sind ihrer, die ihn finden«. Ein vollendeter Meister leitet die Seele wahrhaftig aus dem Dunkel zum Licht, aus dem Unwirklichen zum Wirklichen und vom Tod zur Unsterblichkeit. Er ist ein unfehlbarer Freund auf Erden und im Jenseits.

Er bleibt immer bei dir, ob du lebst oder stirbst, und ob du hier auf der Erde bist oder im Jenseits.

Maulana Rumi

Selbst am Ort der Abrechnung steht Er dir zur Seite.

Suhi M. 1

Darum ist gesagt:

O Nanak, sprenge alle irdischen Bande und suche nach einem wahren Freund. Der eine wird dich schon im Leben verlassen, während dich der andere sogar im Jenseits begleiten wird.

Maru War M. 5

Mit ihm kann man das Körperbewusstsein überschreiten und sich ins kosmische Bewusstsein und danach ins Überbewusstsein erheben, das weit über den Grenzen der Großen Auflösung liegt und in Ewigkeit dasselbe bleibt. Alle unsere Mühen und Sorgen sind die Folgen der Abtrennung von der Gotteskraft, und durch die Wiedervereinigung können wir das Reich Gottes wieder erlangen. Durch die Schuld des ersten Menschen (Adam) haben wir den Garten Eden verloren, und durch den ersten Menschen (den Sohn Gottes) kann die Versöhnung mit dem Vater (dem Geist Gottes) hinter dem sonst undurchdringlichen Schleier der Dunkelheit (Bajjar Kapat) auf der Rückseite der beiden Augen stattfinden und sich die Seele ewiger Wonne erfreuen, während sie sich im Licht des Himmels sonnt.
Farid, ein Moslem-Heiliger von großem Ansehen, erklärt nachdrücklich: 

O Farid, beginne eine weltweite Suche nach einer Meisterseele, fahre damit unaufhörlich fort, oben und unten, rechts und links, überall, und einmal wird es dir gelingen, einen Menschen der Gnade zu finden, und dann wirst auch du Gnade erfahren.

Solch ein Mensch zeigt uns nicht nur den Weg und ist immer bei uns, sondern begleitet uns natürlich als Führer von Ebene zu Ebene - von der irdischen, physischen Welt bis Sach Khand oder der Stätte der Wahrheit.
Wenn der Geist den physischen Körper überschreitet und zunächst die Regionen der Sterne, der Sonne und des Mondes überquert, sieht er sich der strahlenden Form des Meisters gegenüber, und dann kann man sagen, dass er die Zweite Geburt erlangt hat. Von da an übernimmt der Meister die Sorge für die Seele und führt sie von Ebene zu Ebene. Auch Christus sagte darüber: 

Es sei denn, dass jemand von neuem geboren werde, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen.

Das ist die Geburt aus dem Geist, zum Unterschied von der Geburt aus dem Wasser. Während die letztere aus vergänglichem Samen ist, ist die erstere aus unvergänglichem Samen.
Von nun an ist der Geist oder die Seele unter der Obhut des Meisters, und keine Macht der Finsternis kann sie in Versuchung führen. Die Lehren der Heiligen sind, wie oben gesagt, die ältesten und natürlichsten und am besten geeignet für alle Zeitalter und für Menschen aller Arten und Klassen, ungeachtet des Geschlechts, der Rasse und der Glaubensanschauung.
Es ist der natürlichste Weg; er war immer der gleiche, unverändert, und wird nur von einem kompetenten Meister gelehrt. Jede einzelne Seele kann die Wahrheit dieser Lehren nachprüfen, indem sie sie einer gründlichen Untersuchung unterzieht.

Weiter