Was ist nach dem Tode?

„Und Gott sprach: Es werde Licht, und es ward Licht“ (Genesis 1,3). Und dies ist „das wahrhaftige Licht, welches alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen.“ Und das Licht ist das Leben der Menschen.
In denkwürdigen Worten wie diesen beschreiben alle Schriften den Ursprung oder die Erschaffung der Welt und all dessen, was in der Welt ist. Strahlen des Lichts, die mit der Musik des Lebens vibrieren, strömten aus dem Formlosen Absoluten Sein, um die Welt mit ihrer Fülle von Farben in zahllosen Formen und Gestalten hervorzubringen.

Wie oben, so auch unten. Der Geist und die Kraft Gottes, die in dem vibrierenden heiligen Licht offenbart sind, durchdringen alle vier großen Aufteilungen des Universums: Sach Khand, die Stätte der Wahrheit oder unwandelbaren Dauer in ihrer ursprünglichen Reinheit, worin die materielle Ursache (das Gemüt) noch verhüllt und verborgen ist; Brahmand, das Ei von Brahman, die zweite große Aufteilung des Universums, die nach dem Willen des höchsten Wesens durch das universale Gemüt in seiner elementaren Ursubstanz geschaffen wurde; als nächstes And oder die dritte große Aufteilung, Astralwelt genannt, mit dem Gemütsstoff in seiner feinstofflichen Form; und zuletzt Pind oder die physische Welt als vierte große Aufteilung, die Schöpfung des grobstofflichen Gemüts.

Während unseres Aufenthalts auf Erden vollzieht sich unser Schicksal oder unsere Bestimmung, wie es mit großer Genauigkeit nach einem fehlerlosen Plan der sogenannten pralabdh-karmas vorgesehen ist. Diese bestimmen in groben Umrissen den allgemeinen Rahmen, der Dauer und Verlauf des Lebens in jedem einzelnen Fall festlegt. Die irdische Ebene ist sozusagen eine große Verrechungsstelle oder Buchhaltung, wo jeder seine Rechnungen, die aus der Vergangenheit stammen, bezahlen muß. Und indem wir dies tun, eröffnen wir wohl oder übel neue Konten, nehmen Kredite und Schulden auf, um sie irgendwann in der fernen Zukunft einzulösen und zu begleichen, wobei niemand weiß, wie, wann, in welcher Form und unter welchen Umständen das geschehen wird. Während wir also ernten, was wir in der Vergangenheit gesät haben, bereiten wir beständig den Boden für neue Saaten, seien es gute, schlechte oder gewöhnliche. Und dies geschieht alles wahllos, angetrieben vom Gemüt und von den Sinnen.
Die Weisen nennen die irdische Ebene „karam kshetra“, den Bereich der Handlung, wo das Säen und Ernten immer weitergeht - unter der Führung und Kontrolle von Dharam Rai, dem König des Schattenreichs, der jeden Gedanken, jedes Wort und jede Tat, wie nichtig und unbedeutend sie auch immer erscheinen mögen, genau und gerecht abwägt und beurteilt und einem jeden am Ende seiner Lebensspanne Recht spricht. Guru Nanak nennt diese Region „Dharam Khand“, denn jede Pilgerseele, die dort hinkommt, muß das „Gesetz der Vergeltung und Strafe“ in seinem vollen Ausmaß erfahren, da es für alle ohne Ausnahme oder Vergünstigung gültig ist. Jeder wird nach dem Gewicht seiner Handlungen und Taten gewogen und lernt unter zeitweise harten und schweren Schicksalsschlägen die große Lektion von Brahman, dem Herrn der drei Reiche: des grobstofflichen oder physischen, des feinstofflichen oder astralen und des kausalen oder instrumentalen (Pind, And und Brahmand). Alle drei sind Zonen des universalen Gemüts mit zahllosen Ebenen und Unterebenen. Sie schließen unter anderem verschiedene Himmel und Höllen wie auch Zwischenstufen ein, die man durch seine Sinne, Gefühle und Empfindsamkeiten, Zuneigungen und Abneigungen, Liebe und Haß, Stolz und Vorurteile hervorbringt und die aus Wünschen verschiedener Art geboren werden. So schafft sich jeder seinen eigenen Aufenthaltsort, und dies nicht nur hier auf Erden, sondern auch im Jenseits; in den astralen und mentalen Welten, worin man die seit Anbeginn der Zeiten in verschiedenen Verkörperungen angesammelten Eindrücke angehäuft hat. Sie alle bleiben in der Seele, in den Tiefen des Saatkörpers, in Form allgemeiner und verborgener Anlagen zurück. Ein Teil von ihnen bildet bei der Wiedergeburt einen ätherischen Körper, der dem dichten, grobstofflichen vorausgeht. So „wird dem Schicksal Form gegeben, ehe noch das physische Gewand bereitliegt“, um die darin enthaltenen Ursachen zur Auswirkung zu bringen.

Auf ähnliche Weise nimmt die scheidende Seele beim Tod alle Lebenseindrücke mit, die sich tief in das Gemüt eingeprägt haben, wie auch die Leidenschaften, die während des ganzen Lebens vorherrschten. Sie werden nun in ihren leuchtenden Farben ausgesondert, die dem zukünftigen Bestimmungsort der Seele in der astralen und mentalen Welt der Geistwesen festlegen. Der physischen Umhüllung beraubt, entfaltet jede Seele ihre subtile Individualität und erscheint jetzt gleichsam im Licht der Mittagssonne. Die Menschen mögen sich hier beliebig lange selbst täuschen, indem sie ein frommes Gesicht machen und schöne Kleider anziehen. Es mag ihnen auch für den Augenblick gelingen, andere zu täuschen; in der Astralwelt jedoch, wo man den festen äußeren Schutz des grobstofflichen Körpergewandes nicht mehr hat, kann niemand mehr heucheln.

O Nanak, dies ist der Ort, an dem das göttliche Mysterium
zuletzt enthüllt wird.
Vollkommen ist, wer die Vollkommenheit verehrt,
und die unvollkommenen werden dort vervollkommnet.
Jene, die sterbend kommen, um wiedergeboren zu werden,
sind noch nicht vollkommen.

Die Astralwelt ist die Welt der Geistwesen oder entkörperten Seelen, die den physischen Körper abgelegt haben, aber noch in die feinstofflichen und mentalen Hüllen eingeschlossen sind. Sie wird auch „Pitri Lok“ genannt, der Ort, wo sich die Pitris oder Manen der gestorbenen Vorfahren befinden, wie oben beschrieben. Hier sind die Seelen im siebenfachen Schleier der Astralwelt gefangen und nehmen aus jeder der darin existierenden Unterebenen feinstoffliche Materie auf. Sie ernten hier die Auswirkungen der Ursachen, die sie auf Erden hervorriefen. Sie durchlaufen bestimmte Reinigungsprozesse im göttlichen Schmelztiegel, um für das Land der Strahlenden würdig zu sein, nachdem der Unrat verbrannt ist. Annie Besant (1847 - 1933), eine Schülerin von Madame Blavatsky, hat in ihrer bekannten Studie „Uralte Weisheit“ eine anschauliche Beschreibung der verschiedenen Unterebenen des von ihr „Kam Lok“ genannten niederen Unterbereichs in der Astralwelt gegeben. Wie der Name besagt, ist dies ein „Ort der Wünsche“, der nach Annie Besant sieben Unterteilungen hat, die alle mit Menschen von verschiedenem Wesen und Temperament bevölkert sind. Der Abschaum der Gesellschaft, die Schändlichsten der Schändlichen, die Mörder und Räuber, Rohlinge und Verkommenen, Menschen mit tierischen Gelüsten und viehischen Begierden, die sich, während sie auf Erden lebten, tierische Astralkörper geschaffen haben, erscheinen nun, nach dem Tod, in ihren entmenschten Formen und den ihnen eigenen Abscheulickeiten auf der untersen Ebene der Höllenregion, wo sie wild brüllend umherziehen; wütende, rasende und tobende Dämonen auf der Suche nach Mitteln zur Befriedigung ihrer unersättlichen Begierden. In dieser düsteren, widerwärtigen Umgebung bringen sie die Ernte ihrer eigenen Aussaat ein und lernen die so sehr nötige Lektion, die sie bei Lebzeiten versäumten, als sie im Auf und Ab der Lüste und Wünsche hin- und hergetrieben wurden. Die Lehren der Natur sind streng und bitter, aber auf die Dauer gesehen gnädig, da sie letztlich für ihr Wohl bestimmt sind.
Zur nächsten Unterebene kommen die Seelen, die ihren Körper mit großer Angst verlassen, die sie schwer belastet, oder solche mit einem unstillbaren Verlangen und Trachten nach Vergnügen und Genuß.

Zwei weitere Unterebenen sind für die gebildeten und denkenden Menschen, die während ihres Erdenlebens hauptsächlich mit weltlichen Angelegenheiten beschäftigt waren. Ihre Aufmerksamkeit ist mehr auf das Zukünftige als auf das Vergangene gerichtet, weil sie zu den fortschrittlich Gesinnten zählen.

Von der fünften Unterebene an verändert sich die Umgebung beträchtlich und wird im eigentlichen Sinn des Wortes astral, nämlich wahrhaftig gestirnt, mit Sternen übersät, und die Umgebung ist heiter und beglückend. Diese drei Unterebenen werden beschönigend Himmel genannt, Himmel einer niedrigeren Art, die manchmal, wie bei den späteren Juden, untere Himmel genannt werden, weil sie im Gegensatz zu den höheren Himmeln in der Unterwelt liegen.

Die religiösen und philosophischen Eiferer kommen in die materialisierten Himmel der fünften Region, die sie sich auf Erden wünschten und ersehnten - wie die ewigen Jagdgründe, die Walhalla (die letzte Ruhestätte berühmter Toter und im Kampf gefallener Helden), das freudvolle Bahisht oder Paradies der Moslems, das goldenen Neue Jerusalem mit seine Toren aus Perlen oder der Himmel der Bildung und Gelehrsamkeit.

Die höher entwickelten Seelen, wie Künstler, finden einen Platz im sechsten Unterbereich. Der siebente oder höchste ist gänzlich für die materialistisch ausgerichteten Intellektuellen bestimmt, wie führende Persönlichkeiten in Politik und Verwaltung oder Wissenschaftler, die auf Erden ausgespreochen materialisitisch waren und sich beim Erwerb ihres Wissens den Wegen der Welt verschrieben haben.

Das Leben im Kam Lok ist aktiver, die Formen sind plastischer, die Geist-Materie höher geladen und feinstofflicher, nicht zu greifen oder wahrzunehmen und dennoch durchsichtig und licht. Die Gedankenformen erscheinen und vergehen hier in rascher kaleidoskopischer Folge wegen der hohen Geschwindigkeit der Vibrationen, die von den Sinneswahrnehmungen, Empfindungen und Gefühlen hervorgerufen werden.

Ein spirituell fortgeschrittener Mensch mit einem geläuterten Astralkörper durchquert Kam Lok ohne Aufenthalt. Wer rein und maßvoll ist, wenn auch seinem Zustand nach weniger geistig, gelangt friedlich träumend hindurch. Andere, die weniger entwickelt sind, kommen in einem Bereich zu Bewußtsein, der ihrer Wirkungsstätte im Leben ähnlich ist. Diejenigen, denen ihre tierischen Leidenschaften noch anhaften (Dämonen), erwachen buchstäblich und genau jeder „an seinem Platz“, in der ihm angemessenen Region.

Diese Ebene ist heimtückisch und trügerisch. Aus dem Grunde ist es jenen, die von einem vollendeten Meister ihrer Zeit in die göttlichen Mysterien des Jenseits initiiert wurden, nicht erlaubt, sich dort aufzuhaltn, damit sie sich nicht verstricken. Sie werden im Gegenteil schnell und geschützt hindurchgeleitet, um auf höheren Ebenen Reife und Beständgikeit zu erlangen. Sie können, in sich gefestigt, zu einem späteren Zeitpunkt dorthin kommen und den verführerischen Reizen, dem täuschenden Blend- und Zauberwerk dieses Ortes widerstehen, so daß ihr Aufstieg in die spirituellen Regionen nicht behindert wird.

Von der astralen Welt der Wünsche kommen einig Seelen in eine andere Welt, die der Gedanken. Es ist eine mentale Zone (mano-mai shrishti), die vom denkenden Gemüt oder dem sogenannen manas hervorgebracht wird. Gedanken haben eine gewaltige Kraft. Jeder Mesnch schafft sich auf Erden durch die Fülle der Gedanken und Einbildungskraft sein eigenes Traumland, zu dem die Seele nach dem Tod allmählich hingelangt, um die „Luftschlösser“, wie man zu sagen pflegt, zu erleben.

Auf jeder Stufe, vom universalen Brahman mit seiner reinen Gemütsessenz bis hinunter zum einzelnen Menschen, webt sich das Gemüt seine eigene Welt und freut sich, wenn es darin wie eine Spinne im eigenen Netz gefangen lebt und hinauf und hinunter, nach rechts und nach links in dem feingesponnenen Gewebe hin- und herjagt, das sie mit einem leichten, hauchdünnen Sekret aus ihrem eigenen Leib kunstvoll gefertigt hat. So schaffen die Gedankenformen und -bilder eines jeden ein großartiges Gedankenreich, und dies lange bevor der Denkende im Körper aus dem Gefängnis der physischen Existenz in der materiellen Welt befreit wird.

Wie du denkst, so wirst du. Dies ist das Gesetz der Natur, und niemand kann sich seinem Wirken entziehen. In dieser Welt der Gedanken sind die Gedankenvibrationen der alleinige Mitteilungsweg von Seele zu Seele, und alle Seelen leben in enger Gemeinschaft miteinander. Raum und Zeit spielen dort keine Rolle. Wenn es überhaupt eine Trennung zwischen ihnen gibt, besteht diese nur im Mangel an Sympathie, nicht aus einem anderen Grund. Insgesamt ist das Leben hier reicher, erfüllter und mehr entwickelt als in allen vorangegangenen Regionen. Aber es bleibt auch hier trügerisch, da es aus dem Gemütsstoff eines jeden kommt. Niemand kann der Täuschung völlig entgehen, wenn er auch seinen eigenen Himmel in Fülle genießt, sei er groß und weit oder unbedeutend und begrenzt, wie es der Gemütsart des einzelnen entspricht. Doch bewahrt jeder inmitten des Scheins, der ihn umgibt, einen Sinn für die Wirklichkeit.

Ein Heiligtum von besonderer Bedeutung in der mentalen Welt ist Dev Lok, die Stätte der Devas oder Strahlenden. Dies sind hocherleuchtete Menschen ihrer Zeit, die in ihrem Forschen weit fortgeschritten sind. Hier befinden sich die Svargas und Baikunths der Hindus, das Sukh Vati der Buddhisten, die Himmel der Zarathustra-Anhänger und der Christen, die Arshas der Moslems höherer Denkart und die erhabenen Paradiese oder Orte der Freude bei den späteren Juden. Hier liegt der Garten Eden, aus dem der Mensch wegen seiner ersten Übertretung der Gebote von Gott vertrieben und verbannt wurde. John Milton (1608 - 74), ein großer Dichter und Genius seiner Zeit und ein politisch und spirituell tiefgründiger Denker, hat in seinem unsterblichen klassischen Werken „Das verlorene Paradies“ und „Das wiedergewonnene Paradies“ eine wunderbare Darstellung vom Sündenfall des Menschen gegeben, von seiner Auferstehung und Heimkehr zu Gott durch die Fürsprache des Menschensohnes.

Ohne sich mühsam durch die Schriften der einzelnen Religionen hindurchzuarbeiten, die sich mit den verschiedenen Bereichen menschlichen Lebens nach dem Tode befassen, ist es dennoch angebracht, noch einmal auf Brahma Vidya oder die göttlliche Weisheit zurückzukommen, die von den Griechen richtig als „Theosophia“ bezeichnet wurde und eine entsprechende Philosophie darstellt, die die Weisheit des Ostens und des Westens in sich vereint. Wenn wir uns wieder der großen Okkultistin Annie Besant zuwenden, finden wir die mentale Ebene von menschlichen Wesen bewohnt, die ihre physische und astrale Hülle abgelegt haben. Von den selbstischen animalischen Leidenschaften gereinigt, kommt jeder in diese Region, um die Früchte seiner guten Taten zu ernten, wie sie auch immer sein mögen, groß oder unbedeutend, entsprechend dem Umfang an guten Gedanken, persönlichen Bestrebungen und Wünschen, Hoffnungen und Ängsten, Neigungen und Interessen. Wir können nicht mehr haben, als wir sind, und unsere Ernte entspricht unserer Aussaat. „Irret euch nicht, Gott läßt sich nicht spotten. Denn was der Mensch säet, das wird er ernten“ (Galater 6,7). Es ist eine Welt des „guten Gesetzes“, das gerecht und gnädig ist und jedem den angemessenen Lohn oder Verdienst für seine Arbeit auf Erden zuteilt. Woran immer man gedacht hat; jedes Verlangen, das zu einer Kraft wurde; fehlgeschlagene Bemühungen - in Fähigkeiten umgewandelt; Kämpfe und Niederlagen - zu Säulen der Energie und Stärke geworden; Sorgen und Irrtümer - zur strahlenden Rüstung geschmiedet: dies alles trägt nun Frucht in einer der sieben Unterebenen oder Himmel im Lande der Mitternachtssonne, wo man zum Selbstbewußtsein erwacht und sich auch der Umgebung außerhalb seiner selbst voll bewußt wird. Die Erinnerung weitet sich in die bisher unbekannte Vergangenheit aus und bringt den Grund ans Licht, der sein Leben auf Erden formte, und ebenso die Ursachen, die er für die weite Zukunft geschaffen hat. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft geben ihm jetzt ein vollständiges Bild des Lebens, das wie ein offenes Buch nichts verbirgt und vorenthält. Hier entwickelt er ein Auge, das alles sieht, und wird im wahrsten Sinne des Wortes zum vollkommenen Seher, soweit es ihn selbst betrifft.

In dieser Himmelswelt wird der niedrigste Teil den am wenigsten entwickelten Seelen zugewiesen, die Familie und Freunde aufrichtig und selbstlos lieben und edlere, reinere und bessere Menschen als sie selbst bewundern. Ihr Lohn ist entsprechend begrenzt und unbedeutend, das Gefäß ihrer Empfänglichkeit klein. Dennoch fließt es über vor Freude, Reinheit und Harmonie, und sie werden nach einer bestimmten Zeit mit stärkeren Kräften und Fähigkeiten auf dieser Ebene wiedergeboren.

Als nächstes kommen Männer und Frauen von religiöser Gläubigkeit, die mit Herz und Sinn Gott zugewandt sind - dem persönlichen Gott ihrer eigenen Wahl, jeglichen Namens und jeglicher Form an die sie glaubten; und der Namenlose und Formlose erscheint ihnen in derselben Gestalt, in der sie ihn liebend verehren, und überschüttet sie mit hingebungsvoller Berauschung, entsprechend ihrem geistigen und emotionalen Aufnahmevermögen. Das Göttliche kleidet sich in die Form, die seinem Ergebenen vertraut ist. Es ist wirklich seltsam, daß die Menschen vergessen, daß alte Gottheiten in der menschlichen Brust wohnen. Wir brauchen uns nur nach innen zu wenden, um den Formlosen in der Form, in der wir ihn am meisten verehren, zu erblicken. Es heißt daher: „Er ist formlos, und doch sind alle Formen die seinen; nennt ihr, wie immer ihr wollt, und er wird sich euch zuwenden.“
Zur dritten Ebene kommen die aufrichtig ergebenen Seelen, die Gott im Menschen sehen, ihm dienen und ihn in seiner offenbarten Schöpfung verehren. An diesem Ort werden sie zu großen Dienern der Menschheit späterer Epochen herangebildet und mit einer großen Kraft selbstloser Liebe für sie ausgestattet.

Die Seelen überragender Geister der schönen Künste, wie Musik, Malerei und Bildhauerei, die Erforscher und Entdecker der Naturgesetze, eifrige und ehrfurchtsvolle Gelehrte, die in die Tiefen des Wissens eindringen, bekommen in der vierten Unterebene Gelegenheit, sich zu vollkommenen Lehrern künftiger Generationen zu entwickeln; und wenn sie kommen, dienen sie als Fackeltäger ihrer Zeit, in der sie ihre Spuren hinterlassen.
Als nächstes kommen drei höhere Regionen formloser Himmel. Eine große Zahl von Seelen gelangt nur zu den untersten Bereichen, wo sie ledigleich einen kurzen Aufenthalt und einen flüchtigen Einblick bekommen, entsprechend dem, was sie gesät haben. Dann gehen sie auf die irdische Ebene zurück, wo sie in das große Unbekannte eingetaucht werden.

Doch Seelen mit tiefer Denkart und idealer Lebensweise erkennen die Wahrheit genau und sofort, sehen die fundamentalen Ursachen, die grundlegende Einheit, und erfahren das unveränderliche Walten des göttlichen Gesetzes in voller Harmonie, inmitten äußerst widersprüchlicher Auswirkungen, wie es dem ungeschulten Auge erscheint, und wo „sich alle Dinge unterscheiden und doch miteinander im Einklang sind“ (Pope).

Fortgeschrittene Seelen mit einem vollkommenen, lückenlosen Gedächtnis gehen den Weg zur sechsten Unterebene. Nachdem sie die Reichtümer des göttlichen Gemüts (Brahmand) gesammelt haben, kehren sie als große Wegbereiter zurück, um den Menschen die Wege Gottes nahezubringen und ihn zu verherrlichen. Die „mächtigen Toten“ der Vergangenheit erhalten hier einen Vorgeschmack des „glorreichen Lebens“, indem sie den wirkenden Willen Brahmans in seiner Fülle sehen und bezeugen, wobei kein Glied in der Kette der Kausalität fehlt.
In die höchste Unterebene kommen die Seelen der Meister des Brahma Vidya und ihre Initiierten (Brahmacharis), denn nur ein Initiierter kann die „enge Pforte“ und „den schmalen Weg, der zum Leben führet“, finden; und so treten die wenigen Auserwählten in das Land und Leben von Brahman ein. Sie erfreuen sich dort in höchstem Maße ihrer Selbstbewußtheit, haben aber noch nicht am kosmischen Bewußtsein teil.

Am Ende gibt Annie Besant folgende Zusammenfassung: „Dies ist ein Abriß der ‘sieben Himmel’, in deren einen oder anderen die Menschen nach der ‘Umwandlung, die sie Tod nennen’, zu gegebener Zeit kommen. Denn der Tod ist nur eine Verwandlung, die der Seele eine teilweise Befreiung von ihren schwersten Ketten gewährt. Er ist nur die Geburt in ein umfassenderes Leben, eine Rückkehr nach kurzer Verbannung auf Erden in die wahre Heimat der Seele (Heimat des universalen Gemüts), indem sie aus einem Gefängnis in die Freiheit der höheren Atmosphäre gelangt. Der Tod ist die größte der irdischen Täuschungen; es gibt keinen Tod, sondern nur sich verändernde Lebensbedingungen. Das Leben geht immer weiter, ununterbrochen, unzerstörbar; es ist ungeboren ewig, uralt und beständig’; es erlischt nicht mit dem Ende der Körper, die es umhüllen. Wenn wir uns vorstellen, daß mit dem Zerfall des Körpers die Seele zugrunde geht, könnten wir ebnso gut annehmen, daß der Himmel herabfiele, wenn ein Gefäß zerbricht.

Der Lauf dr Menschheit nach dem Tod kommt in den drei Welten, der physischen, astralen und mentalen, nicht zur Ruhe. Die von der physischen Hülle befreiten Seelen werden auf dem gewaltigen Lebensrad Brahmans durch die Antriebskraft ihrer eigenen Gedanken, Worte und Taten hinauf- und hinuntergetragen. Es ist alles ein Spiel des individuellen Gemüts, das sich in seinem weitverzweigten Gebiet von der untersten physischen bis zu den mentalen Welten ausbreitet. Hier errichtet man sein eigenen Tabernakel für einen vorübergehenden Aufenthalt im Jenseits, sei er kurz oder lang, um nach den jeweiligen Erfordernissen die Lektionen von Brahman zu lernen, während man auf dem Pfad zur Vollkommenheit fortschreitet; dabei bringt jede Seele eine möglichst große Ernte ein, bevor sich die Ursachen ausgewirkt haben, die von äußeren Antriebskräften ihrer Umgebung in den verschiedenen Ebenen der beschriebenen drei Welten hervorgerufen wurden.

Der Kausal- oder Saatkörper der menschlichen Seele, das innerste Gewand, hat noch zwei weitere, sehr subtile und kostbare Hüllen darunter, einmal die buddhische (vigyanische) und zum anderen die nirvanische (anandische oder glückseligmachende). Nur eine tapfere, sehr tapfere Seele wie die des Prinzen Siddharta kann die Buddhastufe erreichen und als Buddha, der Erleuchtete, sich der Glückseligkeit des Schöpfers der drei Universen erfreuen und auf die Erde kommen, um der Welt das Gesetz des Dhamma oder Dharma zu geben, welches Wunschlosigkeit hervorhebt, um das Gemüt von allen Bindungen zu befreien und dann den achtfachen Pfad der Rechtschaffenheit zu gehen, der zur Vollkommenheit führt. Wiederum mag es ein Jain wie Tirthankara sein, der Mahavira, der Tapferste der Tapferen, der es wagen konnte, sich dem göttlichen Thron Brahmans zu nähern und der Welt das Gesetz der universalen Liebe und von Ahimsa zu verkünden, der Liebe für alle Geschöpfe, angefangen bei den winzigsten, hilflos im Staub kriechenden Insekten und den zahlosen Luft- und Wassergeistern, die in ihren jeweiligen Sphären dahintreiben und für das bloße Auge unsichtbar sind.

Auf der buddhi-Ebene entwickelt man den Aspekt der göttlichen Intelligenz und beginnt in sich das gleiche Selbst wie in allen anderen ringsum zu erkennen; man lebt genau so in diesem Selbst wie sie. So gelangt man zu der großen, fundamentalen Einheit des Seins, dem ‘Sutra-Atma’, der alles, von der Ameise bis zum Elefanten, wie viele Perlen auf der Schnur eines Rosenkranzes trägt; und dies ungeachtet der inneren und äußeren Unterschiede in Form, Größe und Farbe, die auf klimatische Bedingungen, geistige Beschaffenheit, innere Entwicklung und Wachstum zurückzuführen sind. Nun weilt die menschliche Monade, das ausgeatmete Leben Brahmans, in dem eingeatmeten Leben Brahmans, mit göttlichen Kräften und Eigenschaften ausgestattet, und trachtet nach der Glückseligkeit der Gottheit im Innern - dem Bewußtsein des Atman oder Nirvana, Sat-Chit-Ananda, dem Herz und der Seele des Universums, das nun das ihre wird, und sie ist eins mit ihm.

Es ist wahrhaftig ein langer und mühseliger Prozeß, Brahm Vidya richtig zu verstehen und dann erfolgreich zu praktizieren, Brahmand von einem Ende bis zum anderen, von der physischen Welt der grobstofflichen Materie bis zu Brahm-Lok, zu durchqueren, der Region, wo maha-maya in ihrer feinsten und subtilsten Form regiert. Brahmand ist die Offenbarung der in Om wohnenden Gotteskraft, der heiligsten Silbe vedischer Überlieferung, und somit akar oder die Form von Om (Om-kar), der Logos der Griechen und Ek-Onkar der verschiedenen Schriften.

Dies ist das letzte dem Menschen erreichbare Ziel, heißt es im Vedanta, der von den späteren Lehrern und Schriftkundigen (den Rishis der alten Zeit) verkündeten höchsten Lehren, der Frucht ihrer intenisven, in der Abgeschiedenheit schneebedeckter Berge und den Behausungen dichter Wälder erlangten meditativen Erfahrung. Brahman ist wahrlich das Leben des Universums mit den oben beschriebenen drei Welten und allem, was in ihnen ist - Triloki Nath, der Herr des dreifach ausgedehnten Lebens in seier Fülle. Wir finden ihre kurzen und bündigen Worte der Weisheit als Juwelen „reinsten, heiteren Strahls“ in den als Upanishaden bekannten Abhandlungen, die man zu Recht für Vedantas, die höchsten Stufen oder Teile des Veda, hält, die Krönung göttlicher Weisheit. Er schließt mit Maha Vakya (der großen Wahrheit): „Das bist du“, was bedeutet, daß der Mensch in seiner wahren Substanz und Wesensart Brahman ist. Wenn man diese grundlegende Wahrheit erkennt, ruft man unwillkürlich aus: „Aham Brahm asmi“ - „Ich bin Brahman“ oder „Ich und mein Vater sind eins“ oder: „Denn ich habe nicht von mir selber geredet, sondern wie mir der Vater gesagt hat“ (Joh. 12,49 - 50). Die höchste Lektion aus dem Vedanta ist, daß wir alle eins sind - eins in unserm Ursprung, eins in unserer inneren und äußeren Struktur, unseren Möglichkeiten und Kräften. Mögen diese auch noch so verborgen und verwickelt sein, sind wir doch gleicherweise fähig, sie früher oder später zu entwickeln; der Entwicklungsprozeß oder die Entfaltung des Selbst ist für alle im wesentlichen gleich. Auch das Ziel ist für die ganze Menschheit ein und dasselbe, denn wir alle verehren Brahman. Auf diese Weise geht das ausgeatmete Leben, welches das individuelle Gemüt bildet, in dem eingeatmeten Leben des universalen Gemüts, des Mahat, auf,’dem großen Gemüt des Kosmos’, dem dritten Logos oder der schöpferischen göttlichen Intelligenz, dem Brahma der Hindus, dem Manjuri der Buddhisten, dem heiligen Geist der Christen und Allah-hu der Mystiker und Sufi-Heiligen.

Hier in Brahm Lok leben die Seelen eine lange Zeit in unmittelbarer Nähe Brahmans, wo sie die Liebe, Intelligenz und Glückseligkeit dieser Wesenheit oder Kraft in sich aufnehmen; und so lang ist der Aufenthalt, daß man geneigt ist, ihn tatsächlich für die Erlösung zu halten und ihn entsprechend ‘die Flamme, die mit der Flamme (Brahmans) eins wird’ zu nennen. Aber wie lang der Aufenthalt dort auch sein mag, er ist nicht ewig, sondern währt nur solange, bis Brahmand selbst sich auflöst, das universale Gemüt sein Leben zurückzieht und alle Seelen in sich aufnimmt, wo immer sie sein mögen. Dieses Drama, das Leben zurückzunehmen und zu entfalten, Brahmand genannt, wiederholt sich immer wieder, und dasselbe große Schauspiel setzt sich in Ewigkeit fort. Die göttliche Philosophie sagt so schön darüber:

Wie bezaubernd ist die göttliche Philosophie,
nicht streng und schwer, wie die Toren glauben;
sondern wohlklingend wie die Laute Apolls,
ein ewiges Festmahl nektargleicher Süße.

Aus Brahman gehen die drei großen Mächte (Brahma, Vishnu Shiva) hervor, die alles, was in der einen oder anderen Form aus Materie oder maya besteht, erschaffen, erhalten und zerstören. Diese drei Kräfte verdanken ihre Existenz seiner Shakti oder Maha-maya, Mutter des Universums genannt, was nicht im üblichen Sinn dem Geschlecht nach zu verstehen ist, sondern noch einmal mit dem leichten, hauchdünnen Sekret der Spinne verglichen werdn kann, das nicht von außen, sondern aus dem Innern ihres Körpers kommt, oder dem Kokon, der seidenen Hülle, die sich die Larve aus feinen Fäden webt, um sich als Puppe und besonders als Seidenraupe zu schützen. Auf diese Weise bereiten wir uns im Laufe der Zeit alle möglichen Arten seidener Gewänder mit vieln Mustern und Farben, um unsere Nacktheit zu verhüllen, und finden Gefallen daran, in geborgten Kleidern zu verkümmern.

Auch Nanak bezieht sich, wenn er über das Wirken von Gottes Schöpfung spricht, auf das dreifache Prinzip des Schöpfers, Erhalters und Zerstörers, die alle als Vizeregenten den Willen des höchsten Wesens ausführen, indem sie nur als Bevollmächtigte handeln; und wie seltsam es auch seinen mag - es ist ihnen nicht gegeben, Ihn zu erkennen, das sie nur ein Teil der objektiven Welt sind, während Er, das höchste Wesen, subjektiv und formlos ist.

Die Große Mutter empfing und brachte drei
Regenten hervor:
als ersten den Schöpfer, als zweiten den Erhalter
und als letzten den Zerstörer.
Was Er will, vollbringen sie.
Sie wirken unter seinem Willen.
Doch groß ist das Wunder; denn obgleich Er
über ihnen wacht, erblicken sie Ihn nicht.
Heil, heil, Ihm allein,
dem Ersten, Reinen, Ewigen, Unsterblichen
und allezeit Unveränderlichen.

In dem gewaltigen und unermeßlichen Akt, die drei Welten in der Schöpfung in Gang zu halten, einschließlich aller Arten von Himmeln und Höllen, übt Vishnu, der zweite Mitstreiter Brahmans im großen Triumvirat oder trimurti, die Macht der Verwaltung aus. Als er (Vishnu) einmal gefragt wurde, wie es ihm gelänge, ein solch großes Schauspiel zu leiten und für die zahllosen seiner Fürsorge anvertrauten Seelen so genaue Vorkehrungen zu treffen, damit ihnen in den höheren und niederen Welten seines Herrschaftsbereiches alle Arten von Freuden und Leiden zuteil würden, lächelte er nur und sagte: „Oh, ich habe da nichts zu tun, denn wer immer in eine meiner Welten kommt, bringt seinen Teil an Freud und Leid mit und schafft sich dadurch hier auf Erden und im Jenseits seinen eigenen Himmel oder seine Hölle. Was einer auch immer in irgendeinem meiner Reiche nötig hat, dafür sorgt er selbst. Ich bin nur ein unbeteiligter Betrachter des menschlichen Dramas, sei es tragisch, komisch oder tragikomisch, wie der Fall gerade liegt, indem jeder das, was in ihm verhüllt liegt, entfaltet.“ So läuft die göttliche Maschinerie automatisch, aus eigenem Antrieb, doch einzig nach Seinem Willen.

Brahman ist eine große Kraft, zu groß für das menschliche Fassungsvermögen, und nur die Heiligen wissen vom Jenseits und können mit Autorität darüber sprechen - nicht die Heiligen nach kanonischem Recht, wie sie uns bekannt sind, sondern die Heiligen vom Status eines Sant Satguru, beauftragt und bevollmächigt durch die Wahrheit - die Wahrheit, die von aller Anbeginn war, die jetzt ist und auch in Zukunft sein wird, um die Menschheit zu lehren und solche strebenden Seelen in die Mysterien des Jenseits und darüber hinaus zu initiieren, die reif sind, die grundlose Urssache aller Ursachen, die in jeder der Welten unten wirken, richtig und genau zu verstehen, und die bereit sind, als jivan mukats oder befreite Wesen ein Leben des Geistes zu führen, während sie noch im Körper sind: „Ein jivan mukat“, sagt Nanak, „ist einer, der die Kunst des ‘Todes im Leben’ versteht und praktiziert und der, wenn er von dem irdischen Schauplatz abtritt, ihn für immer verläßt, um nie mehr zurückzukehren.“ Dies ist die Lehre des Para Vidya, des Wissens vom Jenseits.

Daneben gibt es viele Arten von Lehrern des Brahma Vidya, das seiner Natur nach apara ist und den Weg für para bahnt. Sie alle lehren die Menschen nach der Art Brahmans, jeder entsprechend seine Fähigkeiten. Die Propheten und Gesandten Gottes kündigen im allgemeinen das Kommen großer Ereignisse an, ermahnen die Menschen, ein gottergebenes Leben zu führen, und bringen ihnen Nachrichten und Botschaften von Gott (Brahman). Die Avatare sind Verkörperungen der verschiedenen Kräfte Brahmans, und ihre Aufgabe ist es, die Welt in ausgewogener und geordneter Weise in Gang zu halten, indem sie das Gleichgewicht der sozialen Ordnung zwischen Rechtschaffenheit und Sünde bewahren. Die Yogis und Yogishwars bleiben im Bereich ihrer yog maya (Gemütskraft) und führen ihre initiierten zur höchsten Stufe innerhalb ihrer Yogikräfte.

Brahm Lok hat viele Unterbereiche, die Puris, Bhavans, Tabaqs oder Aufteilungen genannt werden und alle, der einen oder anderen Kraft Brahmans als Brahma Puri, Vishnu Puri, Shiva Puri, Indra Puri usw. zugeordnet sind. Zu gegebener Zeit ziehen diese in ihrer Gesamtheit Brahman genannten Kräfte die sie verehrenden Seelen unwiderstehlich an und bringen jede zu dem ihre entsprechenden Bestimmungsort.

Die alten Griechen sprechen von diesem dreifachen Aspekt der Gottheit als von den „drei Schwestern des Spinnrades“, deren eine damit besschäftigt ist, für jeden den Lebensfaden zu spinnen, die andere, ihn zu schmücken und zu verschönern, die dritte schließlich, ihn abzuschneiden, wenn die zugemessene Zeit zu Ende ist. Ähnlich finden wir in der christlichen Theologie den ersten Logos, das Schöpfungsprinzip in der Natur, sowie dn zweiten und dritten Logos, die entsprechend ihre Aufgaben erfüllen. Dies ist die berühmte Lehre der Dreieinigkeit: des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes.

Wo alle Philosophien der Welt enden, beginnt die wahre Religion. Erst wenn die Seele, der „Bewohner des Körpers“, ihr materielles Ich, das die drei Hüllen oder Werkzeuge von Körper, Gemüt und Intellekt einschließt, abgelegt hat und ihren Seinszustand ursprünglicher Einfachheit wiedererlangt, zum ungeteilten Ganzen wird, dem großen unsterblichen Baum, der gemäß seiner eigentlichen Natur und trotz dem ständig wechselnden Panorama des Lebens um ihn her immer grün und frisch ist, kann sie durch das Zauberhaus vielfarbig getönter Spiegel hindurchgelangen, das sich über den drei gunas befindliche Ei Brahmands übersteigen und ins Jenseits entkommen. Man muß wie ein Phönix, der sich aus der Asche seines früheren Ichs mit frischer Jugendkraft erhebt, neu geboren werden, um ein Leben aus dem Geist zu führen, das sich einem eröffnet.

Die mentale Welt zu überqueren ist nicht so leicht, wie es denen, die in den Mysterien des Jenseits unerfahren sind, erscheinen mag. Sie ist die trügerischste Welt, wo sich selbst die Mahatmas und Rishis trotz all ihres Wissens, ihrer Härten und Bußen nicht behaupten können. Was gibt es in dem gewaltigen Universum, das Brahman nicht bereit wäre, den aufrichigen Seelen anzubieten, die versuchen, seinem Machtbereich zu entkommen, um die wahre Heimat ihres Vaters zu erreichen? Auf jeder Stufe, sei es in der physischen, astralen oder mentalen Welt, sucht er den Weg der strebenden Seelen zu blockieren. Die großen Propheten und Gesandten Gottes und alle anderen haben ihre Erfahrungen mitgeteilt, die sie in heftigen Begegnungen mit Satan, Mara, Ahirman, den bösen Geistern - Asuras, Dämonen und deren Helfern - in vielfältiger Weise machten. Im Guten und im Bösen versuchen sie, die Wahrheitssucher auf ihrem Weg zu behindern und sie mit der Verheißung von Königreichen und Fürstentümern auf ihre Seite zu ziehen. Und wenn sie ihren Versuchungen nicht erliegen, drohen sie ihnen durch Gewalt mit Feuer und Erdbeben, dem Aufspalten des Himmels, Blitz, Donner, Wolkenbrüchen und dergleichen mehr. In einer so heiklen Lage kann man den Prüfungen und Drangsalen nur standhalten, wenn man seinen Guru oder Murshid zur Seite hat, denn die Gurukraft zieht dann die Schülerseele zu sich, nimmt sie in sich auf und geleitet sie auf dem Pfad des „tönenden Lichts“. Für jede Seele setzt Brahman alles ein, und läßt sie nicht frei, bis er überzeugt ist, daß der Sucher an dem Schutz der Meisterkraft (Akal oder dem Zeitlosen) festhält. Sehen wir nicht auch in der materiellen Welt, daß die Machthaber und Regierungen eines Staates ihre Grenzen sperren, die unerlaubte Emigration ihrer Untertanen zu verhindern, und Gesetze erlassen, um eine solche Abwanderung unter Kontrolle zu bringen?

Groß ist in der Tat die Macht der Zeit, und niemand kann
sie bezwingen; dennoch fürchtet die Zeit selbst nicht so
sehr wie die zeitlose Musik, damit sie sich nicht verliere in
die göttliche Harmonie.

Guru Nanak hat an anderer Stelle dieses Buches eine Beschreibung von Dharam Khand gegeben. Danach beschreibt der große Lehrer die weitere Reise der Pilgerseele durch die verschiedenen Regionen, die in Sach Khand ihren Höhepunkt erreicht. De nächsten beiden Regionen nennt er Gyan Khand (Bereich des Wissens) und Sarm Khand (Bereich der Verzückung). In der ersteren dehnt sich der Gesichtskreis der Seele unermeßlich aus, denn sie begreift mit einem Male die vielfältige Natur aller geschaffenen Dinge mit der grenzenlosen Fülle von Formen und Erscheinungen und versteht die unwandelbaren Gesetze des Wirkens der Natur. In der letzteren bekommt die Seele, von der Kraft des Wortes angezogen, einen Vorgeschmack und Einblick in die Natur der Dinge.

Als nächstes kommt Karm Khand oder der Bereich der Gnade. Geläutert durch das heilige Wort wird die Seele für alle Zeiten selbst von den geringsten, flüchtigen und unbestimmbaren Spuren der Materie in der Form von vasnas befreit, und die Materie trübt nicht länger den Blick. Man wird sich Gottes völlig bewußt, da man dem reinen Wesen des Wortes von Angesicht zu Angesicht gegenübersteht, dem Licht des Lebens, das Brahmand hervorbringt und alle Welten, die darin enthalten sind.

Wenn die Seele schließlich Sach Khand, die Wohnstatt der Wahrheit erreicht, verwirklicht sie nach Seinem Willen die vollständige Einheit und Harmonie in Fülle. „Alle Herzen ganz von Gott erfüllt, leben sie jenseits vom Bereich des Todes und der Täuschung ... Alle sind dazu bestimmt, sich nach Seinem Willen zu bewegen ... Diese Schönheit zu beschreiben hieße, Unmögliches zu versuchen.“ Diese Erhebung der Seele ins überbewußte Sein wird, wie vorher gesagt, ewiges Leben genannt, von dem es keine Rückkehr gibt.

Was Guru Nanak oben beschrieben hat, fällt in den Bereich von vijnana (subjektive, direkte und unmittelbare innere Erfahrung), im Unterschied zu jnana oder theoretischem Wissen, das der Meister dem Schüler durch eine richigte Deutung der Schriften erklärt und vermittelt. Ein vollendeter Meister vereinigt alle Schriften in sich und auch noch mehr. Sind sie doch Berichte über die Erfahrungen heiliger Menschen, die von Zeit zu Zeit kamen, um der Menschheit die Wege Gottes zu lehren. Wir können zweifellos die Schriften lesen, sofern wir in den alten Originalsprachen hinreichend bewandert sind, können aber weder ihre wahre Bedeutung erfassen noch die offensichtlichen Unterschiede darin in eine sinnvolle Übereinstimmung bringen oder gar die Widersprüche in der schriftlichen Überlieferung der verschiedenen Religionen erklären. Wer zur inneren Lebens- und Geistquelle all dieser Texte Zugang hat, die natürlich allen Menschen gemeinsam ist, macht uns mit seienm inneren Ersthand-Wissen die Dinge in einer für ihn und uns einfachen Art leicht verständlich.

Es heißt, daß in der Gemeinschaft eines Heiligen Gott dem Menschen näher kommt, da Gott selbst durch ihn spricht. Weil wir alle auf die eine oder andere Weise an die Schriften gebunden sind, zieht der Meister vollen Nutzen aus diesen verschiedenen Zeugnissen, die ihm für sein Werk der spirituellen Erneuerung ein willkommenes Mittel sind, um die verschieden gearteten Menschen in jedem einzelnen Fall auf dem Weg des geringsten Widerstandes richtig zu führen.

Ein Murshid-i-Kamil gibt sich nicht damit zufrieden, bloß theoretisches Wissen zu vermitteln. Er gewährt eine praktische Erfahrung von dem, was er sagt, und darin liegt seine Größe. Wer auf der Ebene der Seele von dem, was er auf der Ebene des Verstandes behauptet, keine wirkliche Erfahrung geben kann, ist kein Meister im wahren Sinne des Wortes, und was er spricht, hat kein Gewicht und keine Überzeugungskraft.

Ein Satguru ist in der Tat die personifizierte Wahrheit, Gott im Kleid des Menschen. Seine Mission ist es, die menschlichen Seelen zur wahren Heimat seines Vaters (Sat oder der Wahrheit) zu führen, die Sach Khand oder Wohnstatt der Wahrheit genannt wird, die erste Große Aufteilung, die nach Seinem Willen entstand und daher die Region des reinen, ewigen und unzerstörbaren Geistes ist.

Der Pfad der Meister ist eine erhabene Straße, die von der rein physischen, materiellen Welt in den Bereich des reinen Geistes, jenseits aller Dualität und Gegensätzlichkeit, führt. Der Satguru sagt:

Bewegt euch in dem gewaltigen Meer der Lichtsubstanz.
Eure Vollendung liegt in eurem Herzen.
Geht weiter und immer weiter, bis keine Spur des
Menschlichen mehr übrigbleibt.
Das Licht kennt keine Grenzen.

Sein Pfad hat keine Himmel und Höllen, auch nicht Mühen und Leid, sondern er gleicht einer blumenreichen Straße, von himmlischen Lichtern übersät und mit die Seele ergreifenden Melodien göttlicher Harmonie; und vor allem kommt er selbst als unfehlbarer Freund und sicherer Führer, in all seiner Herrlichkeit und Fülle strahlenden Lichts, und geleitet die Pilgerseele ins große Jenseits, unterweist sie auf ihrem weiteren Weg im Leben des Geistes, erklärt die Schönheiten und Geheimnisse des Pfades, bietet Schutz gegen Fallstricke und warnt uns vor scharfen Krümmungen und Windungen auf dem Weg.

Von Anfang an wird der Schüler gelehrt, wie man sich vom Körper zurückzieht und über das Körperbewußtsein in höhere Regionen ergebt. Der innere Mensch muß sich von seiner groben körperlichen Umhüllung zurückziehen, so wie man ein Haar aus der Butter zieht, denn es ist - mit einem Ausdruck der Neuplatoniker - die Seele im ‘Lichtkörper’, die sich erhebt, um das Selbst zu finden. In der Manduka-Upanishade lesen wir:

Nicht mit dem Auge, nicht durch Reden, nicht durch die
Sinne, nicht durch Härten, nicht durch religiöse Riten,
Rituale und Zeremonien ist der Ungeteilte Eine zu erfassen,
sondern durch heitere Weisheit sieht Ihn das reine Wesen
in der Meditation.

So sagen die westlichen Gelehrten:

Wahres Glück kommt nicht über die Straße der Sinne, da
es jenseits der Sinne liegt. Grenzenlose Freude kann uns
nur zuteil werden, wenn wir uns über die Sinne erheben
können und die erhabene Schau erlangen, die dem Reinen
gegeben wird.

Kurz gesagt, ist die göttliche Weisheit zugleich die Kunst und Wissenschaft der Seele, und nur ein in Gott begründeter Heiliger, der in beidem wohl bewandert ist, kann uns das Rätsel des Lebens und des Todes lösen, indem er uns eine Ersthand-Erfahrung vom ‘Tod im Leben’ gibt und damit über jeden Zweifel erhaben beweist:

Das Leben ist eine reine Flamme, und wir leben durch
eine unsichtbare Sonne, die in uns ist.
Was haben Leben und Tod mit dem Licht zu tun? Nach
dem Bilde meines Lichts habe ich dich erschaffen. Die 
Relativität von Leben und Tod gehören zum kosmischen
Traum.

Erblicke dein traumloses Sein.
Die Schöpfung ist Licht und Schatten in einem, denn
anders ist kein Bild möglich.
Die Finsternis wird nur dann licht und die Leere frucht-
bar, wenn du verstehst, daß du nichts bist. Erst am Berg
der Verklärung wirst du die Offenbarung erlagen und die
Verschmelzung von Himmel und Erde sehen.

Die Vollkommenheit zu verehren ist die höchste Bildung im Leben, und nur ein Vollendeter kann durch Übertragung seines eigenen Lebensimpulses die Seele von den Fesseln des Gemüts und der Materie befreien und eine Schau der erhabenen Wirklichkeit gewähren. Nur wer bei der allerersten Meditation das innere Auge mehr oder weniger einem Schimmer des heiligen Lichts des Himmels öffnen und das innere Ohr für die Musik der Sphären erschließen kann, hat allein das Recht, ein vollendeter Heiliger oder wahrer Guru genannt zu werden. Von einem solchen sagt Shankara:

In den drei Welten ist nichts bekannt, was sich mit einem
wahren Guru vergleichen ließe. Wenn von dem Stein der
Weisen angenommen wird, daß er wirklich ein solcher ist,
kann er doch nur Eisen in Gold verwandeln und nicht in
einen anderen Stein der Weisen. Der verehrte Lehrer aber
macht den Schüler, der zu seinen Füßen Zuflucht nimmt,
sich selbst gleich. Der Guru ist daher unvergleichlich, ja
alles überragend.

Guru Arjan sagt über seinen Meister, Guru Ram Das: „Ich habe ganz Brahmand durchforscht, aber nicht einen gefunden, der meinem Meister gleichkäme.“ Und schließlich sagte er: „Hari (Gott) scheint mir den Namen von Ram Das angenommen zu haben.“

In der Alltagswelt sind wir alle sehr fleißig, wirklich sehr geschäftig, zu geschäftig, um an Gott zu denken oder gar die Gegenwart des lebendigen Gottes zu praktizieren und noch viel weniger, um in seiner heiligen Gegenwart zu leben. Wenn wir dennoch hin und wieder von ihm reden und sprechen, ihn verehren und zu ihm beten, tun wir es nicht, ihn um seinestwillen zu gewinnen oder um unser selbst willen Gehör bei ihm zu finden, sondern nur, weil wir Vergünstigungen von ihm begehren, eine leichte und schnelle Befreiung von unseren Schwierigkeiten, um den Sorgen und Nöten zu entgehen.

Wenn wir es nun bisweilen ernst mit Gott meinen, suchen wir ihn in unserer irdischen Umgebung, den schneebedeckten Gebirgshöhlen, im brennenden Wüstensand, den Tiefen der heiligen Seen und Flüsse, verehren ihn in den Elementarkräftn der Natur wie der aufgehenden Sonne, dem luftleeren Raum oben, den Gewitterwolken, im Morgen- und Abendstern, und schlimmer noch, in Baumhöhlungen, in den Fischen des Meeres und den Vögeln der Luft. Da ist es kein Wunder, wenn wir ihn trotz all unserer Bemühungen nicht finden.

Gott selbst hat erklärt: Ich bin so groß, daß Mich die ganze Welt nicht fassen kann, die Himmel keine hinreichende Stütze für Mich sind, noch die Erde ein Ort, wo Ich Mich niederlassen könnte; aber so seltsam es erscheinen mag, Ich wohne im Herzen eines Heiligen. Wenn du Mich zu sehen begehrst, suche Mich dort, und du wirst Mich finden. Kabir sagt ebenfalls:

Wie kannst du die Wirklichkeit finden, wo sie nicht ist?
Suche das Wirkliche, wo sich die Wirklichkeit befindet,
halte dich an den, der das Wirkliche kennt,
und er wird dich augenblicklich zu Ihm bringen.

Dies ist nun der Weg zur Selbsterleuchtung. Der scheinbar verwickelte und langwierige Prozeß wird durch die Gnade eines vollendeten Meisters (Sant Satguru) vereinfacht. Er hält den Zauberstab bereit, das „Sesam, öffne dich!“, das den Zweck efüllt und einen befähigt, Zugang zum Unzugänglichen zu erhalten.

Wer über Sat Lok hinausgelangt,
kennt den Unbegreiflichen und Unaussprechlichen.
Die Heiligen leben im Namenlosen,
der Sklave Nanak findet Frieden in Ihm.

Wir sehen also, daß man das vom endlosen Zyklus der Geburten, Tode und Wiedergeburten frei, immerwährende Leben erlangt, wenn man den selbstgewählten Tod, das Sterben im Leben, lernt und sich ihm nach Belieben unterzieht. Die Heiligen preisen daher einen solchen Tod über alle Maßen und lehren uns, wie man die verschiedenen Ebenen überquert und ins Jenseits gelangt, um das gegenwärtig verlorene Reich Gottes wiederzugewinnen, was unser Geburtsrecht ist. Es liegt in unserer Reichweite, wenn wir auf sie hören, ihre Lehren annehmen, ihnen folgen und willig gehorchen.
Nach dem Tod hat jeder von uns blind in einen Zustand äußerster Not und Hilflosigkeit zu gehen. Die heiligen Schriften der ganzen Welt versprechen eine hohen Lohn, wenn man das Grenzland zwischen Leben und Tod auf dieser Seite der Welt und danach Tod und Leben auf der anderen Seite durchquert:

Warum nicht schon während des Lebens dort festen Fuß
fassen, wohin du nach dem Tod zu gehen hast?
                                                                       Sri Rag M.1

O Nanak, lerne zu sterben, solange noch Zeit ist,
denn das ist wirklich ein echter Yoga.
                                                                Suhi M.1

Stirb und bleibe der Welt tot.
Einen solchen Tod erfahre ich viele Male am Tag.
                                                                      Kabir

Mit der Gnade des Meisters kann man das Gemüt beherrschen;
wenn du das Gemüt bezwingst, wirst du den Herrn mit
Sicherheit finden.
                                                                                           Kabir

Sei tot, noch während du lebst, und furchtlos frei;
mit einem kompetenten Meister an deiner Seite gibt es
nichts zu bereuen.
                                                                         Kabir

Reicher Gewinn wird dir zuteil, wenn du zu sterben
weißt, ehe dich der Tod überrascht.
                                                             Bulleh Shah

Shabd oder der immerwährende Lebensstrom ist die einzige
Hilfe auf diesem Pfad:
In Shabd sterben wir (gehen wir auf), in Shabd leben wir
ewig ohne Todesfurcht,
dies ist das wahre Wasser des Lebens, das eine vortreffliche
Seele durch Seine Gnade bekommen kann.
                                                                              Sorath M.3

Was gibt der Meister? Er offenbart den ewigen Tonstrom, der das Leben des Universums ist, in dem wir alle unser Sein haben. Wenn wir uns von diesem hörbaren Lebensstrom tragen lassen, können wir im Leben die verschiedenen Seinsebenen überqueren und nach Belieben auf die irdische zurückkehren:

Ohne die Hilfe von Shabd kannst du nicht aus der irdenen
Form entkommen. Es gibt keine andern Weg außer diesem.
                                                                                Soami Ji

Erlösung oder ewiges Leben kann man nicht durch Taten erwerben,, wie rechtschaffen und lobenswert sie an sich oder in den Augen der Welt auch sein mögen. Es ist ein reines Gnadengeschenk von einem Gottmenschen, in dem die Gotteskraft in ihrer ganzen Fülle wirkt. „Denn aus Gnade seid ihr selig geworden ... - und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es - , nicht aus den Werken, auf das sich nicht jemand rühme“ (Eph. 2,8 - 9). „Nicht um der Werke willen der Gerechtigkeit, die wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzigkeit machte er uns selig durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung des heiligen Geistes“ (Titus 3,5). „Und ist in keinem andern Heil, ist auch kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, darin wir sollen selig werden“ (Apg. 4,12). „Denn es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes allen Menschen“ (Titus 2,11), und seine Gnade wird auch in Zukunft erscheinen, solange Gott ist und seine Schöpfung die Erde bevölkert.

Dies ist also der Weg zum ewigen Leben, daß man ihm Lebensprinzip selbst lebt, immer in Verbindung mit dem heiligen Wort, dem Willen Gottes (Hukam); und es gibt keinen anderen Weg als diesen, so sehr man auch danach suchen mag. Doch die Offenbarung des Gottespfades in der lebendigen Lebensschnur innen (dem heiligen Licht und der Stimme Gottes) hängt einzig von der Gnade eines Gottmenschen ab, eines Heiligen, der das personifizierte Wort ist, dem alle Dinge vom Vater übergeben sind und von dem es heißt: „Und niemand kennet den Sohn denn nur der Vater; und niemand kennet den Vater denn nur der Sohn und wem es der Sohn will offenbaren“ (Matth. 11,27).

Immer wieder kommen große Seelen in die Welt, um uns an unsere wahre Heimat zu erinnern. Sie verkünden mit lauter Stimme, daß diese Welt nicht unsere eigentliche Heimat ist. Wir sind nur für kurze Zeit hier wie Reisende in einem großen Gasthaus und müssen uns daher auf den Weggang vorbereiten - je eher, desto besser. Wir müssen deswegen nach dem Himmelreich streben, um das ewige Leben zu haben. „Dein Reich komme. Dein Wille geschehe auf Erden wie im Himmel“ (Matth. 6,10). Und von diesem Reich heißt es: „Das Reich Gottes kommt nicht mit äußerlichen Gebärden; ... Denn sehet, das Reich Gottes ist inwendig in euch“ (Luk. 17,20 - 21). Und dieser Körper ist wahrlich der Tempel des heiligen Geistes, und der heilige Geist wohnt darin. Darum ermahnen uns alle Weisen und Seher:

Der Ort, den du am Ende verlassen mußt, hat dich am
meisten gefesselt. Wenig weißt du von der Stätte, an der
du für immer weilen sollst.
                                                                               Nanak

Arsha (der Himmel) ist deine wahre Wohnstatt, meine
Seele; schäme dich, daß du in der irdenen Form verstrickt
bist.
                                                                  Shamas Tabrez

Du, mein Herr, wohnst in deiner Heimat,
während ich hier im Staub krieche.
                                                         Nanak

Deine Wohnstatt ist, wo die Erde nicht ist,
weshalb hältst du an der Erde fest?
                                                    Soami Ji

Das menschliche Leben ist nur ein Hauch,
warum nicht in Verbindung leben mit dem Ewigen Wort?
                                                                                  Kabir

Jene, die sich mit dem Wort verbunden haben,
deren Mühen werden enden.
Und ihr Antlitz wird voll Glanz erstrahlen.
Nicht nur sie werden erlöst sein, o Nanak,
sondern viele andere werden mit ihnen die Freiheit finden.
                                                                                    Nanak

Inhaltsverzeichnis