WAS RUHANI SATSANG IST

UND

WAS ER GEWÄHRT

 

Einleitung

Wie der Name besagt, ist "Ruhani Satsang" ein Zentrum, das der Menschheit die reinen spirituellen Lehren und Übungen vermittelt, ohne Beachtung von Klassenbegrenzungen irgendwelcher Art, wie die von Stand, Rasse, Glauben, Alter, Bildung oder Beruf. So wie die Natur ihre Gaben - Licht, Wasser, Luft u.ä. - allen frei gibt, so wird auch die Spiritualität allen jenen frei geboten, die um Selbsterkenntnis und Gotterkenntnis bemüht sind.

In diesem wissenschaftlichen Zeitalter ist die Spiritualität wie jede andere reguläre Wissenschaft zu handhaben, um sie für die Menschen annehmbar zu machen. Sie ist in der Tat die "Wissenschaft der Seele"; aber im Gegensatz zu den anderen Wissenschaften ist sie sehr bestimmt und genau in ihrer Voraussetzung, Theorie und Praxis und bringt nachweisbar Ergebnisse mit mathematischer Genauigkeit hervor. Ihre Geschichte reicht bis zu unvorstllbaren Zeiten zurück, in eisgraue Vergangenheit, als der Mensch gerade anfing, innerlich über die Bedeutung des "Lebens" nachzudenken. Immer war der natürliche innere Drang im Menschen, das Rätsel des Lebens zu lösen; und immer wieder erschienen Weise und Seher in den verschiedenen Teilen der Welt und gaben spirituelle Erfahrungen, die wir heute in Form der heiligen Schriften haben. Wir sind in der Tat sehr begünstigt, daß wir die klaren Aufzeichnungen dieser begabten Persönlichkeiten besitzen, denn sie entzünden in uns den Wunsch, das Verlangen, dieses verwirrendste aller Probleme zu lösen und inspirieren uns selbst das Mysterium des Lebens enträtseln und die Frage der menschlichen Existenz klären.

Gut, aber darüber hinaus gibt es keinen Ausweg. Nur durch das Lesen der heiligen Schriften können wir, die wir die wahre Bedeutung der esoterischen Erfahrungen, die ihre Autoren in sich, in den innersten Tiefen ihres Wesens und in der Stille ihrer Seele gemacht haben, unmöglich verstehen. Buchwissen und weltliche Klugheit sind beim Erfahren der Mysterien der inneren Welt von keinem Nutzen. Der Verstand ist eine Hilfe, und er ist ebensogut ein Hindernis. Wir können diese Dinge von der intellektuellen Ebene aus durchdenken, wir können jedoch nicht über den Intellekt selbst hinausgehen. Wir sind richtiggehend verkrampft durch Worte - gedruckte Worte, gesprochene Worte, Worte, die durch jene, die um uns herum sind ihren Einfluß ausüben, und bleiben immer in der Welt der Worte, im völligen Kauderwelsch und Geschwätz. Die Schriften als solche können unmöglich unsere Fragen beantworten, unsere Zweifel beheben und die Skepsis aus unserem Gemüt vertreiben. Sie können uns nicht die tatsächlichen inneren Erfahrungen, die in ihnen aufgezeichnet sind, vermitteln. Wo sind dann die Hilfsmittel? Sind wir dazu da, ankerlos im Meer des Lebens zu treiben und die uns zugemessenen Tage in einem erregten Streit zu verbringen? Zu nichts sonst? Hat das "Leben" darüber hinaus keinen anderen Sinne für uns, als daß wir wie ein Schauspieler auf die Bühne kommen, unsere Rolle spielen und dann wieder von der Bühne abtreten?

Jedes Problem im Leben hat seine eigenen Schwierigkeiten. Aber das bedeutet nicht, daß diese unüberwindlich sind, und daß sie uns von unserem Forschen nach der Ewigen Wahrheit abhalten können. Was ein Mensch getan hat, kann auch ein anderer tun, natürlich mit der rechten Führung und Hilfe. Alles dazu Notwendige ist, im wahren Geiste eines Wahrheitssuchers an dieses Problem heranzugehen. Gott ist groß und Er hat Seine Eigenen Wege, um das Verlangen der Ihm Ergebenen zu erfüllen. Daran gibt es nichts zu zweifeln. Wie jeder Heilige eine Vergangenheit hat, so hat jeder Sünder eine Zukunft.

Wir müssen natürlich mit der Voraussetzung beginnen, daß Gott IST, und es hat nichts zu sagen, welchen Namen wir Ihm geben und welches unsere Vorstellung von der unsichtbaren Kraft sein mag. Wir sehen jedoch, daß das Universum rundherum von Leben pulsiert und daß dies eine Offenbarung von jenem aktiven Prinzip in vielen unterschiedlichen Formen ist. Was diese Unsichtbare Kraft, die wir Leben und aktives Prinzip nennen, nun wirklich ist, das zu erforschen, ist das grundlegende Problem. Können wir mit dieser Unsichtbaren Kraft in Verbindung kommen? Und wenn ja, wie?

Ein Theologie-Professor kann uns mit der ganzen Kraft seiner Vortragskunst diesen Kontakt nicht geben, wie gelehrt er auch sein mag. Leben kommt von Leben, so wie Licht von Licht kommt. Nur einer, der in dieses "Lebensprinzip" eingebettet ist, kann, wenn er es will, uns mit dem "Lebensimpuls", der in ihm wogt, verbinden. Keiner außer einer Meisterseele, die die Wahrheit in sich selbst verwirklicht hat, kann uns bei der eigenen Verwirklichung helfen. "Selbstverwirklichung und Gottverwirklichung" ist eine innere Erfahung der Seele und kann nicht auf der Sinnesebene erlangt werden. Die innere Bewußtheit wird nur erreicht, wenn wir uns über die äußere Bewußtheit erheben. Wir müssen zuerst das Körperbewußtsein übersteigen und die Seele von allen äußeren Bindungen frei machen. Der innere Mensch muß also erst vom äußeren Menschen, der aus Körper, Gemüt, Sinnesorganen und Lebensenergien etc. besteht, befreit werden. Denn nichts von diesen materiellen Dingen ist imstande, mit dem Reinen Bewußtsein, das seinem Wesen nach nicht stofflich ist, in Verbindung zu kommen. Dieses reine Bewußtsein ist das Leben allen Lebens und wahrlich die Seele von allem Existierenden. Dies sind einige der wesentlichen Probleme, mit denene sich die Gottmenschen befassen.

"Ruhani Satsang" befaßt sich demnach mit den tiefen Problemen, die mit der Seele zusammenhängen. In erster Linie werden Instruktionen in der Wissenschaft der Seele vermittelt. Alle anderen Erwägungen, seien sie physischer oder moralischer Art, sind von sekundärer Bedeutung und werden nur insoweit erörter, als sie bei der Erhebung der Seele mithelfen. Da sie eine Wissenschaft vom Jenseits ist, wird sie "Para Vidya" genannt: Das Wissen, daß die Erfahrungen der Seele direkt von oben und jenseits des Reiches der Sinne sind. Diese Wissenschaft sucht die Seele durch das Überschreiten der physischen Ebenen mit der Überseele zu vereinen. Dieses wirkliche Erwachen des Geistes zu sich und sein Aufblühen im Kosmischen Bewußtsein ist das Werk der Meisterkraft oben, durch einen regelrechten Prozeß der Selbstanalyse oder der Umkehrung:

"O Nanak, ohne eine Erfahrung der Selbstanalyse kann
man der großen Täuschung des Lebens nicht entgehen."

Christus hat denselben Gedanken in seiner eigenen, unnachahmlichen Weise dargelegt:

"Wer sein Leben findet, der wird's verlieren; und
wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird's
finden."

Um den Pfad der Meister zu beschreiten, bedarf man der Führung und Hilfe eines lebenden Meisters oder eines Adepten, nicht allein in der Theorie, sondern auch in der Praxis. Ein Meister der Verwirklichten Wahrheit macht uns nicht nur mit der wahren Bedeutung der heiligen Schriften bekannt, sondern gewährt uns einen innern Kontakt mit der Wahrheit selbst und macht uns zum Theisten im wahren Sinne des Wortes. Er verwendet die heiligen Schriften, um die Menschen der unterschiedlichen Glaubensrichtungen und Überzeugnugen in jedem Falle den Weg des geringsten Widerstandes zu führen. Auf dieser allgemeinen Grundlage der Spiritualität können sich Menschen aller Glaubensgemeinschaften begegnen und die große Menschenfamilie bilden. "Ruhani Satsang" hält diese allgemeine Grundlage für die Menschen aller religiösen Bekenntnisse bereit, damit sie für spirituelle Instruktionen zusammenkommen können.

Es war immer der Wunsch meines Meisters, Baba Sawan Singh Ji Maharaj, eines vollendeten Heiligen, ein allgemeines Forum und eine Plattform zu schaffen, wo Menschen, die sich zu den verschiedensten Glaubengemeinschaften und religiösen Auffassungen bekennen und den unterschiedlichen Richtungen und Orden angehören, zusammenkommen können, um die Grundbegriffe der Spiritualität zu erörtern und unter Führung einer Meisterseele spirituelle Übungen durchzuführen, um dadurch hier und auch danach Frieden und Erlösung zu erlangen. Ein vollendeter Meister befaßt sich nicht mit der sozialen Ordungen der Dinge, noch mischt er sich in diese ein. Er bringt seinen Kindern von Gott die Botschaft der spirituellen Befreiung. Es ist eine Botschaft der Hoffnung, der Erlösung und Erfülllung für alle gleicherweise. Diese Gesegneten Wesen sind Kinder des Lichts und kommen in die Welt, um das Licht unter die leidende Menschheit zu bringen; und sie selbst bestätigen:

"Kabir kennt die Mysterien des Hauses Gottes und bringt eine 
Botschaft vom Höchsten."

"Eine Meisterseele kennt man an der Universalität ihrer 
Lehren, die ein universaler Aufruf an Alle sind."

"Ruhani Satsang" an sich befaßt sich nicht mit sozial-religiösen Verhaltensregeln, noch mit der Ausübung von Riten und Ritualen, oder den äußeren Stätten der Verehrung. Der menschliche Körper ist der wahre Tempel Gottes, und Gott ist Geist, und die Ihn anbeten, müssen Ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten. "Ruhani Satsang" ist wahrlich eine lebende Verkörperung der Lehren und Ideale jenes Meister Heiligen Baba Sawan Singh Ji Maharaj und soll immer ein Zentrum bleiben, in welchem seine Lebensanschauungen im Hinblick auf die Befreiung der Seele dargelegt werden.

Damit es nicht irgendwelche Zweifel und Bedenken in Bezug auf "Ruhani Satsang", einer Festhalle der Spiritualität, gibt, werde ich hier kurz Ziel und Zweck der spirituellen Lehren und Übungen, welche an die Aspiranten weitergegeben werden, benennen, um zu zeigen, was "Ruhani Satsang" ist und was er vertritt.

 

1. Den Wahrheitssuchern wird eingeprägt

a) die wahren Werte des Lebens; die ewige und unwandelbare Natur der Seele im ständig wechselnden Panorama des Lebens, die wie ein "stiller Punkt" in der sich drehenden Welt ist, der feststeht und dennoch in Bewegung zu sein scheint.

"Ohne den Punkt, den stillen Punkt, würde es keinen Tanz 
geben; doch es gibt nur den Tanz."
                                                                                                 T.S.Eliot

Hier lernt man die wahre Bedeutung von:

"Was vom Fleisch geboren wird, das ist Fleisch und was vom 
Geist geboren wird, das ist Geist."
                                                                                   Joh. 3,6

"Das Leben ist mehr denn die Speise, und der Leib ist mehr 
denn die Kleidung."
                                                                          Lukas 12,23

"Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nehme Schaden an seiner Seele? Oder was kann der Mensch geben, damit er seine Seele löse?"
                                                                                            Mark. 8,36,37

b) die höheren Werte des Lebens. Die Größe Gottes und die Notwendigkeit der Demut, die zu einem reinen und rechtschaffenen Leben der Wahrheit, Keuschheit, Enthaltsamkeit, Mäßigkeit und zu liebevollem, selbstlosen Dienst an der Menschheit führt.

Die Wahrung der Tugenden ist immer durch alle spirituellen Lehrer eingeprägt worden, da allein ein ethisches Leben den Weg zu einem spirituellen Leben bahnt. Christus versprach den "Armen im Geiste das Himmelreich und den Demütigen das Erdreich; Barmherzigkeit den Barmherzigen und das Schaufen Gottes den im Herzen Reinen". Vor ihm gab Moses den Israeliten seinen Dekalog oder die Zehn Gebote, und Buddha lehrte auf seine eigene unnachahmliche Weise den "Achtfachen Pfad der Rechschaffenheit" jenen, die sich dem Mönchsorden weihen wollten. Somit ist es für die Wahrheitssucher nötig, die moralischen Mängel allmählich auszurotten und dafür die moralischen Tugenden zu entdwickeln, und dabei kann nichts hilfeicher sein, als ein regelrechtes Tagebuch darüber zu führen, wie es der Meister nahegelegt hat; denn nur das Erkennen unserer Fehler läßt uns in die rechte Richtung streben.

c) das Selbst auszudehnen. In diesem Zusammenhang lesen wir im Evangelium:

"Wer nicht liebt, kennt Gott nicht, denn Gott ist Liebe."

Es ist darum notwendig, daß wir alle lebenden Geschöpfe zu lieben lernen und noch mehr unsere Mitmenschen als Kinder desselben Höchsten Vaters. Dadurch werden wir nicht nur uns selbst gegenüber wahr, sondern auch gegen die Gemeinschaft, die Nation und das Land, zu dem wir gehören und vor allem gegen die Menschen in ihrer Gesamtheit.

Dies führt zur Ausdehnung des Selbst bis es das ganze Universum umfaßt und macht uns zum Weltbürger mit kosmopolitischem Ausblick im wahrsten Sinne, der sich um Gottes Gnade verdient macht. Das Evangelium lehrt uns nicht nur:

"Liebe deinen Nächsten wie dich selbst",

sondern auch:

"Liebet eure Feinde; segnet, die euch fluchen; tut wohl 
denen, die euch hassen; bittet für die, so euch beleidigen 
und verfolgen."
                                                                                 Matth. 5,43,44

Das Ergebnis ist zusammengefaßt:

"Liebe, und alle Dinge werden dir zufallen."

 

2. Wissenschaft der Seele

Da die Theorie der Praxis vorausgeht, ist es wesentlich, daß man eine kristallklare Vorstellung vom theoretischen Aspekt der ewigen Wahrheiten des Lebens hat durch die richtige Interpretation der verschiedenen heiligen Schriften, deren wahrer Sinn nur von einem erklärt werden kann, der in der Tat die Wahrheit selbst verwirklicht und den Ewigen Kontakt mit dem Göttlichen im Innern hergestellt hat. Die letzte Wahrheit ist natürlich in allen Religionen ein und dieselbe, aber die Weisen haben sie verschieden beschrieben, jeder gemäß seinem geistigen Fassungsvermögen und dem Maß seines eigenen spirituellen Fortschritts auf dem Gottespfad. Einer, der den Pfad wirklich vollkommen beschritten hat, wird eine vollendeter Meister oder ein Sant Satguru genannt. Er ist völlig vertraut mit allen Einzelheiten der Reise, kann die Dinge entsprechend erklären und mit den scheinbaren Unterschieden, falls in den biblischen Texten solche sind, vereinbaren, wobei auf dem spirituellen Pfad von Ebene zu Ebene ein Führer sein, das die Seele nach dem willentlichen Zurückziehen vom Körperbewußtsein mit ihm zusammen weitergeht. Die verschiedenen Schriften sind nur Zeichen in den Händen des Meisters, um diejenigen zu überzeugen, die nur ein wenig Vertrauen in das eine oder andere religöse Bekenntnis haben. Durch passende Zitate aus den heiligen Büchern der verschiedenen Religionen betonen die Meister-Heiligen die wesentliche Einheit aller Religionen auf der allgemeinen Grundlage der Spiritualität. Denn jede verkörperte Seele entrinnt nach dem Überschreiten des Köperbewußtseins allen konfessionellen Etiketten, die dem physischen Köper anhaften. Es ist eine praktische Frage der "Selbsterkenntnis", und wirkliche Erfahrung davon wird jedem Einzelnen zur Zeit der Initiation durch den Meister gewährt. Das Zeugnis der Meister-Heiligen ist immer direkt auf Erfahrung aus erster Hand begründet und nicht auf Hörensagen oder Buchgelehrsamkeit. Sant Kabir sagte:

"O Pandit (einer, der in religiösem Wissen gut bewandert 
ist), du und ich können in unseren Folgerungen unmöglich 
übereinstimmen; denn du sprichst von Dingen, die du in den 
heiligen Schriften gelesen hast, während ich von meinen 
eigenen tatsächlichen und bestimmten Erfahrungen spreche."

und wieder:

"Hört das wahre Zeugnis der Heiligen, denn sie geben 
bekannt, was sie wirlich mit ihren eigenen Augen sehen."
"Nanak sagt nicht eine einzige Silbe aus sich; es sei denn, 
er wird von innen her dazu veranlaßt."

Auch Christus tun kund:

"Ich tue nichts von mir selber, sondern wie mich mein Vater 
gelehret hat, so rede ich."

 

3. Praxis der spirituellen Lehre

Die Theorie der Wissenschaft der Seele ist im Grunde genommen eine erfahrungsmäßige Wissenschaft und muß dehalb von der Ebene der tatsächlichen Erfahrung aus beurteilt werden. Eine Unze Praxis ist besser als eine Tonne Theorien. Auch die Schriften sagen uns, wir sollen nicht an die Worte eines Meister-Heiligen glauben, es sei denn, er sei imstande, von dem was er sagt eine innere Erfahrung zu geben. Aber bei alledem muß man zumindest einen versuchsweisen Glauben haben, um, gerade des Experimentes wegen, das zu tun, was er verlangt. Die spirituelle Wissenschaft ist die vollkommenste und genaueste in allen Einzelheiten, so wie zweimal zwei vier sind. Jeder, der die Theorie verstanden hat und aufnahmefähig ist, kann unmittelbar Zeuge der inneren Erfahung sein, die der Meiser bei der allerersten Meditationssitzung gibt, wenn es auch noch so wenig sein mag. Die Absolute Wahrheit kann man sich natürlich nicht vorstellen, doch ist die Kraft der Wahrheit oder der Wirkende Gott eine vibratorische Kraft, die alles durchdringt. Ihre ersten Offenbarungen sind Licht und Ton, und es ist Sache der Meisterheiligen, eine Erfahung davon zu geben, indem sie jeder Seele helfen, sich für den Augenblick über den Sinnesplan zu erheben. Wenn diser Kontakt auf der übersinnnlichen Ebene einmal hergestellt ist, kann man ihn unter Leitung und mit der Hilfe des Meisters in jedem beliebigen Umfang entwickeln. Licht und Ton sind die "Rettungsschnur" in jedem Menschen, und da der Meister sie offenbart, wird er ein Erlöser, ein Messias, ein Prophet, oder wie immer man ihn nennen mag, genannt. Das "Ewige Ton-Prinzip" wird verschieden beschrieben als:

"Shruti" in den Veden (das, was gehört wird);
"Udgit" in den Upanishaden (der Gesang des Jenseits);
"Akash Bani" in den Hindu-Schriften (Stimme vom oder "Nad" Himmel der Musik);
"Kalma" oder im Koran (der älteste Ruf);
"Kalam-i-Kadim"
"Sarosha"
bei Zoroaster;
"Wort" in den Evangelien und
"Naam" oder im heiligen Granth Sahib der Sikhs.
"Shabd"

Die Alten sprachen von Sphärenmusik, während wir in den Werken der Theosophie von ihm als "Die Stimme der Stille" lesen. Ohne einen wirklichen Kontakt mit der inneren Göttlichen Kraft - der "Stimme Gottes" und dem "Licht Gottes" sind beste Moral und esoterische Lehren in sich von keinem großen Nutzen. Dies ist es, warum Christus immer betonte:

"Seid Täter des Wortes und nicht Hörer allein."

 

4. Tod im Leben und eine Neue Geburt

Der Kontakt mit dem Göttlichen ist nur möglich, wenn sich die Seele über das Körperbewußtsein erhebt, d.h. über den Sinnesplan und auf der übersinnlichen Ebene zu sich kommt; denn wahres Erkennen ist Sache der Seele, ohne die Hilfe der Sinne.

"Hier sieht man ohne Augen und hört ohne Ohren, geht ohne 
Füße, wirkt ohne Hände und spricht ohne Zunge.
O Nanak, durch den Tod im Leben versteht man den Göttlichen 
Willen und sieht die Wirklichkeit von Angesicht zu Angesicht."

Um diese Erfahrung zu erlangen, hat sich die Seele vorübergehend vom Körper mit den verschiedenen Sinnen, die an ihn gebunden sind, vom Gemüt, den Lebensenergien - von allem, was grobstofflich ist, zu grob, um mit der Wahrheit Kontakt zu haben - zu trennen. Mit anderen Worten, die verkörperte Seele hat sich selbst zu entkörpern, um eine reine und einfache Seele zu werden und an nichts gebunden zu sein, ehe sie mit der subtilen und verfeinerten Meisterkraft in Verbindung kommen kann. Darum sagt Guru Nanak:

"Es sei denn, man erhebt sich zur Höhe Gottes, so kann man 
Gott nicht erkennen."

Die Göttliche Kraft kann durch etwas, das einer niedrigeren Ebene angehört, weder begriffen noch erfaßt werden. Bei all unserer Rechtschaffenheit sind wir nichts wert und solange wir im Körper sind, ist keiner wirklich rechtschaffen, nein, nicht einer. Indem sich die Seele über das Körperbewußtsein erhebt, leuchtet sie in ihrer ursprünglichen Reinheit, erlangt das kosmische Bewußtsein und fühlt gleichsam, daß sie ein bewußter Mitarbeiter am Göttlichen Plan ist. Dieses Aufblühen vom Mikrokosmos in den Makrokosmos wird "Duaya Jamma" oder die "Zweite Geburt" genannt, d.h. die Geburt aus dem Geist, da sie verschieden ist von der Geburt aus dem Fleisch. So heißt es in den Evangelien:

"Es sei denn, daß jemand von neuem geboren wird, so kann er 
das Reich Gottes nicht SEHEN."

"Es sei denn, daß jemand geboren werde aus Wasser und Geist, 
so kann er nicht in das Reich Gottes HINEINKOMMEN." 
                                                                                    Joh. 3,3-5

"Fleisch und Blut können das Reich Gottes nicht ererben." 
                                                                       1.Kor. 15,50

"Lerne zu sterben, damit du zu leben beginnen kannst."

Danach richtet sich der Mensch nicht mehr nach dem Fleisch, sondern nach dem Geist. Da der Zurückziehungsprozeß der Seele mit dem wirklichen Tod verwandt ist, erlangt man dadurch den Sieg über den Tod - dem letzten Feind der Menschheit. Der tägliche Tod, nach Belieben herbeigeführt, nimmt den Stachel des Todes fort. Wir stoßen hier auf Hinweise vom Tod im Leben in den Schriften aller Religionen. Kabir, ein indischer Heiliger von großem Ansehen, sagte:

"Der Tod, vor welchem sich die Menschen sich so schrecklich 
fürchten, ist mir eine Quelle des Friedens und der Freude."

Dadu, ein anderer Heiliger bestätigt:

"O Dadu, lerne zu sterben noch während des Lebens; denn am 
Ende müssen alle sterben."

Maulana Rumi sagt darüber:

"Solange der Mensch die Sinnesebene nicht überschreitet, 
bleibt er dem Göttlichen Leben völlig fremd."

Ähnliche Worte finden wir in den Evangelien, wie "Ich sterbe täglich" und "Ich bin gekreuzigt in Christo"; dazu Christi eigene Ermahnung an seine Nachfolger: "Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst, und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir." All dies bezieht sich auf ein und dasselbe, nämlich auf den letztlichen Sieg des Geistes über das Fleisch - die wahre Auferstehung oder der vollkommene Übergang von einem Leben in ein anderes.

 

5. Das Reich Gottes

Das Endziel der Reise ist das Reich Gottes, zu dem der Geist nach und nach durch die Strahlende Form des Meisters geleitet wird. Es ist nichts Äußeres, denn alle Schönheit und Glorie liegt im Innern der menschlichen Seele. Es wird gesagt:

"Das Reich Gottes kommt nicht mit äußerlichen Gebärden, denn 
sehet das Reich Gotes ist inwendig in euch."

Durch die Gnade des Meisters erlangt der Geist das verlorene Paradies, den Garten Eden zurück, aus welchem er dereinst vertrieben wurde.

"Im Fleisch wurde die Schuld zuerst begangen, darum muß sie 
im Fleisch wieder getilgt werden."

Wenn der Sünde Sold durch Leiden bezahlt ist, wird der Prozeß der karmischen Auswirkungen letztlich durch die Kraft von Naam oder dem Wort liquidiert. Mit der Kraft Gottes ausgerüstet, wie sie sich durch die Gnade des Meisters offenbart, stürmt der Geist nun ungehindert vorwärts und kommt von Angesicht zu Angesicht mit der Wirklichkeit. Von diesem Zustand wonnevoller Glückseligkeit wird unterschiedlich gesprochen als "Neues Jerusalem" (wo die Christuskraft wieder erscheint), "Mukam-i-Haq" (die Stätte der Wahrheit), oder "Sach Khand" (eine unvergängliche Ebene) ein Ort, an dem es keine Sorgen, keine Belastung und keine Plage gibt.

 

6. Die Suche nach dem wahren Meister

Ein lebender, vollendeter Meister ist das Ein und Alles auf dem spirituellen Pfad. Er ist die höchste Gabe Gottes und der größte Segen für die Menschheit. Die Wichtigkeit und Notwendigkeit eines kompetenten Meisters kann darum nicht nachdrücklich genug betont werden. Alle Schriften singen Loblieder auf den „Sant Satguru“ oder den „Meister der Wahrheit“, der von oben den Auftrag hat, solchen Seelen zu helfen, die sich nach Gott sehnen:

„Ohne einen vollendeten Meister kann keiner Gott erreichen, 
und es hat nichts zu sagen, ob einer millionenfache 
Verdienste hat.“
                                                                           Granth Sahib

„Es ist ein fundamentales Gesetz, daß keiner auch nur an Ihn 
denken kann, ohne die Hilfe einer Meisterseele.“ 
                                                                           Granth Sahib

Ein wahrer Meister ist tatsächlich ein Meister - Meister in allen Phasen des Lebens:

Er ist ein Guru oder Lehrer auf der physischen Ebene, wo er die spirituellen Lehren vermittelt, wie es jeder andere Lehrer tut; er teilt unsere Freuden und Sorgen und hilft uns bei jedem Schritt in unseren täglichen Anfechtungen und Drangsalen;
er ist ein Gurudev oder die strahlende Form des Meisters, welche die Seele auf den Astral- und Kausalebenen führt;
und er ist ein Satguru oder der wahrhaftige Meister der Wahrheit selbst im großen Jenseits.

Solche Seelen sind das Salz der Erde und wahrlich selten; aber trotzdem ist die Welt niemals ohne einen oder einige solcher Wesenheiten, wie es Gott besimmt. Das Gesetz von Bedarf und Versorgung wirkt immer und überall, in spirituellen wie in weltlichen Dingen. Man muß sich jedoch vor den falschen Propheten oder den „reißenden Wölfen in Schafskleidern“ in Acht nehmen. Wie man einen wirklichen Heiligen findet, ist ein anderes schwieriges Problem. Aber Geduld, Ausdauer und kluge Unterscheidung haben am Ende immer Erfolg. Wenn Gottes Licht leuchtet, leuchtet es in Fülle und es kann nicht für lange Zeit unter einem Scheffel verborgen bleiben.
„Der Guru erscheint, wenn der Schüler bereit ist“, ist eine unumstößliche Wahrheit. Dennoch nennnen uns die Schriften einige Merkmale, wie man einen Wahren Meister erkennen kann:

„Beugt euch niemals vor ihm, der, während er vorgibt, ein 
Heiliger zu sein, von den Almosen anderer lebt.“ 
                                                                           Granth Sahib

„Er, der das Unendliche im Endlichen offenbart, ist in der 
Tat sein Satguru und wahrhaftig ein Meister.“
                                                                           Granth Sahib

„Nimm ihn als einen wirklichen Meister, der die Wahrheit in 
dich einpflanzt und dich in das Unergründliche hineinschauen 
läßt und dich mit dem inneren Ton verbindet.“
                                                                                      Kabir

„Ein wahrer Meister bringt die Botschaft von Shabd und er 
spricht von nichts sonst, als von Shabd.“

„Nennt ihn einen Göttlichen Meister, der die klassische 
Musik von oben herunterziehen kann.“
                                                                                      Paltu

 

7. Der Surat Shabd Yoga

Zweifellos gibt es unzählige Wege der Vereinigung mit dem Geliebten. Aber in diesem Zeitalter ist die natürliche Form des Yoga der Surat-Shabd-Yoga (Yoga des Licht- und Tonstroms). Er kann durch Alte und Junge gleicherweise ganz leicht geübt werden, und daher ist er im allgemeinen als Sahaj-Yoga (oder der leichte Pfad) bekannt. Ein in diee Yoga-Art Initiierter braucht sich nicht körperlich anzustrengen. Er hat natürlich zu meditieren (einige Stunden täglich), wie durch den Meister angeraten, indem er in liebevollem Denken an den Herrn den mentalen Simran, d.h. Wiederholung der geladenen Worte mit der „Zunge der Gedanken“ übt, und den Bick oder „Surat“ (die Aufmerksamkeit) auf den Sitz der Seele, hinter und zwischen den Augenbrauen, heftet. Man soll jedoch nicht irgendwelche Dinge voraussetzen oder erwarten, noch sich am Leben festklammeern oder im voraus nach ungenauen Zielen greifen. Das Öffnen des geistigen Auges und die Übertragung des Tonstromes ist die Aufgabe des Meisters. Von dem Augenblick an, in dem der Meister den Geist in seine Obhut nimmt, leitet er ihn sowohl direkt als auch indirekt, sichtbar und unsichtbar, auf der Erde und im Jenseits, im Leben und nach dem Leben und verläßt ihn niemals, bis das Ziel erreicht ist. Nach dieser Erfahrung lernt man die Wahrheit von Aussprüchen wie:

„Die Meisterkraft wird dich nie verlassen noch versäumen bis 
zum Ende der Welt.“

„Und wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen.“
                                                                                  Joh. 6,37

Einem Meister-Hieligne zu begegnen und die Initiation zu bekommen ist die Krönung eines guten Schicksals und der größte Segen auf Erden. Er hat die Schlüssel vom Reich Gottes und leitet die weltmüden, schwerbeladenen und wunden Füße zurück in Seines Vaters Haus, um ihnen Ruhe zu geben. Im geheimen Gemach seiner Seele entdeckt der Meister für den Menschen Gott wieder. Wie der Meister das größte Geschenk Gottes ist, so ist Gott das größte Geschenk des Meisters, denn mit seiner Gnade kann man die Vereinigung mit Gott erlangen. Es ist in der Tat nur ein Spiel mit Worten, denn es gibt keinen Unterschied zwischen den beiden:

„Ich und der Vater sind eins. Und niemand kennet den Sohn 
denn nur der Vater; und niemand kennet den Vater, denn nur 
der Sohn und wenn es der Sohn will offenbaren.“
                                                                                                               Bibel

„Der Vater und der Sohn sind in derselben Farbe gefärbt.“
                                                                          Granth Sahib

„Der Vater und der Sohn bilden eine Gemeinschaft.“ 
                                                                Granth Sahib

Darum bedürfen wir einer wirklich erwachten Seele, denn ohne sie tappen wir immer im Dunkel und können das Licht nicht sehen und Erlösung erlangen.

„Hunderte von Monden mögen scheinen und Tausende von Sonnen 
mögen glühen, doch trotz dieses blendenden Glanzes herrscht 
innen pechschwarze Dunkelheit. Ohne den Meister findet man 
nicht den Weg und irrt weidter in der Finsternis einher.“ 
                                                                                      Granth Sahib

Eine solche Meisterseele kann durch einen Stellvertreter in weitentfernten Ländern wirken und ihn zu einem Werkzeug für seine Zwecke machen. Doch es ist ein großer Unterschied zwischen dem Meister und dem Stellvertreter. Ersterer ist in seiner Wissenschaft vollendet, während letzer noch nicht vollendet ist. So haben wir immer zur Meisterkraft aufzuschauen, die äußerlich durch den Pol des Meister vollkommene Führung und Hilfe gibt, bis wir uns mit der inneren Kraft verbinden können.

 

Das Wesentliche des „Ruhani Satsang“

„Ruhani Satsang“ ist weder ein intellektuelles und scholastisches Philosophiesystem noch lediglich ein ethisches Gesezt strenger moralischer Tugenden, obgleich er bis zu einem gewissen Grad etwas von der Natur beider in sich birgt. Spiritualität ist ganz verschieden von der Religion, wie sie gewöhlich und im allgemeinen heute bekannt ist, nämich als ein sozialer Sittenkodex, und sonst nichts. „Ruhani Satsang“ befaßt sich mit der Wissenschaft der Seele oder dem inneren Selbst des Menschen: was es ist und wie es aus den Griffen des äußeren Menschen, des Gemütes, der Materie und der nach außen gehenden Kräfte befreit werden kann, um Zeuge der Glorie Gottes zu sein, indem es in der inneren Stille des Geistes Sein Licht sieht und Seine Stimme hört. Es ist eine erfahrungmäßige Wissenschaft der praktischen Selbstanalye, durch die man „Selbstkenntnis“ und „Gottkenntnis“ erlangt. Aber all dies hängt allein von der Gnade Gottes ab, denn keiner hat es bei all seiner Gelehrsamkeit, Klugheit und all seinem Wissen je erreicht, noch kann eine auf diesem Gebiet durch seine eigenen Anstrengungen und ohne Unterstützung Erfolg erzielen. Kurzum, sowohl Gott als auch der Gottespfad werden durch das Licht des Gottmenschen offenbar, der den Gottsucher leitet und ihm bei der Wiederentdeckung Gottes in seinem eigenen Innern hilft. Dies ist die große Lektion der Spiritualtiät, deren lebendige Verkörperung „Ruhani Satsang“ ist; und die allen Aspiranten, die nach wahrer Erkenntnis streben,, zu helfen sucht, das Wissen um die Verwirklichte Wahrheit zu erlangen, der alles bekannt wird und nichts unbekannt bleibt - das Finale der menschlichen Existenz.

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