Wie man richtig meditiert

Sant Kirpal Singh – Juni 1955, Washington, D. C.

 

 

Vorwort:


Folgende Auszüge stammen aus einer Tonbandaufzeichnung (vom Juni 1955, Washington, D.C.), welche unter der themenbezogenen Bezeichnung

 

       "How to meditate correctly"

 

bekannt ist.

 

Dieser folgende Schriftauszug der Tonbandaufzeichnung ist von großer Hilfe für all diejenigen, die die Ersthand-Erfahrung bei der Heiligen Initiation durch Param Sant Kirpal Singh persönlich oder durch seine Repräsentanten bis 1974 erhalten haben. Dies gilt gleichfalls für all diejenigen, welche nach 1974 durch die Gnade Gottes, die durch alle Meister wirkt und die Gnade von Param Sant Kirpal Singh, der durch seine Gurumukhs und Khalsas ohne Zweifel weiterwirkt, die so dringend notwendige Ersthand-Erfahrung bei der Heiligen Initiation erhielten.

 

Eine Initiation in den SantMat oder Surat Shabd Yoga kann nur als gültig betrachtet werden, wenn der Aspirant eine praktische Erfahrung selbst bezeugen kann. Auch heute noch besteht zweifellos die Möglichkeit, durch die immerwährende Gnade Gottes an einen Ort geführt zu werden, wo diese Ersthand-Erfahrung durch Seine Gnade verschwenderisch verteilt wird. Param Sant Kirpal Singh betonte immer wieder: Ich wünsche mir, daß ihr alle meine Botschafter werdet. Bei der Beantwortung folgender Frage wies Param Sant Kirpal Singh eindeutig auf diesen Punkt hin:

Frage: Ist die Initiation, wenn sie durch einen bevollmächtigten Repräsentanten des Meisters vermittelt wird, in jeder Hinsicht gültig?

 

Param Sant Kirpal Singh antwortet:  Ja, die Initiationsanweisungen, die durch einen rechtmäßig autorisierten Repräsentanten des Meisters gegeben werden, sind in jeder Hinsicht gültig. Der Prüfstein ist die innere Ersthand-Erfahrung vom heiligen Licht Gottes und dem hörbaren Lebensstrom bei der Initiation. Dies sind die beiden Astralformen der Meisterkraft, und wenn sie einer durch persönliche Erfahrung erreicht, indem er sich über das Körperbewußtsein erhebt, kann es über ihre Gültigkeit und Wirksamkeit keinen Zweifel geben. („Sp.Elxr. S.254“)

Param Sant Kirpal Singh erzählt zu Beginn dieser Tonbandaufzeichnung, wie sein Meister Satguru Hazur Baba Sawan Singh immer sagte, wir sollten vor der Tür sitzen wie ein Armer vor der Tür eines Reichen sitzt.)

 

Beginn des Tonbandauszuges:

 

Wenn ihr vor der Tür sitzt und wartet, muß Gott schließlich fragen, was ihr wollt, versteht ihr? Sitzt also einfach vor der Tür, völlig losgelöst von der Außenwelt; kein Gedanke an den Körper unten, kein Gedanke an eure Umgebung. Schaut einzig und allein mit ganzem Herzen, voll konzentriert, mit all eurer Kraft, mit all eurer Liebe, mit all eurer Hingabe, ganz eindringlich. Schaut – schaut – in das hinein, was vor euch liegt – und wartet. Das ist alles, was ihr zu tun habt. Erfahrungen werden von selbst kommen, ohne daß ihr darum bitten müßt. Die Meisterkraft ist über euch und wird euch ungefragt Hilfe geben. Unsere Aufgabe ist es, vor der Tür zu sitzen, ganz losgelöst von der Umgebung und vom Körper selbst. Ihr seid dort und euer Meister – sonst nichts. Wenn ihr es genau so macht, werdet ihr mit Sicherheit erfolgreich sein. Es gibt keinen Grund dafür, warum ihr nicht erfolgreich sein solltet, es sei denn, daß ihr bei den Übungen etwas falsch macht.

 

Welche Schwierigkeiten begegnen uns bei unseren Übungen? Wir widmen ihnen Zeit, aber trotzdem erzielen wir keine Ergebnisse – warum? Das kann viele Gründe haben, denn es gibt viele Hindernisse auf den Weg. Die häufigste Ursache ist, daß wir uns des Körpers bewußt bleiben. Wir nehmen wahr, daß wir in Meditation sitzen und anderes mehr. Jedes Bewußtsein für unseren Körper muß wie abgeschnitten sein. Denkt bitte nicht an den Körper – ihr seid der Bewohner des Hauses, versteht ihr? Schaut mit dem inneren Selbst in das hinein, was vor euch liegt – mehr nicht. Das ist das erste.

 

Als nächstes: Manchmal bleibt unsere Aufmerksamkeit auf den Atem gerichtet, (wir beobachten), wie der Atmungsprozeß im Körper vor sich geht. Er beginnt im Bereich des Nabels und steigt auf bis zum Mund. Wenn ihr euch dieses Vorgangs bewußt seid, befindet ihr euch natürlich im Körper und könnt ihn nicht überschreiten. Nachts oder tagsüber bei eurer Arbeit atmet ihr ja auch, ohne es wahrzunehmen. Die ganze Zeit achtet ihr nicht darauf. So sollte es auch sein, wenn ihr euch zum Meditieren hinsetzt: Beachtet es gar nicht, habt keinen Gedanken an den Atemvorgang. Ihr lest, ihr schreibt, ihr überlegt, ihr erfindet so vieles – bei all dem geht der Atem einfach weiter, ohne daß ihr ihm Beachtung schenkt, nicht wahr? Und auch während ihr in der Meditation sitzt, solltet ihr nicht darauf achten. Laßt den Atem einfach weitergehen! Das ist das zweite.

 

Drittens: Manchmal benehmt ihr euch wie ein Aufseher – ihr beobachtet, wie weit ihr euch erhoben habt und vom Körper zurückgezogen seid. In diesem Fall verlaßt ihr den Sitz der Seele im Körper und befindet euch unterhalb davon. Unser Meister sagte immer: „Wenn ihr hier (am dritten Auge) sitzt, übt Simran! Wenn ihr hier sitzt, macht Simran!“ Sobald ihr an den Atemvorgang im Körper denkt, seid ihr nicht mehr dort, sondern unten. Seid erst einmal dort! Bleibt dort! Ihr selbst seid bereits dort! Es ist nur unsere Gewohnheit geworden, (nach unten in den Körper zu gehen), oder wie kann man es ausdrücken – wir haben uns so sehr mit dem Körper identifiziert, daß wir glauben, der Körper zu sein. Nur das ist es, versteht ihr? Das ist also der dritte Punkt.

 

Was geschieht, wenn man den Vorgang des Sichzurückziehens beobachtet? Man empfindet dann qualvolle Schmerzen im Körper. Was sagt Plutarch zu diesem Thema: „Erfahrung, die man macht, wenn man sich beim Tod vom Körper zurückzieht, ist dieselbe Erfahrung, die man erhält, wenn man in die Mysterien des Jenseits eingeweiht wird.“ Das ist nichts Neues, ich wiederhole das nur noch einmal, damit ihr seht, es sind dieselben alten, alten Wahrheiten, von denen ich spreche. Wenn ihr beobachtet, wie sich der Geist vom Körper zurückzieht, werdet ihr Schmerzen empfinden, und ihr könnt euch nicht weiter erheben. Bleibt ihr aber fest im Sitz der Seele hinter den Augen, ohne einen Gedanken an den Atemvorgang oder den Prozeß des Zurückziehens im Körper, dann erfahrt ihr in einem Augenblick, meine ich, daß ihr selbst am Sitz der Seele seid und der Körper empfindungslos ist. So leicht, wie sich ein Haar aus der Butter ziehen läßt, ganz sanft und ohne jede Schwierigkeit, wird dann die Seele ohne einen Schmerz zurückgezogen. Doch sobald ihr diesen Vorgang mitverfolgt: „Wie weit habe ich mich erhoben?“, spürt ihr Schmerzen; ihr könnt die Übungen nicht weiterführen. Ihr seid wieder unten und habt keine Erfahrung.

 

Ich möchte euch über das dritte Auge noch einiges mehr sagen: Manchmal zieht ihr euch vom Körper zurück, doch ihr seid ängstlich darauf aus, das eine oder andere zu bekommen: „Dies oder das ist nicht gekommen, dies und jenes hätte ich sehen sollen, warum kommt Meister nicht?“ – euer Verstand ringt und versucht es krampfhaft festzuhalten. Hört auf damit! Ich habe euch zuvor ein Beispiel erzählt, das mein Meister oft anführt: „Wenn du immer an  der Tür eines reichen Mannes sitzt, wird er dich schließlich fragen: „Mein Freund, warum sitzt du hier?“ Sitzt also einfach da und wartet. Die Hilfe wird von selbst kommen, ohne daß ihr darum zu bitten braucht. Ihr solltet nicht bestimmte Dinge erlangen wollen, denn dabei ist euer Verstand aktiv. Unser Körper sollte als erstes zur Ruhe kommen, versteht ihr? Unser Verstand sollte zur Ruhe kommen, unser Gemüt sollte zur Ruhe kommen – erst dann könnt ihr euer (wahres) Selbst erfahren. Das ist der vierte oder fünfte Punkt.

 

Habt keine Eile, ... sitzt einfach vor der Tür, das ist alles. Guru Armar Das, der sagt an einer Stelle: „Schaut her – versucht, immer an der Tür zu sitzen!“ Es ist die Tür des Meisters, die hinter den Augen liegt und euch den Weg vom Körper aufwärts zeigt. Durch diese Tür verläßt die Seele den Körper und geht geradeaus ins Jenseits. Verharrt ununterbrochen an dieser Tür im Körper. (An einer Stelle heißt es sogar): Selbst wenn der Meister euch  ausdrücklich wegschicken würde: „Geh jetzt!“, sogar dann bleibt dort! Denn es ist der einzige Ausgang, durch den man die Welt verlassen kann. Lernt also, vor der Tür hinter den Augen zu sitzen, und ihr werdet ganz gewiß Erfahrungen erhalten. Habt ihr irgendeinen Zweifel an dem, was ich sage? Es ist alles genau so. Doch wir befolgen manchmal die Anweisungen nicht genau genug, das ist der Grund für all die Schwierigkeiten. Wenn ihr sitzt, dann sitzt völlig entspannt, voller Hingabe und Vertrauen, und legt eure Hoffnungen in Ihn. Das ist alles, was ihr zu tun habt. Gleichzeitig solltet ihr die geladenen Namen, die euch gegeben wurden, wiederholen. Sie sind ein Schutz gegen alle Täuschungen im Inneren und verhindern, daß ihr darin verstrickt werdet. Sie sind ein „Sesam- öffne- dich!“ auf dem Weg nach oben, könnte man sagen, das euch hilft und euch weiteren Auftrieb gibt. Die Wiederholung (der Namen) muß äußerst sorgfältig geschehen, sage ich euch. Auch hier gibt es einige Schwierigkeiten. Manchmal wiederholt ihr die Worte mit dem Mund, manchmal im Kehlkopf oder mit dem Herzen – und wieder seid ihr im Körper unten. Ihr müßt die Namen im Geist wiederholen, mit der „Zunge der Gedanken“, wenn man es so nennen will. Geradeso, wie wenn ihr ein paar Tage zuvor jemanden getroffen und ein längeres Gespräch mit ihm geführt habt und euch heute daran erinnert: „Dieser Mann ist mir begegnet, ich habe ihm vieles erzählt, und er hat mir folgendes geantwortet...“ All das ruft ihr euch ins Gedächtnis, und weder Zunge, Kehlkopf noch Herz sind daran beteiligt, nicht wahr? Wiederholt (die Namen) in Gedanken! Haltet euren inneren Blick fixiert. Haltet diesen Blick beständig, ganz genau und ohne Unterbrechung auf das gerichtet (was vor euch liegt). Laßt keinen Augenblick davon ab! Wenn ihr beides zusammen tut, aber bei der Wiederholung zu schnell seid, werdet ihr entweder die Wiederholung beibehalten oder nur den inneren Blick ruhig halten können – ihr könnt nicht an zwei Dinge gleichzeitig denken. Versteht ihr mich? Haltet euren inneren Blick gefestigt und schaut sehr genau, eindringlich und ohne Unterbrechung in das, was ihr vor euch seht. Schaut – schaut – schaut noch genauer! So, wie man Luft in einem Reifen pumpt: wieder und wieder und wieder pumpt man. Macht es genauso: Schaut genau, noch genauer, noch viel genauer! Fahrt fort damit! Und gleichzeitig wiederholt die geladenen Namen, und zwar sehr, sehr, sehr langsam. Wenn ich „langsam“ sage, meine ich damit in zeitlichen Abständen, nicht kraftlos. Die Ladung liegt in den Worten selbst, ihr dürft nicht an deren Bedeutung denken, beachtet das. Sonst ist nämlich euer Verstand aktiv. Wenn ihr es auf diese Weise tut, werdet ihr euch erheben. Ihr könnt das, was in den Schriften steht, mit eigenen Augen sehen: Das Licht Gottes, den inneren Meister, und ihr werdet Tag für Tag vorankommen.

 

Eines ist dabei sehr hilfreich: Regelmäßigkeit bei den Übungen, und zwar richtig und gewissenhaft, wie ich es gerade erklärt habe. Diese beständige Regelmäßigkeit ist erforderlich, Tag für Tag, seht ihr? Laßt keinen Tag vergehen, ohne den spirituellen Übungen Zeit zu widmen. Es ist die Nahrung für die Seele, das Brot des Lebens. Gebt zuerst der Seele Nahrung und dann dem Körper. Macht euch das zum Lebensgrundsatz. Das ist äußerst wichtig, seht ihr. Es ist traurig, sagen zu müssen, daß wir wenig oder keine Zeit dafür haben; wir behaupten einfach, wir hätten keine Zeit. Doch wir müssen Zeit finden, sage ich euch! Nehmen wir an, daß ihr heute sterben müßt. Ihr erhaltet die Mitteilung, daß ihr heute Nacht um zwölf Uhr gehen müßt. Was werdet ihr tun? Seid ihr vorbereitet? Es wird uns nicht vorher gesagt, nur bei Initiierten ist es glücklicherweise so, daß sie vorher eine Nachricht erhalten. Doch nur bei denen, die sich bemühen! Wer gar nichts getan hat, dessen Ende kommt, und Meister erscheint erst im letzten Augenblick, nicht vorher! Deshalb lege ich soviel Nachdruck darauf. Setzt regelmäßig Zeit ein! Laßt keinen Tag vergehen, ohne der Meditation genügend Zeit zu widmen, versteht ihr? Vier Stunden täglich sind eine Bedingung, zwei Stunden morgens, eine am Abend und eine in der Nacht. Wer soviel Zeit aufbringt, wird keinerlei Grund zur Klage haben, wenn er die Übungen richtig ausführt. Könnt ihr anfangs keine vier Stunden einsetzen – vier Stunden von vierundzwanzig – gut, dann beginnt mit zwei Stunden, aber versucht wenigstens, diese Mindestanforderung zu erfüllen.

 

Als ich zu meinem Meister kam, fragte ich ihn: „Wieviel Zeit soll ich für die spirituellen Übungen einsetzen?“ Das war 1924. Er sagte: „Mindestens fünf bis sechs Stunden pro Tag, das ist das Minimum, und sonst soviel du kannst!“ Wir müssen uns nach innen wenden, seht ihr? Laßt alle vergangenen Leben beiseite, kümmert euch nur um das jetzige Leben, von dieser Geburt angefangen bis jetzt. Jahr für Jahr waren wir nach außen gerichtet, wir taten bisher genau das Gegenteil. Dies wurde zu unserer Gewohnheit und schließlich zu unserer Natur. Wir müssen also jetzt genügend Zeit einsetzen, um uns nach innen zu wenden. Doch wir beklagen uns: „Unser Gemüt bleibt nicht still, es schweift umher!“ Nun lieber Freund, was ist der Fehler des Gemüts? Das Gemüt hat sich an etwas gewöhnt, und das wird ihm schließlich zur Natur. Das müßt ihr herausfinden, indem ihr der Meditation Zeit widmet. Wenn jemand auch noch so ein schlechtes Leben geführt hat, selbst wenn er der größte Taugenichts oder sogar ein Verbrecher ist – wenn er diese Übungen auf richtige und sorgfältige Weise ausführt, wenn er in Zukunft sein Verhalten, sein Leben ändert, so kann er ohne Zweifel Gott erreichen und ihn sehen. Denn diese Kraft wirkt über uns, und sie hilft, ohne daß man darum bitten muß. Seht ihr, einen Meister zu treffen – einen wahren Meister, einen kompetenten Meister, keinen sogenannten „Meister“, von denen die Welt voll ist – ist der größte Segen, den man im Leben erlangen kann.

 

Das ist also der genaue Weg für die Übungen, die jedem einzelnen von euch aufgetragen wurden. Ihr müßt regelmäßig sein, und gleichzeitig ist als Unterstützung (für die Meditation) noch etwas zu beachten: Das ist die Selbstprüfung, versteht ihr? Überprüft täglich euer Leben, damit ihr herausfindet, wo ihr versagt. Ich lege euch diese Dinge jetzt ganz ausführlich dar. Benutzt ein Tagebuch nach den Richtlinien, die ich vorgeschlagen habe: Nicht- verletzen, Wahrhaftigkeit, Reinheit, Liebe für alle und selbstloser Dienst – das sollte in Worten, in Taten und in Gedanken eingehalten werden. Alle in diesen Spalten angeführten Fehler sollten einer nach dem anderen beseitigt werden. Selbst wenn ihr auf dem Weg nicht vorankommt, ich meine, wenn ihr keine Erfahrung vom Jenseits erhaltet, selbst dann werdet ihr Glück und Frieden in eurem Herzen fühlen.“ .... (Ausgelassene Stelle ist auf der Kassette nicht gut zu verstehen), es ist lediglich die Vorbereitung des Bodens, aber es ist die Grundlage, auf der die Sonne der Göttlichkeit aufgehen wird.

 

Prüft also immer euer Leben, und wie ihr euch den Tag über verhaltet. Ordnet die Fehler den einzelnen Rubriken zu. Alle Meister aus der Vergangenheit, alle Religionen – ob der achtfache Pfad der Buddhisten, die zehn Gebote Christi oder das, was in den Hindu- Shastras niederlegt ist – sie alle lassen sich diesen fünf Rubriken zuordnen, werdet ihr feststellen. Beseitigt also von Tag zu Tag eure Unvollkommenheiten, das wird euch helfen, auf dem Weg voranzukommen. Wenn ihr das beachtet, könnt ihr auf wunderbare Weise fortschreiten. Ich erlebe es in Indien, und auch hier (im Westen) gibt es einige – nicht alle – die sich wunderbar weiterentwickeln. Sie legen ihre Tagebücher regelmäßig vor, und einige gehen sogar über die dritte Ebene hinaus. Ein oder zwei erreichen sogar die höchste Ebene, und das innerhalb von drei oder vier Jahren! Es besteht Hoffnung für jeden, sage ich euch. Auch die Meister sagten es. Guru Armar Das – er war auf der Suche nach der Wahrheit. Er wanderte umher auf der Suche nach einem Meister, nach dem rechten Weg – bis zum Alter von siebzig Jahren. Schließlich begegnete er einem Meister: Guru Angad. Und was sagte er? „Ich war genau wie ihr, lebte im Körper und mit den Indryas (den fünf nach außen gerichteten Sinnen des Gemüts). Ich war genauso wie ihr jetzt seid, doch nun habe ich durch die Gnade meines Meisters eine höhere Stufe erreicht.“ Die Meister sagen nicht, daß sie geradewegs vom Himmel herabkommen, um euch etwas zu lehren. Sie erklären, daß sie in erster Linie Mensch sind. Der Mensch ist Lehrer des Menschen. Eine Krähe krächzt – und wozu? Um die anderen Krähen zusammenzurufen. Die Affen kreischen und sammeln so in ihrer Sprache alle Affen um sich. Spricht ein Mensch zu seinesgleichen, versammelt er die anderen Menschen um sich, versteht ihr? Der Mensch ist Lehrer des Menschen. Ihr könnt lernen. Beginnt so wie ihr seid, als Mensch – entwickelt euch, und ihr werdet erkennen, daß ihr etwas anderes (Göttliches) seid! Solange ihr dies nicht mit eigenen Augen seht, könnt ihr nicht überzeugt sein. Erhält der eine oder andere nicht diese Erfahrung, hat er bei der Ausführung (der Übungen) etwas falsch gemacht.

 

Ich glaube, die wichtigsten Punkte habe ich erklärt. Merkt es euch, und wenn ihr meditiert, macht es gewissenhaft und setzt regelmäßig Zeit ein, achtet bitte darauf. Laßt ihr auch nur einen Tag aus, dauert es sieben weitere Tage, bis ihr wieder den vorherigen Stand erreicht habt. Am Anfang der Entwicklung ist es so wie bei jemandem, der Schauspieler werden möchte: Ob er ißt, schläft oder umhergeht, immer spielt er seine Rolle. Seid ihr aber vollkommen entwickelt, bleibt ihr in allen Lebenslagen hier (hinter den Augen). Kabir sagt an einer Stelle: „Ob ich stehe oder spreche, ob ich esse, gehe oder liege, immer bin ich am selben Punkt (hinter den Augen). Äußere Dinge können mich von diesem Ort nicht trennen. Während ich spreche bin ich dort, während ich schlafe, was ich auch tue, immer bleibe ich an diesem Ort.“ Das ist ein Zustand, den wir mit der Zeit erreichen sollten. Auch Rom wurde nicht an einem Tag erbaut. Ein Ringkämpfer wird auch nicht an einem Tag zum Ringer, er muß viel trainieren. All das braucht natürlich seine Zeit. Wenn ihr so meditiert (wie ich es euch erklärt habe), werdet ihr keinen Grund zur Klage haben. Ihr solltet regelmäßig die Tagebücher vorlegen, ich denke, es braucht nicht monatlich sein, vielleicht alle zwei bis drei Monate, doch führt es regelmäßig, jeden Tag. Es wird euch in zweifacher Hinsicht helfen: Erstens, wenn ihr etwas Falsches gemacht habt, wenn es irgendwelche Schwierigkeiten bei der Meditation gibt, solltet ihr mir sofort berichten. Ihr könnt aber auch von den zuständigen Repräsentanten Hilfe erhalten, denn sie sind in eurer Nähe, und dadurch könnt ihr die Schwierigkeiten beseitigen. Anderenfalls leitet es an mich weiter. Das ist das eine. Wenn also Schwierigkeiten während der Meditation entstehen, können sie auf diese Weise sofort geklärt werden. Das zweite ist: Ihr werdet weder träge noch nachlässig im Durchführen eurer Übungen, weil ihr wißt, daß ihr Tag für Tag das Tagebuch einhalten müßt.

 

(Meister wendet sich an zwei Schüler). Gerade vorher habe ich davon gesprochen, ich bitte euch: Führt es und dann zeigt es mir! – Ja – Alle beide! Jeder von euch sollte Tagebuch führen, das wird euch Antrieb geben. Ich habe gesehen, daß alle etwas erreichen, die sich daran hielten. Warum sollte das nicht auch in eurem Fall geschehen können? Irgendwo macht ihr etwas falsch, ihr habt euch nicht genau daran gehalten. Ich meine, es hängt alles miteinander zusammen, und wenn ihr das beachtet, wird es nicht schwierig sein, ihr werdet vorankommen. Bereits bei der Initiation wurde euch vieles erklärt, ihr aber kümmert euch zu wenig darum, all das zu befolgen. Was ich euch jetzt erklärt habe, betrifft den Simran- Teil, die Seh- Übung. Was den anderen Teil (die Hör- Übung) betrifft – auch hier gibt es zeitweise Schwierigkeiten: manchmal hören wir den Ton, dann wird er wieder schwächer, manchmal kommt er von der linken Seite. Wir wissen nicht, wie man richtig auf den Ton hört. Bei der Initiation wurde euch das alles ganz genau erklärt. Aber nur, wenn ihr sehr aufmerksam seid, werdet ihr es richtig erfassen, dann ist es nicht mehr möglich, daß ihr mißgeleitet werdet.

 

Wenn ihr auf den Ton hört, sollt ihr in der besonderen Haltung sitzen, die euch gezeigt wurde. Sie ist in zweifacher Hinsicht die beste: Um den Tonstrom zu hören, und um den Geistesstrom vom Körper zurückzuziehen; denn wenn ihr in dieser Haltung sitzt, zieht sich der Geistesstrom vom Körper zurück. Versucht, so lange wie möglich, in dieser Haltung zu sitzen. Wenn ihr müde seid, könnt ihr nicht lange so sitzen, aber durch regelmäßige Praxis könnt ihr länger in dieser Haltung bleiben, am Anfang seid ihr nur nicht daran gewöhnt. Versucht aber, auf diese Weise solange wie möglich zu sitzen. Erst dann nehmt die andere Haltung ein, die ich euch gezeigt habe. Bei der Initiation wurde euch all das von den Repräsentanten gezeigt: Setzt euch z. B. vor einen Stuhl und stützt die Ellbogen darauf; wenn ihr wollt, setzt euch vor einen Schemel, einen Sessel oder einen Tisch, stützt die Ellbogen darauf und verschließt die Ohren. Die Ohren zu verschließen heißt einfach, die äußeren Geräusche abzuhalten. Drückt bitte nicht so, daß eure Ohren oder Finger schmerzen, sondern nur so, daß die äußeren Geräusche abgeschirmt sind. Ihr seid nun am Sitz der Seele, im Bereich zwischen den beiden Augen. Bleibt dort, aber ohne die fünf Namen dabei zu wiederholen! Ihr bleibt einfach dort und horcht, ob ihr von innen einen Ton wahrnehmt. Falls einmal der Ton von der linken Seite hörbar wird, schenkt ihm keine Bedeutung. Es ist ein negativer Ton, der euch nach unten in die Täuschung führt. Ihr werdet in Lust oder Zorn verfallen; niedere Impulse werden in euch aufkommen. Es gibt im Innern positive Töne und negative Töne. Der Ton des Satans ([Bandunterbrechung, daher sinngemäß ergänzt] kommt von links, der Ton des Meisters) dagegen von rechts. Hört nur auf den Ton, der von der rechten Seite kommt, aber folgt ihm nicht dorthin, von wo er ausgeht! Bleibt an dem Platz hier hinter den Augen und hört auf den Ton, der von rechts kommt. Was geschieht, wenn ihr den Ton bis zu seinem Ausgangspunkt verfolgt? Er wird schwächer und schwächer werden, bis er schließlich ganz aufhört – ihr verliert den Ton. Wenn ihr an dem Platz hier oben bleibt und nur auf den Ton von rechts hört, kommt der Ton näher, er wird stärker werden und schließlich von oben kommen. So ist es richtig. Sobald der Ton stärker wird, hat er große Anziehungskraft, er zieht euch nach oben. Habt keine Angst davor! Manchmal ist der Ton des Donners so laut, daß ihr Angst bekommt – „Ich werde sterben!“ – Habt keine Angst davor, er wird euch im Innern direkt zu Meisters Füßen bringen.Wir müssen die Liebe zum Körper aufgeben, wir müssen ihn eines Tages verlassen. Wenn euch eine höhere Kraft so stark anzieht, warum geht ihr dann nicht mit nach oben?

 

Ich denke, das sind die Schwierigkeiten, die wir in unserer Meditation haben. Ich habe euch jetzt einen kurzen Überblick gegeben. Wenn ihr euch daran haltet, werdet ihr keinen Grund zur Klage haben. Eines bleibt noch zu sagen: Seid regelmäßig und führt ein reines Leben, seid fest und beständig. Wenn die Meisterkraft euch initiiert, bleibt sie immer bei euch und wirkt ständig zu eurem Besten; sie wacht über euch und beschützt euch vor vielem. Solange ihr euch selbst nicht kennt, seid ihr euch dieser Kraft nicht bewußt, die euch im Innern hilft. Was ihr jetzt gehört habt, wird euch weiterhelfen. Es ist alles, was man wissen muß, um richtig zu meditieren.

 

Nachwort:

 

Das heilige Licht Gottes und der hörbare Lebensstrom sind grundsätzlich nur wahrnehmbar, wenn sich die Seele des Aspiranten durch die Gnade des Einen wahren Meisters über das Körperbewußtsein erheben darf. Aus diesem Grunde betonen alle Meister: Glaubt unseren Worten nicht, solange ihr das, was wir sagen, nicht selbst in Form einer Ersthand-Erfahrung bezeugen könnt.

Die Ersthand-Erfahrung ist nicht zu verwechseln mit emotionalem, scheinbaren Sichwohlfühlen in Gegenwart eines unvollkommenen Meisters (Es gibt hunderte „sogenannte“ Meister und tausende, die ihnen folgen.) wie oftmals durch deren Schüleranhang unterstützt, durch Aussagen wie:

 

a) Zu Kirpal Singhs Zeiten waren die Eindrücke, denen die Seelen ausgesetzt waren, nicht so stark wie zu heutiger Zeit, deshalb kann der Heilige Tonstrom nach der angeblich heiligen, erteilten Initiation nicht gehört werden, sondern der Schüler soll und kann froh sein, wenn er sich in Gegenwart des „angeblichen“ Meisters demütig wohlfühlt.

 

b) Bei manchen Gruppierungen geht es sogar so weit, zu behaupten, der Wahrheitssucher hätte die Initiation erhalten, aber sie könnten den Heiligen Tonstrom nach er Initiation nicht bewußt wahrnehmen, da sie diesen während des Initiationsvorgangs selbstlos geopfert hätten, damit der vermeintliche „Meister“ diesen wiederum benutzen kann, um ihn nochmals an die leidende Menschheit zu verteilen. Den Wahrheitssuchern wird vermittelt, daß sie durch diesen Akt der vermeintlichen Selbstlosigkeit zu Märtyrern geworden sind.

So heißt es in der Bibel:

 

"Hütet euch vor den Schafen im Wolfspelz."