Die kommende spirituelle Revolution (Teil II)

Rede von Sant Kirpal Singh  in Süd-Florida im Dezember 1972

 

 

Gott durchdringt alle vier großen Aufteilungen des Universums.

 

Kabis sagt:

 

"Ich ging nach Mekka; auf dem Weg dorthin begegnete mir Gott und wies mich zurecht: 'Oh Kabir, wer sagte zu dir, daß ich in Mekka wohne? Bin ich denn nicht in dir? Warum gehst du dorthin?'"

 

Wenn der Eine, den wir suchen, in uns wohnt, wir Ihn aber nicht im Körper suchen, sondern in äußeren Dingen, können wir Ihn dann je finden? Äußere Dinge können uns  bestenfalls einen Ansporn geben, unser Ziel - Gott zu erkennen, zu erreichen, mehr nicht. Pilgerorte und heilige
Tempel sollen uns daran erinnern: Da ist etwas! Es gibt einen Gott! Die Menschen preisen Ihn dort.

 

Können wir Gott sehen? Diese schlichte Frage wurde Guru Nanak gestellt.

 

"Ja", sagte Er, "Gott durchdringt alles."

 

Die Meister sagen, was sie sehen, sie geben keine Begründung dafür, weil sie kompetent sind, einen unzweifelhaften Beweis davon zu geben - und euch selbst sehen zu lassen. Gott ist euch näher als eure Arme und Hände. Die Hinduschriften sagen, Er ist euch so nahe, nichts in der Welt ist euch näher. Er ist euer Leben selbst.

 

Kabir sagt:

 

Einmal gab es eine Zeit, als ich noch Zweifel hatte, aber wirklich, es ist so! Denn als mein
Auge geöffnet wurde, sah ich Ihn tatsächlich und all meine Täuschung und aller Zweifel entschwand. Jetzt sehe ich Ihn überall.

 

Das ist eine der Aufgaben des Meisters. Wir verwechseln Ihn mit den Lehrern der Welt, bei aller gebührenden Achtung für alle, zu deren Füßen wir etwas lernten. Dies aber ist etwas, das dort beginnt, wo alle Philosophien enden; wenn eure Verbindung mit dem physischen Körper und den nach außen gerichteten Sinnen unterbrochen ist.

 

Shamas Tabrez wurde einst gefragt: "Was kannst du über Gott sagen?"

 

Seine Antwort war: "Glaubt kein Wort, bis ihr Gott selbst seht!"

 

Auch die Meister sagen diesbezüglich: "Glaubt den Worten eines Meisters nicht, bis ihr selbst bezeugen könnt, daß dies wirklich so ist." Ihr braucht etwas, um anzufangen, es mag mehr oder weniger sein; wieviel, das hängt vom Hintergrund jedes einzelnen ab, aber ihr braucht etwas, um
damit zu beginnen.

 

Angenommen jemand steht auf und hält einen sehr guten Vortrag über Grundprinzipen des Geschäftslebens. Er ist zwar sehr informativ, aber die armen Zuhörer, zu denen gesprochen wird, haben kein Kapital, um ein Geschäft zu beginnen.

 

Alle Lehrer versprechen:

 

"Tut dies, tut jenes, nach einer gewissen Zeit werdet ihr es (die Verbindung mit der Gotteskraft) erhalten. Ihr müßt dafür bereit sein, ihr werdet es zum Zeitpunkt des Todes erhalten. Seid davon überzeugt, daß eurer Leben  jetzt gesichert ist.“

 

Glaubt das nicht! Ein Spatz in der Hand ist besser als eine Taube auf dem Dach.

 

"Gebt alles und dann werdet ihr alles bekommen," sagen sie.

 

Nein, ich denke nicht so.

 

Zuerst müßt ihr (mit eurem eigenen inneren Auge) gesehen haben. Er (der wahre Meister) will nichts von euch.

 

Er sagt:

 

Ich bin gekommen, um zu geben - es ist Gottes Geschenk, nehmt es frei.!

 

Müßt ihr für das Licht der Sonne oder für die Luft bezahlen? Warum sollten wir dann für Gottes Gnade bezahlen müssen? Das ist das erste:

 

Meister kommen um zu geben, nicht um zu nehmen Sie stehen auf ihren eigenen Beinen; und wie Shamaz Tabrez sagte:

 

"Ihr solltet fähig sein, den Geliebten mit eurem eigenen inneren Auge,

das ihr besitzt, in euch zu sehen, und ihr solltet fähig sein,

Seine Stimme mit eurem eigenen inneren Gehör zu hören."

 

Nun stellt sich die Frage: Wie kann das Auge, mit dem er zu sehen ist geöffnet werden?

 

Er sagt:

 

"Wenn ihr eure Augen schließt, dann ist Dunkelheit. Schaut durchdringend in sie hinein, richtet eure volle Aufmerksamkeit dorthin. Das bedeutet, "an der Tür zu Klopfen", seht ihr, "und sie wird geöffnet werden." Fahrt fort, direkt dort hineinzuschauen, und ihr werdet Licht sehen. Wer wird dieses Licht sehen? Eurer wahres Selbst.

 

Ihr werdet feststellen, daß alle Heiligen dasselbe sagten  Setzt du dich über Jahre und Jahre zur Meditation, erhältst du nichts. "Wie aber willst du dann die Dunkelheit durchqueren?" fragte Tulsi Sahib. Setze Dich zu Füßen eines Meisters, Er gibt dir einen Aufschwung und du siehst Licht. Ist das nicht ein Wunder? Was für Wunder sind  sonst noch notwendig?

 

Solange ein Mensch sich nicht über das Sinnenleben erhebt, ist der innere Weg nicht offen. Ihr seid es, die (im Inneren) sehen müssen.

 

Deshalb heißt es:

 

"Mensch erkenne dich selbst - wer du bist, was du bist."

 

Was sind wir?

 

Bewußte Wesen. Wir haben Aufmerksamkeit. Wenn die Aufmerksamkeit von außen abgewandt wird und auf euer eines Selbst konzentriert wird, seht ihr dort das Licht. Erkennt ihr die Einfachheit dessen, was euch dargelegt wird? 

 

Weiter sagt Er:

 

"Warum sehen wir Ihn nicht?"  Aufgrund der Verzweigungen des Gemüts.

 

Im unterbewußten Reservoir des Gemüts entstehen beständig Wellenbewegungen.

 

Solange diese Wellen nicht zur Ruhe kommen, könnt ihr nicht sehen. Es ist etwa so, wie wenn ein Teich mit Unkraut bewachsen ist. Entfernt ihr täglich das Unkraut, eines nach dem anderen, könnt ihr in das Wasser schauen und euer  Gesicht widergespiegelt sehen.

 

Und was ist das für Unkraut?

 

Euer Körper; der Körper ist der Ausgangspunkt aller Täuschungen.

 

Wir haben den Körper und wirken auf der Ebene des Körpers. Der Körper wandelt sich jede
Minute des Lebens, da er aus Materie besteht. Die ganze Welt rundherum wandelt sich, denn auch sie besteht aus Materie.  Sie wandelt sich in der selben Geschwindigkeit, wie unser Körper sich wandelt. Da wir damit (dem Köper) identifiziert sind, leben wir in einer optischen Täuschung; er scheint beständig zu sein. Wie können wir daraus (aus dieser Täuschung) entkommen?  Die praktische Erfahrung dafür wird vom Meister gegeben.

 

Wenn ihr mit dem Gemüt, den nach außen gerichteten Sinnen und dem Intellekt identifiziert seid und ihr euch auf Methoden und Praktiken stützt, die eben auf dieser Ebene sind, wie könnt ihr euch dann über sie erheben?

 

Erhebt euch also über das Körperbewußtsein, das verkünden alle Meister.

 

"Lernt zu sterben, damit ihr zu leben beginnen könnt."

 

Werdet wiedergeboren. zu zweiten Mal  geboren. Kommt, um eure Aufmerksamkeit von außen
und vom Körper unten zum Sitz der Seele im Körper zurückzuziehen - das wird Meditation genannt. Meditation ist der Weg zurück zu Gott., der nur im menschlichen Körper möglich ist, in keiner anderen Form sonst.

 

Aus diesem Grund sind alle Götter und Göttinnen sehr danach aus, eine menschliche Geburt zu erlangen.

 

Kabir sagt:

 

"O Mensch, warum bist du so stolz darauf, das Höchste zu sein, wenn du doch Gott nicht erkannt hast? Deine Größe liegt nur in der Tatsache, daß du die Möglichkeit in dir hast, Gott zu sehen. Hast du Ihn aber nicht gesehen, worauf willst du dann stolz sein? Nur davon zu sprechen, lange und breite Reden zu halten, ist nicht genug."

 

Das Gebet erhebt sich natürlicherweise dann in uns, wenn unsere eigenen Bemühungen fehlschlagen.

 

Wo alle menschlichen Bemühungen versagen, dort hat das Gebet Erfolg. Zu wem beten wir? Ein Schwacher betet zu einem Starken oder zu Gott: "O Gott, wir sind hilflos. Wir sind im Gefängnis des menschlichen Körpers gefangen.

 

Wie können wir daraus entkommen? Auf allen Seiten ist es versperrt. O Gott, sende uns einen Menschen, der uns aus der Begrenzung des menschlichen Körpers herausholen kann."

 

Dieses  Gebet sprechen Maulana Rumi, Soami Ji, Guru Nanak und alle anderen Meister.

 

Guru Amar Das wurde einmal von jemanden gefragt:

 

"Kann man die nach außen gerichteten Sinne erklären?" "Setz dich hin uns sieh" war seine Antwort. Setzt euch hin und seht, wie eure nach außen gerichteten Sinne wirken. Was geschieht weiter? Wenn eure Aufmerksamkeit von außen zurückgezogen ist, ist der Körper praktisch leblos. Ihr habt kein Gefühl mehr im Körper. Wenn ihr euch über die physische Ebene erhebt, seht ihr das Licht Gottes.

 

Könnt ihr dies selbst, dann bitte tut es - was mehr ist notwendig? Ansonsten geht zu den Meistern, über die wir so viel sprechen. Wenn sie es tun können, schön und gut.

 

Deshalb sagte ich:

 

Eine spirituelle Revolution ist notwendig, nicht auf der Ebene des Köpers, sondern auf der Ebene der schlechten Neigungen, die uns von Gott entfernt haben. Jetzt ist Frühling gekommen; die Zeiten haben sich geändert.

 

Das erste, was erforderlich ist, ist ein Guru oder Meister, der selbst gesehen hat und unsere innere Schau ermöglichen kann. "Guru" bedeutet: "Das Licht leuchtet auf in tiefster Dunkelheit". Das ist das grundlegende Merkmal für einen  Meister, nicht eine Menge Worte, wie "ihr seid nicht bereit, ihr müßt bereit werden", dies oder jenes. In den früheren Tagen war es tatsächlich so (der Schüler mußte zunächst vorbereitet werden), aber jetzt haben sich die Zeiten geändert.

Wer kann heute jahrelang zu den Füßen des Meisters sitzen? Deshalb geben sie euch etwas, womit ihr anfangen könnt. Dann müßt ihr es bewahren: "Achtet darauf, daß das Licht in euch nicht Finsternis wird."

 

Das erste, was erforderlich ist, ist ein Guru oder Meister. Was ist ein Guru? "Das Wort wurde Fleisch" wird Guru genannt; Gott selbst hat sich in einem menschlichen Körper geoffenbart und nannte ihn Guru. Wir haben Achtung für Ihn. Das Kraftwerk wirkt durch ein Birne - Licht wird sichtbar. Das Kraftwerk aber kann nur durch eine Birne wirken, die nicht durchgebrannt ist. Selbstverständlich achten wir die "Birne", aber wenn sie  ausgebrannt ist, wird sie  durch eine neue ersetzt. Das Licht, das durch sie kommt, wird "Gotteskraft, Meisterkraft oder Christuskraft" genannt. Sie vergeht nie, sie fährt fort, von Pol zu Pol zu wirken, um die in den Kinderschuhen
steckende Menschheit zu Gott zurück zu führen. Das ist das eine, was erforderlich ist.

 

Es heißt, wenn du Gott sehen willst, dann gehe zu einem, der Gott gesehen hat. Wie kann einer, der Gott selbst nicht gesehen hat, Ihn dich sehen lassen? Jetzt seht ihr, was mit Meister oder Guru gemeint ist, im Vergleich zu den anderen Lehrern der Welt, für die wir Achtung haben, da sie uns Wissen über die äußere Welt vermitteln. Wie achtungsvoll und dankbar sollten wir jedoch einem solchen Menschen gegenüber sein,  der uns das (spirituelle Erfahrung) gibt!

Einmal geschah es, daß unser Meister von einem christlichen Missionar, der in seiner Stadt Beas lebte, gefragt wurde:

 

"Sieh her, wer ist größer, Christus oder  dein Guru?"

 

Höflich gab Er zur Antwort:

 

"Schau her, meinen Guru habe ich gesehen, Christus habe ich nicht gesehen. Wenn du ihn vor mir erscheinen lassen kannst, dann werde ich auch ihm begegnen." 

 

Die Körper bleiben also nicht bei uns, jene Kraft aber verläßt uns nie, sie besteht ewig. Es gibt Nahrung für die Hungrigen und Wasser für die Durstigen - Bedarf und Versorgung ist ein Gesetz der Natur.

 

Ob nun ein Kind vor tausend Jahren, hundert Jahren oder heute zur Welt kam, Gott hat für jeden schon vor seiner Geburt für die Milch in der Mutter gesorgt. Glaubt ihr nicht, daß Er dies auch weiterhin tun wird?

 

Das ist ein Naturgesetz, seht ihr; das Gesetz Gottes.

 

Das erste, was erforderlich ist, ist der Meister und das zweite die wahre Lebensweise.

 

Ethisches Leben ist ein Schrittstein zur Spiritualität.

 

Die Wahrheit ist über allem aber noch höher ist die wahre Lebensweise. Wir sind alle Brüder und Schwestern in Gott - Tropfen vom Meer allen Bewußtseins; kein hoch, kein niedrig, und jene Kraft, die wir anbeten, kontrolliert uns im Körper. Hegt keine Feindseligkeit gegen andere, nur weil ihr eine hohe Stellung habt, weil ihr gebildet seid oder weil ihr wohlhabend seid.

 

Alle sind gleich. Manche stehen am Tisch, manche sitzen im Stuhl; das sind die Rückwirkungen der Vergangenheit.

 

Dann kommt: Reinheit der Gedanken. Dies (unreine Gedanken) verunreinigt den ganzen Körper. Ihr könnt nicht erwarten, daß Gott sich in einem Körper offenbart, der voller Schmutz ist.

Als nächstes kommt: Nichtverletzen in Worten, Taten und Gedanken. All dieser Unrat kommt durch das Gemüt, das den menschlichen Körper verschmutzt. "Gesegnet sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen."   Ihr könnt nicht erwarten, daß Gott sich in einem unsauberen Heim offenbart. Er ist bereits da, aber er wird sich nicht offenbaren. Wenn eine Birne, die Licht in sich hat, mit schwarzen Flecken bedeckt ist, könnt ihr dann Licht sehen? Das, was also erforderlich ist, ist rechte Lebensführung.

 

Und das dritte ist: Die Meister nehmen euch auf und geben euch den direkten inneren Weg zurück zu Gott. Äußere Rituale, Formen und Etiketten berühren sie nicht. Sie billigen es, daß ihr in euren eigenen sozialen Gruppierungen bleibt.

 

Es gibt bereits soviele davon - mehr als 700. Er wird keine neue weitere Gruppe schaffen!

Unser Meister wurde einmal  gefragt: "Warum beginnst du keine neue Religion?" "Soviele Brunnen sind gegraben worden," antwortete Er, "warum sollte ich einen neuen graben?" Das Wasser ist schon da.

 

Die grundlegenden Lehren der Meister sind dieselben, warum es nicht nehmen?  Er schuf keine neue Religion.

 

Die Meister kommen, um zu erhalten; sie kommen, um zu erfüllen, nicht um zu zerstören. Sie lieben alle. Wenn sie kommen, sind sie nicht das Monopol irgendeiner Sekte  oder Religion, nicht das Monopol des Osten oder Westens. Sie kommen für die ganze Welt - geradeso wie die Sonne sich erhebt und der ganzen Welt Licht gibt. Sie kommen für alle.

 

Ihre Lehren sind sehr einfach - das, worauf es ankommt - und sind, mit allen anderen Yoga-Wegen verglichen, die leichtesten und natürlichsten. Sie fordern euch nicht auf, dieses oder jenes Ritual auszuführen, diese oder jene äußere Form oder Etikette anzunehmen.

 

Sie geben euch einfach die Hilfe, um über den Körper zu gehen und öffnen euer inneres Auge, um das Licht Gottes zu sehen. Das ist das Kapital, das sie euch gleich am Anfang geben. Schließlich müssen wir den Körper ja doch verlassen, und sie geben euch eine praktische Erfahrung davon, wie man den Körper verläßt.

 

Was werdet ihr feststellen, wenn ihr jeden Tag regelmäßig praktiziert? Wenn eure Stunde gekommen ist, um den Körper (beim Tod) zu verlassen, werdet ihr heiter sein; ihr werdet lächelnd gehen, denn ihr wißt bereits, wie man den Körper verläßt.

 

Aller Glanz und alle Schönheit liegen in euch. Sie (die Meister) geben euch nicht äußere Lebensregeln, Rituale oder Bräuche der verschiedenen sozialen Vereinigungen, d