Die unterschiedlichen Töne

 

Es gibt viele Töne, die in den verschiedenen Regionen der Schöpfung erklingen und widerklingen. Sie lassen sich in zwei Kategorien einteilen:

 

1) Töne, die von der linken Seite kommen. Dies sind negative und materielle Töne, die mit den jeweiligen eingewurzelten Keimen der inneren Neigungen zusammenhängen. Der Ergebene wird von diesen Tönen wohl oder übel angezogen. Wenn man von einem dieser verführerischen Töne, die von der linken Seite kommen, bezaubert wird, findet man sich in die tiefste Tiefe eines bodenlosen Abgrunds der Leidenschaft geworfen, dem der bestimmte Ton, dem man folgt, zugeordnet ist. Denn diese Töne haben einen Zug nach außen und nach unten. Durch eine solch mißliche Lage wird die Arbeit von Jahren fruchtlos, und die Umstände sind gegen die Pilgerseele. Deswegen muß man diesen Tönen unbedingt ausweichen, denn sie führen vom spirituellen Pfad weg.

 

2) Die anderen Töne kommen von der rechten Seite. Sie gehören den spirituellen Ebenen an und sind somit positiver Natur und rein spirituell, mit dem charakteristischen Zug nach innen und oben.

 

Diese zwei Ton-Arten sind sich sehr ähnlich und gleichen einander so sehr, daß man sie tatsächlich nur schwer voneinander unterscheiden kann.

 

Maulana Rumi ermahnt uns daher, in der Unterscheidung der rechten Töne Sorgfalt walten zu lassen, und sagt:

 

                        Es gibt Töne niedrigerer Natur, welche den höheren Tönen sehr

                        ähnlich sind; doch sie haben einen Zug nach unten und

                        treiben einen in den Abgrund.

 

Die besonderen Töne, die den Zug nach oben haben, sind fünf an der Zahl, wie die verschiedenen Heiligen festgestellt haben; sie können durch ihre Gnade erfaßt und in Gemeinschaft mit ihnen berührt werden. Diese Töne tragen die Wirkung der spirituellen Ebenen in sich, von welchen sie ausgehen, und rufen so bei dem, der mit ihnen in Verbindung kommt, die gleiche Wirkung hervor. Sie haben dazu ihre eigenen himmlischen Melodien. Ihre berauschenden Weisen entpersönlichen die Seele, indem sie sie von den Geschehnissen des irdischen Lebens befreien.

 

Wer sich dem Feuer nähert, wird gewärmt, und dabei hat es nichts zu sagen, ob er es aus eigenem Antrieb tut oder nicht. So kann das heilige Naam oder der göttliche Gesang dich nur dann beeinflussen, wenn du ihm nahe kommst, ob du es willst oder nicht und ganz gleich, ob es zur rechten oder zur unrechten Zeit ist. Die Kraft Gottes kann nicht anders als dich beeinflussen, wenn du einmal mit ihr in Verbindung kommst.

 

Die äußere Musik hat auf alle lebenden Wesen einen unglaublichen Einfluß. Sie nimmt die schwere Last der bedrückenden Sorgen und der Ratlosigkeit weg, unter welcher man unaufhörlich stöhnt, und vertreibt jeden Gedanken an sie. Sie wäscht durch die wohlklingenden Melodien den Schmutz des Alltags fort und nimmt die Seele gefangen. Sie zieht das Gemüt von dem lärmenden Trubel der objektiven Welt zurück und sammelt es auf natürliche Weise, ohne Zuflucht zu irgendwelchen künstlichen Methoden zu nehmen. Musik ist wahrlich immer die Kunst der Heiligen gewesen.

                       

Welche Leidenschaft kann Musik nicht

                        erwecken oder stillen?

                                                                                              Dryden

 

So wunderbar ist die Wirkung der äußeren Musik. Wie groß wird dann erst der Zauber der inneren göttlichen Melodien sein? Sie haben ihren eigenen, unnachahmlichen Reiz. Sie sind überreich an spiritueller Vitalität, welche die Menschen über alle Leiden und Schmerzen hinweghebt, die das Fleisch ererbte. In Sturm und Drangsal kann man sich auf die inneren Töne abstimmen und unversehrt durch die drückenden Auswirkungen des weltlichen Lebens kommen.

 

Die spirituellen Töne sind eine Hilfe auf dem spirituellen Pfad, und ein kompetenter Meister gibt bei der Initiation vollgültige Instruktionen darüber, wie sie sich von einer Ebene zur anderen unterscheiden und wie man sie auf der Weiterreise zu den höchsten spirituellen Bereichen ergreifen kann. Hierin liegt die Notwendigkeit für eine Meisterseele, denn sie ist es, die Hari Naam, das göttliche Wort, in die Tiefen der Seele einflößt.

 

Ohne den Meister bleibt der Ewige Gesang immer ein verhülltes Mysterium, zu dem es keinen Zugang gibt. Da er die personifizierte Musik ist, liegt es innerhalb seiner Zuständigkeit, sie zu offenbaren und hörbar zu machen und so den Menschen zum Thron des Allmächtigen zu leiten.

                       

Ein Gurmukh (Heiliger) kann durch die belebende

                        Einwirkung seines eigenen Lebensimpulses

                        (das heilige Naam) Millionen Seelen befreien.

                                                                                                          Sorath M.3

 


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