Ein Blick nach innen Wir verbringen die meiste Zeit damit, das Äußere der weltlichen Dinge zu bewundern und kümmern uns nicht darum, den Wesenskern zu sehen, der darunter verborgen liegt und den großen Schöpfer verrät, das schöpferische Lebensprinzip, ohne das selbst die äußere Schönheit nicht einmal für den Bruchteil einer Sekunde bestehen könnte. Wiederum ist das äußere Kleid vor allem Krankheit, Verfall und im Laufe der Zeit der Auflösung unterworfen, während die letztgültige Wahrheit im Innern die einzig unwandelbare Beständigkeit ist. Wir jedoch ziehen es vor, die Schale oder die Spreu der Dinge zu analysieren, erforschen ihre Geheimnisse und suchen davon Besitz zu ergreifen, um sie uns zunutze zu machen. Es ist uns bis zu einem großen Ausmaß gelungen, die Kräfte der Natur in unseren Dienst zu zwingen; aber wir haben uns nicht darum bemüht, die Gegenwart Gottes, die alles durchdringt und das A und O der ganzen Schöpfung ist, in unserem Innern zu finden.
Alle Ebenen unterhalb von Sach Khand sind zur Zeit der Auflösung oder der Großen Auflösung* der Zerstörung unterworfen. Die Wohnstatt der Heiligen und Meisterseelen liegt in Sach Khand, und so ist die Verwirklichung dieser Ebene ihr Ideal. Von Sach Khand bis Pind kann die Widerspiegelung der sechs Zentren in jeder der oberen Ebenen gesehen werden und auf gleiche Weise in den entsprechenden unteren Zentren, wie man das Widerstrahlen der Sonne in einer Anzahl wassergefüllter Krüge sehen kann und deren Reflexion wieder an einer nahegelegenen Wand. Die sechs Nervenzentren im Körper sind:
Nach den Hatha-Yoga-Übungen dhoti, neti und basti usw. reinigen die Yogis erst den physischen Körper, und danach gelangen sie durch ständige Übung, die pranayama einschließt, allmählich durch die verschiedenen oben angeführten Nervenzentren. So kommen sie bis zum aggya chakra hinter den Augen. Der ganze Vorgang beginnt am guda chakra oder dem Rektum und durchquert mittels Kundalini-Yoga oder der Schlangenkraft, das Rückgrat. Diese Art Yoga ist sehr mühsam und voller Schwierigkeiten und Gefahren. Hier müssen die pranas oder die Lebensenergien kontrolliert, geordnet und genau gelenkt werden, was besonders für den Durchschnittsmenschen nicht so leicht ist; es ist sehr beschwerlich und zeitraubend, um darin erfolgreich zu sein. * Auflösung (Pralaya) bezieht sich auf die äußere, sichtbare Welt. Große Auflösung
(Maha Pralaya) Die Heiligen empfehlen sie nicht für die gegenwärtige Zeit, da die Menschen physisch nicht in der Lage sind, diese Art Yoga auszuüben. Sie ignorieren die Widerspiegelungen in Pind oder dem Körper gänzlich und beginnen direkt am aggya chakra, wo Pind und And vereinigt sind. Denn dieses Zentrum ist im wachen Bewusstseinszustand der Sitz der Seele. Sie empfehlen vielmehr den geistigen Simran mit den elektrifizierten und hoch magnetisierten und geladenen Namen Gottes, den sie übermitteln, und der mit ungeteilter Aufmerksamkeit und liebevoller Hingabe wiederholt wird. Durch den Gebrauch dieser Worte vergisst man die Welt und die Umgebung um sich her sowie auch den Körper, was zur Folge hat, dass alle Sinnesströme gesammelt und auf den göttlichen Grund, der aufleuchtet und alles überstrahlt, konzentriert werden. Matthäus bezieht sich im Evangelium auf diesen Zustand mit folgenden Worten. Das Auge ist des Leibes Licht. Wenn dein Auge einfältig ist, so wird dein ganzer Leib licht sein. Matthäus 6, 22 Und Tulsi Sahib sagt in diesem Zusammenhang: In der Pupille des Auges ist ein hohler Kreis, genannt Til, und in diesem Zentrum liegt das ganze Geheimnis der Spiritualität. Du kannst es finden, wenn du nach innen, hinter den stählernen Vorhang der Finsternis, blickst. Hazrat Moin-ud-din-Chisti, ein Moslem-Heiliger hohen Ranges, sagt: Öffne dein inneres Auge, so dass du Zeuge der Glorie Gottes wirst. Schließe deine Ohren und deinen Mund und werde ganz Auge, um Seine Herrlichkeit zu schauen. Wie gesagt, die Augen sind wirklich die Fenster der Seele - Fenster, die sich von alters her wunderbaren Welten öffnen. Diese Augen sind Fenster, durch die sich dir die Wohnstatt Gottes zeigt. Und Guru Nanak erklärt: Im Palast der Seele (dem menschlichen Körper) sind zwei Fenster, durch welche Lord Shiva und seine Gemahlin Shakti (Parbhati) blicken. Öffne die Augen, und schaue den gepriesenen Gott innen. Auch Sant Kabir sagt: Wenn du - deine Augen auf ein Zentrum abstimmen könntest, würde sich dir ein wundervoller Anblick bieten. Das Licht beider Augen geht durch die Sehnerven und kommt zum dritten Auge (Tisra Til, Shiv Netra und Nukta-i-Sweda); es wird von einem Licht erhellt, das schattenlos und ungeschaffen ist. Von hier aus dringt der Geist im Sukhman oder Shahrag ein, der zwischen Ida und Pingala liegt, und hört die himmlische Musik (oder den Tonstrom), der fürwahr das Leben des ganzen Universums ist. Durch diesen Vorgang wird der Geist auf seiner Weiterreise gestützt und geleitet. Lausche der heiligen Musik im Sukhman, indem du deine Aufmerksamkeit auf die tiefe Stille abstimmst; wenn du auf die unbeschreibliche Musik der Seele hörst, wirst du von allem Wünschen und Sehnen frei. Malar War M. 1 Achte in dieser Zeit auf die innere Musik; durch Hingabe an sie wirst du von allem Stolz frei. Asa M. 3 Wenn der Geist die physische Ebene überschreitet, hat er verschiedene Bereiche zu durchqueren, welche durch Sterne, Sonne und Mond gekennzeichnet sind. Dann wird er von der strahlenden Form des Meisters begrüßt, der von hier ab den Geist in seine Obhut nimmt. Nun geht er, durch den Tonstrom geleitet, weiter, um zur wahren Heimat unseres Vaters zu gelangen. Der Pfad der Heiligen ist weder eine Religion noch eine Glaubensanschauung. Wer auch immer - sei er Hindu oder Moslem oder Christ - die Stätte der Wahrheit oder Glückseligkeit erreicht, wird ein Heiliger genannt. Es gibt überall zwei Arten von Heiligen oder Stufen in der Rangordnung gottesfürchtiger Menschen:
Einige der Moslem-Heiligen gehörten dieser höheren Ordnung an. Hazrat Ibrahim sagte, dass er den Großen Stern überquerte und dort seine Reise fortsetzte. Auch Guru Nanak hat auf diesen inneren Stern Bezug genommen, den der Meister in seiner Gnade den Aspiranten sehen lässt. Ein heller Stern erschien am Horizont, er wird durch Gottes Gnade sichtbar. Ein Ergebener, der Glück hat, kann ihn durch des Meisters Wort erblicken. Tokhari M. 1 Die Weisen aus dem Morgenland folgten dem hellen Stern, der sie nach Bethlehem führte und zu Christus brachte. Auch Tulsi Sahib erwähnt den glänzenden Stern, der dem Geist an der Schwelle des Gaggan oder dem Eingang zur Astralebene begegnet. Hazrat Mohammed berichtet, dass er Shak-ul-Qamar (den Mond) entzwei schlug, was sehr bedeutsam ist und bildlich besagt, dass die Seele über den Bereich des Mondes hinausging. Jeder, der eine Reise in die spirituellen Reiche unternimmt, muss den Mond entzweischlagen, indem er durch ihn hindurchgeht. Ein Tier, das den Kopf nach unten gerichtet trägt, mag immer an Essen und Trinken denken; doch es schäme sich der Mensch, der das Haupt erhoben hat, wenn er nicht nach oben schaut. Solange sich ein Mensch nicht über die Sinneswelt erhebt, bleibt er der hohen Himmel unkundig, die für seine Glückseligkeit gedacht sind. Solange sich der Geist nicht über das Körperbewusstsein erhebt, bleibt er den jenseitigen spirituellen Welten ein Fremder. Wenn der Geist die physische Ebene einmal überschreitet, erbt er das spirituelle Königreich als sein Geburtsrecht, denn das Reich Gottes liegt in ihm. Wenn du die Karawanserei des Körpers nicht verlässt, wie kannst du dann die wahre Heimat deines Geliebten erreichen? Das Überschreiten des Geistes über die Sinne wird in Sant Mat als Tod im Leben (Selbst-Entwerdung) und in der vedantischen Terminologie als Selbstanalyse bezeichnet. Christus nannte es die Zweite Geburt oder die Neue Geburt, und die Moslems sprechen vom
»Sterben vor dem Tod«. Dieses Eintauchen in Gott ist die wahre Auferstehung oder der Beginn eines neuen Lebens. Das ist nur möglich, wenn man den Pfad einer Meisterseele aufnimmt, welcher kein anderer als der des Tonstromes ist. Der Herr von Nanak ist in seiner Fülle überall und in allen Dingen gegenwärtig. 1 Suhi M. 5 Der Unsichtbare, der Unbegreifliche, der Unnahbare offenbart sich dem wahren Ergebenen in all Seiner Herrlichkeit. Sri Rag M. 4 Der Gott Nanaks wohnt allen Formen und Farben inne, seien sie sichtbar oder unsichtbar. Suhi M. 4 Groß ist der absolute, unvorstellbare, unbeschreibliche und unvergleichliche Gott. Er ist weder Licht noch Ton. Er ist in sich selbst das, was Er ist, doch in der gewöhnlichen Sprache muss man Ihn in Worten mit eingeschränkter Bedeutung ausdrücken, die aus der engen Quelle des begrenzten Verstandes kommen. Gott, der Unendliche, muss natürlich in endlichen Worten beschrieben werden; Sorath M. 5 Als die absolute Kraft ins Dasein trat und der geoffenbarte Gott wurde, entstand eine Vibration, die das Licht- und Ton-Prinzip hervorbrachte, das alle Heiligen als Licht und Udgit bezeichnen. Der absolute Gott kann weder gesehen noch gehört werden, denn bisher hat niemand Gott gesehen. Der sich mittels des Licht- und Ton-Prinzips zum Ausdruck bringende Gott kann jedoch gesehen und gehört werden. Dies kann der Geist nur durch die innere Schau und das innere Gehör erfahren, die sich entfalten, wenn man sich über das Körperbewusstsein erhebt. Die Heiligen nennen den absoluten und den sich offenbarenden Gott Maha-Dayal, bzw. Dayal. Der Tonstrom ist für die verschiedenen Schöpfungen verantwortlich, für die spirituellen Bereiche und alle Ebenen in ihren vielfältigen Ordnungen und Abstufungen. Dieser von oben kommende Tonstrom bildet die rein spirituellen, die spirituell-materiellen, die materiell-spirituellen und die materiellen Ebenen, von denen die drei letzten bei der großen Auflösung und Zerstörung vergehen. Wenn sich der Geist vorn Körper zurückzieht, schreitet er allmählich von einer Ebene zur anderen, bis er Sat Naam oder Haq erreicht. Nach dem, was hier gesagt ist, sollte es klar sein, dass der Geist bis jetzt eine von Sat Naam ganz getrennte Wesenheit ist. Der höchste Herr von allem wird Khasum (der Gott von allem), Soami, Hari Rai, Maha-Dayal oder Nirala genannt, einzigartig in sich selbst und nicht zu beschreiben. Der Geist geht in Ihm auf, so wie sich ein Wassertropfen im Meer verliert oder ein Lichtstrahl in der Sonne. Gauri M. 5 Wie sich ein Lichtstrahl in der Sonne verliert und ein Tropfen im Meer, so auch das Licht des Geistes im Großen Licht. Bilawal M. 5 Dieser Zustand macht jegliche Beschreibung unmöglich. Die Moslem-Heiligen nennen ihn, Hairat, die Hindus, Aschraj und die Sikhs Waho. Sie alle sind Ausdrücke des Erstaunens. Die Lehren der meisten Hindu- und Moslem-Heiligen reichen bis Brahm. Sehr selten finden wir in ihnen Hinweise auf Par-Brahm. Das Ideal der Meister liegt jedoch weit über dem letzteren - es ist eine Ebene jenseits der Zerstörung und der Großen Auflösung. |