DER MEISTER
SPRICHT KEUSCHHEIT UND
VERGEBUNG Das
höchste Ideal des menschlichen Lebens ist die Gottverwirklichung. Religionen
wurden gemacht, um die Lehren großer Seelen, die Erleuchtung erreichten, zu
verewigen. Sie hinterließen einen Bericht ihrer persönlichen Erfahrungen zur
Führung der Nachwelt. Sie haben alle gesagt, daß Gott allgegenwärtig ist. Was
immer wir um uns sehen, ist ohne Zweifel Seine Offenbarung. Die Frage aber ist,
wie Ihn zu sehen? “Des
Herrn Wort ist allesdurchdringend, es
gibt keinen Platz wo sein Wort nicht existiert.” Jap Ji
“Wir
haben Gottes Schimmer gesehen.” Gurbani
Man kann Gott nur durch Erheben auf Seine Ebene des
Überbewußtseins erfahren. Obwohl die Atmosphäre voll von Bakterien ist, ist dem
bloßen Auge nichts sichtbar. Ist damit erwiesen, daß es nichts in der Luft
gibt? Wir können durch ein Mikroskop Tausende von winzigen Objekten sehen. Nun
gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder ist das, was immer in der Luft gegenwärtig
ist, bis zur Sichtebene unserer Augen zu vergrößern, oder unser Sehvermögen
sollte so fein werden, um diese winzigen Keime klar sehen zu können. So ist es
unmöglich für uns, den sehr subtilen und unbeschreiblichen Herrn mit unseren
physischen Augen zu sehen. Wenn wir fähig sind, Überbewußtsein und Subtilität
Seiner Ebene zu entwickeln, können wir einige Erfahrung von Ihm haben. Es ist
die Frage der Entwicklung des dritten Auges. Wer kann das innere Auge öffnen?
Nur die Gnade des Meisters kann es. “Durch
die Gnade eines Gottmenschen wirst du
den Tempel des Herrn innen sehen.” Gurbani
Der
menschliche Körper ist der Tempel Gottes. Um Überbewußtsein zu erlangen, muß
man sich von allen physischen Gebundenheiten zurückziehen. Solange wir mit
äußeren Dingen identifiziert bleiben, können wir keine subtile Form annehmen.
Tulsi Sahib sagt: “Der
Herr wohnt in uns, aber wir bleiben unwissend. Verflucht
ist solch ein Leben.” Sogar
nach Erhalt des menschlichen Lebens ist es, wenn Er innen nicht offenbart wird,
ein großer Fluch, weil wir diese Aufgabe nur im menschlichen Leben ausführen
können. “O Tulsi! Die ganze Welt leidet an grauem Star.” Die
Ärzte geben den Patienten, die an grauem Star leiden, nicht die Sehkraft
wieder. Sie entfernen nur das dünne Häutchen, das die Pupille des Auges
bedeckt. Gleichermaßen ist der Herr in uns. Er ist unsere kontrollierende
Kraft. Das ganze Universum ist Seine Offenbarung. Er kann innen verwirklicht
werden, aber nicht, bevor unser feinstoffliches Auge fähig ist, die Dunkelheit
innen zu durchdringen. Tulsi Sahib und Shamas-i-Tabrez haben beide dasselbe gesagt:
Schaut den Herrn mit euren eigenen Augen und hört Seine Ewige Musik mit euren
eigenen Ohren. Wenn wir durch die Dunkelheit innen durchsehen, können wir das
Göttliche Licht erfahren. Tulsi Sahib sagt, daß man ohne die Hilfe eines
vollkommenen Meisters nicht fähig ist, die Dunkelheit zu durchdringen. Darin
liegt die Größe einer Meisterseele, daß sie unsere Dunkelheit vertreiben und
uns die innere Erfahrung des göttlichen Lichtes geben kann. Das ist möglich,
wenn unsere Aufmerksamkeit von außen abgezogen ist und wir uns über das
Körperbewußtsein erheben. Das ist nicht leicht. Trotz jahrelanger Meditationen
konnten frühere Weise und Propheten nicht immer diese Erfahrung des göttlichen
Lichtes erhalten. Sie pflegten ‘Kumbhak‘ (Hatha—Yoga—Übungen) zu praktizieren
und nach Durchgehen der sechs ganglionischen Zentren hatten sie eine kleine
innere Erfahrung im Zentrum zwischen den beiden Augenbrauen. Diese Praxis
erfordert Hunderte von Jahren. “Nur
der allmächtige Meister kann die Seele hinaufziehen.”
“Er
allein kann uns vom Gefängnis des Vergessens befreien.” Soamiji
Wer
kann sich über das Körperbewußtsein erheben? Der, welcher nicht gebunden und
nicht durch sinnliche Vergnügungen in Anspruch genommen ist, kann es. Nur ein
solcher Mensch kann leicht innen anklopfen. Ethisches und reines Leben ist
deshalb-sehr wesentlich. Sogar wenn der Meister durch Seine Gnade jemanden,
dessen Leben nicht rein ist, über das Körperbewußtsein hebt, wird dieser nicht
fähig, dem zu widerstehen. Es ist kristallklar, daß es zwei Haupthindernisse
auf dem Weg gibt: leidenschaftliche Wünsche und Zorn. Ein reines Leben zu
führen ist nicht genug. Wir müssen alle Wünsche überwinden. Im Zorn fließt die
Seele aus. Sichgehenlassen und Zorn führen zu verschiedenen anderen Lastern.
Wenn diese zwei Feinde nicht zuerst diszipliniert sind, können die anderen wie
Gier, Gebundenheit und Egoismus nicht kontrolliert werden. Einer, der
erfolgreich alle diese fünf Feinde besiegt, ist frei von Leiden. Die Sinne
nehmen ihre Kraft vom Gemüt und das Gemüt von der Seele. Wenn unsere
Aufmerksamkeit am Sitz der Seele konzentriert ist, werden die Sinne machtlos. Heilige
zeigen uns durch Surat Shabd Yoga den Weg zurück zu Gott. Wo ist der Sitz der
Seele im Körper? Zur Zeit des Todes zieht sich die Seele, nachdem sie die
niedrigeren Regionen verlassen hat, hinter die beiden Augenbrauen zurück.
Jeder, der imstande ist, während seiner Lebenszeit seine Sinnenströme an diesem
Punkt zurückzuziehen, kann sein inneres Auge öffnen. Aber dies kann nur durch
die Gnade eines vollkommenen lebenden Meisters geschehen. Zuerst hilft uns der
Meister im Zurückziehen unserer Aufmerksamkeit von äußeren weltlichen Dingen,
mit welchen sie identifiziert ist. In diesem Körper, dem Tempel Gottes, wohnen
beide, wir und unsere kontrollierende Kraft. Der Meister hat große Macht, die
Seele über den Sinnenplan zum Sitz der Seele zu ziehen. Er öffnet das innere
Auge. Somit hat der spirituelle Aspirant eine Ersthand—Erfahrung und braucht
nicht irgendeinen anderen Beweis. “Bis
ich die Wahrheit mit meinen eigenen Augen sehe, kann ich nicht vollkommen davon
überzeugt sein von dem, was der Meister sagt.” Gurbani
Bevor nicht die Sinne unter Kontrolle, das Gemüt ruhig und auch der
Intellekt im Gleichgewicht sind, kann die Seele sich selbst nicht erkennen.
Gyan Yoga wird nicht viel helfen. Wir ziehen nur Schlüsse, um Wissen zu
erwerben. Aber das wahre Wissen muß erfahren werden. Nur ein Adept, der eine
Ersthanderfahrung gemacht hat, kann euch eine Probe davon geben. Gleichermaßen
kann euch nur einer, in welchem das göttliche Licht offenbart ist, Licht
zeigen. Intellektuelle und religiöse Prediger können diese Arbeit nicht tun.
Wahre innere Erfahrung kann nur durch die Gnade eines wahren kompetenten
Meisters gegeben werden. Durch das Eingeben seines eigenen Lebensimpulses
stellt Er uns auf den spirituellen Pfad und vereinigt uns dann mit der Kraft
Gottes. Einer, der die Sinne bezwungen hat, qualifiziert sich für die göttliche
Gnade. Durch Üben von Keuschheit und Vergebung können Begierden und Zorn
kontrolliert werden. Wenn ihr ins Detail geht, werdet ihr finden, daß diese
unsere Hauptbürden sind. Wenn ihr einmal jemandem still zuhört, werdet ihr
merken, daß dieser von seinen leidenschaftlichen Wünschen, kleinen
Eifersüchteleien, Uneinigkeiten, Feindschaften, Gegenbeschuldigungen etc.
spricht. Einige wird er überschätzen, andere unterschätzen. Von diesen Fehlern
muß man sich befreien. Der Prophet Mohammed hat gesagt: “Wenn ihr die beiden
Sinnesorgane, natürlich das eine zwischen den beiden Lipp6n und das andere
zwischen den beiden Oberschenkeln, kontrollieren könnt, werde ich Bürge stehen
für euch am Hof des Herrn.” Wir lesen oder hören lediglich diese Worte, gehen
aber nicht tiefer in deren Sinn. Wenn diese zwei Tugenden ausgebildet wären,
würde es ein großer Segen sein. Durch den Mangel dieser Tugenden wird die
Meditation behindert. Dies ist der Hauptgrund, weshalb ich auf das Führen eines
Tagebuches unbedingten Nachdruck lege. Die erste Spalte im Tagebuch ist für
Ahimsa (Gewaltlosigkeit) und Vergebung. Sogar wenn dich jemand verletzt, vergib
ihm. Beleidigt nicht die Gefühle von irgend jemanden. Einer, welcher Ahimsa
praktiziert, würde nicht eine Lüge erzählen, andere betrügen oder
unrechtmäßigen Gewinn haben. Laßt uns nun sehen, was Heilige zu dem Thema
gesagt haben. Keuschheit und Vergebung sind die zwei grundlegenden und edlen Tugenden
von allem. Wenn wir diese Tugenden erwerben, werden wir erfolgreich in unserer
Meditation sein. Christus sagt: “Lasset die Kindlein zu mir kommen und wehret
ihnen nicht, denn ihrer ist das Himmelreich.” Kinder sind mit diesen beiden
Qualitäten ausgestattet. Der Sex ist ihnen vollkommen gleichgültig. Er macht
ihnen nie etwas aus, sogar wenn sie nackt sind. Wenn sie vom rechten Weg
abgehen, sind wir (die Eltern) schuld. Wenn sie sich untereinander streiten,
bringen sie ihre Differenzen bald ins Reine. Laßt uns wie kleine Kinder werden
und wir werden erfolgreich in unserer Meditation sein. Ein kompetenter Meister
wendet durch die Wirksamkeit der Gotteskraft, die in Ihm wirkt, eure
Aufmerksamkeit von den äußeren Bestrebungen weg, zieht sie über den Sinnenplan
und öffnet das innere Auge. Er gibt dem spirituellen Aspiranten etwas Kapital
der inneren Erfahrung, was seine Gnade ist, aber es ist unsere Verantwortung,
diese zu bewahren. Ibrahim Adham, der König von Bukhara, ging einmal zu Sant Kabir. Er
diente seinem Meister (Kabir) Tag und Nacht. Mutter Loi, eine Schülerin von
Kabir, lobte eines Tages Ibrahim wegen seines selbstlosen Dienstes bei dem
Meister und meinte, Ibrahim wäre ein verdienter Ergebener für die spirituelle
Gabe geworden. Kabir erwiderte, daß Ibrahim noch nicht Reife erlangt hätte. Um
dies zu prüfen bat Kabir, sie soll Abfall vom Dach des Hauses auf Ibrahims Kopf
werfen und dann auf das hören, was er zu sagen hatte. Sie tat das. Ibrahim
sagte dazu, wenn er in Bukhara gewesen wäre, dann hätte er dem Unfugmacher
entsprechend Bescheid gesagt. Als Kabir von Ibrahims Reaktion erfuhr, sagte er,
daß dieser seinen Stolz über die Königswürde und den Egoismus nicht überwunden
hätte, und deshalb nicht reif genug für die Initiation sei. Nach einiger Zeit
sprach Kabir zu Loi, daß Ibrahim reif geworden sei für die Gabe der
Spiritualität. Da sie keine bemerkenswerte Änderung an Ibrahim festgestellt
hatte, wünschte sie das Kennzeichen für dieses Urteil zu wissen. Dieses Mal bat
Kabir sie, Nachtschmutz auf Ibrahim zu schütten. Sie tat es. Zu ihrer
Überraschung sagte Ibrahim: “O Gott! Ich bin sogar schlechter als dieser.” Denkt
daran, einer, dessen Herz voll des Mitleids für andere ist, der Gutes wünscht,
selbst nachdem er beleidigt wurde und sogar für seine Feinde betet, ist als ein
Mahatma (große Seele) bekannt. Christus
wurde gefragt, welches der Schlüssel des Verhaltens im Leben sein sollte. Auf
die Frage über Moses‘ Anweisung in einem solchen Fall wurde ihm gesagt: “Auge
um Auge und Zahn um Zahn.” Dazu erwiderte Christus: “Weil eure Herzen verhärtet
waren, gab er euch diese Anweisung.” Als er gebeten wurde, seine eigene Meinung
zu äußern, sprach Christus: “Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.” Als er
weiter gefragt wurde, wie man mit Feinden fertig werden sollte, antwortete er:
“Liebe deine Feinde.” Eifersucht, Groll, Verleumdung, Falschheit und Betrug
können durch Liebe überwunden werden. Bevor diese Fehler nicht aufgegeben sind,
gibt es keinen Ausweg. Sogar bei Predigern und Reformern findet man den Mangel
an Keuschheit und Vergebung. Sie erlauben sich Gegenbeschuldigungen,
Falschheit, Betrug, Heuchelei usw. Das, was wünschenswert ist, ist das Üben von
Vergebung. Wenn wir kindergleiche Qualitäten entwickeln, können wir unser Ziel
erreichen. Laßt uns nun hören, was Sant Kabir zur Reinheit des Lebens zu sagen
hat: “Wenn Keuschheit und Vergebung in jemandes Herz wachsen, wird der
unsichtbare Herr sichtbar. Ohne Keuschheit kann man Ihn nicht erreichen. Leere
Worte sind von keinem Nutzen.” Kabir
sagt in sehr klaren Worten, daß Keuschheit und Vergeben die zwei
Voraussetzungen für Gott—Verwirklichung sind. Ohne Reinheit des Lebens sind
alle Predigten oder Gelehrsamkeit von keinem Nutzen. Keuschheit bedeutet
Reinheit in Gedanken, Worten und Taten. Keuschheit ist Leben und
Sichgehenlassen ist Tod. Vergeben ist schwierig zu praktizieren. Äußerlich
stellen wir uns demütig, aber innerlich zögern wir nicht, andere zu verletzen. Ich
erinnere mich an einen Vorfall in meinem Leben. Vor langer Zeit wurde meiner
Frau die Geldbörse auf dem Bahnhof entwendet. Die Polizei fing den Dieb und die
Geldbörse wurde von ihm zurückgegeben. Ich wurde ersucht, einen Bericht bei der
Polizeistation zu hinterlegen. Ich sagte der Polizei, daß das unnötig ist, da
die Geldbörse gefunden werden ist. Aber auf deren Drängen hin mußte ich,
vielleicht zum ersten Mal, zur Polizeistation gehen. Ich sagte dem
diensthabenden Polizisten, daß ich nicht daran interessiert sei, über die
Angelegenheit zu berichten. Aber er war damit nicht einverstanden und letztlich
wurde der Bericht gemacht. Später mußte ich als Zeuge zur Gerichtsverhandlung
gehen. Der Polizeibeamte sprach zu mir über den Fall. Er meinte, Gerechtigkeit
muß erfolgen; aber ich behauptete, daß es zwei Aspekte des Gesetzes gibt, der
eine ist Gerechtigkeit und der andere Mitleid oder Barmherzigkeit. Ich betonte,
daß, wenn auch Gerechtigkeit durchgeführt worden ist, Bitterkeit bleiben würde;
wohingegen durch Barmherzigkeit vergeben werden könnte. Mitleid führt zu
Barmherzigkeit, was wiederum zu Gewaltlosigkeit in Gedanken, Worten und Taten
führt. Wie dem auch sei, als ich vor Gericht erschien, sagte ich dem Richter,
daß ich nichts dagegen hätte, wenn er den Angeklagten aus einem Grunde
freilassen könnte. Der Richter ordnete seine Freilassung mit einer Verwarnung
an, nachdem er sich vergewissert hatte, daß kein Bericht über eine Vorstrafe
des Angeklagten vorlag. Das Ergebnis war, der Angeklagte und seine Verwandten
waren mir immer dankbar geblieben. Was für eine kolossale Wirkung hat
Vergebung! Gerechtigkeit könnte nie diesen Effekt erzeugen. Verzeihen ist die
größte aller Tugenden. Sie ist Reinheit der Gedanken. Aber leider wird all
unsere Zeit in Spannungen und mit geringfügigen Zwistigkeiten verbracht. Wir
finden es schwierig, anderen zu verzeihen. Denkt daran, nur ein tapferer Mensch
kann anderen vergeben, nicht eine schwache Person. Indirekt bleiben wir
beschäftigt im Verdammen unserer Gegner. Solche Personen können niemals Gott
erkennen. Alle
Gelehrtheit und religiöse Bestrebungen sind von wenig Bedeutung, wenn nicht die
Qualitäten der Keuschheit und des Vergebens gründlich verstanden und im Leben
geübt werden. Weil diese beiden Tugenden in den Kindern sind, haben die
Heiligen für sie immer eine große Liebe. Gott wohnt nicht in den Himmeln, aber
in uns. Wenn nicht ein einwandfreier Hintergrund entwickelt ist, ist
spirituelles Vorwärtskommen nicht möglich. Kabir erklärt jetzt in größerer
Einzelheit, was Keuschheit ist: “Einer, der keusch ist, ist der Größte von
allen und eine Wohnstatt aller~Tugenden.” Keuschheit
ist die Hauptquelle aller Tugenden. Man begegnet selten einer wirklich keuschen
Person. Die Nähe einer solch reinen Seele hat eine beruhigende Wirkung und
sogar deren Widerspiegelung verursacht Erwachen. Das ist keine Übertreibung.
Durch die Tugend des ethischen Lebens wird der Körper des Enthaltsamen mit der
göttlichen Gnade, Ruhe und Wohlgeruch geladen. Keuschheit ist somit ein großer
Segen. “Keuschheit bringt alle Schätze der drei Welten (physisch, astral,
kausal).” Ihr
mögt fragen, was verheiratete Personen tun sollen. In den alten Tagen (in
Indien) pflegten die Leute in den ersten fünfundzwanzig Jahren Enthaltsamkeit
zu beachten. Anschließend, nach Ausrichtung auf die religiösen Schriften,
ließen sie sich für die nächsten fünfundzwanzig Jahre als Haushalter nieder.
Nachdem ein oder zwei Kinder gekommen waren, verließen sie ihr Heim, um für
eine Periode von weiteren fünfundzwanzig Jahren in den “Vanaprastha Ashram”
einzutreten. Während dieser Periode widmeten sie sich ihrer selbst, um das
letzte Ziel des Lebens - Selbst- und Gottverwirklichung
- zu erreichen. Nach Erreichen des Zieles (im Vanaprastha Ashram) wurden sie
Sanyasis, solche, die der Welt vollkommen entsagen und von Ort zu Ort wandern,
um Religion zu predigen. Der
wahre Sinn der Ehe ist, einen Lebenspartner zu haben, der einem in allen
Lebenslagen, in Freud und Leid, in Reichtum und Armut beisteht. Beide sollten
im Streben, Gott zu erkennen, zusammenarbeiten. Fortzufahren Kinder zu zeugen,
ist nicht unser Ziel. “Wenn eine Frau ein Kind zur Welt bringen muß, sollte sie
einen Heiligen, einen Menschenfreund oder einen großen Kämpfer gebären. Sonst
ist es besser, wenn sie unfruchtbar bleibt und das göttliche Licht nicht
vergeudet.” Unsere
Vorfahren pflegten allgemein ein diszipliniertes Leben zu führen, aber jetzt
gibt es wenig Zurückhaltung. Ich muß dies wegen der beklagenswerten Lage, in
welcher wir uns befinden, sagen. Die Weltbevölkerung erhöht sich mit der
alarmierenden Zahl von 90 pro Minute. Wir können uns das Bevölkerungsproblem in
20 oder 30 Jahren gut vorstellen. So ist es umso mehr notwendig für uns,
Enthaltsamkeit zu üben. Christus hat gesagt: “Ehemänner sollten ihre Frauen wie
Christus die Kirche lieben.” Swami Ram Tirath hat ebenfalls betont: “Wenn
Ehemänner und Ehefrauen sich nicht lieben wie Brüder und Schwestern, gibt es
keine Hoffnung für Indien.” Jene, die erwachten, sprachen so. Die Lösung liegt
also im Führen eines Lebens der Selbstzurückhaltung. Selbst wenn es einem
Menschen möglich ist, einen vollkommenen Heiligen zu finden, der dem Schüler
eine Ersthanderfahrung geben kann, ist ein Fortschritt auf dem spirituellen
Pfad unmöglich, wenn nicht Keuschheit und Vergebung praktiziert wird. Wir
sollten deshalb die Vergangenheit vergessen und von jetzt an ein reines Leben
führen. “Es
ist kein Mangel an gelehrten, religiösen und disziplinierten Leuten, aber wir
treffen selten eine wirklich keusche Person.” Kabir sagt, daß es zahllose
gelehrte Menschen gibt, solche, die meditieren und Konzentration erlangen und
solche, die gütig und diszipliniert sind, aber ein Enthaltsamer ist selten zu
finden. Ich bin mit den Oberhäuptern fast aller Religionen in Kontakt gekommen,
aber nur wenige führen ein Leben des Zölibats. Ein Enthaltsamer kann sein
wahres Ziel ohne viel Anstrengung erreichen. Einer, der beides, Vergebung und
Keuschheit praktiziert, hat nichts zu befürchten und wird Gott erkennen. Laßt
mich das Beispiel meines Großvaters geben. Er war ein Mann reinen Herzens. Er
würde nie über irgendjemand geklagt haben. Im Alter von fünfundzwanzig Jahren
wurde er Witwer. Er heiratete nicht wieder, obwohl er mehr als hundert Jahre
alt wurde. Am Tage vor seinem Tode sagte er zu einigen Leuten, daß er die Welt
am nächsten Tage verlassen würde und wenn sie irgendeine Botschaft an ihre
Lieben im Himmel übermitteln möchten, sollten sie sie ihn wissen lassen. Kurz
vor seinem Ende baten ihn einige seiner Verwandten, den Namen Gottes anzurufen,
aber er sagte: “Gott durchdringt meinen Körper ganz und ich gehe geradewegs zu
Ihm.” Ich spreche von den Reinen. Solche Leute haben ein angeborenes Empfinden
für die Gegenwart Gottes. “Jene, die vollkommenen Glauben in Gott haben, erfreuen sich des Inbegriffs des wahren Wissens.” Gurbani
Ihr
mögt fortfahren, euer ganzes Leben hindurch zu meditieren, aber wenn ihr nicht
Keuschheit und Vergebung praktiziert, wird es keine Früchte tragen. Zorn
verursacht Aufregung. Die meisten der Krankheiten sind psycho-somatisch als
Ergebnis gefühlsmäßger Störungen, verursacht durch Haß, Feindschaft und Sorge.
Heilige betonen immer ausdrücklich das grundlegende Wesentliche des Lebens,
aber leider schenken wir dem keine Aufmerksamkeit. “Keuschheit
ist das Meer der Glückseligkeit, niemand kann seine Tiefe ergründen. Ohne das
Wort kann niemand ein Sadhu (disziplinierte Seele) genannt werden. Ohne Kapital
kann man kein Geldverleiher sein.” Kabir sagt, daß Keuschheit das Meer der
Glückseligkeit ist. Es ist so tief, daß keiner seine Tiefe ermessen kann. Nur
die Heiligen, die das personifizierte Wort sind, können es erkennen. Das Wort
offenbart sich, wo ein Lebeh der Enthaltsamkeit geführt wird. “Der,
der den Samen verliert, verliert alles.” Nanak
Ein
Mensch, der Keuschheit und Vergebung praktiziert, kann Gott erkennen und
wahrlich ein Sadhu genannt werden. Diese beiden Tugenden sind von erster
Bedeutung und wo immer sie sind, kommen weitere Tugenden von selbst dazu. Ein
solcher Mensch wird durch den ständigen Kontakt mit dem inneren Tonstrom
(Shabd) eine Gebetskammer aller Tugenden. Einer,
der einen Meister gefunden hat, aber nicht Sein Sprachrohr (Gurumukh) geworden
ist, hat sich noch nicht selbst von den Gelüsten des Fleisches befreit. Nachdem
man einen Meister gefunden hat, muß man Empfänglichkeit für ihn entwickeln. Wer
ist ein Gurumukh? Einer, der keine eigenen Wünsche hat und im Willen des
Meisters lebt. Ein solcher Mensch ist automatisch von allen Leidenschaften
befreit. Da der Meister eine Verkörperung der Keuschheit ist, strahlt
Keuschheit von ihm aus und dringt in dem Moment in den Schüler ein, wenn er an
ihn denkt. Er ist voll des Mitleids und vergibt allen. Nur ein Gurumukh kann
von allen Arten der Schwachheit frei werden, weil er im Wort des Meisters
bleibt. “Wenn
ihr mich liebt, haltet meine Gebote.” Christus
Hazoor Sawan Singh
Maharaj pflegte zu sagen: “Wir zögern in Anwesenheit eines Kindes eine häßliche
Handlung zu begehen. Wie können wir es wagen, das jeweils zu tun, wenn wir uns
vergegenwärtigen, daß Gott in uns alles sieht.” Der Meister ist
eine Verkörperung des Wortes und gibt uns einen Kontakt mit Ihm. Durch Hören
auf die Ewige Musik und Sehen des Göttlichen Lichtes erlangt man inneren
Frieden. “Das Gemüt wird durch die Verbindung mit Naam
gefügig.” Gurbani
In den Upanishaden
steht, daß wir durch Erreichen des Wortes alles erreichen. “Solange der
Mensch tierische Neigungen hat, kann er nicht ein Gurmukh sein. Wenn der
Satguru innen wohnt, ist der Schüler frei von Gelüsten.” Wie du denkst, so
wirst du. Wenn euer Gemüt ständig bei einer keuschen Person verweilt, werdet
ihr unbewußt Keuschheit anziehen und euch zu eigen machen. Kabir sagt, daß der,
welcher sich als ein Satguru inkarniert, sich automatisch von allen Wünschen
befreit. In erster Linie kommt das süße Gedenken an Ihn. Das nächste ist eine
Offenbarung innen. Man sollte deshalb große Vorsicht walten lassen hinsichtlich
des Annehmens eines Meisters. Wenn er wirklich ein Adept in der Wissenschaft
der Seele ist, kann man Erlösung erreichen. Ansonsten kann man, wenn man sich
auf die Form eines sogenannten Guru konzentriert, höchstens so werden wie er. Ihr
habt vielleicht von Dadu Sahib gehört. Eines Tages ging er barhäuptig. Jemand
klopfte ihm auf den Kopf und fragte: “Wo ist Dadus Haus?” Er antwortete: “Gehe
diesen Weg und du wirst ihn im Hause antreffen.” Zu seiner Bestürzung fand er
denselben Mann (Dadu) im Hause sitzen. Der Besucher schämte sich, als er
erkannte, daß er den Heiligen beleidigt hatte. Dadu Sahib sagte, daß das nichts
auagemacht habe, denn selbst ein irdener Topf von unbedeutendem Wert wird erst
gekauft, nachdem der Käufer sich von dessen Nutzbarkeit überzeugt hat, indem er
ihn überall abklopfte. “Ein
Meister sollte erst nach reiflicher Überlegung gewählt werden, gerade wie
Wasser erst nach der Filterung genommen werden sollte.” Ein
vollkommener Mensch ist eine Seltenheit. Die Welt ist voll von sogenannten
Gurus, während es nur wenige wirklich kompetente Meister gibt. Alleine solche
Meister wie Weise, Heilige und große Seelen sind in den Veden und anderen
Schriften beschrieben, denn sie sind das personifizierte Wort. “Das
Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns.” Christus
Er, der euch eine
Ersthanderfahrung des göttlichen Lichtes und des himmlischen Tons geben kann,
ist ein wahrer Meister. “Durch
die Gemeinschaft mit einem Heiligen wird die Kraft Gottes innen offenbart.” “Ein
Heiliger verleiht das Wesen der esoterischen Wissenschaft.” Gurbani
Jedermann kann
lehren, predigen oder eine religiöse Ansprache halten, aber eine praktische innere
Erfahrung kann nur durch eine erwachte Seele gegeben werden. “Nur
ein wachsamer und weit erwachter Mensch kann Keuschheit praktizieren. Solche
Menschen können nicht durch die Diebe der sinnlichen Wünsche beraubt werden.” Nur
ein wachsamer und bewußter Mensch kann Keuschheit üben und ein höheres
Bewußtsein erlangen. Durch das Praktizieren der Keuschheit erhebt man sich nach
und nach ins kosmische Bewußtsein. Wenn Bewußtsein innen dämmert, wird man
nicht durch sinnliche Wünsche beunruhigt. Wir werden durch fünf tödliche
Neigungen beraubt. Wenn Keuschheit und Vergebung fehlen, kommt eine dicke Wand
der Dunkelheit über die Seele und wir sind nicht Herr unserer selbst. Christus
hat dieses Stadium als “Tod der Seele” beschrieben. Was ist der Tod der Seele?
Es ist das Trüben des Licht—Bewußtseins in uns. Gebundenheit an materiellen
Komfort erniedrigt und schwächt unser Bewußtsein. Das Bewußtsein wächst mit
zunehmender Wachsamkeit. Woher kommt diese Wachsamkeit? Sie kommt durch das
Üben von Mitleid und Keuschheit. Seht, wie wichtig diese Tugenden sind, aber
wir schenken ihnen keine Beachtung. Wir wurden schon gesegnet durch seine Gnade
und ebenso mit dem Kapital des heiligen Naam. Ist es dann nicht unsere Pflicht,
unser Kapital zu bewachen? Wir sollten seine Gebote halten, anstatt ihm nur
Lippenbekenntnis zu machen. “Der,
welcher höflich zu seinen Gästen ist, ist eine große Seele; der, welcher ihnen
einen Platz anbietet, ist ein Heiliger. Der, bei dem es an diesen Höflichkeiten
mangelt, ist entweder ein Ketzer oder ein Heide.” Nun, all dies betrifft unser
äußeres Verhalten. Einer, der mit den beiden Tugenden der Keuschheit und des
Mitleids ausgestattet ist, heißt selbst seinen Feind höflich willkommen. Ein
Mahatma (große Seele) hat diese große Eigenschaft. Er heißt jeden willkommen,
der sich an ihn wendet, sogar mitten in der Nacht. Solch ein Mensch bleibt
höflich selbst im Angesicht des Todes. Enthaltsamkeit in der Jugend
einzuhalten, ist eine große Sache. Gewöhnlich verschieben die Menschen das auf
das Alter. “Jene,
die nicht meditieren während sie jung sind, würden nicht fähig sein, es im
Alter zu tun.” Da im Alter körperliche Beschwernisse, eine nach der anderen,
auftreten, können wir nicht in Meditation verweilen. Deshalb sollte man
beginnen wenn man jung ist. Heilige haben gesagt, daß einer, der, wenn er jung
ist, Enthaltsamkeit praktiziert, ein Prophet ist. Das ist kein Kinderspiel. Wir
lesen diese Dinge einfach und vergessen sie. Wir
vergeben den anderen nicht. Ermangelt es an Vergebung, tauchen Ärger, Eifersucht,
Groll, Verleumdung etc. auf. Unsere Herzen und Gemüter sind mit all‘ solchen
Gedanken verunreinigt. Wir sprechen von diesen Dingen und zögern nicht, jene zu
verleumden, über die wir uns ärgern. Mein Meister pflegte zu sagen: “Alle
sinnlichen Genüsse haben in sich einen Geschmack, aber welchen Geschmack hat
man vom Verleumden anderer? Wenn es irgendeinen gibt, ist er süß, sauer,
salzig oder geschmacklos?” Noch wird jede Familie, Gesellschaft und jedes Land
von dieser Krankheit geplagt. Ein Ergebener, der eine Verkörperung der
Vergebung ist, hat nichts zu fürchten. Er wird andere immer mit Liebe grüßen.
Wenn jemand übel von euch denkt, laßt es ihn tun. In welcher Weise rührt es
euch? Statt dessen schädigt sich der erstere selbst durch sein Ärgerlich— und
Neidisch—sein. Wenn ihr Unrecht vergeltet, werdet ihr gleicherweise geplagt
sein. Der, welcher bedenkt, daß der Herr allgegenwärtig ist und sich Ihm weiht,
läßt sich nicht erregen durch das, was andere von ihm sprechen. Dies sind die
Unzulänglichkeiten auf unserem Weg zur Selbsterkenntnis und Gotterkenntnis. “Vergebung
löscht das Feuer des Zornes.” Große Seelen gehen soweit, jene, die Fehler an
ihnen finden, willkommen zu heißen. Einmal ging ein Mann zu Lord Buddha und
fing an, ihn zu beschimpfen. Als er sich anschickte zu gehen, bemerkte Lord
Buddha: “Bruder, höre mir zu, wenn der Empfänger sich weigert, die ihm
dargebotene Gabe anzunehmen, verbleibt sie beim Geber. Ich weigere mich, die
Gabe, die du mir gebracht hast, anzunehmen.” “Wenn
einer schimpft und der andere übt Vergeltung, gibt es eine Fülle von
Beschimpfungen. Jedoch im Falle von Nichtvergeltung endet die Angelegenheit. Kabir
“Wo
Mitleid ist, da ist Religion. Wo Begierde ist, da ist Sünde. Wo Zorn ist, da
ist Negation. Wo Vergebung ist, da ist der Herr Selbst.” Mitleid führt zu Vergebung und Begierde führt zur Sünde.
Begierde und Verhaftetsein bedeutet Verlangen nach Name und Ruhm. Für die
Erfüllung seiner Wünsche wird man auf andere neidisch. Man wird weder gut noch
schlecht durch die Meinung anderer. Jene, die sich erlauben, andere zu
verleumden, sind unbezahlte Lehrlinge der Kriminalpolizei Gottes. Gott und der
Meister sind beide in euch. Der, welcher wahr zum Meister ist, hat nichts zu
fürchten, denn sein Herz ist rein und Reinheit des Herzens schenkt zusätzlich
Stärke. Mann kann Gott nicht eher erkennen, als bis das Gemüt im Gleichgewicht
ist. Zorn, Neid, Bosheit und Übelwollen, auch in Gedanken, entfachen überall
die Flammen unsichtbaren Feuers. Kabir sagt, daß man an einem solchen Ort
nichts als negative Kraft findet; aber wo Vergebung ist, da ist Gott Selbst.
Vergebung wäscht alle inneren Beschmutzungen weg und führt zum Frieden des
Gemüts. Andererseits ist es so, Zorn ruft Zorn hervor und Beschuldigungen
Gegenbeschuldigungen, die ganze Atmosphäre vorderbend. “Aller Streit und Hader geht von
Beschimpfung aus.” Kabir sagt, daß häßliche Sprache die
Wurzel aller Streitigkeiten ist. Ihr wißt, wie der große Mahabharata-Krieg
begann. Nur durch sarkastische Worte. Eine ein—fache sarkastische Bemerkung von
Praupadi führte zur Zerstörung von Indiens Kultur und Zivilisation.
“Keine
Macht der Erde kann dem schaden, der durch den Guru beschützt ist.” Gurbani
Wenn
jemand Gedanken des Neides und des Grolls hegt‚ fallen diese doppelt auf ihn zurück.
Das ist das Naturgesetz. Ein edler Gedanke läßt Tausende edler Empfindungen
entstehen und ein übler Gedanke Tausende üble. Wenn man einen einfachen Samen
in die Erde sät, trägt die daraus sprießende Pflanze Hunderte gleicher Samen.
Ebenso wäre es, wenn man einen Mangosamen pflanzen würde; man würde hunderte
Mangos von ihm bekommen. Ein Gedanke mag eine beruhiqende Wirkung erzeugen,
während ein anderer einen aufregen kann. Jede Handlung, selbst ein Gedanke, hat
seine Gegenreaktion. “Die
Worte eines boshaften Menschen sind gleich vielen Pfeilen, aber nur alleine
Heilige können sie tragen. Wenn Brennendes ins Meer fällt, welchen Schaden kann
es anrichten?” Kabir sagt, daß boshafte Worte wie vergiftete Pfeile sind. Aber
ein Verzeihender ist wie ein Ozean, der selbst durch Brennendes nicht berührt
wird. So ist Vergebung ein großer Segen. Kabir sagt, daß ein Mensch durch
Ertragen äußeren Ungemachs hart wird. “Der, welcher seinen Boden bereitet hat,
kann immer auf die Sphärenmusik hören.” “Die
Erde kann Graben ertragen und der Wald das Fallen. Nur ein Heiliger kann
schroffe und boshafte Worte ertragen und niemand anderes.” In jedem Ausmaß
könnt ihr das Land umgraben oder einen Wald roden, ohne irgendeine
Gegenreaktion. Gleichermaßen ist nur ein Heiliger mit Vergebung und Keuschheit
ausgestattet. Unkenntnis des Gesetzes ist keine Entschuldigung. Man kann nur
das ernten, was man gesät hat. Handlungen,
gut oder schlecht, tragen ihre eigenen Früchte. Wir müssen diese Grundsätze
verstehen und sie im Leben erfüllen. Zum einen ist ein vollkommener Meister
schwer zu finden, der die Fähigkeit besitzt, die Erfahrung des inneren Lichts
zu geben. Selbst wenn ihr einen findet, könnt ihr das Ziel ohne Reinheit des
Lebens und Vergebung nicht erreichen. Wenn ihr das, was ich jetzt gesagt habe,
befolgt und danach handelt, werdet ihr befreit sein von der Bindung an die
Materie und das Gemüt. Diese Tugenden werden euch höheres Bewußtsein bringen
und ihr werdet Vertrauen in die Existenz Gottes entwickeln. Nach allem, was ist
der Zweck der Anbetung? Er ist, um festen Glauben in die Existenz Gottes zu
entwickeln. Durch Selbstprüfung könnt ihr sehen, welches eure Lage ist.
Gelehrte Leute, Moralisten und Theologen, predigen im allgemeinen zu anderen.
Wie ist deren eigene Situation? Es ist wohl gesagt: “Reformer sind erwünscht,
aber nicht von anderen, sondern von sich selbst.” Wir predigen den anderen, was
wir selbst nicht praktizieren. Das Ergebnis ist, daß alle Ermahnungen wenig
Wirkung auf andere haben. Seid
wahr zu Ihm, der in euch wohnt. Wenn ihr die beiden Tugenden — Keuschheit und
Vergebung — praktiziert, werdet ihr finden, daß ihr ohne viel Anstrengung
höheres Bewußtsein, vollkommenes Erwachen und restlosen Frieden des Gemüts
erlangen werdet. Dadurch werdet ihr beginnen, Frieden, Harmonie und Ruhe an
jene, die um euch sind, auszustrahlen. |