DIE
NOTWENDIGKEIT DER SPIRITUALITÄT
von Annemarie
Ruthenberg Spiritualität, meist mit intellektuellem Denken oder religiösen
Betrachtungen verwechselt, kann man nur von einem wahren lebenden Meister
empfangen. Sie ist die höchste Gabe des Einen, der kompetent ist, sie seinen
wahren Ergebenen zu verleihen. Und sie ist die einzige himmlische Gabe, nach
der wir während dieses Erdenlebens streben sollten. Wenn wir sie nicht
erlangen, war dieses Leben vergebens. Spiritualität ist Selbsterkenntnis und Gotterkenntnis. Ohne Spiritualität
kann uns aller Wohlstand und Reichtum dieser Welt nicht helfen. Niemand und
nichts kann uns das richtige Wissen von unserer Seele und von Gott geben, wenn
wir nicht den wahren Meister-Guru suchen und finden, der allein uns darüber
unterrichten und uns in die Wissenschaft des Jenseits einweihen kann und der
unsere Seelen mit dem heiligen Licht und dem Ton-Strom (oder dem Wort) in
Berührung zu bringen vermag. Der Meister lehrt uns, daß Spiritualität ein anderer Name für Surat Shabd
Yoga ist, d. h. für die Wiedervereinigung des Surat — des Bewußtseins oder der
Seele - mit Shabd, dem heiligen Tonstrom oder dem Wort. Spiritualität liegt und
führt weit jenseits aller Glaubensbekenntnisse und Religionen. Sie hängt nicht
von unserem blinden persönlichen religiösen Glauben oder Bekenntnis ab, denn
sie ist eine Wissenschaft wie jede andere Wissenschaft auch und ergibt
Resultate von mathematischer Genauigkeit, die man erfahren kann, wenn man den
Lehren und Geboten eines wahren Meisters folgt, der uns zeigt, wie ein wahrhaft
spirituelles Leben zu führen ist. Kein
Erfolg oder Fortschritt in dieser Welt kann uns näher zu Gott führen oder kann
uns inneren Frieden und Erlösung geben. Ein Mensch, der kein wirklich
spirituelles Leben führt, hat den Zweck seiner irdischen Existenz verfehlt. Wir
können uns nicht selbst von unseren karmischen Schulden, von den Bindungen des
Gemüts und der Materie, von der Welt oder den Sinnen befreien. Wir müssen
versuchen, den Meister-Guru zu finden, der allein uns den Ausweg zeigen und den
einzigen Pfad zu Gott führen kann. Solange wir ihn nicht gefunden haben, bleibt
unser Suchen nach Gott an den Sinnenplan gebunden, und unsere Gebete bleiben
nur im Gemüt und Intellekt. Spiritualität
ist eine tatsächliche praktische Erfahrung von Gott und kann daher nicht in
Kirchen oder Tempeln gepredigt werden, da die verschiedenen Religionen im Laufe
der Zeit den ursprünglichön Grundbegriff verloren haben und nur ein Kodex oder
Gesetz für soziales Verhalten oder ethische Prinzipien geworden sind. Sie kann
auch nicht in Büchern gefunden werden. Wahre Religion oder wahre Spiritualität
bedeuten die Verbindung der Seele mit Gott im Innern, und die Lehren der wahren
Meister sagen uns, daß beide — Gott und die Seele — im gleichen Tempel wohnen:
im menschlichen Körper. Aber sie sind von einander getrennt und können nicht zu
einander finden, da der Mensch von Egoismus und seinem eigenen Willen erfüllt
ist und infolgedessen nicht dazu neigt, Gott zu suchen und nach Seinem Willen
zu handeln. Die meisten bekannten Religionen lehren, daß die Erlösung oder
Befreiung nach dem Tode kommen wird. Sie wissen nicht mehr, das Erlösung ohne
Spiritualität undenkbar ist. Sie halten religiöse Gefühle schon für
Spiritualität, da sie nicht wissen, daß letztere nicht von dieser Welt ist und
man sie nur von einem wahren lebenden Meister erlangen kann. Spiritualität kann
man auch nicht durch Körperübungen gewinnen, wie manche Menschen glauben, denn
sie geht weit über den Körper und den Sinnenplan hinaus. Das
Streben nach Spiritualität beginnt daher mit dem Suchen nach dem wahren
Meister—Guru, der allein sie geben kann. Spiritualität kann nicht gelehrt oder
gelernt werden, aber der wahre Meister gewährt sie jenen, die ernsthaft nach
der Gott—Verwirklichung suchen. Er gibt seine Instruktionen an die Aspiranten
der Spiritualität, infiziert sie zum Zeitpunkt der Initiation mit seinem
Lebensimpuls und verbindet den Geist des Schülers mit der Meisterseele oder
Gott selbst, indem er das heilige Licht im Innern anzündet und den heiligen
Tonstrom hörbar macht. So
kann Spiritualität nur von dem Einen, der vollkommen davon erfüllt und damit
infiziert und darin eingebettet und daher autorisiert ist, sie weiterzugeben,
aufgefangen werden, wie man eine Infektionskrankheit auffängt: von dem
Meister-Guru selbst. Er ist das einzige und wahre Schatzhaus der Spiritualität
und verteilt sie an alle, die ernsthaft danach suchen, denn sie ist der einzige
Ausweg aus ihren Schwierigkeiten und der einzige Pfad zu ihrer Erlösung und
Befreiung. Nur
der wahre Meister kann Spiritualität vermitteln, der Guru, der direkt von Gott
mit dem Göttlichen Auftrag in diese Welt gekommen ist, die suchenden und
irrenden menschlichen Seelen zu lehren und Heim zu führen. Wir müssen unser
Herz und unsere Seele weit öffnen, um seine himmlische Gabe zu empfangen. Er
allein kann die “Tür” zu Gott öffnen, von der Christus sagte: “Ich bin die Tür; so jemand durch mich eingeht, der wird
selig werden und wird ein— und ausgehen und Weide finden.” Joh.
10,9
Und
er allein kann diese Tür wieder schließen, wenn nötig. Wir
sehen also, daß die Notwendigkeit der Spiritualität die gleiche ist wie die
Notwendigkeit, den wahren Meister zu finden, da das eine ohne das andere
undenkbar ist. Niemand sollte glauben, daß er Spiritualität gewinnen könnte
ohne absoluten Gehorsam seinem Meister gegenüber. Es ist ganz nutzlos, immer
aufs neue zu versichern: “Meister, ich liebe Sie”, wenn man ihm nicht in allen
Punkten gehorcht. Sicher, wir dürfen und müssen uns auf seine unendliche Gnade
und sein Mitleid verlassen und darauf trauen, aber wir können uns seine Gnade
nur durch vollkommene demütige Selbstauslieferung und hingebungsvollen Gehorsam
zuziehen. Wir müssen unseren Willen zu seinem Willen machen, dann werden wir
seine Gnade und sein Wohlgefallen herbeiziehen in vollem Ausmaß und werden
Spiritualität gewinnen - Gotterkenntnis - Erlösung. Der
Meister sagt: “Wenn
ihr mich liebt, haltet meine Gebote.” Die
ernsthaften Sucher nach der Spiritualität müssen daher versuchen, nach den Instruktionen
des Meisters zu handeln. Sie sollen sich an die rein vegetarische Diät und die
Seh- und Hörübungen halten wie vom Meister gelehrt. Sie müssen ein Tagebuch
führen über die Zeit, die sie für ihre Meditationsübungen aufgewandt haben, und
über die Fehler, die sie hinsichtlich Ahimsa (Nicht-Verletzen) Wahrheitsliebe,
Keuschheit (Reinheit)‚ Liebe für alle, Diät und selbstlose Dienste gemacht
haben. Dieses Tagebuch soll zur weiteren Führung und Hilfe alle drei Monate an
den Meister gesandt werden. Je
mehr der Schüler versucht, die Instruktionen des Meisters in jedem Punkt zu
befolgen, desto mehr wahre Hingabe an den Meister wird er entwickeln. Der
Schüler muß lernen, seinen eigenen Willen vollkommen aufzugeben — seinen Willen
und sein kleines Ego — und sich selbst völlig in den Willen des Meisters zu
überantworten. Je mehr er dies mit Erfolg tut, desto mehr wahre Empfänglichkeit
für die Gnade und die innere und äußere Hilfe und den Beistand seines Meisters
wird er entwickeln. Der Meister kennt so viele Wege, uns zu führen, und wir
sollten stets unser grenzenloses Vertrauen in ihn stärken und sollten unsere
ganze Aufmerksamkeit auf den Punkt hinter und zwischen den Augenbrauen
gesammelt halten, wo er in jedem Augenblick darauf wartet, uns zu begegnen. Wir
können seine Gnade und seine inneren Weisungen und Segnungen nur im gleichen
Maße empfangen wie wir unsere Liebe zu ihm und unsere innere Hingabe und
Empfangsbereitschaft entwickelt haben. Solange unsere Aufmerksamkeit in der
äußeren Welt spielt, können wir nicht gleichzeitig auf die Stimme des Meisters
lauschen und können keine Spiritulität gewinnen. Aber je erfolgreicher wir das
heilige Licht und den heiligen Tonstrom berühren — das Wort — desto mehr wird
unsere Hingabe, unsere Liebe und Empfänglichkeit und — nicht zu vergessen —
unsere tiefe Dankbarkeit gegenüber dem geliebten Meister zunehmen, der uns
zurückführt zu unserer wahren Heimat in Gott. “Bleibet
in mir und ich in euch. Gleichwie die Rebe kann keine Frucht bringen von ihr
selber, sie bleibe denn am Weinstock, also auch ihr nicht, ihr bleibet denn in
mir. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in
ihm, der bringt viele Frucht, denn ohne mich könnt ihr nichts tun.” Joh.
15,4-5
|