Die Gotteskraft ist bereits in euch, sie wartet auf     euch.

 

  Eure wahre Heimat ist die wahre Heimat eures Vaters, des All-Bewußtseins, der All-Weisheit. Warum hängt ihr so an dieser materiellen Welt, an diesen äußeren Dingen? Sie werden euch nur für kurze Zeit gegeben. Der Körper besteht aus Materie und ändert sich jeden Moment des Lebens. Er ist die goldene Gelegenheit, die uns gegeben wurde, um uns selbst zu verwirklichen, um uns selbst und die kontrollierende Kraft zu erkennen, die uns in diesem Körper überwacht und auch das ganze Universum kontrolliert.“

 

Alle Meister sagen das, jedoch mit verschiedenen Worten, die der Zeit, in der sie jeweils kamen, entsprachen. Durch ein vergleichendes Studium der Religionen werdet ihr feststellen, daß es so ist. Religionen entstanden, um uns von all diesen Verwicklungen zu befreien, so daß wir uns selbst und Gott erkennen können. Sie waren Mittel zum Zweck. Die Schule oder Universität ist angesehen, an der viele Schüler oder Studenten den Abschluß oder einen akademischen Grad erreichen. Doch wir haben uns ihnen nur angeschlossen und das Ziel dabei vergessen. Weil wir der einen oder anderen Religion oder einem Land angehören, identifizieren wir uns damit. Es gab religiöse und patriotischen Kriege, in denen Tausende und Millionen getötet wurden und noch immer geht das Töten weiter.

 

  Wenn die Meister kommen, geben sie uns die Lehre vom universellen Standpunkt aus. Sie betrachten alle als Kinder Gottes, als Brüder und Schwestern in Gott, denn alle werden von jener höchsten Kraft erhalten und kontrolliert. Das ist unsere wahre Situation. Es ist ein Segen, in der Religion zu bleiben, der ihr angehört, doch wenn ihr eure verlorene Göttlickeit nicht wieder erlangt, beduetet es, daß ihr immer noch gebunden seid. Zu diesem Zweck sagen uns die Meister, was wir tun sollen.

 

  Es gibt in den Hindu-Schriften eine Geschicht von einem sehr gelehrten Pandit oder Hindu-Priester. Er war Minister eines Königs namens Prikshat. Jeden Morgen las er am Hof aus den Schriften vor. Darin steht, daß diejenigen, die die Schriften hören und danach handeln, befreit werden. Befreiung (Erlösung) erlangt man nicht nach dem Tod, sondern man muß sie während des Lebens erlangen. Viele Male wurden diese Schriften also vorgelesen, Tag für Tag, Monat für Monat. Eines Tages dachte König Prikshat: „In den Schriften habe ich gelesen, daß wer auch immer diese Schriften hört, ein für alle Mal befreit ist. Ich aber bin gebunden.“

  Das Gemüt ist wie ein gerechter Richter, es sagt euch, warum ihr gebunden seid. Wenn ihr ihm erlaubt, darüber nachzudenken, ist es ganz wahr (zu euch).

 

  Er sagte zu dem Priester: „Schau her, ich habe diese Schriften so oft gehört. Noch einmal gebe ich dir die Chance, die ganzen Schriften von Anfang bis Ende durchzulesen, und wenn ich danach nicht befreit bin, werde ich dich töten lassen!“ Was geschah? In sieben Tagen waren die ganzen Schriften vorgelesen worden und am letzten Tag kam der Priiester nach Hause und legte sich in Verzweiflung nieder: „Morgen ist mein Todestag!“ Seine Tochter war sehr weise. Sie fragte ihren Vater: „Warum bist du so traurig?“ „Ach, meine liebe Tochter, morgen werde ich hingerichtet!“ - „Warum?“ - „Weil in den Schriften steht: Wer auch immer diese Schriften liest und sie befolgt, wird befreit. Doch ich weiß, daß weder der König noch ich frei bin. Ach, morgen werde ich hingerichtet, es gibt kein Entkommen!“ Seine Tochter sagte zu ihm: „Gut, ich werde morgen früh zum König gehen und ihm eine Frage stellen.“ Sie ging am nächsten morgen zum König und er fragte sie: „Warum bist du gekommen?“ Die Tochter sagte. „Ich bin gekommen, um euch Antwort auf die Fragen zu geben, die ihr meinem Vater gestellt habt!“ - „Was ist die Antwort?! - „Hier kann ich sie euch nicht geben. Laßt uns in die Wildnis gehen, ganz allein, Ihr und ich!“ Und sie ließ auch ihren Vater holen und nahm zwei Seile mit. Damit band sie den König an einen Baum und ihren Vater an einen anderen. Beide waren jetzt an einen Baum gefesselt. Sie ging zu ihrem Vater und sagte: „Vater, kannst du bitte den König dort drüben losbinden?“ Er antwortete: „Wie sollte ich, ich bin doch selbst gebunden!“ Dann ging sie zum König: „König, könntet Ihr bitte meinen Vater losbinden?“ - „Oh du dummes Mädchen, siehst du nicht, daß ich gefesselt bin? Wie kann ein Gefesselter einen anderen befreien?“ Und das war es, was sie damit zeigen wollte, versteht ihr? So geschieht es tatsächlich: Wir sind an Händen und Füßen durch die nach außen gerichteten Sinne gebunden. Wir wissen nicht, wie wir selbst befreit werden können, wie können wir dann andere befreien? Sich von den Bindungen zu befreien, ist eine praktische Sache. Nur die Schriften zu lesen oder zu hören, ist nicht genug. Es muß jemand da sein, der uns eine Verbindung im Innern gibt und uns praktisch zeigen kann, wie man sich für eine Weile von außen zurückzieht, wie man sich über die Fesseln der nach außen gerichteten Sinne erhebt und wie man das innere Auge öffnet. Wenn wir es einmal getan haben und durch regelmäßige Übung wieder und wieder tun, werden wir Erfolg haben. „Wenn du nicht gleich erfolgreich bist, versuch es immer wieder von Neuem!“ Das also tut der Meister.

 

  Einen Vortrag halten, euch sagen, wie man beten und bestimmte Bräuche und Riten ausführt, kann jeder mit ein wenig Übung: Man kann lernen, wie man sich dabei benimmt, wie man Freude oder Ernst zum Ausdruck bringt - nein, das ist es nicht. Dies hier ist eine Frage der Praxis. Derjenige, der dieses Wissen und jene Erfahrung hat, ist fähig, sie auch anderen zu geben. Er wird euch eine Erfahrung geben, mit der ihr beginnen könnt, mag es mehr oder weniger sein.

 

  Was möchte Er von uns? Er möchte, daß wir Körper und Gemüt zur Ruhe bringen. Gott kann man nicht mit den nach außen gerichteten Sinnen, dem Intellekt oder den feinstofflichen Lebensenergien, „Prana“ genannt, erkennen. Nur gleiches kann gleiches erkennen. Er kann nur von der Seele erkannt weren, wenn sie von den nach außen gehenden Sinnen getrennt wird und dadurch frei wird. Das ist eine Frage der Praxis. Jetzt leuchtet es uns zwar intellektuell ein, doch wie können wir es praktisch tun? Schriften lesen, Gebete sprechen und Zeremonien abhalten, sind Handlungen, die wir mit Hilfe der nach außen gerichteten Sinne tun. Doch das (was hier gesprochen wir) ist etwas, das erst beginnt, wenn ihr euch über die nach außen gerichteten Sinne erhebt. Ihr könnt es auch nicht mit Hilfe des Gemüts oder Intellekts erlangen, sondern erst, wenn ihr intellektuell still seid. Ihr mögt intellektuell Schlüsse ziehen und zu einem Ergebnis kommen, aber dabei wirkt immer noch das Gemüt durch den Verstand. Wir müssen auch den Verstand zur Ruhe bringen. Dann erhebt sich die Seele und wird frei. Das ist alles, was wir zu tun haben.

 

  Was tut der Meister, wenn jemand zu ihm kommt? Alle zehn Diener - die nach außen gerichteten Sinne - müssen unter Kontrolle sein: das Hören, Sehen, Riechen, Schmecken und Berühren, die durch die Sinnesorgane der Ohren, Augen, Nase, Zunge und Haut wirken. Wenn sie unter Kontrolle sind, wird das Haus in Ordnung sein. Jeder Diener wird seine Aufgabe erfüllen: „Du putzt die Zimmer! Du stellst die Stühle gerade! Du zündest das Licht an!“ Alles wird in Ordnung sein. Das ist das erste, was zu tun ist. Wer an äußere Freuden und Vergnügungen verhaftet ist - seien sie gut, oder schlecht - kann sich nicht über das Körperbewußtsein erheben. Lord Krishna sagte: „Gute Taten und schlechte Taten sind beide bindend, wie Ketten aus Eisen oder Ketten aus Gold!“ Das ist also das erste Praktische, was wir erhalten, wenn wir zu Füßen des Meisters kommen. Er zeigt euch den Weg, wie man sich von außen zurückzieht und sich für eine Weile über das Körperbewußtsein erhebt. Einen akademischen Abschluß kann man nicht an einem Tag machen. Auch Rom wurde nicht an einem Tag erbaut. Doch wenn ihr einmal etwas bekommt, es dann regelmäßig übt und seinen Anweisungen gehorcht, werdet ihr fortschreiten. Einer, der heute in der Anschlußklasse ist, war auch einmal im ersten Schuljahr. Wenn denen, die jetzt im ersten Schuljahr sind, dieselbe Hilfe und Führung zuteil wird, können auch sie die Abschllußklasse erreichen. Deswegen heißt es: „Jeder Heilige hat eine Vergangenheit und jeder Sünder eine Zukunft!“ Der Mensch kann sich wandeln. Selbst Räuber können Heilige weren: Valmiki war ein Räuber und wurde zu einem Heiligen. Er berichtete die Geschichte des Ramayana achtzehntausend Jahre bevor sie tatsächlich geschah. Was ich sagen will, ist: Es gibt Hoffnung für jeden. Es gibt nichts, weshalb man entmutigt sein müßte. Doch wir müssen die Erfahrung, die uns gegeben wurde, entwickeln, ohne daß die nach außen gehenden Sinne oder der Intellekt dazwischenkommen. Das heißt nicht, daß man den Intellekt nicht gebrauchen sollte.

 


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